BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Spezielle Indikationen

Wissenschaftlicher Fortschritt und innovative Entwicklungen bei Arzneimitteln bedingen immer neue Herausforderungen bei der Abwehr von Gesundheitsgefahren. Das BfArM muss bei möglichen Risiken immer auch vorausschauend entscheiden. Im Zentrum der Forschungstätigkeit des BfArM zu speziellen Indikationen stehen daher verschiedene aktuelle und sicherheitsrelevante Fragestellungen sowie regulatorische Arbeiten. Zum Beispiel geht es dabei um die Aufklärung von Wirkungsmechanismen (von erwünschten als auch von unerwünschten Wirkungen) mittels geeigneter in-vitro-Experimente.

Projektleiter

Dr. Roland Frötschl, Telefon: +49-(0)228-99-307-3441, roland.froetschl@bfarm.de

PD Dr. Peter Mayer, Telefon: +49-(0)228-99-307-3843, peter.mayer@bfarm.de

Dr. Bernd-Bodo Haas, Telefon: +49-(0)228-99-307-3476, bodo.haas@bfarm.de

Die Forschungsgruppe Spezielle Indikationen

Projekte der Forschungsgruppe Spezielle Indikationen

Direkter Effekt von Sulfonylharnstoffen auf die Differenzierung von Fettzellen

Projektleiter: Peter Mayer, Bodo Haas

Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid und Glimepirid) sind eine sehr alte Substanzklasse zur Behandlung von Diabetes mellitus. Sie werden heute noch benutzt, aber ihr Stellenwert in der Therapie ist fraglich. Eine neuere Klasse oraler Antidiabetika sind die Glitazone. Letztere sind allerdings wegen ihres ungünstigen Wirkprofils umstritten. Sie führen zur vermehrten Bildung von neuen Fettzellen (aus Vorläufern) und damit zur Zunahme der Körperfettmasse. Der dem zu Grunde liegende Mechanismus ist die Aktivierung des im Zellkern liegenden Rezeptors PPARγ.
In dem Projekt konnten wir zeigen, dass Sulfonylharnstoffe unabhängig von ihrer etablierten Wirkung auf die Bauchspeicheldrüse auch direkt PPARγ in den Fettzell-Vorläufern (Präadipozyten) aktivieren und somit die Wirkung der Glitazone imitieren. Dies trägt wahrscheinlich zu dem ungünstigen Wirkprofil von Sulfonylharnstoffen (sie führen ebenfalls zur Zunahme von Körperfettmasse) bei.

Publikation:
Mayer P, Haas B, Celner J, Enzmann H, Pfeifer A. Glitazone-like action of glimepiride and glibenclamide in primary human adipocytes. Diabetes Obes Metab. 2011 Sep;13(9):791-9.

Die Rolle von DPP4 (der Zielstruktur von Gliptinen) in Fettzellen

Projektleiter: Peter Mayer

Ein neueres und inzwischen weit verbreitetes Therapieprinzip bei Diabetes mellitus ist die Gabe von DPP4-Hemmern, auch Gliptine genannt (z.B. Sitagliptin). Ihr etablierter pharmakologischer Angriffsort ist das Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4), welches das im Darm gebildete Peptihormon GLP1 abbaut. Durch die Wirkung der Gliptine steigt der GLP1-Spiegel im Blut, wodurch die Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse günstig beeinflusst wird.
DPP4 kommt auch im Fettgewebe vor. In diesem Projekt konnte mittels selektiven knock-down von DPP4 in Präadipozyten und anschließender genomweiter Expressionsanalyse gezeigt werden, dass DPP4 die Proliferation und Differenzierung von Präadipozyten (Vorläuferzellen) zu reifen Fettzellen beeinflusst. Die Gliptine hatten allerdings keinen merklichen Einfluss auf die Fettzellen. Der Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass DPP4 ein multifunktionelles Protein ist. Die Gliptine hemmen die Peptidasefunktion der DPP4, die für die beobachteten Wachstums- und Differenzierungsvorgänge offensichtlich keine Rolle spielt.

Publikation:
Zilleßen, P., Celner, J., Kretschmann, A. et al. Metabolic role of dipeptidyl peptidase 4 (DPP4) in primary human (pre)adipocytes. Sci Rep 6, 23074 (2016). https://doi.org/10.1038/srep23074

Komplexer Wirkmechanismus von Glitazonen an ihrer Zielstruktur (PPARγ)

Projektleiter: Bodo Haas

Der bekannte Wirkmechanismus der Sulfonylharnstoffe wie Glimepirid und Glibenclamid ist die Blockade eines ATP-abhängigen Kaliumkanals, der auf der Plasmamembran der ß-Zellen des Pankreas sitzt und so indirekt die Insulinsekretion stimuliert wird. Es gibt jedoch Veröffentlichungen, die zeigen, dass Sulfonylharnstoffe, ähnlich wie Glitazone, in murinen Zellen PPARγ aktivieren und somit die Fettzelldifferenzierung beeinflussen können (extrapankreatischer Effekt der Sulfonylharnstoffe). Mit Hilfe von in vitro kultivierten Fettzellen und in silico Modellierungen konnte gezeigt werden, dass auch Sulfonlyharnstoffe nicht nur agonistische Effekte auf PPARγ haben, sondern dazu in der Lage sind, die Phosphorylierung an Serin 273 an PPARγ zu beeinflussen und somit in ihrem Effekt und den Bindungscharakteristiken an PPARγ den Glitazonen beinahe identisch sind.

Beeinflussung der Chemoresistenz von Gehirntumorzellen durch Inhibition intrazellulärer Signalkaskaden

Projektleiter: Bodo Haas

In verschiedenen Projekten an in vitro kultivierten Gehirntumorzellen (Zellen des Glioblastoms, eine besonders aggressive Form von Gehirntumoren) konnten wir zwei Signalwege charakterisieren, die für die Chemoresistenz von Glioblastomzellen gegenüber dem Standardtherapeutikum Temozolomid verantwortlich sein könnten. Zum einen stellte sich der PI3K-Signalweg als möglicher Angriffspunkt zur Verbesserung der Temozolomidwirkung heraus, zum anderen konnten wir Thioredoxin als mögliches drug target identifizieren.
In der Literatur gibt es auch Hinweise, dass das Opioid Methadon Antitumor-Effekte in Glioblastomzellen zeigt und die Resistenz gegenüber Chemotherapeutika verbessern kann. In zwei abgeschlossenen Projekten mit in vitro kultivierten Glioblastomzellen konnten wir zeigen, dass Methadon in sehr hohen, klinisch möglicherweise nicht relevanten Konzentrationen zytotoxisch wirkt. Eine Wirkverstärkung von Temozolomid konnte unter unseren Versuchsbedingungen jedoch nicht nachgewiesen werden.

Publikationen:

  • Haas B, Ciftcioglu J, Jerma S, Weickhardt S, Eckstein N, Kaina B. Methadone-mediated sensitization of glioblastoma cells is drug and cell line dependent. J Cancer Res Clin Oncol. 2020 Dec 14.
  • Kaina B, Beltzig L, Piee-Staffa A, Haas B (2020). Cytotoxic and Senolytic Effects of Methadone in Combination with Temozolomide in Glioblastoma Cells. Int. J. Mol. Sci. 2020, 21(19):E7006.
  • Haas B, Schütte L, Wos-Maganga M, Weickhardt S, Timmer M, Eckstein N (2018). Thioredoxin Confers Intrinsic Resistance to Cytostatic Drugs in Human Glioma Cells. Int. J. Mol. Sci. 2018, 19(10), 2874.
  • Haas B, Klinger V, Keksel C, Bonigut V, Kiefer D, Caspers J, Walther J, Wos-Maganga M, Weickhardt S, Röhn G, Timmer M, Frötschl R, Eckstein N (2018). Inhibition of the PI3K but not the MEK/ERK Pathway Sensitizes Human Glioma Cells to Alkylating Drugs. Cancer Cell Int. 2018, 18:69.

Immunogenität von biologischen Arzneimitteln

Projektleiter: Peter Mayer

Biologische Arzneimittel sind große Moleküle, die nach Anwendung im menschlichen Organismus Immunreaktionen auslösen können, mit teils erheblichen Auswirkungen. Beispiele sind Heparin (Folge: Thrombosen, Thrombozytopenie, sog. HIT-Syndrom), Epoetin (gestörte Blutbildung) und Insulin (Wirkungsverlust). Bislang stehen keine geeigneten präklinischen Tests zur Verfügung, um das Risiko der Immunogenität und deren Folgen abschätzen zu können. Für die Entwicklung von Impfstoffen stehen in-vitro-Assays zur Verfügung, um die Aktivierung von T-Lymphozyten zu messen.
Für die Immunogenität von Biologicals scheinen jedoch weniger T-Zellen, sondern eine spezielle Population von B-Lymphozyten verantwortlich zu sein, die in der Milz lokalisiert ist. Diese B-Lymphozyten sind kaum in vitro kultivierbar, so dass die Entwicklung eines Tests schwierig ist. In diesem Projekt werden Machbarkeitsstudien zu alternativen Ansätzen für einen Immunogenitätstest in vitro durchgeführt. Das Ziel ist, aus humaner Milz-RNA einen Pool von antigenbindenden B-Zell-Rezeptoren zu amplifizieren und in permanent kultivierbaren B-Zellen zu exprimieren.

Interindividuelle Unterschiede in der Zellantwort auf genotoxischen Stress durch Fluorchinolone

Projektleiter: Roland Frötschl

Fluorchinolone sind eine wichtige Substanzklasse der Antibiotika. Seltene, aber schwerwiegende und vor allem idiopathische Nebenwirkungen (vor allem Sehnenentzündungen/Risse, periphere Neuropathien) bei einigen Patienten haben in den letzten 10 Jahren zu Risikobewertungen der EMA geführt. Die Ursache ist unbekannt. Fluorchinolone sind Hemmer bakterieller Gyrasen. Die humanen Homologe, die Topoisomerase sind ebenfalls Target der Fluorchinolone, allerdings mit einer um Größenordnungen geringeren Aktivität. Die Ursache der seltenen Nebenwirkungen könnte eine genetisch bedingte Hypersensibilität sein. In diesem Projekt wird untersucht ob interindividuelle Unterschiede in der primären Stressantwort auf DNA-Schäden gemessen werden können. Diese könnten ein Hinweis auf indirekt durch Fluorchinolonbehandlung in besonders sensitiven Zellen auftretende Toxizität sein. Eine übersteigerte primäre Antwort auf durch Fluorchinolone verursachte DNA-Schäden können Hinweise auf individuelle Faktoren für eine Hypersensibilität liefern, die dann auf Transkriptionebene weiter auf Biomarker untersucht werden kann. Positive Befunde hätten auch Auswirkung auf Schwellenwerte für die Toxizität in sensiblen Individuen. Eine große Sammlung von B-Lymphoblastoid Zellen verschiedener Spender wird dazu auf individuelle Unterschiede in der Stressantwort untersucht.

Publikationen:

  • Guérard, M., Baum, M., Bitsch, A., Eisenbrand, G., Elhajouji, A., Epe, B., abermeyer, M., Kaina, B., Martus, HJ., Pfuhler, S., Schmitz, C., Sutter, A., Thomas, A.D., Ziemann, C., and Frötschl, R., (2015) Assessment of mechanisms driving non-linear dose-response relationships in genotoxicity testing. Mutation Research Reviews 763:181-201.
  • Li, H-H., Chen, R., Hyduke D.R., Williams, A., Frötschl, R., Ellinger-Ziegelbauer, H., O’Lone, R., Yauk, C.L., Aubrecht, J., and Fornace, A.L. Jr. (2017) Development and validation of a high-throughput transcriptomic biomarker to address 21st century genetic toxicology needs PNAS 2017 ; published ahead of print December 4, 2017, doi:10.1073/pnas.1714109114
  • Li HH, Yauk C, Chen R, Hyduke DR, Williams A, Frötschl R, Ellinger-Ziegelbauer HC, Pettit S, Aubrecht J, Fornace Jr. AJ (2019). TGx-DDI, a transcriptomic biomarker for genotoxicity hazard assessment of pharmaceuticals and environmental chemicals. Frontiers in Big Data 2019, 08 October 2019, Vol 2, doi: 10.3389/fdata.2019.00036

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