BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Arzneimittelsicherheit in Deutschland - das Meldesystem für Nebenwirkungen

Wer Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen meldet, trägt dazu bei, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels besser zu beschreiben und belastbarere Schlussfolgerungen über Nutzen und Risiken eines Arzneimittels ziehen zu können. Diese Informationen helfen somit anderen Patientinnen und Patienten, aber auch z.B. den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten, bei der Auswahl der am besten geeigneten Therapie. Nicht zuletzt sollen auch Angehörige der Gesundheitsberufe Verdachtsfälle an die jeweilige Arzneimittelkommission melden.

Die Kenntnisse über die Sicherheit von Arzneimitteln können zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Zulassung nicht vollständig sein. Seltene und sehr seltene Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder andere Risiken im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht immer umfassend erkannt werden. Dies ergibt sich daraus, dass an der klinischen Prüfung eines Arzneimittels eine begrenzte Anzahl von Personen teilnimmt. Um beispielsweise eine Nebenwirkung mit einer Häufigkeit von 1:1000 zu erkennen, müssten an der klinischen Prüfung mindestens 3000 Personen teilnehmen. Zudem wurden diese Personen unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte ausgewählt, was nicht notwendigerweise den Bedingungen einer breiten Anwendung des Arzneimittels in der Bevölkerung entspricht.
Das deutsche Arzneimittelgesetz sieht deshalb vor, dass nach der Zulassung eines Arzneimittels die Erfahrungen zur Arzneimittelsicherheit fortlaufend und systematisch gesammelt und ausgewertet werden. Dies ist eine der Aufgaben des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Die Meldung von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen ist hierzu ein wichtiger Baustein.

10 Fragen und Fakten rund um das Melden von Nebenwirkungen

Was versteht man unter einer Nebenwirkung?

Unter einer Nebenwirkung versteht man nach der Definition im Arzneimittelgesetz jede schädliche und unbeabsichtigte Reaktion auf ein Arzneimittel. In der Humanmedizin ist der Begriff der Nebenwirkung nicht an die Anwendung des Arzneimittels entsprechend den Vorgaben der Packungsbeilage gekoppelt. Reaktionen, die durch Überdosierung, Medikationsfehler oder dem sogenanntem „Off-Label-Use“ (der Anwendung außerhalb der Zulassungsbedingungen im Sinne der ärztlichen Therapiefreiheit) entstehen, werden daher ebenfalls als Nebenwirkung definiert.

Mit der Meldung solcher Nebenwirkungen unter www.nebenwirkungen.bund.de helfen Sie dem BfArM und dem Paul-Ehrlich-Institut bei der Überwachung der Arzneimittel/Impfstoffe und tragen erheblich zur Früherkennung von Risikosignalen und deren Adressierung bei.

Warum soll ich eine Nebenwirkung überhaupt melden? Besonders, wenn sie schon in der Packungsbeilage steht?

Oft zeigen sich bestimmte Risiken erst dann, wenn viele Menschen das Arzneimittel anwenden. Mitunter können Anwendungsrisiken eines Arzneimittels auch erst Jahre nach seiner Markteinführung erkannt werden. Darum ist es wichtig, immer weiter Informationen über das Arzneimittel zu sammeln und bei Bedarf die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Patientinnen und Patienten zu treffen. Das gilt auch für Nebenwirkungen, die bereits in der Packungsbeilage stehen. So könnte beispielsweise eine besondere Häufung solcher Meldungen auf ein neues Problem hindeuten. Zudem können die Meldungen auch neue Aspekte zum Schweregrad einer bekannten Nebenwirkung, zur Reversibilität oder dem häufigeren Auftreten in Verbindung mit bestehenden Grunderkrankungen oder Begleitmedikationen liefern.
Ohne die Meldung von Verdachtsfällen ist eine solche Beurteilung nicht möglich. Jeder dem BfArM gemeldete Verdachtsfall einer Nebenwirkung wird daher nach international verwendeten Standards erfasst, elektronisch an die gemeinsame Europäische Datenbank „EudraVigilance“ weitergeleitet und fließt so in die europäische Risikobewertung von Arzneimitteln ein.
Wer Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen meldet, trägt dazu bei, Arzneimittel noch sicherer zu machen, und hilft damit anderen Patientinnen und Patienten. Damit steht und fällt letztlich die Sicherheit der in Europa zugelassenen Arzneimittel. Dieser Appell richtet sich auch an das medizinische Fachpersonal: Arzneimittelrisiken können nur dann schnell identifiziert werden, wenn auch sie Verdachtsfälle an die Behörden melden.

Daher: Melden Sie Verdachtsfälle von Nebenwirkungen unter www.nebenwirkungen.bund.de. Sie helfen damit den Expertinnen und Experten des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts bei der Überwachung der Arzneimittel/Impfstoffe und leisten einen wichtigen Beitrag zu deren sichererer Anwendung.

Ist das Melden von Nebenwirkungen nicht Sache der Ärztin/des Arztes?

Angehörige der Heilberufe haben eine berufsrechtliche Verpflichtung zur Meldung von Nebenwirkungen an die Arzneimittelkommission der jeweiligen Standesorganisationen (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Arzneimittelkommission Zahnärzte bzw. Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker). Von dort wird die Meldung an die jeweils zuständige Bundesoberbehörde (BfArM oder Paul-Ehrlich-Institut) weitergeleitet.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker beispielsweise haben dazu zur Unterstützung entsprechende Leitfäden publiziert. Dennoch wird im Alltag nicht jede auftretende Nebenwirkung gemeldet.

Melden können aber auch Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige oder Vertretende unter www.nebenwirkungen.bund.de. Jede Meldung gelangt von dort aus schnell, direkt und sicher zu den Expertinnen und Experten des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts.

Werden alle Nebenwirkungen gemeldet?

Nach wie vor werden leider nicht alle Nebenwirkungen gemeldet. Die Gründe für dieses sogenannte „Underreporting“ sind vielfältig: Zum Beispiel werden die Ärztin oder der Arzt nicht über jede Beobachtung informiert, oder der mögliche Zusammenhang zwischen einer Reaktion bzw. deren Symptomen und dem Arzneimittel wird nicht erkannt. Auch werden beispielsweise Nebenwirkungen zu Arzneimitteln, die sich bereits länger auf dem Markt befinden, weniger häufig gemeldet als solche zu neuen Arzneimitteln.

BfArM und Paul-Ehrlich-Institut beteiligen sich seit 2015 an der Kampagne zur "MedSafetyWeek", um auf das Thema aufmerksam zu machen und so die Zahl der Meldungen zu erhöhen. Von pandemie-bedingten Sonderfaktoren abgesehen verzeichnete das BfArM über die Jahre erfreulicherweise eine steigende Meldebereitschaft bei den Angehörigen der Heilberufe. Das Meldungsaufkommen von Patientinnen/Patienten und deren Angehörigen oder Vertretern wuchs hingegen kontinuierlich an.

Unter www.nebenwirkungen.bund.de können Nebenwirkungen gemeldet werden. Jede Meldung gelangt von dort aus schnell, direkt und sicher zu den Expertinnen und Experten des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts.

Wird jede Meldung über eine Nebenwirkung geprüft?

Ja. Ihre Meldung ist uns wichtig und wir nehmen Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen sehr ernst. Jede einzelne Meldung hilft, Risikosignale früh zu erkennen und bei Bedarf wirkungsvolle Maßnahmen für den Schutz der Patientinnen und Patienten zu treffen. Sofern die Meldung nicht vollständig ist, erfolgt gegebenenfalls eine Nachfrage bei Ihnen. Die wissenschaftlichen Expertinnen und Experten vom BfArM und/oder Paul-Ehrlich-Institut prüfen - wie bei Meldungen durch die Fachkreise auch -, ob die eingegangene Meldung alleine oder durch weitere Meldungen zu dem Arzneimittel ein neues Risikosignal darstellt. Das gilt auch für Meldungen zu bereits bekannten Nebenwirkungen. Die Meldungen gelangen außerdem in die zentrale Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen. Mit dieser Datenbank steht ein umfangreicher Datenpool zur Verfügung, der es erlaubt, Arzneimittelrisiken EU-weit zu überwachen.

Unter www.nebenwirkungen.bund.de können Nebenwirkungen gemeldet werden. Jede Meldung gelangt von dort aus schnell, direkt und sicher zu den Expertinnen und Experten des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts.

Wie kann ich herausfinden, was aus meiner Meldung geworden ist? Erhalte ich dazu Informationen?

Ja. Sie erhalten zum Abschluss der Meldung über www.nebenwirkungen.bund.de eine elektronisch erzeugte Eingangsbestätigung, die alle Ihre Angaben zusammengefasst darstellt. Darin ist eine eindeutige Bearbeitungsnummer angegeben. Rückfragen zu Ihrer Meldung sind möglich, wenn Sie die auf der Eingangsbestätigung angegebene Bearbeitungsnummer mit angeben. Rückfragen erfordern aus datenschutzrechtlichen Gründen die Schriftform.

Was passiert, wenn die Auswertung der Nebenwirkungen auf ein neues bzw. geändertes Arzneimittelrisiko hindeutet?

Wird ein mögliches Arzneimittelrisiko mit potenziellem Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels festgestellt, erfolgt eine wissenschaftliche Beratung, an deren Ende gegebenenfalls die Empfehlung regulatorischer Maßnahmen steht. Beispiele für solche Maßnahmen wären die Aktualisierung der Produktinformation (Fachinformation und Packungsbeilage), die Veröffentlichung eines Rote-Hand-Briefs, das Erstellen von Schulungsmaterial oder die Publikation von Informationen auf den Websites der Europäischen Arzneimittel-Agentur, des BfArM oder des Paul-Ehrlich-Instituts. Unter bestimmten Bedingungen kann aber auch die Zulassung eines Arzneimittels ganz widerrufen werden.
Wenn eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Gesundheit besteht, können die nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten wie das BfArM oder das Paul-Ehrlich-Institut auch jederzeit Sofortmaßnahmen für Deutschland geltend einleiten – zum Beispiel können sie anordnen, dass das Arzneimittel vorübergehend nicht vertrieben oder angewandt werden darf.

Daher: Melden Sie Verdachtsfälle von Nebenwirkungen unter www.nebenwirkungen.bund.de. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zu sichereren Anwendung von Arzneimitteln und Impfstoffen.

Warum ist es wichtig, zur Meldung das Portal www.nebenwirkungen.bund.de zu nutzen?

Über dieses Portal von BfArM und Paul-Ehrlich-Institut ist sichergestellt, dass die Meldungen den weltweit anerkannten Standards entsprechen und die enthaltenen Informationen für eine spätere medizinische Beurteilung wissenschaftlich belastbar aufbereitet werden. Dies schließt ein, dass der Meldungsinhalt sowohl vertraulich entsprechend der gültigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen als auch mit der nötigen Expertise behandelt wird. Jede einzelne Meldung wird unter Beachtung aller relevanten Rahmenbedingungen der fortlaufenden Bewertung der Anwendungssicherheit von Arzneimitteln auf europäischer Ebene zugeführt.

Privatanbieter, die basierend auf einem ganz oder teilweise kommerziell ausgelegten Geschäftsmodell für die Erfassung von Nebenwirkungen werben, aber keiner behördlichen Kontrolle unterworfen sind, können diese Sicherheit aus Sicht des BfArM nicht geben.

Passiert es häufig, dass Meldungen über Nebenwirkungen zu Einschränkungen bei der Anwendung eines Arzneimittels führen?

Ein einzelner Bericht über Nebenwirkungen führt in der Regel nicht unmittelbar zu Einschränkungen bei der Anwendung. Sind jedoch aus der Vielzahl eingehender Meldungen Änderungen des Risikoprofils eines Arzneimittels bzw. Wirkstoffs erkennbar, so werden die Produktinformationen üblicherweise im Rahmen anderer Verfahren (z.B. Signalverfahren, Bewertungen periodischer Sicherheitsberichte etc.) aktualisiert, um beispielsweise eine neue Nebenwirkung aufnehmen zu lassen. Dies haben wir auch in unserer Grafik zum Blogbeitrag skizziert.

Ablauf des Verfahrens in 6 Schritten von der Meldung der Nebenwirkung, über Prüfung bis hin zur abschließenden Beratung und ggf. Empfehlung regulatorischer Maßnahmen

Wie viele Nebenwirkungen wurden dem BfArM im vergangenen Jahr gemeldet?

Im Zeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021 erhielt das BfArM insgesamt 16.780 Direktmeldungen zu Nebenwirkungen.

Ergebnisprotokoll der 90. Routinesitzung nach § 63 AMG am 15. März 2022 (per Videokonferenz)