BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Medizinprodukte

Was ist ein Medizinprodukt?

Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente oder andere Gegenstände mit medizinischer Zweckbestimmung – vom Pflaster über Blutdruck­messgeräte und Hüft­prothesen bis zum hochkomplexen Röntgen­gerät. Anders als bei Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird die bestimmungs­gemäße Hauptwirkung bei Medizin­produkten primär auf physikalischem oder chemischem Weg erreicht.

Medizin­produkte werden in vier Risikoklassen unterteilt. Die Klasse I ist dabei die niedrigste Risikoklasse, in die zum Beispiel Verbands­material oder Rollstühle eingestuft sind. In die Klasse IIa (mittleres Risikopotential) sind unter anderem Kontakt­linsen und Zahnkronen, in die Klasse IIb (hohes Risikopotential) Dialyse- und Röntgen­geräte eingruppiert. Die Klasse III umfasst schließlich die Medizinprodukte mit sehr hohem Risiko­potential, etwa solche, die unmittelbar am Herz oder Gehirn angewendet werden. Zu dieser Klasse zählen Herzschritt­macher oder künstliche Herz­klappen, aber auch Hüft­prothesen oder Brust­implantate.

Ist das BfArM in den Marktzugang von Medizinprodukten eingebunden?

Nein, das BfArM ist nicht in den regulären Markt­zugang von Medizin­produkten eingebunden. Das Medizinprodukt muss in Europa – anders als Arzneimittel – kein behördliches Zulassungs­verfahren durchlaufen, sondern ein sogenanntes Konformitäts­bewertungsverfahren, an dessen Ende die CE-Kennzeichnung steht. In diesem, einer Zulassung gleich­wertigen Verfahren, muss der Hersteller nachweisen, dass sein Produkt sicher ist und die technischen und medizinischen Leistungen auch so erfüllt, wie sie von ihm beschrieben werden.

Wie ein Konformitäts­bewertungsverfahren im Einzelnen durchgeführt werden muss, hängt davon ab, in welche Risiko­klasse ein Medizinprodukt eingestuft wurde. Das Bewertungs­verfahren für Medizinprodukte der Klasse I, die keine Messfunktion haben und nicht steril angewandt werden, kann der Hersteller in Eigen­verantwortung vornehmen. Bei Produkten höherer Risiko­klassen muss eine unabhängige Prüf- und Zertifizierungs­stelle hinzugezogen werden wie beispielsweise TÜV oder DEKRA. Da diese Stellen staatlich benannt werden, heißen sie auch „Benannte Stellen“.

Weitere Informationen zu den Markt­zugangs­voraussetzungen für Medizinprodukte finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit: Medizinprodukte

Wer überwacht den Verkehr von Medizinprodukten in Deutschland?

Die Überwachung des Verkehrs mit Medizin­produkten fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Landes­behörden – abhängig davon, wo der Inverkehr­bringer seinen Sitz hat. Die Zentral­stelle der Länder für Gesundheits­schutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) bietet als Koordinierungs­stelle der Länder­behörden auf ihrer Internetseite eine Übersicht über alle Behörden, geordnet nach Bundes­ländern: https://www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/laenderbehoerden

Welche Rolle nimmt das BfArM im Zusammenhang mit Medizinprodukten ein?

Das BfArM erfasst und bewertet Risiken, die bei der Anwendung von Medizin­produkten auftreten – in klinischen Prüfungen wie auch in der späteren Anwendung in Klinik, Pflegeheim oder zu Hause. Die Verantwortlichen für das erstmalige Inverkehr­bringen von Medizinprodukten (Hersteller, Bevollmächtigte oder Einführer) sind nach den Bestimmungen der Medizinprodukte-Sicherheits­plan­verordnung (MPSV) verpflichtet, alle in Deutschland aufgetretenen Vorkommnisse an das BfArM zu melden. Ein Vorkommnis ist dabei eine Funktions­störung, ein Ausfall, eine Änderung der Merkmale oder der Leistung oder eine unsachgemäße Kenn­zeichnung oder Gebrauchs­anweisung eines Medizinproduktes, die oder der unmittelbar oder mittelbar zum Tod oder zu einer schwer­wiegenden Verschlechterung des Gesundheits­zustands eines Patienten, eines Anwenders oder einer anderen Person geführt hat, geführt haben könnte oder führen könnte.

Das BfArM bewertet, ob das Vorkommnis auf einem systematischen Produkt­mangel beruht und ob dadurch Patientinnen und Patienten oder Anwendende einem unvertretbaren Risiko ausgesetzt sind, wenn sie zukünftig das entsprechende Medizin­produkt benutzen. Das BfArM prüft, wie das Risiko beseitigt, verringert oder verhindert werden kann. Wenn der Verantwortliche bereits selbst solche Maßnahmen getroffen hat, prüft das BfArM, ob diese ausreichend sind.

Um eine solche Risiko­bewertung vornehmen zu können, hat das BfArM beispielsweise die Befugnis, Auskünfte und Unterlagen zu dem betroffenen Produkt einzufordern. Das gilt auch für Patienten­daten, wenn diese im Zusammen­hang mit der Untersuchung bewertet werden müssen. Der Gesetz­geber hat ausdrücklich vorgesehen, dass der Hersteller jederzeit die Verantwortung für seine Produkte und damit auch für die Untersuchung von Vorkommnissen bei diesen Produkten hat. Die Risiko­bewertung des BfArM erfolgt daher immer in Zusammen­arbeit mit dem Hersteller oder seinem Bevollmächtigten und bei Bedarf auch mit den betroffenen Anwendenden oder Patientinnen und Patienten, z.B., wenn Fragen zum Vorkommnis­hergang bestehen. Aufgabe des Herstellers ist es dabei, alle Untersuchungen durchzuführen, die zur Aufklärung der Ursachen erforderlich sind, unabhängig davon, um was für ein Produkt es sich handelt, und dem BfArM die Untersuchungs­ergebnisse mitzuteilen.

Kann das BfArM Medizinprodukte vom Markt nehmen?

Nein, das BfArM hat gegenüber Herstellern von Medizin­produkten keine direkte Befugnis, Maßnahmen anzuordnen. Wenn das BfArM aus Sicherheits­gründen eine Änderung an einem Produkt für notwendig hält, spricht es, gemäß den gesetzlichen Regelungen und soweit erforderlich, eine Empfehlung an den Hersteller und die Überwachungs­behörden der Bundesländer aus. Denn bei den Landes­behörden liegen die Zuständig­keiten und die gesetzlichen Möglichkeiten, entsprechende Maßnahmen zu überwachen oder anzuordnen, wenn der Hersteller sie nicht in eigener Verantwortung umsetzt. Grundsätzlich gilt, dass die Landes­behörde nicht an die Risiko­bewertung und Empfehlung des BfArM gebunden ist. Sie kann auch zu einem anderen Schluss kommen und gegebenenfalls abweichende Anordnungen treffen.

Genehmigt das BfArM klinische Prüfungen für Medizinprodukte?

Seit 2010 gehört die Genehmigung klinischer Prüfungen für Deutschland zu den Aufgaben des BfArM. Trotz vielfältiger Möglichkeiten außer­klinischer Tests sind klinische Prüfungen am Menschen in vielen Fällen notwendig, um die Sicherheit, Leistungs­fähigkeit und Wirkung innovativer Medizin­produkte in der klinischen Anwendung nachzuweisen.

Das BfArM prüft dabei, ob die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die technischen und wissenschaftlichen Aspekte, für die Durchführung der klinischen Prüfung erfüllt sind und ob der klinische Prüfplan dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht. Darüber hinaus stehen das Prüfungs­design und die geplante statistische Auswertung der Endpunkte im Fokus, um die spätere Verwendbarkeit der im Rahmen der klinischen Prüfung gewonnenen Daten sicherzustellen. Um eine ausreichende wissenschaftliche Qualität der Daten sicherzustellen, muss der Prüfplan den Regeln der „Guten klinischen Praxis“ (GCP) entsprechen. Auch die sicherheits­technische Unbedenklichkeit und die biologische Sicherheit – z.B. bei implantierbaren Medizin­produkten – sind gegenüber dem BfArM nachzuweisen. Auch die Gebrauchs­tauglichkeit der Prüfprodukte im jeweiligen Nutzungs­kontext muss belegt sein, um sicherzustellen, dass das System von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten komplikations­arm im Alltag benutzt werden kann.

Erst nach Genehmigung durch das BfArM und zustimmender Bewertung durch die zuständige Ethik­kommission darf die klinische Prüfung in Deutschland begonnen werden. Während der gesamten Durchführung sind alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse (SAE) an das BfArM zu melden und werden hinsichtlich des resultierenden Risikos bewertet, um notfalls die Prüfung aussetzen oder abbrechen zu können.