BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzprotokoll 11. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind
vom 05. Juni 2023

Ort Hybridkonferenz von 10:00 - 15:00 Uhr

Gemäß § 7 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Beirats nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) erstellt die Geschäftsstelle ein Kurzprotokoll der Abstimmungsergebnisse (ausgewiesen als mehrheitlich oder einstimmig) innerhalb von 5 Werktagen nach den Sitzungen und veröffentlicht diese auf der Internetseite des BfArM.

Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 05.Juni 2023 haben die folgenden stimmberechtigten Mitglieder nicht teilgenommen:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michael Horn, BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.

  1. Kurzberichte

    1. BMG

      1. Das BMG berichtet über den aktuellen Status zum Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG).
      2. Der aktuelle Stand zur Verwendung des Hilfsstoffes Titandioxid in Arzneimitteln (nach EFSA Gutachten über mögliche Genotoxizität) werden kurz thematisiert und die Frage nach einem geeigneten Ersatz in den Raum gestellt.
      3. Die beiden aktuellen Bekanntmachungen eines Versorgungsmangels gemäß § 79 Abs. 5 AMG zu Arzneimitteln zur Therapie von COVID-19 und tamoxifenhaltigen Arzneimitteln sollen aufgehoben werden, da sich die Versorgung als stabilisiert darstellt.
    2. BfArM

      1. Das BfArM berichtet über die geplante Implementierung eines durch künstliche Intelligenz (KI) gestützten Signalmanagements zur Bewertung von Lieferengpässen
    3. PEI

      1. Das PEI berichtet über die aktuelle Versorgung mit Influenza Impfstoff.
      2. Auch berichtet das PEI über den Lieferengpass mit dem Arzneimittel Simulect, welches sich aufgrund von Qualitätsproblemen im Lieferengpass befindet.
      3. Aktuell wird geprüft, ob eine Ausnahmegenehmigung für den Import des Arzneimittels Atgam gestattet werden kann.
  2. „Lessons learned“-Sitzung der Task Force zur Sicherstellung der medikamentösen Versorgung in der Intensivmedizin am 09.05.2023

    Die Task Force hat im Verlauf der Pandemie vielfältige Erfahrungen gesammelt, sah sich diversen Herausforderungen und Anforderungen gegenüberstehend und hat während der mehrjährigen Tätigkeit Erkenntnisse gewinnen können, deren Beurteilung und Auswertung im Rahmen eines abschließenden Workshops konsolidiert erfolgen sollte nach Beschluss der Task Force. Dieses Treffen fand am 09. Mai 2023 im BfArM statt.
    Das Ergebnis der Evaluation wird in einem Bericht zusammengefasst dem Beirat übermittelt werden. Als essentiell wurde beispielsweise der Aufbau und die Struktur der Task Force beurteilt. In Analogie dazu wird empfohlen eine gleichartige Gruppe standardisiert zu implementieren, um sie im Bedarfsfall ohne Zeitverzug aktivieren zu können und somit unverzüglich die Einsatzfähigkeit zu gewährleisten.
    Als weitere essentielle Aspekte wurden u. a. Entscheidungswille, situatives Handeln, Pragmatismus, Maßnahmenakzeptanz, schlanke Strukturen und das Erfordernis einer zentralen Kommunikationsplattform identifiziert.

  3. ALBVVG: Potentielle operative Aufgaben mit Bezug zum Beirat und Bundesoberbehörden

    Im Rahmen des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungs-gesetzes (ALBVVG) soll die Versorgungssicherheit für generische Arzneimittel gestärkt werden. Im aktuellen Entwurf des Gesetzes ist unter anderem ein Frühwarnsystem für Lieferengpässe vorgesehen, für dessen Implementierung die Bundesoberbehörden zuständig wären.

    Die mit dem ALBVVG verbundenen Aufgaben, welche auf die Bundesoberbehörden perspektivisch zukommen, sind zum einen die Erstellung einer Liste von Arzneimitteln, die aufgrund der zugelassenen Darreichungsformen und Wirkstärken zur Behandlung von Kindern notwendig sind. Zu den erweiterten Aufgaben des BfArM könnte künftig die Auskunftspflicht gegenüber Krankenkassen zur Wirkstoffherstellung zählen. Durch die im ALBVVG beschriebenen Änderungen wird der Beirat für Versorgungs- und Lieferengpässe eine Erweiterung seiner Kompetenz erhalten. Diese Entwicklung ist für die Rolle der Bundesoberbehörden BfArM und PEI bei Lieferengpässen ebenfalls vorgesehen.


    Aus Sicht des BfArM wird daher empfohlen, die Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen auf alle versorgungsrelevanten Wirkstoffe auszuweiten, um die zukünftigen durch das ALBVVG formulierten Anforderungen bestmöglich erfüllen zu können. Die Empfehlung des BfArM wird im Beirat diskutiert. Die nötigen Beschlüsse hierzu sollen im Rahmen einer Sondersitzung nach Inkrafttreten des ALBVVG besprochen werden.

  4. Aktualisierung der Liste der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach §52b Absatz 3f AMG

    Beschlussvorschlag zur Anpassung der Kriterien der Liste der Fertigarzneimittel zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Absatz 3f AMG

    Auf Vorschlag des BfArM sollen die Kriterien zur Aufnahme von Fertigarzneimitteln in die Liste der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Absatz 3f AMG erweitert werden, um künftig auch Fertigarzneimittel in die regelmäßige Datenübermittlung integrieren zu können, welche den Kriterien formal nicht entsprechen, jedoch vom Beirat als essentiell für die Gewährleistung der Versorgung eingeschätzt werden. Hierzu ist der folgende Beschlussvorschlag dem Beirat im Umlaufverfahren vorgelegt worden.
    Der Beirat beschließt im Rahmen der 11. Sitzung am 05.06.2023 die vereinbarten Kriterien für Fertigarzneimittel zu erweitern.

    Folgende Kriterien zur Auswahl der Fertigarzneimittel für die regelmäßige Datenübermittlung werden gemäß Umlaufbeschluss des Beirats vom 7. Juni 2023 festgelegt:

    1. Verkehrsfähige Fertigarzneimittel mit einem versorgungsrelevanten Wirkstoff, für die nur
    o ein Zulassungsinhaber oder
    o ein Wirkstoffhersteller oder
    o ein endfreigebender Hersteller in der Arzneimitteldatenbank des Bundes hinterlegt ist.
    2. Verkehrsfähige Fertigarzneimittel mit einem Wirkstoff für den in der Vergangenheit ein Versorgungsmangel nach § 79 Absatz 5 AMG durch das BMG festgestellt wurde.
    3. Verkehrsfähige Fertigarzneimittel, für die unabhängig von den Punkten 1 und 2, durch Beschluss des Beirats die regelmäßige Datenübermittlung als erforderlich beurteilt wird.

    Der Beschluss wird einstimmig ohne Enthaltungen oder Gegenstimmen angenommen.

  5. Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen

    1. Als beendet gemeldete Lieferengpässe einzelner Arzneimittel

      WirkstoffMonat der Löschmeldung
      AmiodaronMitte März
      Insulin degludecAnfang Mai
      Insulin lisproMitte Mai
      Insulin glulisinMitte Mai
      Nab-PaclitaxelEnde März
      OrnithinaspartatMitte Mai
      TamoxifenAnfang Mai
    2. Als relevant eingestufte aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe

      1. Abatacept

        Aktuell findet eine kontingentierte Abgabe von Ware statt, um die bedarfsgerechte Versorgung während des bestehenden Zeitraums weitestgehend zu gewährleisten.

      2. Alteplase

        Seit Anfang Mai 2023 werden die 10.000 Vials aus US-amerikanischer Aufmachung in Deutschland in den Verkehr gebracht. Die Allokation der Ware soll Ende Juli abgeschlossen sein.

      3. Adenosin

        Aktuell wird Ware kontingentiert abgegeben. Eine Ausnahmegenehmigung für Kompensationsware ist gestattet worden. Der Wirkstoff kann bei der Indikation als Antiarrhythmikum nicht durch andere Wirkstoffe ersetzt werden.

      4. Antibiotika

        Nach wie vor sind verschiedene Antibiotika in Form von Tabletten nicht bedarfsgerecht verfügbar. Dies betrifft vornehmlich die Wirkstoffe Amoxicillin, Cefaclor, Cefalexin und Penicillin V.

      5. Antipyretika für Kinder

        Seit Jahresbeginn ist eine steigende Verfügbarkeit bei allen Darreichungsformen zu erkennen. Eine Bevorratung ist aktuell wieder möglich. Die Verfügbarkeit der Produkte ist aktuell wieder ausreichend.

      6. Calciumfolinat

        Für diesen Wirkstoff wurde im Dezember 2022 ein Versorgungsmangel nach § 79 Absatz 5 AMG bekannt gegeben. Die Unternehmen Fresenius Kabi Deutschland GmbH und Thrive Pharma GmbH sind seit Januar 2023 und März 2023 wieder vollständig lieferfähig. Durch die verfügbaren Warenmengen und Importe ist die aktuelle Versorgungssituation stabil.

      7. D,L-Lysinacetylsalicylat Glycin

        Der Lieferengpass besteht aufgrund von Problemen in der Herstellung. Der Wirkstoff wird als kritisch innerhalb der Indikation akutes Koronarsyndrom eingeschätzt. Die verfügbare Ware wird kontingentiert abgegeben und kann ausschließlich im Direktvertrieb beim Zulassungsinhaber bezogen werden.

      8. Fluoxetin

        Der Lieferengpass besteht aufgrund von Nitrosaminverunreinigungen einzelner Chargen. Alle Beteiligten des Beurteilungsverfahrens sind über die hohe Kritikalität informiert.

      9. Insuline

        Das Unternehmen Sanofi Aventis Deutschland GmbH hat die Produktion der Humaninsuline weltweit eingestellt. Lediglich Insuman Insfusat wird noch produziert.

      10. Liraglutid

        Der Lieferengpass besteht aufgrund einer hohen Nachfrage.

      11. Ornithinaspartat

        Bei diesem Wirkstoff ist die Darreichungsform der Granulate im Lieferengpass. Es sind jedoch einzelne Packungsgrößen verfügbar, weshalb eine eingeschränkte Verfügbarkeit vorliegt.

      12. Penicillamin

        Ausnahmegenehmigungen für Kompensationsware sind gestattet.

      13. Semaglutid

        Aktuell gibt es weiterhin eine hohe Nachfrage.

      14. Urokinase

        Es besteht eine eingeschränkte Lieferfähigkeit aufgrund erhöhter Nachfrage.
        Die produzierten Chargen werden umgehend abverkauft.

  6. Nächster Termin

    Die nächste Beiratssitzung findet am 19. Oktober 2023 statt.