BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzprotokoll 14. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind
vom 12. Juni 2024

Ort Hybridkonferenz von 10:00 - 15:00 Uhr

Gemäß § 7 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Beirats nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) erstellt die Geschäftsstelle ein Kurzprotokoll der Abstimmungsergebnisse (ausgewiesen als mehrheitlich oder einstimmig) innerhalb von 5 Werktagen nach den Sitzungen und veröffentlicht diese auf der Internetseite des BfArM.

Die Beschlussfähigkeit des Beirats wurde seitens des BfArM zu Beginn der Sitzung festgestellt.

Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pharma Deutschland e.V.
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 12.Juni 2024 haben die folgenden stimmberechtigten Mitglieder nicht teilgenommen:

  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michael Horn, Abteilungsleiter 1 im BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA) bittet um Aufnahme der Punkte Versorgungslage von Kochsalzlösungen.

  1. Zu TOP 3: Kurzberichte

    1. BMG

      • Derzeit wird auf europäischer Ebene u.a. das Cluster Lieferengpässe im Rahmen des Pharmapakets unter der belgischen Ratspräsidentschaft verhandelt, bei der sich BMG insbesondere dafür einsetzt Doppelstrukturen und übermäßige bürokratische Belastungen zu vermeiden. Die Beratungen werden ab Juli unter der ungarischen Präsidentschaft fortgesetzt.
      • Noch vor der Sommerpause soll das parlamentarische Verfahren zum Medizinforschungsgesetz abgeschlossen werden; das überwiegende Inkrafttreten der Regelungen ist dann voraussichtlich im Herbst 2024
      • Versendung des Apothekenreformentwurfs an die Verbände ist in Kürze geplant.
    2. BfArM

      • Die zweite Sitzung der Unterarbeitsgruppe zum koordinierten Umgang mit Versorgungsmängeln gem. § 79 Abs. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) hat am 22.05.2024 stattgefunden. Ergänzende Aspekte werden in einer Folgesitzung thematisiert mit dem Ziel, die Empfehlung zu finalisieren und den Entwurf dem Beirat zur Abstimmung vorzustellen.
      • Der Stand der Entwicklung des Frühwarnsystems nach § 52b Abs. 3g AMG wurde dem Beirat vorgestellt. Technische Voraussetzungen zur Einrichtung des Frühwarnsystems wurden seitens des BfArM geschaffen, sodass die Präsentation einer ersten prototypischen Auswertung in der nächsten Beiratssitzung geplant ist.
    3. PEI

      • Die Influenza-Impfstoffversorgung ist für das Jahr 2024/25 voraussichtlich bedarfsgerecht gesichert. Die geplanten Produktionsmengen entsprechen der in der vergangenen Saison (2023/24) auf dem deutschen Markt abgegebenen Mengen Influenza-Impfstoff.
    4. Beschlussvorschlag:

      Im Rahmen des Kurzberichts des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) ist eine Anpassung der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe inkl. Impfstoffe nach § 52b Abs. 3c AMG beantragt worden.

      Der Beirat beschließt die Löschung folgender COVID-19 Impfstoffe von der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe inkl. Impfstoffe gem. §52b Abs. 3c AMG:

      • COVID-19 Impfstoff (ChAdOx1-S [rekombinant])

        (Handelsname: Vaxzevria)

        Begründung: Zulassung zurückgezogen zum 07.05.2024

      • COVID-19 Impfstoff (Ad26.COV2-S [rekombinant])

        (Handelsname: JCOVDEN)

        Begründung: STIKO-Empfehlung fällt weg, da keine Zulassungserweiterung für XBB.1 Variante vorhanden


        Der Beschluss wird einstimmig und ohne Enthaltungen angenommen.

  2. Zu TOP 4: Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen mit Handlungsbedarf und Informationsgehalt seitens des Beirats

    1. Antibiotikasäfte
      Weiterhin besteht ein Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Säften für Kinder. Stark eingeschränkt zur Verfügung stehen nach aktueller Prüfung Antibiotikasäfte mit den Wirkstoffen Penicillin V, Amoxicillin, Clarithromycin, Cefadroxil und Sultamicillin. Obwohl Importe bereits realisiert werden konnten, stellt sich die allgemeine Situation weiterhin als angespannt dar.

    2. Natriumperchlorat

      Seit Oktober 2023 besteht ein Lieferengpass des Fertigarzneimittels „Irenat Tropfen“, der bis Ende 2025 gemeldet ist. Um ein besseres Monitoring der Situation durchzuführen, ist der Wirkstoff Natriumperchlorat nach Beschluss des Beirates vom 21.09.2023 in die Listen der versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffe nach § 52b Abs. 3c AMG und der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Abs. 3f AMG aufgenommen worden. Am 23.02.2024 ist der Versorgungsmangel für natriumperchlorathaltige Arzneimittel bekannt gemacht worden. Um den Versorgungsmangel zu kompensieren sind Gestattungen nach § 79 Abs. 5 AMG zum Import von Arzneimitteln und zum Inverkehrbringen nicht in Deutschland zugelassener Arzneimittel ausgestellt worden. Eine dieser Gestattungen umfasst „Irenat Tropfen“, die aus Österreich importiert werden. Das Arzneimittel verfügt über einen zur deutschen Zulassung abweichenden Tropfaufsatz. Um die damit einhergehende Gefahr einer Fehldosierung auszuschließen, wurde ein begleitender Rote-Hand-Brief abgestimmt, der den Lieferungen beizufügen ist.

      Eine weitere Gestattung durch die Länder wurde für das Arzneimittel „Natriumperchlorat Dyckerhoff“ ausgestellt. Zudem sind Zulassungsanträge für natriumperchlorathaltige Arzneimittel beim BfArM eingegangen, welche prioritär bearbeitet werden.

    3. Salbutamol
      Der Versorgungsmangel gem. § 79 Abs. 5 AMG für pulmonale Darreichungen besteht seit Ende 2023. Die Versorgung konnte durch Importe in den letzten Wochen stabilisiert werden. Es liegen derzeit Gestattungen für Importe von drei Unternehmen vor, welche 1,25 Monatsbedarfe umfassen. Durch die Importe können die Lieferengpässe kompensiert werden, dennoch ist die Versorgung noch nicht bedarfsgerecht gesichert. Da nicht nur Deutschland, sondern auch eine Vielzahl anderer europäischer Mitgliedstaaten von Lieferengpässen salbutamolhaltiger Dosieraerosolen betroffen ist, hat die European Medicines Agency (EMA) im Rahmen der Medicine Shortages SPOC Working Party auf EU-Ebene ein zentrales Monitoring initiiert, um die weitere Entwicklung engmaschig zu beobachten und die Öffentlichkeit zu informieren. Weitere diesbezügliche Informationen beinhaltet das EMA-Dokument: Shortage of salbutamol inhalation products.

  3. Zu TOP 5: Anhörung des Beirats zur Anpassung/Eingrenzung des Wirkstoffs Minoxidil auf den Listen nach § 52b Abs. 3c AMG

    Bislang ist Minoxidil als Wirkstoff ohne Begrenzung auf die Anwendungsart auf den Listen nach § 52b Abs. 3c AMG geführt. Der Bedarf zur Anpassung/Eingrenzung des Wirkstoffs Minoxidil basiert auf den verschiedenen Anwendungsgebieten. Zum einen wird Minoxidil systemisch als Antihypertonikum angewendet und zum anderen topisch zur Therapie der androgenetischen Alopezie. Aktuell werden beide Anwendungsgebiete von den Listen der versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffe nach §52b Absatz 3c AMG erfasst. Die Einschränkung bezieht sich auf die versorgungsrelevante Anwendung als Antihypertonikum. Hierzu übermittelt das BfArM den folgenden Beschlussvorschlag.

    Beschlussvorschlag

    Der Beirat beschließt die Einschränkung des Wirkstoffes Minoxidil auf die Anwendungsart systemisch in den Listen der versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffe nach §52b Absatz 3c AMG.

    Der Beschluss wird einstimmig und ohne Enthaltungen angenommen.

  4. Zu TOP 6: Umsetzung des ALBVVG: Vorstellung bereits umgesetzter und noch offener Punkte des Gesetzes
    Mit dem am 27. Juli 2023 in Kraft getretenen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurden dem BfArM neue Aufgaben und Maßnahmen übertragen. Folgende Maßnahmen wurden bereits umgesetzt:

    •       Digitale Meldung der aktiven Wirkstoffhersteller

    •       Liste der notwendigen Kinderarzneimittel nach § 35 Abs. 5a SGB V

    •       Verfahren zur Empfehlung nach § 130a Abs. 8b SGB V

    •       Verfahren zur Empfehlung nach § 35 Abs. 5b SGB V

    Das Frühwarnsystem, welches einen wesentlichen Teil zur Verbesserung der Versorgungslage beitragen soll, befindet sich aktuell in der Entwicklung.

    Noch zu implementieren sind:

    •       Die Erweiterung der externen Lieferengpassdatenbank um Angaben zu gemeldeten Lieferengpässe von Arzneimitteln, die als versorgungrelevant und versorgungskritisch gelistete Wirkstoffe enthalten.

    •       Die Erweiterung des §52b Absatz 3e AMG zur Mitteilung von Daten zu verfügbaren Beständen, zur Produktion und zur Absatzmenge auf Krankenhäuser und krankenhausversorgende Apotheken, um ein vollumfängliches Bild der Versorgungslage in Deutschland zu erhalten.


  5. Zu TOP 7: Entwicklungen der Liste der Arzneimittel nach § 35 Abs. 5a SGB V
    Die regelmäßige und kontinuierliche Aktualisierung und Veröffentlichung der Liste der Arzneimittel nach § 35 Abs. 5a SGB V im Bundesanzeiger sowie auf der BfArM Homepage ist implementiert (s. TOP 6).

    Von dem Vertreter der Krankenkassen wird ein Überblick über die Verordnungszahlen der Arzneimittel auf der Kinderarzneimittelliste vorgestellt. Mögliche Anpassungen der Liste aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse nach einem Jahr ALBVVG sollen im Beirat diskutiert und mit dem BMG abgestimmt werden.

    Weiterhin hat das BMG Empfehlungen abgebgeben, wie mit Arzneimitteln zu verfahren ist, die aus wirtschaftlichen Gründen von der Kinderarzneimittelliste gestrichen werden sollen.

  6. Zu TOP 10: Nächster Termin
    Die nächste Beiratssitzung ist für das 4. Quartal 2024 vorgesehen.

gez.

Dr. Michael Horn

Bonn, den 17.06.2024