BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzprotokoll 4. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind vom 31. März 2021

Ort Webkonferenz von 14: 00 - 16:30 Uhr

Gemäß § 7 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Beirats nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) erstellt die Geschäftsstelle ein Kurzprotokoll der Abstimmungsergebnisse (ausgewiesen als mehrheitlich oder einstimmig) innerhalb von 5 Werktagen nach den Sitzungen und veröffentlicht diese auf der Internetseite des BfArM.

Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 31. März 2021 haben alle stimmberechtigten Mitglieder, mit Ausnahme der Vertretung des Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, teilgenommen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

  1. Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michel Horn, Abteilungsleiter 1 im BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.
  2. Die Tagesordnung wurde ohne Ergänzungen angenommen.
  3. Kurzberichte

    1. Bericht des BMG

      1. Das BMG berichtet über die folgenden Maßnahmen:

        1. Das ‚Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen‘ wurde am 29. März 2021 verabschiedet.
        2. Es wird eine Verordnung zum Zugang und zur Vergütung von monoklonalen Antikörpern zur Behandlung von COVID-19 ausgearbeitet.
        3. Eine Allgemeinverfügung zur Sicherstellung der flächendeckenden Verteilung von Impfstoffen gegen COVID-19 an Arztpraxen befindet sich in der Ausarbeitung. Eine zeitnahe Veröffentlichung ist geplant. Nachtrag: Die Allgemeinverfügung wurde am 1. April 2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht.
        4. Es wurde eine Rechtsverordnung erlassen, die bis zum 31. März 2021 befristet die Erstattung von nicht-Hochdosis Influenza Impfstoffen bei Patient*innen ab 60 Jahren ermöglicht.
    2. Bericht des BfArM

      1. Das BfArM berichtet über die folgenden Maßnahmen / Entwicklungen:

        1. Für das künftige Online-Portal des BfArM und PEI zur Meldung von Lieferengpässen wurde eine 4-wöchige Pilotphase mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie gestartet. Das Online-Portal wird die bisherigen Meldeverfahren ablösen.
        2. Für den Beirat wird von der Geschäftsstelle ein ‚SharePoint‘ eingerichtet.
        3. Der Brexit hat bisher zu keinen Versorgungsproblemen in DE geführt. Um auch die Versorgung in Ländern zu verbessern, die bisher stärker von UK abhängig waren, insb. Malta, Island und Zypern, werden die pharmazeutischen Unternehmen darum gebeten diese als CMS-Länder mit in die DCP-Verfahren aufzunehmen.
        4. Aktuell wird durch das BfArM eine Masterarbeit betreut, in der eine Analyse der gemeldeten Lieferengpässe und die Auswirkungen der Lieferengpässe im Hinblick auf die Verfügbarkeit vorgenommen werden soll.
        5. Das BfArM hat eine Gestattung nach § 4 Abs. 5 MedBVSV erteilt für

          1. kleinvolumige Einheiten von NaCl-Trägerlösung der Fa. B. Braun und
          2. die Mehrfachentnahme von NaCl-Trägerlösung.
        6. Weiter wurde die Verlängerung der Gestattung der Entnahme von Propofol aus 100 ml Durchstechfalschen nach § 4 Abs. 5 MedBVSV bis zum 31. Dezember 2021 erteilt.
        7. Alle Gestattungen nach § 4 Abs. 5 MedBVSV finden sich auf der Internetseite des BfArM.
      2. Aus der Task Force zur medikamentösen Versorgung in der Intensivmedizin wird berichtet, dass die Bevorratung in den Krankenhaus- und krankenhaus-beliefernden Apotheken weiterhin als gut angesehen wird. Auch die Nachschubversorgung durch die pharmazeutischen Unternehmen wird weiterhin als stabil angegeben. Die Task Force tagt weiterhin alle 14 Tage. Die Protokolle werden auf der BfArM Internetseite veröffentlicht.
    3. Bericht des PEI

      1. Das PEI berichtet über die folgenden Maßnahmen und Entwicklungen

        1. In der 2. Sitzung des Beirats wurde beschlossen, dass die Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe durch eine Liste der versorgungsrelevanten Impfstoffe ergänzt werden soll. Diese Liste enthält die Impfstoffe, die aktuell durch die STIKO empfohlen werden.
        2. Die Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe soll um die Impfstoffe gegen Influenza sowie COVID-19 ergänzt werden.
        3. Der Vorschlag des PEI wird einstimmig angenommen.
        4. Das PEI wird die COVID-19 Impfungen in den Arztpraxen überwachen um eine flächendeckende Verteilung zu gewährleisten.
        5. Für einige COVID-19 Impfstoffe werden für die Serialisierung weiterhin Waiver genehmigt. Die fehlende Serialisierung wird durch das Ergreifen anderer Maßnahmen kompensiert, um zu verhindern, dass gefälschte Impfstoffe in die Lieferketten gelangen.
        6. Die Abgabe der COVID-19 Impfstoffe bei niedergelassenen Ärzten erfolgt vorerst nur an Vertragsärzte. Bereits erfolgte Bestellungen durch Privat- und Betriebsärzte dürfen von Apotheken nicht beliefert werden.
  4. Weiterentwicklung der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe nach §52b Absatz 3c AMG
    Es wird darüber abgestimmt, dass aktuell, neben den beschlossenen Änderungen bezüglich der Impfstoffe, keine weiteren Änderungen an den Listen der versorgungsrelevanten oder versorgungskritischen Wirkstoffe nötig sind. Der Vorschlag des BfArM wird einstimmig angenommen.
    Die aktuellen Listen mit Anhängen des PEI werden auf der Website des BfArM aktualisiert.
  5. Mögliches Meldeverfahren nach § 52b Absatz 3f AMG
    Die Datenübermittlung soll nach Vorgabe des BfArM und PEIs über IQVIA an die BOB erfolgen.
    Der Beirat spricht sich mehrheitlich dafür aus, dass ein Meldeintervall von zwei Monaten angemessen ist. Dieses Intervall kann bei Bedarf verkürzt oder verlängert werden. Ob anstatt der Liste der Fertigarzneimittel auch ein Kriterienkatalog veröffentlicht werden kann, soll abgestimmt werden. Sofern die Prüfung positiv abgeschlossen werden sollte, spricht sich der Beirat mehrheitlich für die Veröffentlichung der Kriterien aus.
  6. Diskussion zur Einschätzung der Arzneimittelversorgung in den kommenden Wochen und Monaten im Hinblick auf die Corona-Pandemie
    Die Versorgungslage mit COVID-19 relevanten Arzneimitteln wird nach derzeitigem Informationsstand als stabil eingeschätzt. Hinweise zu Versorgungsengpässen liegen den Mitgliedern des Beirats nicht vor.
  7. Vom BfArM als relevant eingestufte aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe

    1. Acetylcystein (Fluimucil Antidot)

      1. Ein Antrag auf Inverkehrbringen von Ware mit italienischer Aufmachung wird vom BfArM, befristet bis zum 30 Juni 2021, befürwortet.
    2. Cisatracurium (Cisatracurium-hameln & Nimbex)

      1. Die in der letzten Beiratssitzung geschilderte Lage hat sich nicht verändert.
      2. (s. a. Aktuelle Empfehlungen der AWMF und DGAI vom 26.11.2020 zu therapeutischen Alternativen bei einem Lieferengpass von Cisatracurium)
    3. Diamorphin (Diaphin)

      1. Es wurde eine drohende Lieferunterbrechung durch den Zulassungsinhaber angekündigt.
    4. DL-Lysin-2-(acetyloxy)benzoat (Aspirin i.v.)

      1. Die Abgabe wurde kontingentiert um eine Versorgung bis zum Ende des Engpasses zu gewährleisten.
    5. Erythromycinlactobionat & - succinat (Stragen, Inresa, Amdipharm)

      1. Für Kinder steht in der Darreichungsform i.v. keine Alternative zur Verfügung.
    6. Flucytosin (Ancotil)

      1. Für Kinder sind nur bedingt Alternativen vorhanden.
    7. Haloperidol (Haloperidol Ratiopharm)

      1. Die betroffenen Stärken können nach aktuellem Kenntnisstand von anderen Marktteilnehmern kompensiert werden.
    8. Mitomycin (Urocin)

      1. Der Lieferengpass ist bis April 2021 prognostiziert. Die betroffenen Stärken werden auch von anderen Marktteilnehmern angeboten.
    9. Protaminsulfat & -hydrochlorid (Protaminsulfat LEO Pharma, Protamin)

      1. Die Marktteilnehmer versuchen den Engpass durch eine Produktionserhöhung zu mildern. Weiterhin sind Importe nach § 73 Abs. 3 AMG möglich. Die Versorgungslage im europäischen Ausland ist angespannt, so dass eine Lösung auf EU Ebene für das Problem angestrebt wird. Das BfArM steht dafür mit der EMA und den betroffenen Mitgliedstaaten in Austausch.
    10. Vinorelbinbis[(R,R)-tartrat] (diverse Hersteller)

      1. Alle Hersteller haben Lieferengpässe angemeldet. Der Markt kann kontingentiert beliefert werden. Es besteht die Möglichkeit des Austauschs der Infusionslösung gegen Weichkapseln. Die benötigte Kühlung schränken internationale Bezugsquellen, aus Firmensicht, ein.

    Zu keinem der aufgeführten als relevant eingestuften Lieferengpass-meldungen liegen Hinweise auf eine versorgungskritische Situation vor.

  8. Verschiedenes

    1. Kontingentierung patentgeschützter Arzneimittel
    2. Aktueller Stand der Empfehlung des Beirats zur Verbesserung der Lieferfähigkeit versorgungsrelevanter Arzneimittel in der ambulanten Versorgung
      Aktuell wird eine Empfehlung in einer Unterarbeitsgruppe ausgearbeitet, die nach Abschluss dem Beirat zur Verfügung gestellt werden soll. Die Empfehlungen sollen verschiedene Sachverhalte behandeln, u.a. auch die regionale Versorgung. In diesem Zusammenhang soll auch geprüft werden, ob die Kontingentierung patentgeschützter Arzneimittel ein relevantes Problem in der ambulanten Versorgung darstellt.
    3. Aktueller Stand zu Wirkstoffen, die perspektivisch in der EU hergestellt werden sollen
      Es wurde die Liste von 22 Wirkstoffen, die vom Beirat in der 2. Sitzung verabschiedet wurde, auf die geographische Lage ihrer Hersteller überprüft. Gemäß den Zulassungsunterlegen gibt es für die überwiegende Mehrzahl der Wirkstoffe und damit der betroffenen Arzneimittel mindestens ein Hersteller mit Sitz innerhalb der EU. Inwieweit diese Herstellungsstätten aktiv genutzt werden oder genutzt werden könnten, bedarf der weiteren Prüfung.

In der nächsten Beiratssitzung soll als Schwerpunktthema über aktuelle europäische Aktivitäten in Bezug auf Liefer- und Versorgungsengpässe berichtetet werden.

Im Falle, dass sich aufgrund spezifischer pandemischer Entwicklungen ein Bedarf ergeben sollte, wird der Beirat kurzfristig tagen.

Nächster Termin:
Die nächste Beiratssitzung wird für Ende Juni 2021 geplant.

Bonn, den 09. April 2021