Kurzprotokoll 9. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind
vom 04. Oktober 2022
11.10.2022
Ort
Webkonferenz von 13:30 - 16:00 Uhr
Gemäß § 7 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Beirats nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) erstellt die Geschäftsstelle ein Kurzprotokoll der Abstimmungsergebnisse (ausgewiesen als mehrheitlich oder einstimmig) innerhalb von 5 Werktagen nach den Sitzungen und veröffentlicht diese auf der Internetseite des BfArM.
Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
- Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
- Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
- Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
- Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
- Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
- Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
- Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
- Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
- Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
- Pro Generika e.V.
- Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
- Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
- Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
- Vertretung der Bundesländer
An der Sitzung am 04.Oktober 2022 haben alle stimmberechtigten Mitglieder, mit Ausnahme der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA) teilgenommen.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.
Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michael Horn, Abteilungsleiter 1 im BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.
Zu Tagesordnungspunkt 3: Kurzberichte
• Das BMG berichtet über die Verlängerung der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) bis zum 31.12.2023.
• Weiterhin berichtet das BMG über die Novellierung der AMG-Zivilschutzausnahmeverordnung, die in Kürze veröffentlicht werden wird.
• Das BfArM berichtet über das Projekt zur Koordinierung der Produktion wichtiger Wirkstoffe, welches sich in finaler Vorbereitungsphase befindet. Umsetzungsbeginn ist für Anfang 2023 avisiert.
• Auch berichtet das BfArM über die Versorgungssituation von Sulfamethoxazol/Trimethoprim-haltigen Arzneimitteln und verfügbaren Kontingenten zur Abmilderung.• Das PEI berichtet über das neue Meldeverfahren für Lieferengpässe bei Impfstoffen.
• Das PEI beantragt Änderungen der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe inklusive Impfstoffe nach § 52b Abs. 3c AMG.
Beschlussvorschlag: Anpassung der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe gemäß § 52b Abs. 3c AMG
Im Rahmen des Kurzberichts des Paul-Ehrlich-Institut sind Änderungen in der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe nach § 52b Abs. 3c AMG beantragt worden. Das PEI beantragt die Aufnahme der folgenden Wirkstoffe inkl. Begründung.
Folgende Wirkstoffe sollen in die Liste aufgenommen werden:
Wirkstoff Grund für die Aufnahme Immunglobulin G vom Menschen Anhaltender Versorgungsmangel Tollwut Immunglobulin vom Menschen Nur ein Zulassungsinhaber Tocilizumab Versorgungsmangel in der Vergangenheit, nur ein Zulassungsinhaber
Es wurde abgestimmt, dass ein entsprechender Beschluss im Umlaufverfahren im Nachgang zur Sitzung durchgeführt wird.
Zu Tagesordnungspunkt 4: Aktuelle Situation der intensivmedizinischen Arzneimittelversorgung mit Covid-19-Bezug
Nach aktuellem Kenntnisstand gibt es keine versorgungskritischen Engpässe mit Covid-19 relevanten Arzneimitteln in der Intensivversorgung. Die Versorgungslage wird von allen Teilnehmenden als derzeit stabil bestätigt.
Zu Tagesordnungspunkt 6: Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen
Als beendet gemeldete Lieferengpässe einzelner Arzneimittel
- Baqusimi 3mg (Glucagon)
Lieferengpass gelöscht im September 2022 - Fasturtec 1, 5 mg (Rasburicase)
Lieferengpass gelöscht im September 2022 - Heparin-Natrium-5000-ratipharm (Heparin)
Lieferengpass gelöscht im Juli 2022 - Idarubicin Hexal 1 mg/ml (Idarubicin)
Lieferengpass gelöscht im August 2022 - L-Polamidon (Levomethadon)
Lieferengpass gelöscht im September 2022 - Mivacron 10mg und 20mg (Mivacurium)
Lieferengpass gelöscht im September 2022 - Petinutin 150mg (Mesuximid)
Lieferengpass gelöscht im September 2022 - Substistol (Morphin)
Lieferengpass gelöscht im Juli 2022 - Uvadex 20 Mikrogramm/ml (Methoxsalen)
Lieferengpass gelöscht im Mai 2022
- Baqusimi 3mg (Glucagon)
Vom BfArM als relevant eingestufte aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe
Alteplase (Actilyse)
Alteplase-haltige Arzneimittel sind derzeit deutlich eingeschränkt verfügbar und werden kontingentiert abgegeben. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 4 Absatz 5 MedBVSV wurde erteilt, welche jedoch die stattfindende Kontingentierung nicht beeinflusst.
Calciumfolinat
Die Prognose zur Lieferengpassdauer wurde verlängert. Es wird von einer bedarfsgerechten Versorgung trotz angespannter Situation ausgegangen, da einzelne Packungseinheiten wieder verfügbar gemacht und eine Ausnahmegenehmigung auf Grundlage von § 4 Absatz 5 MedBVSV erteilt wurde.
Erythromycin
Es sind zwei weitere Lieferengpässe gemeldet worden. Es steht weiterhin die Bedarfsdeckung in der pädiatrischen Therapie im Fokus, welche nach den dem BfArM verfügbaren Informationen zum aktuellen Zeitpunkt durch die weiteren beiden Lieferengpässe nicht gefährdet ist.
Medroxyprogesteron Acetat (MPA Hexal)
Beide Stärken werden ab Mitte Oktober 2022 wieder in Verkehr gebracht, weshalb eine bedarfsgerechte Versorgung ab Ende Oktober 2022 zu erwarten ist.
Parathyroidhormon
Es besteht der bereits bekannte Lieferengpass zur 100µg Stärke weiterhin. Aufgrund von nicht lösbaren Problemen in der pharmazeutischen Qualität, wird das Arzneimittel Natpar in allen Stäken nur noch bis Ende 2024 vermarktet.
Tamoxifen (verschiedene Hersteller)
Importware steht in ausreichendem Umfang zur Gewährleistung der Versorgung zur Verfügung. Teilweise konnten Produktionen von Arzneimitteln mit einer Zulassung in Deutschland wieder realisiert werden. Die getroffenen Maßnahmen führen zu einer stabilen Versorgungslage.
- 5-Fluouracil
Hier handelt es sich um einen in verschiedenen Tumortherapien eingesetzten nicht austauschbaren Wirkstoff. Es ist ein hoher Marktanteil betroffen. Eine Ausnahmegenehmigung für nicht betroffenen Marktteilnehmer wurde erteilt. Amoxicillin
Es ist ein hoher Marktanteil von einer eingeschränkten Verfügbarkeit betroffen. Dennoch erfolgt gemäß den dem BfArM vorliegenden Informationen eine bedarfsgerechte Versorgung.
Cotrimoxazol (Sulfamethoxazol/Trimethoprim)
Der Lieferengpass betrifft die Darreichungsformen Tablette, Trockensäfte und Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Die Wirkstoffkombination ist als unverzichtbares Antibiotikum einzustufen. Das BfArM steht in engem Austausch mit den betroffenen Herstellern und Überhänge aus anderen Märkten wurden als mögliche Importware identifiziert.
Dobutamin
Es ist ein hoher Marktanteil des Wirkstoffes betroffen und es stehen keine ausreichenden therapeutischen Alternativen zur Verfügung. Als Abmilderungsmaßnahme wurden Ausnahmegenehmigungen erteilt..
Salbutamol
Es ist ein hoher Marktanteil bei den Inhalationslösungen betroffen. Alternative Darreichungsformen sind verfügbar.
Urokinase
Der zur Auflösung von Blutgerinnseln verwendete Wirkstoff befindet sich aufgrund erhöhter Nachfragen im Lieferengpass. Eine Steigerung der Liefermengen ist angekündigt.
Vigabatrin
Es bestehen keine therapeutischen Alternativen bei der zugelassenen Indikation West-Syndrom. Ausnahmegenehmigungen für die Darreichungsform Granulat konnten gestattet worden. Zudem erfolgt seitens des betroffenen Zulassungsinhaber die Abgabe der Arzneimittel nur auf Vorlage eines Rezeptes und unter Kontingentierung.
Thalidomid
Der betroffene Wirkstoff in etablierten Kombinationen kann nicht ohne weiteres ersetzt werden. Aktuell ist eine bedarfsgerechte Belieferung möglich.
Beschluss zur Anpassung der Liste zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Abs. 3f AMG
Das BfArM stellt dem Beirat die erfolgte Qualitätskontrolle und die damit einhergehenden nötigen Änderungen in der „Liste der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Absatz 3f AMG“ vor.
In Konsequenz der Qualitätskontrolle sind folgende Fertigarzneimittel aus der Liste der Fertigarzneimittel zu löschen:5-FU Medac Carboplatin Kabi Fluorouracil-GRY 5-FU Onkovis Carboplatin onkovis Fuzeon Alkeran Carboplatin-Gry Melphalan SUN Ancotil Cidofovir Tillomed Melphalan Tillomed Benda 5-FU Efudix Melphalan-ratiopharm CARBO-cell Emtriva Neocarbo Carbomedac Fluoroucil PhaRes Phelinun Carboplatin Accord Fluorouracil Accord Ribofluor Carboplatin Bendalis Fluorouracil HEXAL Tolak Carboplatin Hikma Fluorouracil Vitane Der Beirat beschließt im Rahmen der 9. Sitzung einstimmig die Löschung von Fertigarzneimitteln auf der „Liste der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Abs. 3f AMG“, welche aufgrund der aktuellen Qualitätskontrolle den zugrundeliegenden Kriterien nicht entsprechen oder für die eine regelmäßige Datenübermittlung zur Beurteilung der Versorgungslage als nicht mehr notwendig erachtet wird.
In Konsequenz der Qualitätskontrolle sind folgende Fertigarzneimittel auf die Liste aufzunehmen:
Acemit Coumadin Humatin Pulvis Narcarin mite Saxenda Actilyse Cathflo Cysticide Hygroton Natriumthiosulfat Selectomycin Actilyse DIFICLIR Infectotrimet Neostigmin PANPHARMA Sulbactam-Eberth Alupent Erwinase Jardiance Neostigmin-Carinopharma Sulfadiazin-Heyl Ampicillin-ratiopharm Eylea Levemir Novodigal mite TERIZIDON Apidra Famvir Limptar N Novodigal TORISEL AUBAGIO Flammazine Lixiana OPTISON Trulicity Benzbromaron AL Fluorescein Alcon Luminity ORENCIA Ultravist Betmiga Fluphenazin-neuraxpharm Mifegyne Otezla Vermox Biltricide Glaupax Mozobil Posifenicol C Votrient Cayston Helmex Myleran Riamet Xtandi Cerezyme Humatin Kapseln Nalador Rovamycine ZALTRAP Der Beirat beschließt im Rahmen der 9. Sitzung einstimmig die Aufnahme von 60 weiteren Fertigarzneimitteln auf die „Liste der Fertigarzneimittel mit einer Verpflichtung zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Abs. 3f AMG“, da diese aufgrund der aktuellen Qualitätskontrolle den zugrundeliegenden Kriterien entsprechen und für diese eine regelmäßige Datenübermittlung zur Beurteilung der Versorgungslage als notwendig erachtet wird.
Nächster Termin
Die nächste Beiratssitzung ist für das 1. Quartal 2023 vorgesehen.
gez.
Dr. Michael Horn
Bonn, den 11.10.2022