BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 3. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind

Ort Webkonferenz von 14: 00 - 16:30 Uhr

Die Sitzung fand am 15. Dezember 2020 als Webkonferenz unter dem Vorsitz des BfArM statt.
Die Beschlussfähigkeit des Beirats wurde seitens des BfArM zu Beginn der Sitzung festgestellt.

An der Sitzung haben Vertreter der folgenden Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden als stimmberechtigte Mitglieder teilgenommen (in alphabethischer Reihenfolge):

  • ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 15. Dezember 2020 haben alle stimmberechtigten Mitglieder mit Ausnahme der Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. teilgenommen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

Tagesordnung

1. Begrüßung

Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michel Horn, Abteilungsleiter 1 im BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.

2. Annahme der Tagesordnung

Der Beirat nimmt die Tagesordnung ohne Ergänzungen an.

3. Kurzberichte

a. BMG:

  1. Die aktuelle Versorgungslage mit dem zentral zugelassenen Arzneimittel Veklury® (Wirkstoff: Remdesivir) ist entspannt. Der tatsächliche Verbrauch in den Kliniken in Deutschland ist rückläufig.

b. BfArM

  1. Die Gestattung gem. §§ 10 Abs. 1a und 11 Abs. 1c AMG wurde für das Arzneimittel „Fetcroja“ mit dem Wirkstoff Cefiderocol befristet bis zum 31.12.2020 erteilt.
  2. Die Ausnahme für Propofol-haltige Arzneimittel in 100 ml Durchstechflaschen gestützt auf § 4 Abs. 5 MedBVSV wurde bis zum 31.03.2021 verlängert.
  3. Das BfArM ordnet die Verlängerung der Haltbarkeit der Charge 714030022 für das Arzneimittel BEROMUN 1 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Infusionslösung (Wirkstoff: Tasonermin) an.
  4. Lieferengpassportal – Das in der Entwicklung befindliche Online-Portal für die Lieferengpassmeldungen wird nach aktuellem Stand im 1. Quartal 2021 verfügbar sein.

c. PEI:

  1. Die Zulassungsempfehlung des CHMP zum Covid-19 Impfstoff der Firma BioNTech wird aktuell zum 21. Dezember 2020 erwartet. Die Zulassung könnte dann am 23.12. 2020 von der Europäischen Kommission erfolgen. Der Impfstoff wird zunächst in englischsprachiger Aufmachung zur Verfügung stehen. Mittels QR Code auf den äußeren Umhüllungen wird die deutsche Gebrauchsinformation verfügbar gemacht. Für die Serialisierung soll aktuell ein Waiver bis Ende Q2/2021 gelten.
  2. Das PEI berichtet zum Influenzaimpfstoff, dass Impfstoffdosen mit Stand vom 08.12.2020 beim Großhandel noch vorrätig waren. Weiterhin gilt die Priorisierung der Risikopatienten nach STIKO-Empfehlung.

d. Alle Teilnehmenden: Information zu relevanten Sachstandsänderungen und neuen Entwicklungen in der Versorgungslage mit Arzneimitteln

Es wurden keine relevanten Sachstandsänderungen berichtet.

4. Weiterentwicklung der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe nach § 52b Abs. 3c AMG

Die Weiterentwicklung der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe nach § 52b Absatz 3c AMG wird kontinuierlich aktiv verfolgt. Im Januar 2021 werden die in der Folge aufgeführten Beiratsmitglieder noch offene Fragen diskutieren. Vorgesehen ist, für die 4. Beiratssitzung ggf. erforderliche Anpassungen zu erarbeiten.

• Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
• Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
• Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
• Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
• Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)

5. Mögliches Meldeverfahren nach § 52b Abs. 3f AMG

Ein mögliches Meldeverfahren zur regelmäßigen Datenübermittlung nach § 52b Absatz 3f AMG für bestimmte Fertigarzneimittel wurde konzeptionell erarbeitet.

Für die 4. Beiratssitzung ist die Präsentation der ausgearbeiteten Systematik inklusive der Darstellung der aktuell betroffenen Fertigarzneimittel vorgesehen.

6. Diskussion zu Einschätzung der Arzneimittelversorgung in den kommenden Wochen und Monaten im Hinblick auf die Corona-Pandemie

a) Informationen aus der Task Force ICU (Stand: 08.12.2020)
Die Versorgung mit COVID-19 relevanten Arzneimitteln wird trotz steigender Patientenzahlen als unkritisch bewertet. Die Nachschubversorgung durch die Pharmazeutischen Unternehmen ist aktuell gewährleistet. Es wird darauf hingewiesen, dass aktuell eine Bevorratung mit Norepinephrin für mehrere Wochen nicht realisierbar ist, die derzeit kontingentierte Abgabe jedoch die Versorgung sicherstellt.

b) Die Wirkstoffe Sufentanil, Morphin, Novaminsolfon, Midazolam, Propofol, Clonidin, Salbutamol, Dexamethason, Adrenalin, Noradrenalin, Rocuronium, Lormetazepam, Meropenem, Amoxicillin/Clavulansäure, Piperazillin/Tazobactam, Clindamycin, Linezolid, Erythromycin, Clotrimoxacol, Heparin und Metoprolol wurden hinsichtlich potentieller Verknappungssituationen thematisiert. Die Arzneimittelversorgung im Hinblick auf die Corona-Pandemie wird sowohl von der Fachseite als auch seitens der pharmazeutischen Industrie aktuell als stabil eingeschätzt. Die Zeitspanne nach der sog. 1. Welle wurde systematisch genutzt, um mögliche Lagerbestände bestimmter Arzneimittel in Klinikapotheken aufzubauen. Die Bestellungen der Kliniken können durch die pharmazeutischen Unternehmen aktuell bedient werden. Gegenwärtig wird von den Teilnehmern des Beirates eine stabile Versorgungslage bestätigt. Das Problempotential wird aktuell ausdrücklich im Bereich der verfügbaren Personalkapazitäten gesehen.

7. Produktions- und Vertriebseinstellung des Arzneimittels Roferon

Die Produktion und der Vertrieb von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Interferon alfa-2a werden zeitnah eingestellt (Roferon-A & Intron-A). Die Produktionseinstellung wurde rechtzeitig vom Zulassungsinhaber bekannt gegeben. Im Rahmen der Sitzung wurde geprüft, inwieweit die zugelassenen Indikationen durch verfügbare Alternativen kompensiert werden können.

Für die Teilindikation Haarzell-Karzinom kann nach fachlicher Einschätzung auf Arzneimittel mit pegyliertem (PEG-) Interferon zurückgegriffen werden. Die verfügbaren Zulassungen mit diesem Wirkstoff beinhalten die Teilindikation nicht. Es wurde vereinbart, die Fragestellung der Expertengruppe Off-Label mit der Bitte um Stellungnahme vorzulegen.

8. Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen (BfArM, PEI)

BfArM

a. Als beendet gemeldete Lieferengpässe einzelner Arzneimittel

i. Venlafaxin
Derzeit 5 Meldungen von 3 Unternehmen vorliegend. 2 Meldungen prognostizieren das Lieferengpassende im Dezember 2020

ii. Bleomycin (BLEO CELL Pulver z. Herstellung e. Injektionslösung)
Lieferengpassende im Oktober 2020 gemeldet.

iii. Alitretinoin (Toctino)
Lieferengpassende im Oktober 2020 gemeldet.

iv. Cyclophosphamid (Cyclophosphamid HEXAL 500 mg Pulver)
Lieferengpassende für Anfang Oktober 2020 gemeldet.

v. Flucytosin (Ancotil Inj, 2,5g/250 ml)
Lieferengpassende im Oktober 2020 gemeldet.

vi. Levodopa-Benserazid (Madopar & Restex)
Lieferengpassende im September 2020 gemeldet.

vii. Cytarabin (ARA-cell 100 mg & 4000 mg Infusionslösung)
Lieferengpassende im November 2020 gemeldet.

viii. Primidon (MYLEPSINUM)
Lieferengpassende im November 2020 gemeldet.

b. Vom BfArM als relevant eingestufte aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe

i. Venlafaxin
Aktuell 5 Meldungen vorliegend. Informationen zu aktuellen Engpässen in der Versorgung liegen nicht vor.

ii. Bleomycin (Bleomedac)
Lieferengpass derzeit bis Ende 2020 gemeldet.

iii. Cisatracurium (Cisatracurium-hameln & Nimbex)
Der Lieferengpass ist bis März 2021 prognostiziert; als Grund wird Produktionsumstellung benannt
s. a. Aktuelle Empfehlungen der AWMF und DGAI vom 26.11.2020 zu therapeutischen Alternativen bei einem Lieferengpass von Cisatracurium:


iv. Propofol (Propofol-Lipuro)
Der Lieferengpass ist bis Ende Januar 2021 prognostiziert.

v. Clomipraminhydrochlorid (Anafranil)
Der Lieferengpass ist bis Ende März 2021 prognostiziert.

vi. Nortriptylinhydrochlorid (Nortriptylin Glenmark 25 mg Filmtabletten)
Der Lieferengpass ist bis Ende Februar 2021 prognostiziert.

Zu keinem der aufgeführten als relevant eingestuften Lieferengpassmeldungen liegen Hinweise auf eine versorgungskritische Situation vor.

9. Verschiedenes

Im Falle, dass sich aufgrund spezifischer pandemischer Entwicklungen ein Bedarf ergeben sollte, wird der Beirat kurzfristig tagen.

10. Nächster Termin

Die nächste Beiratssitzung ist für März 2021 vorgesehen.

gez.
Dr. Michael Horn

13. Januar 2021