BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der Sondersitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind

Ort Webkonferenz von 15:00 - 17:00 Uhr

Die Sitzung fand am 10. Januar 2023 als Webkonferenz unter dem Vorsitz des BfArM statt.
Die Beschlussfähigkeit des Beirats wurde seitens des BfArM zu Beginn der Sitzung festgestellt.

Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 10. Januar 2023 haben alle stimmberechtigten Mitglieder, mit Ausnahme der Vertretung der BAG Selbsthilfe, teilgenommen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen. Weiterhin haben Vertretungen der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) sowie des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) teilgenommen.

Tagesordnung:

  1. Begrüßung
    Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michael Horn, Abteilungsleiter 1 im BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.
  2. Annahme der Tagesordnung
    Der Beirat nimmt die Tagesordnung ohne Ergänzungen an.
  3. Aktuelle Versorgungslage in der Pädiatrie mit Antibiotika und Fiebersäften

    1. Bericht des BMG

      Für die Vermeidung von Versorgungsengpässen mit Arzneimitteln sollen Maßnahmen ergriffen werden, um Lieferketten und Versorgungssicherheit zu stärken. Ein Schwerpunkt der Maßnahmen ist die Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln.
      Hierzu hat das Bundesministerium für Gesundheit im Dezember 2022 ein Eckpunktpapier vorgelegt und bereitet derzeit gesetzliche Änderungen zur Umsetzung des Eckpunktepapiers vor. Die Maßnahmen sollen insbesondere auch an zukünftige Empfehlungen des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG anknüpfen.

    2. Bericht des BfArM

      Das BfArM gibt einen einleitenden Überblick zu den aktuellen Atemwegsinfektionsraten basierend auf den Daten des Robert-Koch-Instituts. Die Zahlen lassen darauf schließen, dass der erste Peak in der aktuellen Infektionswelle überschritten ist. Ein Rückgang der Infektionszahlen kann durch sinkende Bedarfe auch einen positiven Einfluss auf die derzeitigen Verknappungen im Bereich pädiatrischer Antibiotika Zubereitungen und Fieberpräparate haben und die Reichweite der kontinuierlich in den Markt fließenden Produkte erhöhen.

      1. Antibiotika

        Das BfArM gibt einen Überblick über aktuell gemeldete Lieferengpässe für antibiotische Kinderarzneimittel. Diese umfassen zurzeit 14 Wirkstoffe und sind überwiegend prognostiziert bis Mitte/Ende des 1. Quartal 2023. Dem BfArM vorliegende Angaben belegen, dass eine kontinuierliche Belieferung des Marktes mit Antibiotika erfolgt. Aufgrund der signifikant hohen Fallzahlen, insbesondere bei Kindern, ist jedoch derzeit eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit nicht gewährleistet. Es werden alle Optionen ausgeschöpft, indem u. a. seitens der pharmazeutischen Industrie zusätzliche Produktionskampagnen initiiert wurden. Das BfArM bietet Zulassungsinhabern für Antibiotika darüber hinaus regulatorische Unterstützung an um die Lieferfähigkeiten zu gewährleisten und eruiert Überhänge, die nach Möglichkeit mittels Ausnahmegenehmigung verfügbar gemacht werden.
        In Abstimmung mit BfArM und BMG wurde im Dezember 2022 von den Fachgesellschaften eine Empfehlung zum streng leitlinienkonformen und maßvollen Einsatz von Antibiotika aktualisiert. Die Beachtung der Empfehlung als wichtige Maßnahme zum optimierten Einsatz der verfügbaren Warenmenge wird durch den Beirat unterstützt. Die vollständigen Empfehlungen des DGPI finden sich hier.

        Vereinbart wurde ein weiteres intensives Monitoring durch das BfArM, das Modelle von zu erwartenden Bedarfen im Verhältnis zu avisierten Kontingenten inkludiert. Die Abstimmung im europäischen Netzwerk belegt eine Entwicklung der Erkrankungsfallzahlen in den EU Mitgliedsstaaten vergleichbar der in Deutschland. Danach stehen für einen möglichen Import von Arzneimitteln als eine relevante Maßnahme zur Kompensation durch eine innereuropäische Verfügbarmachung aus Überhängen nach aktuellem Informationsstand nicht ausreichend Arzneimittel zur Verfügung.

      2. Paracetamol- und ibuprofenhaltige Fieberpräparate für Kinder

        Die Versorgung mit fiebersenkenden Arzneimitteln für Kinder wird weiterhin als angespannt eingeschätzt. Das BfArM ruft erneut alle betroffenen Zulassungsinhaber dazu auf, die Meldungen zu eingetretenen oder drohenden Lieferengpasssituationen im BfArM Online Portal, zur Gewährleistung der Transparenz, umgehend mitzuteilen.
        Zur Stabilisierung der Versorgung wurden für Fiebersaft mit dem Wirkstoff Ibuprofen und Zäpfchen mit dem Wirkstoff Paracetamol Ausnahmegenehmigungen erteilt. Die Ausnahmen sind unter folgendem Link publiziert.

        Die Verfügbarkeit weiterer Überhänge wird durch das BfArM weiter geprüft. Dem BfArM vorliegende Angaben belegen, dass die Produktionen der Fiebersäfte bereits deutlich gesteigert wurde und die Kapazitäten umfassend genutzt werden.
        Die Analyse des Marktgeschehens verdeutlicht, dass jedwede verfügbaren Arzneimittel in beiden Therapiebereichen unmittelbar in den Markt abgegeben werden.

  4. Abstimmung möglicher Maßnahmen zur Verbesserung der bedarfsgerechten Versorgung in der Pädiatrie
    Ergänzend zu den bereits auf der BfArM Internetseite publizierten Maßnahmen für Fieberpräparate und Antibiotika -, prüft das BfArM eine mögliche Aussetzung der Gebühren für bestimmte Standardzulassungen. In der Diskussion stehen hier vornehmlich die Standardzulassungen für Paracetamol Zäpfchen, aber auch Glycerol Zäpfchen sowie Elektrolytzubereitungen zur oralen Anwendung.
    Weiterhin wird derzeit geprüft, inwieweit Wirkstoffe zur Herstellung von Antibiotikasäften im Rahmen der Eigenherstellung, insbesondere für Kliniken zur Verfügung stehen. Weiter wird mit den betroffenen Interessenvertretungen kurzfristig abgestimmt werden, ob eine angeordnete Einschränkung der Vertriebswege auf den vollversorgenden Großhandel die flächendeckende Verteilung der Antibiotika und Fieberpräparate unterstützen kann. Ergebnisse der Abstimmung werden dem Beirat nach Abschluss übermittelt und sollen ggf. im schriftlichen Umlauf beschlossen werden.
    Der GKV-Spitzenverband erneuert seinen Appell an seine Mitglieder in der vorliegenden Engpasssituation die Erstattung von Rezepturarzneimitteln zu gewährleisten, um den damit verbundenen Unsicherheiten in den Apotheken entgegenzuwirken.
  5. Verschiedenes

    1. Abgabe auf Basis von § 79 Abs. 5 AMG importierter Tamoxifen-haltiger Arzneimittel

      Es soll mit den betroffenen Interessenvertretungen abgestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen die Abgabe der gestatteten Importe in Anbetracht der aktuellen Versorgungslage weiterhin stattfinden kann.

gez.
Dr. Michael Horn

Bonn, den 23.01.2023