BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzinformation zum 11. Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" am 12.11.2019

Aufgrund des erforderlichen Abstimmungsbedarfes zum Protokoll der Sitzungen und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen, wurde im 3. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Versorgungsengpässe“ (JF) vereinbart, dass vom BfArM zeitnah nach der Sitzung die wesentlichen Inhalte der Sitzung kurz dargestellt werden. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. Anpassungen im Zuge der Protokollabstimmung vorzunehmen sind.

Kurzinformationen zu verschiedenen Punkten aus der Tagesordnung:

  1. Bericht des BMG

    1. Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) ist am 16.08.2019 in Kraft getreten.
      Mit dem GSAV sollen u.a. Bundes- und Länderbehörden besser zusammenarbeiten und Apotheken sowie Herstellbetrieben stärker kontrolliert werden. Der Bund hat erweiterte Befugnisse bekommen, um für Arzneimittelsicherheit zu sorgen. Informationen über die Hersteller der Wirkstoffe in Arzneimitteln werden in Zukunft öffentlich zur Verfügung gestellt.
    2. Die in der politischen Diskussion zu Lieferengpässen thematisierten möglichen Lösungsansätze zur Vermeidung und Minimierung wurden im Überblick angesprochen. Die Qualität und Zuverlässigkeit von Informationen wird als wesentlich angesehen, die frühestmöglich zur Verfügung zu stellen sind. Konsens herrscht darüber, dass ein differenzierter, passgenauer Einsatz von Maßnahmen als zielführend angesehen wird.
  2. Bericht des BfArM und PEI

    1. Die aktuelle Struktur der Lieferengpassdatenbank des BfArM wurde erweitert und bietet einerseits die Informationen zu aktuellen Lieferengpässen inklusive der Anzahl an und darüber hinaus weiterhin die Angaben zu allen bisherigen Meldungen an. Die Rechercheoptionen der Datenbank stehen unverändert zur Verfügung.
    2. Die Entwicklung des Maintenance-Portals zur Meldung von Lieferengpässen ist in Abhängigkeit mit der AmAnDa Entwicklung zu betrachten. Die Pilotphase mit Industriebeteiligung sollte nach gegenwärtigem Stand im 1. Quartal 2020 realisierbar sein.
    3. Auf der BfArM Internetseite steht die englische Version der Empfehlung des Jour Fixe zur Verbesserung der Lieferfähigkeit versorgungsrelevanter Arzneimittel in Kliniken zur Verfügung.
    4. Brexit – die aktuelle Überprüfung ergab erneut keine Hinweise auf potentielle Lieferengpasssituationen.
    5. Weiterhin gibt es keine Indizien bzw. Informationen zu einer möglichen kritischen Versorgungssituation mit Heparin-haltigen Arzneimittel aufgrund des Ausbruchs der afrikanischen Schweinepest in China.
      Dieser Kenntnisstand wird von dem JF-Kreis bestätigt. Auf EU-Ebene findet kontinuierlich ein intensives Monitoring unter Einbeziehung aller Mitgliedsstaaten statt.
  3. Weiterentwicklung der Informationsstruktur bei Lieferengpässen
    Folgende Aspekte wurden als Verbesserungsmaßnahme im Rahmen von Transparenz und Kommunikation im Falle von drohenden oder aktuellen Lieferengpässen als optimierende Maßnahmen bestätigt:

    1. Aktive Vermittlung von Inhalten zu Liefer- und Versorgungsengpässen in Fachkreisen
    2. Berücksichtigung der Festlegungen bei ersten Anzeichen von eingeschränkter Verfügbarkeit – proaktive Kommunikation vor Anhörung durch die BOB
    3. Vermittlung von verzögerter oder eingeschränkter Verfügbarkeit an Patienten und Patientinnen durch Fachkreise
  4. Struktur zur Initiierung von Kritikalitätsprüfungen und Abstimmung von möglichen kompensierenden Maßnahmen in Lieferengpasssituationen zu nicht-gelisteten Wirkstoffen
    Im Falle von Lieferengpässen zu Wirkstoffen, die zwar nicht Bestandteil der auf der BfArM Internetseite publizierten Listen von versorgungsrelevanten Wirkstoffen etc. sind, aber dennoch wichtig für die Kommunikation sind, wird dringend die frühzeitige proaktive Mitteilung der relevanten Informationen empfohlen. Erforderlich sind belastbare Angaben, objektive Berichte zum Sachverhalt und ggf. eine übergreifende Abstimmung zur individuellen Vorgehensweise.
  5. Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen (BfArM, PEI)

    1. Als beendet gemeldete Lieferengpässe einzelner Arzneimittel

      1. Ethosuximid
      2. Levocarnitin
      3. Megestrolacetat
      4. Melphalan
      5. Metyrapon
      6. Nevirapin
      7. Norepinephrinhydrochlorid
      8. Nortriptylinhydrochlorid
      9. Pivmecillinamhydrochlorid
      10. Scopolamin
      11. Sulproston
    2. Relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe (BfArM)

      1. Rifampicin-Natrium
        Für die Arzneimittel Eremfat i. v. 300 mg und 600 mg wurde Lieferengpass bis Dezember 2019 gemeldet. Es handelt sich um das einzige parenterale Arzneimittel. Der Lieferengpass wird daher als versorgungskritisch angesehen, wenn die orale Medikation nicht möglich ist. Grundsätzlich stehen für den Wirkstoff Alternativen zur Verfügung.
      2. Benzylpenicillin-Natrium
        Für das Arzneimittel Penicillin G InfectoPharm 5 Mega wurde der Lieferengpass bis Januar 2020 gemeldet. Als Alternative steht Penicillin G InfectoPharm 10 Mega zur Verfügung; die Fachkreise wurden bereits entsprechend informiert.
      3. Venlafaxin
        Wirkstoff ist nicht Bestandteil der Liste versorgungsrelevanter Wirkstoffe. Einige Arzneimittel sind nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Ein Lieferabriss ist nach Kenntnis des BfArM nicht eingetreten. Die Liefersituation soll bis Ende 2019 verbessert sein, wobei eine umfassende Verfügbarkeit für Ende 1. Quartal 2020 prognostiziert wird.
      4. Lamotrigin
        Der Wirkstoff ist nicht Bestandteil der Liste versorgungsrelevanter Wirkstoffe. Einige Arzneimittel sind nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Ein Lieferabriss ist nach Kenntnis des BfArM nicht eingetreten. Die Liefersituation soll bis Ende 2019 verbessert sein, wobei umfassende Verfügbarkeit für Ende 1. Quartal 2020 prognostiziert wird.
      5. Cytarabin
        Seit Ende August 2019 liegt ein signalisierter Lieferabriss von cytarabinhaltigen Arzneimitteln vor. Nach Abstimmung mit den Landesbehörden wurde im September 2019 die Bekanntmachung nach § 79 Absatz 5 des AMG am 24.09.2019 für cytarabinhaltige Arzneimittel veröffentlicht (BAnz AT 24.09.2019 B3). Relevante Kontingente von Anbietern ohne nationale Zulassung wurden in der Folge über den Großhandel zur Verfügung gestellt.
      6. Valsartan
        Aktuell liegen dem BfArM Lieferengpassmeldungen zu 86 Arzneimitteln vor. Weiter liegen Informationen vor, dass Valsartan als Monopräparat und in Kombination mit HCT wieder in größerem Umfang in Verkehr gebracht werden.
      7. Propofol
        Eine Marktanalyse hat ergeben, dass aktuell Einschränkungen in der Lieferfähigkeit von einzelnen Packungsgrößen und Stärken vorliegen. Derzeit liegen keine belastbaren Hinweise dafür vor, dass es zu einem Lieferabriss oder zu einem Versorgungsengpass gekommen ist. Das BfArM wird die Situation weiterhin engmaschig verfolgen.
      8. Ranitidin
        Es wurden geringe Mengen von NDMA in ranitidinhaltigen Arzneimitteln nachgewiesen, woraufhin auf Ersuchen der Europäischen Kommission ein Referralverfahren eingeleitet wurde (EMEA/H/A-31/1491). Die Liste der Chargenrückrufe sind auf der Internetseite der Arzneimittelkommission veröffentlicht. Weitere Informationen sind auch über die BfArM Homepage abrufbar, wie z.B. der Rote-Hand-Brief zu Ranitidin und die aktuellen Empfehlungen der DGHO.
    3. Anpassung der Listen der als versorgungsrelevant bzw. mit einem akut erhöhten Versorgungsrisiko eingestuften Wirkstoffe

      1. Ranitidin
        Es wird die Löschung des Wirkstoffes von der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe empfohlen.
      2. Blutgerinnungsfaktor VIII und Blutgerinnungsfaktor IX

        Es wird die Löschung aus der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe empfohlen, da die Arzneimittel nicht für die Gesamtbevölkerung relevant sind, sondern lediglich für Behandlung seltener Leiden.

Gez.
Dr. Michael Horn, 16.12.2019