BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzinformation zum 13. Jour Fixe Liefer- und Versorgungsengpässe per Telekonferenz zur Bewertung der aktuellen Versorgungslage im Kontext von COVID-19

Aufgrund des erforderlichen Abstimmungsbedarfes zum Protokoll der Sitzungen und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen, wurde im 3. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Versorgungsengpässe“ (JF) vereinbart, dass vom BfArM zeitnah nach der Sitzung die wesentlichen Inhalte der Sitzung kurz dargestellt werden. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. Anpassungen im Zuge der Protokollabstimmung vorzunehmen sind.

Der 13. Jour Fixe Liefer- und Versorgungsengpässe wurde kurzfristig einberufen, um zum einen aktuelle Fragen zur Arzneimittelversorgung zu besprechen und zum anderen Maßnahmen, die aktuell anordnet oder empfohlen werden, zu erläutern und eine gleichartige Umsetzung zu erreichen.
Teilnehmer der Sitzung waren:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertretung der Bundesländer
  • BMG erläutert die Beschaffung bestimmter Arzneimittel und die Maßnahmen in Bezug auf Desinfektionsmittel. Die Situation bei der Versorgung mit Desinfektionsmitteln ist weiterhin angespannt, die Maßnahmen zeigen jetzt aber zunehmend Wirkung. Neben der Verfügbarkeit des Ethanols ist aber z.B. auch die Beschaffung von Behältnissen für kleine Gebindegrößen herausfordernd.
  • Die vom BMG beschafften Arzneimittel sollen für die Versorgung von schwerwiegenden Verläufen von COVID-19-Infizierten in den Klinken dienen und sicherstellen, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten, die diese Arzneimittel aus anderen Gründen benötigen, sichergestellt ist. Konkret geht es aktuell um die Arzneimittel Kaletra®, Avigan®, Foipan® und die Wirkstoffe Chloroquin und Hydroxychloroquin.
  • Nach Auffassung aller Beteiligter, ist die Arzneimittelversorgung in Deutschland in der Fläche grundsätzlich weiterhin als gut zu bewerten. Bei sich abzeichnenden Engpässen zu einzelnen Wirkstoffen wird übergreifend nach Lösungen gesucht, um die notwenige Versorgung sicherstellen zu können. Hier ist zum Beispiel die Gewährleistung der Versorgung mit Propofol zu nennen.
  • Es gibt mehrere Sondereffekte, die zu besonderen Herausforderungen für eine bedarfsgerechte Versorgung mit Arzneimitteln in den kommenden Monaten führen können. Dieses sind unter anderen

    • die Sicherstellung der Produktion in von SARS-CoV-2 betroffenen Regionen,
    • die Sicherstellung der Arbeits- und Produktionsfähigkeit in den pharmazeutischen Unternehmen (hier insb. die Ausstattung mit Schutzbekleidung etc. für GMP-konforme Herstellung), Betrieben, Apotheken und Arztpraxen in Deutschland,
    • die Sicherstellung des grenzübergreifenden Handels mit Ausgangsstoffen, Wirkstoffen und Arzneimitteln,
    • eine angemessene flächendeckende Verteilung von Arzneimitteln,
    • die erhöhte Nachfrage und Bevorratung durch Privatpersonen.
  • Alle Beteiligten betonen, dass in der aktuellen Situation die gegenseitige Solidarität das oberste Prinzip sein muss. Die vom Bund ergriffenen Maßnahmen sollen dieses flankierend aber auch steuernd unterstützen, indem

    • Ärzte aufgefordert sind, Arzneimittel nur bedarfsgerecht und nicht über einen längeren als den üblichen Zeitraum zu verordnen,
    • Apotheken Arzneimittel im OTC-Bereich nur bei tatsächlichem Bedarf abgeben,
    • der Großhandel und die Apotheken keine eigenen Überbevorratungen vornehmen sollen.
  • Bei Einhaltung dieser Maßnahmen kann eine flächendeckende Versorgung gut gesteuert werden. Patientinnen und Patienten können darauf vertrauen, dass die Arzneimittelversorgung in der aktuellen Situation sichergestellt ist.
  • Der Erfolg der Maßnahmen hängt somit von der Einhaltung der Regeln ab. So ist es unter anderem wichtig, dass die bedarfsgerechte Abgabe von Arzneimittel von allen Beteiligten und insb. auch von den Versandapotheken umgesetzt wird. Die Maßnahmen sollen ausdrücklich nicht zu einer Verschiebung von Marktanteilen ausgenutzt werden.
  • Die vom Grundsatz sehr zu begrüßenden Aktivitäten unter anderen des GKV-Spitzenverbandes auch Verordnungen über einen längeren Zeitraum für chronisch Kranke zu ermöglichen, sollte angesichts der aktuellen Priorität, die Versorgung in der Fläche sicherzustellen, nur in besonderen begründeten Ausnahmefällen praktiziert werden.
  • Bzgl. der allgemeinen Empfehlung des BfArM an die pharmazeutischen Unternehmen und die pharmazeutischen Großhändler zur Lagerhaltung und bedarfsgerechten Belieferung von Humanarzneimitteln, werden der Großhandel und die Verbände der pharmazeutischen Industrie Detailfragen klären und das BfArM über das Ergebnis informieren.
  • Die Situation um Paracetamol entspannt sich zunehmend. Der Fall zeigt aber, dass es schwer vorhersehbar ist, für welche Arzneimittel ein plötzlicher, wenn auch ggf. unbegründeter, Mehrbedarf entsteht. Aus diesem Grund wird angeregt in der aktuellen Situation die allgemeine Empfehlung des BfArM auch breit auszulegen. Es soll dann engmaschig geprüft werden, ob und für welche Produkte Aufweichungen möglich sind.
  • Weiter wird empfohlen, dass Fertigarzneimittel, die zur Vernichtung anstehen, da sie wegen einer fehlenden oder nicht ausreichenden Umsetzung regulatorischer Anforderungen nicht freigegeben werden konnten, aber grundsätzlich keine Qualitätsmängel am Arzneimittel aufweisen, vorerst nicht vernichtet werden sollen. Die Arzneimittel sollen für den Fall eines Versorgungsmangels verfügbar bleiben. Im Falle einer Bekanntgabe eines Versorgungsmangels nach § 79 Abs. 5 AMG könnten diese Arzneimittel ggf. für den Verkehr freigegeben werden. Unter anderem wurde angeregt, wenn die Anforderungen der Fälschungsschutzrichtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden, dass diese Arzneimittel bei einem Versorgungsmangel für den Klinikbereich nutzbar gemacht werden könnten, sofern dort ein Bedarf besteht.
  • Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie gibt es bereits heute große Preissteigerungen z.B. bei Wirkstoffen aber auch beim Transport. Die Beteiligten des Jour Fixe vertreten die Auffassung, dass die erhöhten Produktions- und Transportkosten in dieser Phase nicht zu einer weiteren Reduzierung an potentiell verfügbaren Arzneimitteln führen soll.

Gez.
Dr. Michael Horn, 25.03.2020