BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzinformation zur 15. Sitzung des Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" vom 22.04.2020

Aufgrund des erforderlichen Abstimmungsbedarfes zum Protokoll der Sitzungen und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen, wurde im 3. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Versorgungsengpässe“ (JF) vereinbart, dass vom BfArM zeitnah nach der Sitzung die wesentlichen Inhalte der Sitzung kurz dargestellt werden. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. Anpassungen im Zuge der Protokollabstimmung vorzunehmen sind.

Regelmäßige Teilnehmer des Jour Fixe für "Liefer- und Versorgungsengpässe" sind:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertretung der Bundesländer

Sitzung fand in der Form einer Telefonkonferenz statt.

Die Situation zur Versorgungslage mit Arzneimitteln in Apotheken und Kliniken wird angesichts der weiterhin weltweit fortschreitenden Pandemie, den begrenzten Ressourcen und den damit verbundenen globalen Herausforderungen in der Weise bewertet, dass insbesondere die Versorgung in den besonders von COVID-19 betroffenen Regionen angespannt ist.

Vorrangiges Ziel ist es daher die ordnungsgemäße Versorgung der betroffenen Kliniken sicherzustellen, ohne hierdurch eine Unterversorgung an anderer Stelle, sei es im ambulanten Bereich oder in weniger betroffenen Regionen, herbeizuführen.

Ordnungsgemäße Versorgung

  • Die in der Sitzung der „Task Force zur Sicherstellung der medikamentösen Versorgung in der Intensivmedizin“ am 20.04.2020 bestätigten Listen der COVID-19-relevanten Wirkstoffe bildet zusammen mit den täglich aktualisierten Daten aus dem DIVI-Intensivregister jetzt eine sehr gute Grundlage für die Unternehmen bedarfsgerecht die Kliniken zu beliefern. Das Protokoll der Sitzung der Task Force und die Wirkstofflisten sind auf der BfArM Homepage veröffentlicht.
  • Es wird davon ausgegangen, dass die pharmazeutischen Unternehmen unter Nutzung der bestehenden Vertriebskanäle und des DIVI-Intensivregister, als zusätzliches steuerndes Element, die bedarfsgerechte Versorgung im Regelfall auch ohne staatliches Einwirken gewährleisten können. Damit sollen auch bereits bestehende Liefervereinbarungen und -verpflichtungen erhalten bleiben, d.h. 1. Die Belieferung der Bestandskunden und 2. Der Kliniken mit überdurchschnittlicher Auslastung der Intensivbetten (Hotspots) und nachweislich fehlendem Bestand.
  • Sollte die Abdeckung der Bedarfe in den Hotspots über diese reguläre Belieferung nicht möglich sein, sind diese bevorzugt zu versorgen. Auf § 7 Abs. 2 Satz 5 SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung wird hingewiesen.
  • Die Verbände der pharmazeutischen Industrie prüfen, ob sie eine vermittelnde/steuernde Rolle übernehmen könnten, wenn eine Direktversorgung durch die pharmazeutischen Unternehmen nicht ausreicht. Die ICU-Task Force würde monitorieren und bei Bedarf unterstützen. BfArM/BMG prüfen, mit welchem rechtlichen Status die Verbände diese Aufgabe übernehmen könnten.
  • Die Krankenhäuser sollen zusätzlich, insb. innerhalb ihrer (bundesweiten) Einkaufsverbünde/Versorgungsbereiche im Sinne einer bedarfsgerechten Unterstützung gleichermaßen an dieser gerechten Zuteilung mitwirken. Eine offizielle Äußerung des Bundes könnte die gegenseitige Unterstützung fördern.
  • Seitens der Länder wird eine noch stärkere Rolle des Bundes erwartet. Staatliche Eingriffe können, nach Auffassung des Bundes, aber nicht Mittel der ersten Wahl sein.

Ausweitung der Produktion

  • Auf Basis der Wirkstofflisten und dem rechnerischen Mehrbedarf für die Intensivstationen lässt sich ein konkreter zusätzlicher Bedarf an Arzneimitteln abschätzen. Zu der Frage, wie dieser gedeckt werden kann, z.B. durch zusätzliche Produktion, sind bereits weitere Gespräche initiiert worden.

Behördliche Maßnahmen

  • Hydroxychloroquin und Paracetamol

    • Die Empfehlung des BfArM zur Verordnung von Hydroxychloroquin vom 03.04.2020 wird in der Praxis umgesetzt. Die Verordnungszahlen sind in den letzten Tagen wieder deutlich zurückgegangen. Ebenso haben sich die Werte bei Paracetamol wieder normalisiert.
  • Allgemeine Anordnung zur bedarfsgerechten Belieferung von Humanarzneimitteln vom 20.03.2020

    • Das BfArM weist nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die allgemeine Anordnung zur bedarfsgerechten Belieferung mit Humanarzneimitteln vom 20.03.2020 für den Klinikbereich keinen Bezug zum Vorjahresvergleichswert hat. Gerade hierdurch sollte die Möglichkeit geschaffen werden, einem steigenden Bedarf durch eine erweiterte, aber gleichzeitig auch sachgerechte Bevorratung gerecht zu werden. Die Vertreter der Verbände der Pharmazeutischen Industrie wurden aufgefordert die Mitgliedsfirmen hierüber nochmals zu informieren.
  • Mögliche Anforderung § 52b Abs. 3e AMG

    • BfArM prüft, ob für ausgewählte Wirkstoffe mit hoher COVID-19-Relevanz und bereits bestehenden relevanten Lieferengpässen gemäß § 52b Abs. 3e AMG von den pharmazeutischen Unternehmern und den Arzneimittelgroßhandlungen Daten zu verfügbaren Beständen, zur Produktion und zur Absatzmenge sowie Informationen zu drohenden Lieferengpässen des jeweiligen Arzneimittels angefordert werden sollten.
  • Erfassung von zur Vernichtung vorgesehenen Arzneimitteln

    • Das BfArM wird eine Abfrage an die Unternehmen richten, welche, aufgrund einer fehlenden oder nicht ausreichenden Umsetzung regulatorischer Anforderungen, nicht freigegeben und zur Vernichtung anstehenden Arzneimittel ohne grundsätzliche Qualitätsmängel, aktuell verfügbar sind (Beschlusses des JF in der 13. Sitzung).

Wesentliche Festlegungen und Diskussionen:

  • Der JF erwartet von den pharmazeutischen Unternehmen, dass jetzt sehr schnell auf Basis der DIVI-Daten und der Wirkstofflisten eine bedarfsgerechte Belieferung der Kliniken erfolgen wird. Der Erfolg wird regelmäßig in der wöchentlichen Sitzung der ICU-Task-Force erörtert.
  • Die Unternehmen werden nochmals ausdrücklich aufgefordert relevante Lieferengpässe an das BfArM oder PEI zu melden. Dieses gilt insb. für die Meldeverpflichtung nach §52b Abs. 3a AMG.
  • Klinikübergreifende kollegiale Unterstützung

    • Mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung wurden Erleichterungen in Bezug auf die Abgabe von Betäubungsmitteln zwischen Apotheken festgelegt.
    • In Bezug auf weitere Anforderungen werden pragmatische und einheitliche Regelungen gewünscht, insb. der Verzicht auf eine Großhandelserlaubnis für die klinikübergreifende kollegiale Unterstützung. Dieses soll am 23.04.2020 in einer TC thematisiert werden.
  • Situation bei pharmazeutischen Herstellern und Zulassungsinhabern

    • Die Produktions- und Liefersituation in und aus Indien ist weiterhin unklar (Ausgangssperren, Exportprobleme). Der Bund bittet frühzeitig um Informationen, um ggf. positiv auf die Situation einwirken zu können.

Bestehende bzw. sich abzeichnende relevante Engpässe

  • Im Fokus stehen weiterhin insbesondere Wirkstoffe, die in der intensivmedizinischen Versorgung benötigt werden.
  • Im ambulanten Bereich ist die Versorgung u.a. mit Metformin angespannt.

Weitere Informationen:

  • Die „SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung“ ist am 22.04.2020 in Kraft getreten.
  • Die „Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung“ MedBVSV wird voraussichtlich in der 18. oder 19. KW in Kraft treten.

Gez.
Dr. Michael Horn, 23.04.2020