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Kurzinformation zum 8. Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" am 07.11.2018

Aufgrund des erforderlichen Abstimmungsbedarfes zum Protokoll der Sitzungen und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen, wurde im 3. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Versorgungsengpässe“ (JF) vereinbart, dass vom BfArM zeitnah nach der Sitzung die wesentlichen Inhalte der Sitzung kurz dargestellt werden. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. Anpassungen im Zuge der Protokollabstimmung vorzunehmen sind.

Kurzinformationen zu verschiedenen Punkten aus der Tagesordnung:

  1. Sachstandsbericht zu Aktivitäten im BfArM und PEI

    1. Die Überführung des gegenwärtigen PDF-Meldeverfahrens für Lieferengpässe in ein gemeinsames Maintenance-Portal ist in der Entwicklung deutlich vorangeschritten. Es ist für Ende 1. bis 2. Quartal 2019 eine Pilotphase mit Industrievertretenden geplant, für die ein Nutzerkreis benannt werden soll.
    2. Die Ergebnisse der Sondersitzung des JF zu Basistherapeutika in Krankenhäusern vom 07.03.2018 wurden in ein „Gemeinsames Positionspapier zur Gestaltung einer nachhaltigen Verbesserung der Lieferfähigkeit versorgungsrelevanter Basistherapeutika in Kliniken im Rahmen der Vertragsgestaltung mit dem pharmazeutischen Unternehmer“ überführt, dass sich gegenwärtig in der finalen Abstimmung befindet.
    3. Die BfArM Internetseite zu Liefer- und Versorgungsengpässen wurde neu strukturiert. Hinweise und Kommentare aus dem Anwenderkreis zur Verbesserung und weiteren Optimierung sind willkommen.
  2. Bericht des PEI zur Versorgungssituation mit Influenzaimpfstoffen
    Für die Saison 2018/2019 wurden 15 Mill. Dosen von den Herstellern avisiert. Anhand der Hochrechnungen hätten diese ausreichen sollen. Möglicherweise haben jedoch die vielen Krankheitsfälle in der Influenzasaison 2017/18 zu einer erhöhten Nachfrage in 2018/19 geführt. Hinzu kommen in dieser Saison die Diskussionen um die Impfstoffpreise bzw. Erstattungen, sowie eine regional späte Bestellung durch Apotheken und Arztpraxen.
    Insgesamt wurden > 15 Mill. Dosen in der Chargenfreigabe freigegeben und > 15 Mill. Dosen waren bereits zum Zeitpunkt des Jour Fixe abverkauft bzw. deckten bereits erfolgte Bestellungen ab. Der Phagro bestätigte die Meldungen auf der PEI Homepage. Vereinzelt könnten noch offene Vorbestellungen bedient werden.
    Restbestände würden aber nicht zur Deckung der Nachfrage ausreichen. Die online Verbraucherbefragung des PEI zeigt, dass es regionale Verteilungs- und möglicherweise Versorgungsschwierigkeiten gibt. Erste Nachfragen bei den Herstellern hatten bereits ergeben, dass nur sehr geringe Mengen als Importware zur Verfügung stehen könnten.
    Das PEI bemüht sich um weitere Klärung und Entspannung der Versorgungssituation. Im Nachgang zur Sitzung im BfArM wurde der Versorgungsmangel nach §79 Abs. 5 deklariert, um Importe von Influenzaimpfstoffen zu ermöglichen.
  3. Versorgungssituation mit Sartanen und anderen Antihypertonika
    Update zu den Rückrufen verunreinigter sartanhaltiger Arzneimittel.
    Update zum Stand der Untersuchungen von Wirkstoffen und Fertigarzneimitteln auf Verunreinigungen mit Nitrosaminen.
    Die Mitgliedstaaten der europäischen Union haben sich dem von den USA verhängten vollumfänglichen Importstopp von Wirkstoff des Herstellers Zhejiang Huahai Pharmaceutical Co. aus der Betriebsstätte „Chuannan“ nicht angeschlossen. Hierbei wurde auch die Kritikalität des Wirkstoffherstellers berücksichtigt. Die Betriebsstätte wird unter verstärkte Aufsicht der europäischen Behörden gestellt, um die Umsetzung korrigierender Maßnahmen engmaschig zu begleiten und zu kontrollieren. Für Anfang 2019 ist eine sog. Full Inspection der gesamten Herstellungsstätte vorgesehen.
  4. Mögliche Auswirkungen des Brexit auf die Versorgung mit versorgungsrelevanten Arzneimitteln
    Wie im 6. Jour Fixe vereinbart wurde in Bezug auf die versorgungsrelevanten Arzneimittel eine systematische Abfrage unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte seitens des BfArM durchgeführt, um möglichst frühzeitig mögliche Versorgungsrisiken zu identifizieren und geeignete Maßnahme abstimmen zu können. Die Auswertung ergab für das BfArM, dass mit keinem Versorgungsengpass bei den als versorgungsrelevant eingestuften Arzneimitteln zu rechnen ist. Auch dem Jour Fixe Kreis sind keine gegenteiligen Indizien bekannt.
  5. Mögliche Auswirkungen der Fälschungsrichtlinie auf die Versorgung mit versorgungsrelevanten Arzneimitteln
    Die Auswertung der Ergebnisse aus der systematischen Abfrage ergab auch in dieser Hinsicht keine zu erwartende kritische Versorgungslage. Das BMG bestätigte, dass keine Hinweise vorliegen, die auf eine Marktbereinigung zu Lasten der Krankenhausware schlussfolgern lassen.
  6. EU- und globale Aktivitäten in Bezug auf Shortages – Bericht zum Stand
    Es wurde ein Überblick über die Aktivitäten auf europäischer Ebene gegeben, an der neben Teilnehmenden aus den Mitgliedsstaaten der EU, der WHO, der OECD, der EC und der EMA auch Vertretende aus Wissenschaft, Industrie und Nichtregierungsorganisationen im Gesundheitssektor aktiv beteiligt sind. Übergeordnete Ziele sind die Implementierung von robusten und belastbaren Strukturen in der Lieferkette, um Versorgungsengpässe europaweit mittels nachhaltiger Lösungen zu regulieren. Diskutiert werden z. B. Aspekte wie Zugang und Verfügbarkeit von Arzneimitteln, einheitliche Kriterien, eine europaweite Informationsplattform etc.
  7. Sachstandsbericht zu Liefer- und Versorgungsengpässen

    1. Als beendet gemeldete relevante Lieferengpässe

      1. Cytarabin
      2. Ibuprofen
      3. Methyldopa
      4. Paromomycinsulfat (1:x)
      5. Pyridostigminbromid
      6. Sulbactam-Natrium, Ampicillin-Natrium
    2. Relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe

      1. Betamethason
        Lieferengpass gemeldet seit 01/2018 mit prognostiziertem Ende in 01/2019. Alternativpräparate stehen zur Patientenversorgung zur Verfügung.
      2. Urokinase
        Import nach § 73(3) AMG wird als angemessene Maßnahme eingeschätzt, um Patientenversorgung zu gewährleisten (s. auch JF zu Liefer- und Versorgungsengpässe vom 04.07.2018)
      3. Fludarabin
        Anbieter mit hohem Marktanteil wieder lieferfähig; dennoch Lieferengpässe in Deutschland und im Ausland zu verzeichnen
      4. Epinephrin
        Lieferengpass ist seit Ende Oktober (Fastjekt) bzw. Mitte November (Fastjekt Junior) beendet; Maßnahmen zur Kompensation wurden ergriffen (s. Informationsbrief zu Fastjekt und Jext 150 Mikrogramm.
      5. Indinavir
        Lieferengpass seit August 2018 beendet; therapeutische Alternativen vorhanden, Bedeutung des Wirkstoffes für die Therapie von HIV-Infektionen nachrangig
      6. Megestrolacetat
        Das einzige Arzneimittel mit diesem Wirkstoff auf dem deutschen Markt befindet sich im Lieferengpass; therapeutische Alternative vorhanden (Medroxyprogesteron)
      7. Procarbazin
        Lieferengpass seit Oktober 2018 beendet; gemäß BfArM Einschätzung gibt es für bestimmte Kombinationsindikationen keine therapeutische Alternativen; Maßnahmen wurden getroffen, um Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten
      8. Paromomycinsulfat
        Seit Ende November wieder verfügbar; verschiedene therapeutische Alternativen standen zur Verfügung
      9. Bedaquilin
        Bestandteil der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe; Lieferengpass seit Ende Oktober beendet; Lieferengpass konnte durch Import nach AMG § 73 (3) durch Ware aus Südafrika kompensiert werden.
      10. Linezolid
        Lieferengpass zur Darreichungsform „Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen“ seit Anfang Dezember beendet; Filmtabletten konnten alternativ eingesetzt werden
      11. Thiopental
        Landesbehörden entscheiden sich in Abstimmung mit dem BfArM gegen Rückruf von den durch den GMP-Mangel von LAMPUGNANI FARMACEUTICI SpA betroffenen Chargen; Freigabe jedoch nur für Krankenhäuser und Kliniken und für bestimmte Indikationen (s. Rote-Hand-Briefe)
      12. Valproinsäure

        Im Juli 2018 schloss die französische Behörde die Herstellungsstätte Sanofi Mourenx wegen erhöhter Schadstoff-Emission; sie ist die weltweit führende Site für Valproinsäure; eine Anhörung der Marktführer zeigte, dass mit keinem LE zu rechnen ist (ausreichende Bestände u. Alternativ-Hersteller); dies hat sich bestätigt; die Produktion wurde im September wiederaufgenommen

Es wurde die Bedeutung und Relevanz der Arzneimittel mit der Wirkstoffkombination Piperacillin/Tazobactam thematisiert, insbesondere jene in der klinischen Anwendung.

Der Jour Fixe bestätigte mit Nachdruck die Notwendigkeit der Verfügbarkeit und schätzt jedwede Beeinträchtigung als versorgungskritisch ein.

Gez.
Dr. Michael Horn, 30.11.2018