BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Kurzinformation zum 9. Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" am 26.03.2019

Aufgrund des erforderlichen Abstimmungsbedarfes zum Protokoll der Sitzungen und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen, wurde im 3. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Ver-sorgungsengpässe“ (JF) vereinbart, dass vom BfArM zeitnah nach der Sitzung die wesentlichen Inhalte der Sitzung kurz dargestellt werden. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass ggf. Anpassungen im Zuge der Protokollabstimmung vorzunehmen sind.

Kurzinformationen zu verschiedenen Punkten aus der Tagesordnung:

  1. Sachstandsbericht zu Aktivitäten im BfArM und PEI (BfArM, PEI)

    1. Die Ablösung des gegenwärtigen PDF-Meldeverfahrens für Lieferengpässe durch die Zulassungsinhaber ist Teil des Gesamtkonzeptes zur AMIS-Ablösung und kann daher erst freigegeben werden, wenn die künftige Datenbank im Wirkbetrieb ist. Der Start des User Acceptance Concepts unter Einbeziehung von Zulassungsinhabern ist für Q3 2019 vorgesehen.
    2. Am 08. Januar 2019 fand eine Bund-Länder-Sitzung im BfArM zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in besonderen Krisensituationen statt. Es wurden Kriterien zur Feststellung der Notwendigkeit einer zentralen Koordinierung vereinbart sowie ein entsprechendes Verfahren abgestimmt.
    3. Im Rahmen des Berichtes zu aktuellen EU-Aktivitäten der HMA/EMA-Task Force wurde einerseits auf den Stand des „Guidance on detection and notification of shortages of medicinal products for Marketing Authorisation Holders (MAHs) in the Union (EEA)“ eingegangen, sowie das Konzept des „Single Point Of Contact (SPOC)“ dargestellt, dessen Pilotphase Mitte April starten wird.
  2. Präsentation des Entwurfes eines Positionspapiers des Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen zur Vertragsgestaltung zwischen Kliniken und pharmazeutischen Unternehmen mit dem Ziel einer Verbesserung der Lieferfähigkeit versorgungsrelevanter Basistherapeutika in Kliniken
    Nach intensiver Diskussion der vorliegenden Version des Dokumentes wurde eine aktualisierte Version vereinbart, die die Ergebnisse der Diskussion berücksichtigen wird, um dann in einem schriftlichen Verfahren finalisiert und bestätigt zu werden.
  3. Aktueller Stand zum Brexit: Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgung mit versorgungsrelevanten Arzneimitteln
    Nach engmaschigem Monitoring durch die BOB und vorliegendem Informationsstand ist nach wie vor mit keinem Versorgungsengpass bei den als versorgungsrelevant eingestuften Arzneimitteln zu rechnen. Die Nachfrage an den Jour Fixe Kreis bestätigte diese Einschätzung, da keine gegenteiligen Indizien bekannt sind.
  4. Aktueller Stand zu möglichen Auswirkungen der Fälschungsschutzrichtlinie auf die Versorgung mit versorgungsrelevanten Arzneimitteln (Verbände, BOB) - Lieferengpasssituationen durch fehlende Serialisierung
    Seit dem 9. Februar 2019 gilt die Delegierte Verordnung über Sicherheitsmerkmale (EU) 2016/161. Seit diesem Stichtag ist der überwiegende Teil verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit sogenannten Sicherheitsmerkmalen zu kennzeichnen. Vor diesem Datum in Verkehr gebrachte Arzneimittel dürfen als Bestandsware bis zu ihrem Verfalldatum in den Verkehr gebracht, vertrieben und an die Öffentlichkeit abgegeben werden.
    Nicht serialisierte Ware kann nach dem 9. Februar 2019 nur unter Beachtung strenger Kriterien im begründeten Einzelfall in den Verkehr gebracht werden, erforderlich ist hierfür die Genehmigung der zuständigen Behörde. Bislang sind nach Kenntnis des BfArM nur sehr wenige Anträge den zuständigen Behörden übermittelt worden.
    Im Falle des Bekanntwerdens von Lieferengpässen aufgrund von fehlender Serialisierung nimmt das BfArM eine Kritikalitätsprüfung vor.
  5. Ersatz des Kaninchen-Pyrogentests (RPT) durch ein anderes Prüfverfahren – Variation Verfahren der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer - Sachstand in BfArM & PEI
    Gemäß einer Entscheidung auf Landesbehördenebene ist mit Bezug auf die Richtlinie 2010/63/EU der Kaninchen-Pyrogentest nur noch in Ausnahmefällen zu akzeptieren. Mit Blick auf die Arzneimittelversorgung besteht die Notwendigkeit einer zeitnahen Testumstellung. Derzeit liegen BfArM und PEI keine Hinweise auf eine eventuelle Beeinträchtigung der Arzneimittelversorgung vor.
  6. Hinweise zur Einfuhr von Arzneimitteln nach § 73 (3) AMG die sich trotz nicht belegter GMP-Konformität in anderen Staaten des EWR aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung der Patientinnen und Patienten in Verkehr befinden
    Es obliegt jedem Mitgliedstaat zu entscheiden ob Arzneimittel mit bestehenden GMP-Mängeln im begründeten Einzelfall zur Sicherstellung der Versorgung in den Verkehr gebracht werden dürfen. Fehlende therapeutische Alternativen können ggf. nach strenger Einzelfallprüfung und unter Abwägung der Risiken zu entsprechenden Ausnahmegenehmigungen in einzelnen Mitgliedsstaaten führen. Damit können nicht GMP-konforme Arzneimittel in diesen Staaten als „rechtmäßig in Verkehr gebracht“ betrachtet werden. Sofern in DE das Inverkehrbringen dieser Arzneimittel untersagt wurde, weil keine versorgungskritische Situation vorliegt, sollen alle Beteiligten darauf hinwirken, dass die verfügbaren therapeutischen Alternativen zum Einsatz kommen anstatt nach § 73 (3) AMG Arzneimittel aus anderen Staaten zu beziehen, die ggf. nicht GMP-konform sind.
  7. Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und Versorgungsengpässen (BfArM, PEI)

    1. Als beendet gemeldete relevante Lieferengpässe

      1. Ampicillin-Natrium
      2. Betamethason
      3. Epinephrin
      4. Erythromycinethylsuccinat (Ph.Eur.)
      5. Erythromycinlactobionat
      6. Levothyroxin-Natrium x H<2>O
      7. Linezolid
      8. Paromomycinsulfat (1:x)
      9. Piperacillin-Natrium, Tazobactam-Natrium
    2. Relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe (BfArM)

      1. Belatacept
        Die Produktion von Nulojix kehrt nach einer vorrübergehenden Einschränkung der Produktionskapazität wieder zur Normalkapazität zurück. Eine Einschränkung der Anwendung von Nulojix auf bereits mit dem Arzneimittel behandelte sowie neue Patienten und Patientinnen, für die Nulojix die beste Therapieoption darstellt, bleibt aber bis zum 3. Quartal 2020 erforderlich. Es lagen weder Qualitäts- noch Sicherheitsprobleme vor.
      2. Piperacillin/Tazobactam
        Weder dem BfArM noch dem Jour Fixe Kreis liegen Informationen vor, die auf eine versorgungskritische Situation hindeuten.
      3. Oxytocin
        In den letzten Wochen befanden sich alle auf dem Markt befindlichen Oxytocin-haltigen Arzneimittel im Lieferengpass. Am 25.03.2019 wurde die Bekanntmachung des Versorgungsmangels auf Grund des § 79 Absatz 5 AMG veröffentlicht. Inzwischen gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Situation wieder entspannen könnte, weil Arzneimittel in spürbaren Mengen wieder lieferbar sind.
      4. Erythromycin
        Nach Re-Zertifizierung des GMP-Zertifikates einer Herstellungsstätte gibt es weiterhin Lieferengpässe, da die produzierten Mengen des Wirkstoffes gegenwärtig noch nicht den nationalen wie europäischen Bedarf decken. Hinweise auf eine versorgungskritische Situation liegen nicht vor.
      5. Ampicillin
        Es bestehen bis voraussichtlich Juni 2019 Lieferengpässe zu Ampicillin-haltigen Monopräparaten. Anzeichen für eine versorgungskritische Situation liegen nicht vor.
      6. Levothyroxin i.v.
        Der Lieferengpass zu L-Thyroxin Henning inject kann für die Indikation Myxödem nicht ausreichend durch die therapeutische Alternative Thyrotardin-inject (T3) kompensiert werden. Eine Vermarktung mit reduziertem Haltbarkeitsdatum produzierter Batches wird trotz Out of Specification-Ergebnissen diskutiert. Die Out of Specification-Ergebnisse haben nach Angabe des pharmazeutischen Unternehmers keinen Einfluss auf den Wirkstoff.
      7. Eptifibatid
        Bis voraussichtlich September 2019 befindet sich Integrilin 0,75 mg/ml, bzw. 2 mg/ml Infusionslösung im Lieferengpass. Eine Freigabe nicht serialisierter Chargen wird von der zuständigen Landesbehörde als nicht notwendig erachtet, da therapeutische Alternativen zu Eptifibatid verfügbar sind.
      8. Daunorubicin
        Das zurzeit in Deutschland einzige Arzneimittel mit dem Wirkstoff Daunorubicin befindet sich bis voraussichtlich August 2019 im Lieferengpass. In Europa stehen wirkstoffgleiche Alternativen zur Verfügung. Ein Informationsbrief mit Hinweis auf Importmöglichkeit nach § 73 (3) AMG wurde veröffentlicht.
      9. Methotrexat
        Der Lieferengpass zu MTX 10 HEXAL Injekt Injektionslösung lässt sich voraussichtlich durch höher konzentrierte MTX-Injektionslösungen oder Import nach § 73 (3) AMG kompensieren.
      10. Indapamid
        Grund für den gemeldeten Lieferengpass ist eine erhebliche Steigerung der Nachfrage, die evtl. aus der Bekanntgabe eines erhöhten Hautkrebsrisikos bei Verwendung von Hydrochlorothiazid ( s. Rote-Hand-Brief von Oktober 2018 ) resultiert. Das Verordnungsverhalten der Ärzte wird in Hinblick auf mögliche Lieferengpässe der Alternativen zu HCT weiter beobachtet.
    3. Diskussion inwieweit eine Anpassung der Listen der als versorgungsrelevant bzw. mit einem akut erhöhten Versorgungsrisiko eingestuften Wirkstoffe erforderlich ist

      1. Albiglutid
        Der Wirkstoff Albiglutid ist von der Liste der Selbstverpflichtung zu streichen, da keine verkehrsfähigen Zulassungen mehr zur Verfügung stehen.
      2. Borceprevir
        Der Stoff Boceprevir aus der Auflistung der Selbstverpflichtungsliste genommen, da bereits als gelöscht klassifiziert.

Gez.
Dr. Michael Horn, 08.04.2019