BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Protokoll zum zweiten Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" am 05.12.2016

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger- Allee 3, 53175 Bonn; 10:30 - 15:00 Uhr

I. Sachstand zu den geplanten Änderungen im Zusammenhang mit Lieferengpassmeldungen im BfArM und PEI

  1. Das BfArM zeigt das überarbeitete und erweiterte Formular für die Zulassungsinhaber zur Meldung von Lieferengpässen. Das Formular wurde von den Teilnehmenden des Jour Fixes mit kleinen Änderungen angenommen und kann damit grundsätzlich für die Meldung von Lieferengpässen verwendet werden. Das neue Formular soll zusammen mit verbesserten Informationen für die Öffentlichkeit eingeführt werden. Für 2017 ist geplant, dass Lieferengpassmeldungen an das PEI und BfArM über eine zentrale Web-Anwendung vorgenommen werden sollen. Über den RSS-Feed „Arzneimittelzulassung“ werden bereits jetzt die Aktualisierungen zu Lieferengpässen weitergegeben.
  2. BfArM präsentiert das Verfahren, mit dem nach einem abgestuften Verfahren die eigenen Arzneimitteldatensätze bezüglich der Angaben zu den Wirkstoffherstellern von den Zulassungsinhabern geprüft und einmalig aktualisiert werden können. Die Implementierung in der PharmNet.Bund-Anwendung „Änderungsanzeigen“ durch das DIMDI steht noch aus. Wirkstoffhersteller werden erst seit ca. 2005 systematisch vom BfArM erfasst und können daher aktuell nicht vollständig sein. Das BfArM wird die Zulassungsinhaber über das Verfahren und die gezielte Überprüfung konkreter Zulassungen informieren. Die Prüfung sollte im ersten Schritt für folgende Gruppen erfolgen:

    • Alle nationalen Zulassungen mit Wirkstoffen mit einem erhöhten Versorgungsrisiko
    • Alle nationalen Zulassungen ohne hinterlegter Wirkstoffhersteller in der Arzneimitteldatenbank
    • Ad-hoc: betroffene Arzneimittel bei GMP-non-Compliance-Meldungen

II. Diskussion der Listen zu versorgungsrelevanten Wirkstoffen

  1. Die Teilnehmenden des Jour Fixes befürworten die Veröffentlichung der Listen zu versorgungsrelevanten Wirkstoffen mit dem aktuellen Stand. Gruppenpositionen sollen im Sinne der Konsistenz noch aufgelöst werden, die Versorgungssituation in diesen Fällen aber in Bezug auf die Gruppe bewertet werden. Hierbei handelt es sich um die

    • Gesamtliste der Wirkstoffe von versorgungsrelevanten Arzneimitteln (s. Protokoll des Jour Fixe vom 08.09.2016),
    • Liste der Stoffe mit einem erhöhtem Versorgungsrisiko:
      Diese Liste ist eine Teilmenge der Gesamtliste und beinhaltet die Wirkstoffe, für die nur ein Wirkstoffhersteller, endfreigebender Hersteller oder Zulassungsinhaber existiert. Wirkstoffe auf dieser Liste unterliegen einer besonderen behördlichen Kontrolle. Die Pharmazeutische Industrie trägt in besonderer Weise dafür Sorge, dass diese Arzneimittel weiterhin für den deutschen Markt verfügbar sind.
    • Das Dokument mit den Stoffen mit einem erhöhten Versorgungsrisiko wird durch die Liste der Wirkstoffe ergänzt, für die in der Vergangenheit bereits ein Versorgungeng-pass eingetreten war. Für hiervon betroffene Zulassungen gilt generell die Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen.

    Den Teilnehmenden ist bewusst, dass es in den Listen noch Unschärfen gibt, die vor allem im Verlauf der ersten Monate der praktischen Anwendung noch zu beheben sind. Diese Gesamtliste soll in den weiteren Sitzungen konsolidiert und fortgeschrieben werden. Weiter besteht Konsens, dass die Kriterien für alle Arzneimittelgruppen in gleicher Weise gelten sollen und vorerst keine Sonderregelungen für bestimmte Arzneimittelgruppen, wie z.B. Antibiotika gelten sollen. Dieses beinhaltet auch die Kriterien zur Selbstverpflichtung der Meldung von Lieferengpässen.

  2. Selbstverpflichtung der Meldung von Lieferengpässen durch die Zulassungsinhaber an das BfArM:
    Da der Schwerpunkt nicht auf der Bewertung sämtlicher Lieferengpässe, sondern auf denen mit Versorgungsrelevanz für die Gesamtbevölkerung liegt, haben sich die Teilnehmenden des Jour Fixe darauf verständigt, dass die Selbstverpflichtung zur Meldung für Wirkstoffe der Gesamtliste unter II.1.a gelten sollte, wenn drei oder weniger Wirkstoffhersteller, endfreigebender Hersteller oder Zulassungsinhaber für den betroffenen Wirkstoff vorhanden sind. Ggf. ist hier auch eine Subdifferenzierung erforderlich, wenn z.B. nur eine bestimmte Darreichungsform betroffen ist. Die Kriterien sollten regelmäßig im Jour Fixe diskutiert und ggf. Anpassungen empfohlen werden. Das BfArM wird für die Zulassungsinhaber auf seiner Homepage die Liste der Wirkstoffe veröffentlichen, für die die Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen gilt. Die Pharmazeutische Industrie regt an, die Liste im Sinne des Engpass-Managements und auch der Rabattverträge handhabbar und damit nicht zu umfangreich zu halten.

III. Aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe

  1. Zhejiang Hisun: möglicher Versorgungsengpass für die Wirkstoffe Ivermectin (oral), und Mitomycin

    • Für Ivermectin (oral) wurde am 2. September 2015 der Versorgungsmangel nach §79 Abs. 5 AMG bekanntgemacht und am 29. April 2016 wieder aufgehoben. Die Teilnehmenden des Jour Fixes bestätigen, dass die Maßnahme im Rahmen der massenhaften Zustroms der Flüchtlinge richtig war. Die aktuelle Situation ist aber anders zu bewerten, so dass Ivermectin (oral) derzeit vom Jour Fixe nicht als versorgungsrelevant angesehen wird.
    • Mitomycin: Gemäß den Teilnehmenden des Jour Fixes vorliegenden Informationen sind für 2017 ausreichend Wirkstoff und Arzneimittel verfügbar. Das BfArM wird den Lieferengpass engmaschig begleiten.
  2. Qilu Tianhe Pharmaceuticals: möglicher Versorgungsengpass für die Wirkstoffkombination Piperacillin/Tazobactam

    • Es ist davon auszugehen, dass temporär ca. 40% der üblichen Menge an Piperacillin/Tazobactam nicht zur Verfügung stehen. Ein Ausweichen auf andere Antibiotika ist grundsätzlich möglich, wird aber in der Therapie als kritisch bewertet, da in diesen Fällen z.B. auf Reserveantibiotika zurückgegriffen werden müsste und sich hierdurch auch die Resistenzlage verschlechtern könnte. Das BfArM wird den Lieferengpass engmaschig begleiten.

IV. Nächste Sitzung:

Die nächste Sitzung soll Ende März 2017 stattfinden, mit dem Schwerpunktthema Krankenhausversorgung. An der Sitzung soll u.a. auch Vertreter der Kommission ART teilnehmen.

Gez.

Dr. M. Horn/BfArM/23.01.2017