BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Navigation und Service

Protokoll zum 7. Jour Fixe zum Thema "Liefer- und Versorgungsengpässe" am 04.07.2018

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger- Allee 3, 53175 Bonn; 10:30 - 15:00 Uhr

TOP 1: Begrüßung

TOP 2: Die Tagesordnung wurde mit Ergänzungen (s. unter Verschiedenes) angenommen

TOP 3: Das Protokoll zur Sitzung vom 22.03.2018 wurde ohne Änderungen angenommen

TOP 3a: Chargenbezogener Rückruf valsartan-haltiger Arzneimittel

Das BfArM informiert über den bevorstehenden chargenbezogenen Rückruf valsartan-haltiger Arzneimittel am 04.07.2018, deren Wirkstoff von dem chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical produziert wurde. Grund für den Rückruf ist eine produktionsbedingte Verunreinigung des Wirkstoffs Valsartan mit N-Nitrosodimethylamin. Dieser Stoff ist von der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO und der EU als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen eingestuft.
Bislang liegen noch keine Erkenntnisse darüber vor, ob und in welchen Konzentrationen die Verunreinigung in den hieraus hergestellten Arzneimitteln enthalten ist.
Von dem Rückruf wird eine Vielzahl an Arzneimitteln betroffen sein, da der Wirkstoffhersteller in ca. 2/3 der nationalen Zulassungen hinterlegt ist. Da zum Teil mehrere Wirkstoffhersteller für die Arzneimittel gemeldet sind, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht exakt sagen, welche Zulassungen betroffen sein werden.
Folgende Beschlüsse wurden zum Rückruf von valsartan-haltigen Arzneimitteln vom Jour Fixe gefasst:

  1. Identifizierung der betroffenen Chargen:

    1. Die Pharmazeutischen Unternehmer werden ersucht, die Identifizierung der vom Rückruf betroffenen Chargen bis Freitag den 06.07. abzuschließen, damit

      1. das Ausmaß des Rückrufes abgeschätzt,
      2. daraus ggf. weitergehende Maßnahmen abgestimmt und
      3. die Fachkreise über die betroffenen Chargen informiert werden können.

    2. Betroffen sind, neben den regulär zugelassenen Arzneimitteln, auch sämtliche parallelimportierte Arzneimittel, da bei diesen keine Kenntnisse über die Herkunft des Wirkstoffes beim Parallelimporteur vorliegen.
    3. Die Überwachungsbehörden der Länder werden gebeten den Rückruf der PUs engmaschig zu verfolgen, damit sichergestellt werden kann, dass zeitnah alle betroffenen Chargen identifiziert und Verzögerungen vermieden werden können.
    4. Die Verbände der Pharmazeutischen Industrie sollen sich aktiv bei ihren Mitgliedsfirmen dafür einsetzen, dass die Identifizierung der betroffenen Chargen, wie auch die daraus folgenden Handlungen mit hoher Priorität erfolgt.

  2. Es wird kurzfristig ein Text für den Rückruf über das AMK/PHAGRO-Schnellinformationssystem von einzelnen Mitgliedern des JF erarbeitet (04.07.). Dieser Text soll länderübergreifend für alle betroffenen Rückrufe verwendet werden. Individuelle Absprachen/Lösungen werden vom JF in diesem konkreten Fall für nicht realisierbar angesehen.
  3. Der JF hält ein harmonisiertes Vorgehen der Länder für dringend erforderlich und dass dieses so kurzfristig wie möglich abgestimmt wird (z.B. Festlegung, bis auf welche Ebene der Rückruf erfolgen soll).

    1. Die Fachgesellschaften sollen möglichst kurzfristig Empfehlungen aussprechen, auf welche alternativen Sartane
    2. alternativen Wirkstoffe/ Wirkstoffkombinationen
      die medikamentöse Therapie umgestellt werden könnte, wenn vom Rückruf nicht betroffene valsartanhaltige Arzneimittel nicht in ausreichender Menge verfügbar sind. Die AkdÄ hat angeboten, die Leitlinie auf mögliche Therapieempfehlungen zu sichten.

TOP 4: Sondersitzung des JF zu Basistherapeutika in Krankenhäusern (07.03.2018); Diskussion zu weiterem Vorgehen (Leitlinie)

Nach Veröffentlichung des Protokolls im Juni 2018 wurde das weitere Vorgehen festgelegt. Die Ergebnisse des ersten Sonder-JF sollen in einen Best-Practice-Guide überführt werden, der dann bei bilateralen Vertragsverhandlungen zwischen Zulassungsinhaber und Krankenhaus herangezogen werden kann und dazu beitragen soll die Lieferfähigkeit zu erhöhen. Ein erster Entwurf zur Abstimmung mit den Teilnehmenden des Sonder-JF wird seitens des BfArM zeitnah vorbereitet werden.

TOP 5: Bericht des BfArM, PEI und der Pharmaverbände zu Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene zum Thema Lieferengpässe; Verbesserung der Vernetzung und Harmonisierung (BfArM, PEI, Pharmaverbände)

Aufgrund der intensiv geführten Diskussion zu dem chargenbezogenen Rückruf valsartan-haltiger Arzneimittel, deren Wirkstoff von dem chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical produziert wurde, wurde das Thema des TOP 5 auf den folgenden Jour Fixe verlegt.

TOP 6: Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen (BfArM, PEI)

Der Sachstandsbericht wurde aufgrund der unter TOP 5 auf den nächsten JF verschoben. Die Lieferengpässe folgender Wirkstoffe wurden thematisiert, teilweise im Rahmen des JF, teilweise als schriftliches Verfahren im Nachgang. Die Ergebnisse werden zusammengefasst dargestellt.

a. Als beendet gemeldete relevante Lieferengpässe

  1. Raltegravir / Isentress 100 mg Granulat z. H. einer Suspension
    Der Lieferengpass wurde nach Behebung der Produktionsprobleme im April 2018 als beendet gemeldet.
  2. Chinidin/Verapamil / Cordichin ®
    Der Lieferengpass wird als beendet und das Arzneimittel zum 01.05.2018 außer Verkehr gemeldet.
  3. Ivermectin / Scabioral 3 mg
    Der Lieferengpass wurde nach Erwerb von Zulassungen im März 2018 als beendet gemeldet.
  4. Propofol
    Der Lieferengpass von Disoprivan 2% Appl. Set zum Juni 2018 als beendet gemeldet.
    Der Lieferengpass von Propofol Hexal 20 mg / ml Emulsion zur Inj./Inf. wurde zum Juli 2018 als beendet gemeldet. In beiden Fällen wurde die Lieferfähigkeit wieder hergestellt.

b. Relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe (BfArM)

  1. Acetylsalicylsäure i.v.
    Lieferengpass wurde in 03/2018 gemeldet und soll bis 12/2018 andauern. Seit 05/2018 ist die Packungsgröße 25 x 1 wieder lieferbar.
  2. Piperacillin und Piperacillin/Tazobactam
    Dem BfArM liegen aktuell keine Hinweise vor, dass die Versorgungslage kritisch ist.
  3. Sulfadiazin
    Der angezeigte Wechsel des Herstellers befindet sich in der Prüfung. Dem BfArM liegen aktuell keine Hinweise vor, dass die Versorgungslage kritisch ist.
  4. Urokinase
    Der Import gemäß § 73 Abs. 3 AMG wird als geeignete Maßnahme bestätigt, um dem Lieferengpass zu begegnen. Nach derzeitiger Einschätzung des JF wäre eine Verbesserung der Versorgungssituation durch eine Bekanntmachung im Sinne des § 79 Abs. 5 AMG nicht zu erwarten.
  5. Alpha-Methyldopa
    Für Mitte Juli 2018 sind die Arzneimittel mit dem Wirkstoff Alpha-Methyldopa als wieder umfänglich lieferfähig angekündigt. Der Lieferengpass hatte in der klinischen Anwendung laut Rückmeldung aus dem JF nur geringe Auswirkungen.
  6. Nitrendipin
    Es erfolgte zu dem Arzneimittel Bayotensin akut, 5mg / 1ml, Lösung zum Einehmen, ein Chargenrückruf. Alternativen stehen zur Verfügung.
  7. Fludarabin
    Der Lieferengpass für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Fludarabin resultiert aus einem Wirkstoffengpass, von dem der Hersteller mit dem größten Markanteil betroffen ist und der bis Ende 2018 angekündigt ist. Alternative Anbieter können Verknappung nicht ad hoc kompensieren und die teilweise initiierte Produktionserhöhung bedarf eines Zeitfensters von ca. 6 Monaten bis zusätzliche Ware zur Verfügung steht. Dieses führt im klinischen Alltag bereits zu einer Verknappungssituation. Vorhandene Möglichkeiten eines Importes aus europäischen Ländern werden gegenwärtig geprüft.
  8. Etoposid
    Durch einen Rohstoffengpass kann es zu einer Lieferverknappung kommen. Dem BfArM liegen keine Informationen zu einem Versorgungsengpass im Falle des Fehlens einer therapeutischen Alternative bei bestimmten Indikationen vor.
  9. Theophyllin
    Lieferengpass bis 08/2019 wurde mitgeteilt. Informationen zu einem Versorgungsengpass liegen dem BfArM nicht vor.
  10. Ropivacain
    Informationen zu einem Versorgungsengpass legen dem BfArM nicht vor.
  11. Ibuprofen
    Für den Wirkstoff Ibuprofen, der weder als versorgungsrelevant noch versorgungskritisch eingestuft ist, wird die Verknappungssituation diskutiert, die sich insbesondere für die Stärken 600 mg und 800 mg in oraler Darreichungsform ergibt. Die angespannte Liefersituation des Wirkstoffes bleibt aller Wahrscheinlichkeit nach noch mittelfristig bestehen, da die Situation der gestiegenen weltweiten Anwendung von Ibuprofen vielerorts bestätigt wird.
    Eine Entspannung könnte ab 2021 zu erwarten sein, da BASF angekündigt hat, bis zu diesem Zeitpunkt eine Produktionsstätte zur Herstellung von Ibuprofen in DE / Ludwigshafen in Betrieb zu nehmen.
    Die Verfügbarkeit ist gegenwärtig durch einen mindestens 3-monatigen Ausfall einer Produktionsstätte in den USA, beginnend am 03.06.2018, weiter eingeschränkt, was zu einer weiteren Verschärfung der Situation führt.
    Die Verknappungssituation von Ibuprofen wird als individuell kompensierbar eingestuft.
    Ein Versorgungsengpass wird nicht bestätigt. Es sollten aber medikamentöse Alternativen in Betracht gezogen werden.

c. Relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe (PEI)

  1. FSME
    Dem PEI liegt keine Lieferengpassmeldung für FSME Immun vor. Die Zulassungsinhaber haben sich verpflichtet, vorhersehbare Lieferengpässe an das PEI zu melden. Es ist auf der Basis der dem PEI vorliegenden Informationen kein Versorgungsengpass zu erwarten.

TOP 7: Diskussion zur rechtzeitigen Meldung von Lieferengpässen am Beispiel von

  • Aspirin iv (bereits im 6. JF angesprochen)
  • Methotrexat
  • Chinidin/Verapamil
  • Propofol
  • Alpha-Methyldopa:
    s. TOP8

TOP 8: Brexit; Sachstand zur Abfrage der Pharmaverbände (BfArM, Pharmaverbände)

Die Themen des TOP 7 und TOP 8 sind ebenfalls aufgrund einer aktuell geführten Diskussion zu dem chargenbezogener Rückruf valsartan-haltiger Arzneimittel auf den folgenden Jour Fixe verlegt worden.

TOP 9: Verschiedenes:

Der Tagesordnungspunkt „Chargenbezogener Rückruf valsartan-haltiger Arzneimittel“ wurde aufgenommen (s. TOP 3a).
Die vorgeschlagenen zusätzlichen Themen werden im Rahmen des nächsten JF in der Tageordnung berücksichtigt werden.

TOP 10: Nächster Sitzungstermin

Die nächste Sitzung findet am 07. November 2018 statt.

Gez.

Dr. M. Horn/BfArM/28.09.2018