BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Sachverständigen-Ausschuss für Apothekenpflicht nach § 53 Absatz 1 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Tagungszeit

16.05.2006: 10.00 - 13.00 Uhr

Anwesende

Der Vorsitzende

Dr. Hagemann,
Leiter der Abteilung Pharmakovigilanz
im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
im Auftrag des Leiters des BfArM

Sachverständigen-Ausschuss für Apothekenpflicht

Herr Prof. Dr. Müller-Oerlinghausen - Berlin
Frau Dr. Zagermann - Eschborn
Herr Prof. Dr. Härter - Mainz
Prof. Dr. Schmidt - Tübingen
Herr Bastian - Köln
Herr Dr. Eberwein - Bonn
Frau Prof. Dr. Sickmüller - Berlin
Frau Dr. Sigge - Bonn
Herr Krüger - Bonn/Berlin
Herr Küllenberg - Oberursel
Herr Prof. Dr. Borchert - Wuppertal
Herr Dr. Schulz - Berlin
Herr Dr. Schneidereit - Bonn
Herr Prof. Dr. Kietzmann - Hannover
Herr Rostalski - Siegburg

BMG

Herr Sommer

BfArM

Herr Dr. Grüger
Frau Dr. Brixius
Frau Dr. Giersig
Frau Werner
Frau Dr. Branse-Passek

BMELV

Frau Kluge

Tagesordnung

TOP 1 Eröffnung der Sitzung

Eröffnung der Sitzung und Begrüßung der Anwesenden durch den Vorsitzenden.

Vorstellung der Anwesenden des BfArM und des Vertreters des BMG und BMELV.

Sitzungsprotokoll

Nach Änderung des AMG (§77a) sind Tagesordnung und Protokolle von Sitzungen offizieller Gremien zu veröffentlichen. Als Linie wurde im BfArM festgelegt, Ergebnisprotokolle zu erstellen, die sich an den Ergebnissen und Beschlussfassungen orientieren. Neben den Fragestellungen werden auch die wesentlichen inhaltlichen Argumente der Diskussion, nicht jedoch deren detaillierter Verlauf berücksichtigt. Namentliche Nennungen erfolgen nicht, sondern z.B. „der Vertreter der Apotheker“ oder des „Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) äußerte...“. Abstimmungsergebnisse werden mit z.B. „wurde mehrheitlich empfohlen/abgelehnt“ vermerkt. Das Protokoll wird zeitnah erstellt, dann den Mitgliedern des Ausschusses bzw. den Teilnehmern mit kurzer Frist zur Kommentierung zur Verfügung gestellt und anschließend auf der Webseite des BfArM veröffentlicht.

TOP 2 Annahme der Tagesordnung

Zu den TOPs 3, 4, 9, 11 und „Verschiedenes“ wurden den Mitgliedern Stellungnahmen von Firmen als Tischvorlagen zur Verfügung gestellt, die nach der Antragsfrist im BfArM eingegangen sind.

Der TOP 12 entfällt, da nach rechtlicher Prüfung der gültigen Verordnung bereits eine Freiverkäuflichkeit von Pflastern mit solchen Inhaltsstoffen gege ben ist. Anderslautende Nachzulassungsbescheide, die hierfür eine Apothekenpflicht vorsehen, werden entsprechend geändert.

Unter TOP 13 (Verschiedenes) wird es zum Punkt 3 eine kurze Präsentation (Anlage1) geben. Die Tagesordnung wurde mit den vorgeschlagenen Änderungen angenommen.

TOP 3 Troxerutin

bis zu einer maximalen Tagesdosis von 300 mg
Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Entlassung aus der Apothekenpflicht

Anträge zweier pharmazeutischer Unternehmer auf Entlassung von Troxerutin bis zu einer maximalen Tagesdosis von 300 mg aus der Apothekenpflicht.

Troxerutin, ein Derivat von Rutin, führt zur Verbesserung der Mikrozirkulation im Bereich der Kapillaren und Venolen. In der freizustellenden niedrigen Dosis von 300 mg/Tag wird Troxerutin angewendet zur Besserung von Beinbeschwerden, wie müde Beine sowie Schweregefühl in den Beinen.

Neben der Frage der pharmazeutischen Qualität von Arzneimitteln, die sich bei freiverkäuflichen und apothekenpflichtigen Arzneimitteln nicht unterscheidet, und der Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln wurde auch die Frage eines höheren Risikos infolge einer fehlenden Beratung durch den Apotheker diskutiert. Dabei ging es um den wissenschaftlichen Hintergrund für eine Festlegung der Grenze von 300 mg Tagesdosis. Hierzu wurde bemerkt, dass Interaktionen mit CYP450-Enzymen nicht beobachtet wurden, dass die Zubereitungen aus Rutosiden sich durch eine gute Verträglichkeit auszeichnen und die wenigen dem BfArM vorliegenden Berichte von Überempfindlichkeitsreaktionen mit Pruritus, Rötung und Urtikaria sowie gastrointestinalen Beschwerden inklusive Gastritis sich nur auf Tagesdosen von ≥ 900 mg beziehen.

Abstimmung: Die Freistellung bis 300 mg Tagesdosis Troxerutin von der Apothekenpflicht durch Aufnahme dieser Position in die Anlage 1a wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 4 Rutosid-Trihydrat

auch als Kapsel, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen als Fertigarzneimittel, jeweils bis zu einer maximalen Einzeldosis von 50 mg pro Kapsel bzw. einer maximalen Tagesdosis von 100 mg
- Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Entlassung aus der Apothekenpflicht
Rutosid-Trihydrat, auch unter Zusatz arzneilich nicht wirksamer Bestandteile oder Zubereitungen als Fertigarzneimittel bis zu einer maximalen Tagesdosis von 100 mg
- Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Entlassung aus der Apothekenpflicht

Gleichartige Anträge zweier pharmazeutischer Unternehmer auf Freistellung von Rutosid-Trihydrat in Fertigarzneimitteln bis zu einer maximalen Tagesdosis von 100 mg von der Apothekenpflicht.

Rutosid-Trihydrat ist bereits bis zu einer Tagesdosis von 50 mg im Anwendungsbereich Gefäßschutz und zur Besserung des Befindens bei müden Beinen freiverkäuflich.

Diskussion zum Verordnungstext bei Fertigarzneimitteln bezüglich des Zusatzes „einschließlich arzneilich nicht wirksamer Bestandteile“. Dieser Hinweis wird als nicht erforderlich angesehen, sofern im Verordnungstext dies für alle Fertigarzneimittel geregelt ist.

Abstimmung: Die Freistellung bis 100 mg Tagesdosis Rutosid-Trihydrat von der Apothekenpflicht durch Aufnahme dieser Position in die Anlage 1a wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 5 Salvia divinorum

Antrag des BfArM auf Unterstellung unter die Apothekenpflicht

Antrag des BfArM auf Unterstellung unter die Apothekenpflicht.

Die Pflanze Salvia divinorum, Aztekensalbei, enthält Diterpene mit halluzinogenen Wirkungen. Eine Unterstellung unter die Apothekenpflicht ermöglicht es den Überwachungsbehörden aktiv zu werden und den Vertrieb über z.B. „Headshops“ zu unterbinden. Die Sachverständigen empfehlen die Prüfung weitergehender Maßnahmen durch die Bundesoberbehörden, z.B. Salvia divinorum in die Anlage 1a der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung aufzunehmen, um dem Gebrauch dieser halluzinogenen Droge Einhalt zu gebieten. Das BfArM sah 2003 keinen Anlass, Salvia divinorum dem BTMG zu unterstellen.

Abstimmung: Die Unterstellung von Salvia divinorum unter die Apothekenpflicht durch Aufnahme dieser Position in die Anlage 1b wurde einstimmig empfohlen.

TOP 6 Bärlapp

Antrag des Freistaates Thüringen auf Unterstellung unter die Apothekenpflicht

Bärlappkraut, Lycopodium clavatum, enthält Alkaloide (u. a. Lycopodin, Lycodolin und Clavolonin), die biogenetisch aus L-Lysin gebildet werden und giftig sind.

Es wird nach Einnahme über das Auftreten von Schleimhautreizungen, Krämpfen, Erbrechen und Durchfall berichtet.

Ein medizinischer Nutzen des Bärlappkrautes ist im Gegensatz zu den dargestellten Anwendungsrisiken nicht belegt.

Bärlappsporen dagegen enthalten nur Spuren dieser Alkaloide. Eine Unterstellung von Bärlappsporen unter die Apothekenpflicht wird nicht für erforderlich gehalten.

Abstimmung: Die Unterstellung von Bärlappkraut unter die Apothekenpflicht und Aufnahme in die Anlage 1b wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 7 Fenchelhonig

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Erweiterung der bestehenden Position um die nicht arzneilich wirksamen Bestandteile „gereinigtes Wasser“ und „Lecithin“

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Erweiterung der bestehenden Position um die nicht arzneilich wirksamen Bestandteile „gereinigtes Wasser“ und „Phospholipide aus Sojabohnen (Lecithin)“

Fenchelhonige sind relativ instabil und eine bessere Stabilität lässt sich durch spezielle Herstellungsmethoden oder den Zusatz von Emulgatoren (z.B. Lecithin) erreichen.

In der kurzen Diskussion wurde die Aufnahme von „gereinigtem Wasser“ in die Verordnung als nicht notwendig angesehen.

Abstimmung: Die Erweiterung der Position „Fenchelhonig“ um den Zusatz: „auch mit Zusatz des arzneilich nicht wirksamen Bestandteils „Phospholipide aus Sojabohnen (Lecithin)“ wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 8 Fenchelöl, auch als Kapseln

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von der Apothekenpflicht

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Erweiterung der derzeitigen Position um den Zusatz „auch als Kapseln, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen, als Fertigarzneimittel“

Fenchelöl wird in einer Dosis von 0,1 mg bei Erwachsenen und Kindern ab 12 Jahren zur Behandlung von leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich, Blähungen und Völlegefühl sowie bei Erkältungskrankheiten der oberen Luftwege eingesetzt.

Das BfArM spricht sich gegen eine Erweiterung der Position aus, da das kanzerogene Risiko durch den Inhaltsstoff Estragol bei niedrigdosierter Langzeitanwendung noch ungeklärt ist.

Abstimmung: Die Erweiterung der Position „Fenchelöl“ in der Anlage 1a wurde mehrheitlich abgelehnt.

TOP 9 Eibischwurzel

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Unterstellung unter die Apothekenpflicht

Eibischwurzel wird bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenem trockenem Reizhusten angewendet.

Der pharmazeutische Unternehmer argumentierte für eine Unterstellung, da insbesondere für Kleinkinder und Säuglinge durch eine Behandlung in Eigenregie der Eltern Risiken bestünden, weil durch eine Linderung des Hustenreizes möglicherweise die Diagnose ernster Ursachen verzögert werde. Dem Apotheker müsse die Aufgabe zukommen, auf verschiedene mögliche Ursachen des Hustens hinzuweisen.

Das BfArM führte an, dass Risiken von Eibischwurzel-Zubereitungen nicht bekannt sind. Eine Unterstellung unter die Apothekenpflicht sei sachlich nicht begründet.

Abstimmung: Die Beibehaltung der Freiverkäuflichkeit und damit der Position „Eibischwurzel“ in der Anlage 1a wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 10 Artischockenblätter und ihre Zubereitungen

auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen als FertigarzneimittelAntrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von der Apothekenpflicht
Artischockenblätter und ihre Zubereitungen, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen als Fertigarzneimittel in Form von festen Darreichungsformen (wie Kapseln, Dragees, Tabletten u.a.) oder flüssigen Darreichungsformen (z.B. Tinkturen)

Antrag zweier pharmazeutischer Unternehmer auf Freistellung von der Apothekenpflicht

Diskussion über den Drogengehalt einzelner Präparate (freiverkäufliche und apothekenpflichtige Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel) und deren unterschiedliche Indikationen (apothekenpfl. AM: „Verdauungsbeschwerden, besonders bei funktionellen Störungen des ableitenden Gallensystems“; freiverkäufliches AM: „Traditionell angewendet zur Unterstützung der Verdauungsfunktion“; Nahrungsergänzungsmittel: „Unterstützen die Fettverdauung auf natürliche Art und Weise“). Außerdem wurde auf die mögliche Interaktion mit blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln vom Cumarintyp hingewiesen.

Abstimmung: Die Freistellung von Artischockenblättern und ihren Zubereitungen von der Apothekenpflicht und Aufnahme in die Anlage 1a wurde mehrheitlich abgelehnt.

TOP 11 Teufelskrallenwurzel sowie deren Zubereitungen

auch unter Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen als Fertigarzneimittel in Form von festen Darreichungsformen (wie Kapseln, Dragees, Tabletten u.a.)
- Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von der Apothekenpflicht

Teufelskrallenwurzel ist zugelassen zur unterstützenden Therapie bei Verschleißerscheinungen (degenerativen Erkrankungen) des Bewegungsapparates und wird zudem traditionell angewendet zur Unterstützung der Verdauungsfunktion.

Das BfArM spricht sich gegen eine Freistellung aus und weist auf die Risiken und weitreichenden Nebenwirkungen (u.a. Leberfunktionsstörungen, Hautausschläge, Nesselsucht, Gesichtsödeme bis hin zum anaphylaktischen Schock) hin.

Abstimmung: Die Freistellung von „Teufelskrallenwurzel sowie deren Zubereitungen“ von der Apothekenpflicht und damit die Aufnahme dieser Position in die Anlage 1a wurde mehrheitlich abgelehnt.

TOP 12 Nonivamid

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung der Pflaster von der Apothekenpflicht

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von der Apothekenpflicht.

Der TOP 12 entfällt (siehe TOP 2), da nach rechtlicher Prüfung bereits eine Freiverkäuflichkeit von Pflastern mit solchen Inhaltsstoffen gegeben ist. Anderslautende Nachzulassungsbescheide, die hierfür eine Apothekenpflicht vorsehen, werden entsprechend geändert.

TOP 13 Verschiedenes

Es liegen Anträge zweier pharmazeutischer Unternehmer auf Änderung bzw. Ergänzung und Konkretisierung der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel vor (siehe auch Punkt 3.).

Stoffliste
Zusammenstellung von Stoffen und Zubereitungen, für die Einzelanträge zur Befassung durch den Sachverständigen-Ausschuss für Apothekenpflicht vorliegen.
Diese Anträge sollen nach Abstimmung bzw. Rücksprache mit den pharmazeutischen Firmen in der nächsten Sitzung beraten werden.

Apothekenpflichtverordnung
Überarbeitung und Neufassung der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel.
Probleme der teilweise unübersichtlichen Verordnung resultieren daraus, dass die Verordnung durch das Zusammenfügen verschiedener Verordnungen entstanden ist. Ziel ist eine weitgehende Vereinfachung der Verordnung bis Ende 2007.

Präsentation zum Prüfungsbedarf von Änderungen der Verordnung und deren Anlagen durch BMG (Anlage 1).

In der Diskussion wird angeregt, die Anlagen zusammenzuführen und eventuell auch alle Stoffe in einer Tabelle aufzulisten.

Schriftliche Stellungnahmen im Apothekenpflichtausschuss
Auf Nachfrage eines Ausschussmitglieds wird bekanntgegeben, dass die Geschäftsordnung derart geändert werden soll, dass im Verfahren der schriftlichen Beschlussfassung Stellungnahmen zunächst allen Ausschussmitgliedern zur Kenntnis zugehen, und die Abstimmung dann in Kenntnis deren Stellungnahmen erfolgt.

Ein Termin für die nächste Sitzung wurde nicht festgelegt, angedacht ist das 3. oder 4. Quartal 2006.

Der Vorsitzende dankt allen Anwesenden und Ausschussmitgliedern und schließt die Sitzung.

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die PDF-Version des Protokolls herunterladen:

Anlagen

Voten des Sachverständigen-Ausschusses zu Positionen, deren Änderung zugestimmt wurde (TOP 3-7)