BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 59. Routinesitzung am 21. November 2006

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn

Tagesordnung

TOP 1 Genehmigung der Tagesordnung für die 59. Routinesitzung

Die vorliegende Tagesordnung findet ohne Änderung Zustimmung.

TOP 2 Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen

  1. Bericht des BfArM
    Das BfArM gibt den Sachstandsbericht über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen für die ersten 10 Monate des Jahres 2006. Der Anteil der elektronisch übermittelten Berichte nimmt weiter zu und beträgt für das gesamte Jahr etwa 60%. Rund 70 pharmazeutische Unternehmer melden zur Zeit elektronisch. Aufgrund der 12. und 14. AMG-Novelle müssen weitaus weniger UAW-Berichte aus dem Ausland an das BfArM gemeldet werden. Die Anzahl der anderen Eingänge zu UAW ist mit den Zahlen der Vorjahre vergleichbar.


  2. Bericht des PEI
    Das PEI stellt die Daten zu Berichten über unerwünschte Wirkungen bei Humanarzneimitteln aus seinem Zuständigkeitsbereich dar. Der gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnende leichte Anstieg ist vor allem auf die vermehrte Anwendung von Impfstoffen zurückzuführen, z.B. Grippeimpfstoffen. Fast 80% aller Berichte werden inzwischen elektronisch gemeldet. Kleine pharmazeutische Unternehmer, Ärzte und Gesundheitsämter sind von der Pflicht, in elektronischer Form zu berichten, freigestellt. Es besteht ein gut etabliertes Meldewesen durch die Gesundheitsämter, die nach dem Infektionsschutzgesetz Impfschäden an das PEI (7-10% aller Meldungen) auf der Basis von Papierdokumenten weiterleiten.

    Die Statistik über Berichte zu unerwünschten Wirkungen von immunologischen Arzneimitteln in der Veterinärmedizin wird für das Jahr 2006 bis Mitte November wiedergegeben. Aufgrund der geringen Anzahl unterliegen die Jahreszahlen großen Schwankungen. Die Datenbank befindet sich noch im Testbetrieb, so dass ein Teil der Auswertungen als vorläufig anzusehen ist.



  3. Bericht des BVL
    Das BVL stellt die Entwicklung der eingegangenen Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Veterinärmedizin von Januar bis November 2006 dar. Wie in den Vorjahren standen die meisten UAW mit der Gabe von Antiparasitika und Antibiotika im Zusammenhang. UAW beim Menschen durch Tierarzneimittel lassen sich fast vollständig auf Verwechselungen, unsachgemäße Handhabung oder unzureichende Schutzmaßnahmen zurückführen.

TOP 3 Verfahren zur Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel und Informationsaustausch über Maßnahmen

TOP 3.1 Risikobewertungsverfahren im CHMP und/oder in der PhVWP

  1. Nicht-selektive nicht steroidale Antiphlogistika: Kardiovaskuläre/gastrointestinale Risiken, schwere Hautreaktionen, Gutachten des CHMP nach Art. 5 Abs. 3 VO 726/2004

    Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren zu nicht-selektiven, nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAIDs). Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Human Medicinal Products, CHMP) der EMEA hatte in der Folge der Verfahren zu Coxiben im Oktober 2006 erneut eine Bewertung hinsichtlich kardiovaskulärer und gastrointestinaler Risiken anhand von Studiendaten (aus dem MEDAL-Programm, der APPROVe-Studie und anderen) vorgenommen. Da in Europa Hunderte von derartigen Arzneimitteln in den Verkehr gebracht werden, wurde wegen des damit verbundenen erhöhten Aufwandes kein Verfahren nach Artikel 31 oder 36 der Richtlinie 2001/83/EG durchgeführt, sondern eine wissenschaftliche Bewertung nach Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 vorgenommen. Im Ergebnis sollen die Abschnitte 4.4 und 4.8 der SPCs neu formuliert werden. Für Ketorolac (in DE nicht zugelassen) und Ketoprofen sind schärfere Formulierungen hinsichtlich gastrointestinaler Risiken vorgesehen als für andere NSAIDs. Das BfArM plant entsprechende Änderungen außerhalb eines Stufenplanverfahrens umzusetzen.

  2. Piroxicam: Einleitung eines Risikobewertungsverfahrens nach Artikel 31 RL 2001/83/EGDas BfArM berichtet, dass bei dem NSAID Piroxicam u.a. in den unter 3.1.1. erwähnten Studien neben kardiovaskulären und gastrointestinalen Risiken ein höheres Potenzial für schwere allergische Hautreaktionen bis hin zum allergischen Schock vor allem bei parenteraler Anwendung gefunden wurde, welches andere NSAIDs bei vergleichbarer Wirksamkeit nicht aufweisen. Es wurde ein Verfahren nach Artikel 31 der RL 2001/83 mit der Fragestellung eingeleitet, ob bei Piroxicam insgesamt noch von einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgegangen werden kann. Parallel wurde vom BfArM ein Stufenplanverfahren eingeleitet, von dem etwa 80 Arzneimittel betroffen sind.

  3. Ergotamine, Triptane, konvent. NSAIDs: medikamenteninduzierte Kopfschmerzen
    Das BfArM trägt über die Empfehlungen der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (Pharmacovigilance Working Party, PhVWP) des CHMP zur Neuformulierung von Texten über die Risiken von medikamenteninduzierten Kopfschmerzen in den Produktinformationen von Schmerzmitteln vor. Es handelt es sich dabei um eine bekannte Nebenwirkung, die bei längerem Gebrauch von Schmerzmitteln auftritt. Der einheitliche, von der PhVWP empfohlene Wortlaut soll im Rahmen von Änderungen der bisherigen Mustertexte umgesetzt werden.

  4. Aprotinin: Umsetzung im Stufenplanverfahren und neue Daten
    Das BfArM stellt den Sachstand zur aktuellen Bewertung von Aprotinin dar. Die Ergebnisse von kürzlich veröffentlichten epidemiologischen Studien (Mangano, Karkouti) hatten auf ein erhöhtes Risiko von Nierenfunktionsstörungen bei der Anwendung von Aprotinin hingewiesen. Nach der Mangano-Studie und den vorläufigen Ergebnissen einer vom Zulassungsinhaber initiierten Beobachtungsstudie gibt es zudem Hinweise auf erhöhte cerebro- und kardiovaskuläre Risiken sowie eine erhöhte Mortalität. Die PhVWP des CHMP empfahl aufgrund einer vorläufigen Bewertung, die Anwendung auf Patienten mit einem hohen Blutungsrisiko einzuschränken und Texte zum erhöhten Risiko von renalen Funktionsstörungen in die Produktinformationen aufzunehmen. Das BfArM hat diese Empfehlungen bereits mit einem Stufenplanverfahren umgesetzt. In einer künftigen abschließenden Bewertung sollen die im Jahr 2008 zu erwartenden Ergebnisse der BART-Studie aus Kanada berücksichtigt werden.


  5. Mirena (Levonorgestrel IUP): Stand der Umsetzung der MaßnahmenDas BfArM stellt die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens zu Mirena dar, einem Intrauterinpessar, das kontinuierlich über maximal fünf Jahre das Hormon Levonorgestrel freisetzt. Vom BfArM wurden risikomindernde Maßnahmen zu den Aspekten Uterusperforationen, Brustkrebs und ektopische Schwangerschaften für erforderlich gehalten. Deshalb wurde im Februar 2006 ein Stufenplanverfahren, Stufe II, eingeleitet. Zur EU-weiten Harmonisierung der beabsichtigten Maßnahmen wurde bei der PhVWP eine Arbeitsgruppe mit Deutschland als Rapporteur und Frankreich als Co-Rapporteur eingerichtet. Für die Änderung der Produktinformationen konnte eine Harmonisierung erreicht werden. In einigen Punkten, so bei dem vor der Anwendung für erforderlich gehaltenen Einverständnisverfahren, gehen die Forderungen des BfArM noch darüber hinaus. Die betroffene Firma hat kürzlich Änderungsanzeigen eingereicht, die den Textvorschlägen des BfArM und der PhVWP weitgehend entsprechen. Als zusätzliche Maßnahme hat sich der pharmazeutische Unternehmer bereit erklärt, epidemiologische Studien durchführen.


  6. Formoterol/Salmeterol: Änderungen der ProduktinformationenDas BfArM trägt zu den langwirksamen Beta-Mimetika Salmeterol und Formoterol in der Asthma-Therapie vor. Die Ergebnisse der SMART-Studie zeigen für Salmeterol ein erhöhtes Risiko von unerwünschten respiratorischen Ereignissen. Auch wenn es dazu weniger aussagekräftige Daten zu Formoterol gibt, wird ein Klasseneffekt angenommen. Von der PhVWP wurde eine Änderung der Produktinformationen in den Abschnitten Warnhinweise und Dosierung empfohlen. Demnach sind langwirksame Beta-Mimetika nicht als Initialtherapie zur Asthmabehandlung geeignet und es soll schrittweise eine Dosisreduktion nach Kontrolle der Symptome erfolgen. Eine weitere EU-weite Harmonisierung der Indikationen und der Dosierung von Formoterol ist noch erforderlich. Die Umsetzung soll mit einem kürzlich gestarteten Signalverfahren erfolgen.


  7. Dopamin-Agonisten: Hypersexualität/Spielsucht und Fibrosen, Anhörung Stufe IIDas BfArM berichtet über die Ergebnisse der Risikobewertungen zu den Dopamin-Agonisten in der PhVWP des CHMP. Sie betreffen die unerwünschten Arzneimittelwirkungen „Spielsucht/Hypersexualität“ bei allen betrachteten Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe und „Fibrosen/Herzklappen-Veränderungen“ bei Cabergolin und Pergolid. Die Anhörungsschreiben nach dem Stufenplan, Stufe II, zu den vom BfArM beabsichtigten Änderungen in den Produktinformationen wurden an die pharmazeutischen Unternehmer versandt.


  8. EU-weiter Informationsaustausch (NUI) zu einem Pneumokokkenimpfstoff aufgrund schwerer LokalreaktionenDas PEI berichtet über das Verfahren zu einem Pneumokokkenimpfstoff. Nachdem in Großbritannien, Irland und Deutschland eine höhere Melderate zum Teil schwerwiegender Lokalreaktionen registriert worden war, wurde ein EU-weiter Informationsaustausch über ein NUI (Non-Urgent Information) unter Koordination des Referenzmitgliedstaats Großbritannien eingeleitet. Eine Chargen-spezifische Problematik konnte nicht identifiziert werden. Nach Ansicht der Firma liegen die vermehrt gemeldeten Nebenwirkungen an der empfohlenen Boosterimpfung (Wiederholungsimpfung) nach sechs Jahren. Entsprechend der Empfehlung der PhVWP werden die Warnhinweise in den Produktinformationen geändert. Eine Studie soll mögliche Unterschiede zwischen Erstimpfung und Wiederholungsimpfung aufzeigen. Das PEI wird der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) berichten.

TOP 3.2 Nationale Risikobewertungsverfahren

  1. Rückstellung bestimmter Blutspender (aus Chikungunya-Endemiegebiet), StufenplanverfahrenDas PEI berichtet über das Stufenplanverfahren zur Rückstellung von Blutspendern, die sich in Chikungunya-Endemiegebieten in Südostasien aufgehalten haben. Bei Chikungunya handelt es sich um eine virale Infektion mit einer Inkubationszeit von etwa 8-10 Tagen. Die Anhörung beinhaltet, dass die Blutspendeeinrichtungen Spender aus entsprechenden Endemiegebieten von der Blutspende vorübergehend zurückstellen.

  2. Phtalate: Datenabfrage außerhalb eines formellen VerfahrensDas BfArM berichtet über Dibutylphtalat (DBP) in Arzneimitteln, das im Verdacht steht, reproduktionstoxische Effekte auszulösen. DBP ist als Hilfsstoff in magensaftresistenten Überzügen und Retardformulierungen enthalten. Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurde im Jahr 2005 aufgrund von toxikologischen Daten ein Grenzwert von 0,01 mg/kg Körpergewicht als tolerierbare tägliche Menge (Tolerable Daily Intake, TDI) festgelegt. Das Risiko, das von DBP-haltigen Arzneimitteln ausgehen könnte, wurde vom BfArM in einem Bewertungsbericht dargestellt. Von den pharmazeutischen Unternehmern wurden Daten zum Gehalt von DBP in Arzneimitteln abgefragt. Nach den ersten Ergebnissen ist für viele in Deutschland zugelassene Arzneimittel ein Austausch gegen andere so genannte Weichmacher geplant oder schon umgesetzt. Bei bestimmten Retardformulierungen könnte der Austausch wegen eines Einflusses auf die Bioverfügbarkeit schwierig sein. Auch wenn das Risiko für gering erachtet wird, werden die betroffenen Firmen vom BfArM aufgefordert werden, DBP auszutauschen.

  3. Blutegel: QualitätssicherungskonzeptDas BfArM stellt Maßnahmen zur Qualitätssicherung von medizinischen Blutegeln vor. Diese unterliegen als Arzneimittel nach der 14. AMG-Novelle erstmals einer Zulassungspflicht. Das Konzept, dessen Ziel die Minimierung des Übertragungsrisikos von Krankheitserregern (insbesondere durch Wildegel) auf den Menschen ist, beinhaltet Anforderungen an die Produktion, die medizinische Anwendung und die Virussicherheit: z.B. Testung der Fütterungsblute auf Viren, Quarantäne von sechs Monaten nach der letzten Blutfütterung, Antibiotikaprophylaxe bei immunsupprimierten Patienten, Aufforderung zur Abwägung therapeutischer Alternativen, Wiederverwendungsverbot. Das Konzept bedarf noch der abschließenden Abstimmung. Es ist anzustreben, nach einer Übergangszeit nur noch den Vertrieb von Zuchtegeln im Bereich des AMG zuzulassen.

TOP 4 Regularien und organisatorische Angelegenheiten

  1. Öffnung der UAW-Datenbank für Fachkreise/für die Öffentlichkeit (AMG, EU-Regelungen)
    Das PEI stellt ein Konzept vor, UAW-Meldungen aus den Datenbanken der Bundesoberbehörden über das Internet frei zugänglich zu machen. Die Überlegungen zur schrittweisen Öffnung stützen sich auf entsprechende Regelungen in der EU und den Bundesgesetzen. Berichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen sollen zunächst den Fachkreisen und anschließend der Öffentlichkeit zugänglich werden. Nach Einschätzung von Juristen wäre der Datenschutz gewährleistet, wenn keine Initialien von Patienten (Pseudonymisierung) weitergeleitet werden. Es wird darauf hingewiesen, dass eine kommentarlose Freigabe der Daten nicht sinnvoll erscheint. Über die weitere Entwicklung wird informiert.

  2. Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz: Zusammenarbeit PEI-Landesgesundheitsbehörden
    Das PEI berichtet über seine Erfahrungen mit dem zum 01.01.2001 in Kraft getretenen Infektionsschutzgesetz. Nach der vorgesehenen Meldekette meldet der behandelnde Arzt jeden Verdacht auf Impfkomplikationen an das zuständige Landesgesundheitsamt, das Verdachtsfälle von Impfkomplikationen an das PEI weiter leitet, welches wiederum an das RKI berichtet. Trotz der gesetzlichen Meldeverpflichtungen kommen ca. 2/3 aller UAW-Meldungen über die pharmazeutischen Unternehmer, obwohl eigentlich alle UAW-Berichte über die Gesundheitsämter beim PEI eingehen müssten. Es wurde eine verstärkte Kommunikation der aus diesem Gesetz resultierenden Verpflichtungen verabredet.

  3. Pharmakovigilanz-Inspektionen
    Das BfArM berichtet über die bisherigen Erfahrungen bei Probe-Pharmakovigilanz-Inspektionen. Da in Deutschland viele Verpflichtungen vom Stufenplanbeauftragten wahrgenommen werden, die nach EU-Recht auf die Qualified Person for Pharmacovigilance (QPPV) und die Qualified Person for Quality (QPQ) verteilt sind, werden regelmäßig die Landesbehörden zur Teilnahme an den Inspektionen eingeladen. Einen Schwerpunkt der Inspektionen bildet die Untersuchung des firmeninternen Informationsflusses von UAW-Berichten vom Bekannt werden bis hin zur Meldung an die zuständigen Behörden. Bisher wurden Mängel bei der Einhaltung von Meldefristen (Late Cases) und bei der Weiterleitung durch den Außendienst festgestellt. BfArM und BVL werden 2007 mit den amtlichen Inspektionen beginnen. Das im BfArM zuständige Fachgebiet wurde personell verstärkt. In der gemeinsamen Kostenverordnung für das BfArM und BVL werden Pharmakovigilanz-Inspektionen noch nicht als gebührenpflichtige Amtshandlung aufgeführt, eine entsprechende Änderung ist jedoch in Kürze zu erwarten. Vom PEI werden Pharmakovigilanz-Inspektionen durch das Inspektorat in Zusammenarbeit mit der dortigen Pharmakovigilanzabteilung durchgeführt.

  4. Dear-Doctor-Letter und Rote-Hand-Brief (Diskussion der Guideline zum DHCP-Letter des Vol. 9a)
    Das BfArM berichtet über die Diskussion zur EU-Leitlinie (Guideline on the handling of Direct Healthcare Professional Communications on the safe and effective use of medicinal products, draft for public consultation May 2006) zur Gestaltung von Informationen für Fachkreise über Arzneimittelrisiken. In der Leitlinie (Teil des Volume 9a) wird aufgeführt, dass auch von den Zulassungsbehörden eine Information der Fachkreise ausgehen könne, wenn sich der pharmazeutische Unternehmer weigert, in geeigneter Weise zu informieren. Ein solches Werkzeug steht jedoch in Deutschland nicht zur Verfügung. Nach § 11a Abs. 2 AMG kann die Bundesoberbehörde durch Auflage bestimmen, in welcher Form Mitteilungen über therapierelevante Änderungen der Fachinformation den Fachkreisen zugänglich zu machen sind. Bisher besteht eine Selbstverpflichtung der pharmazeutischen Industrie zur Aussendung von Rote-Hand-Briefen, einschließlich der vom Verband BPI herausgegebenen Leitlinien zur Gestaltung von Rote-Hand-Briefen. Die bisherigen deutschen Regularien müssen bei Inkrafttreten der EU-Leitlinie voraussichtlich geändert werden. Es wird über die weitere Entwicklung berichtet werden.

TOP 5 Andere Themen zur Arzneimittelsicherheit

  1. Umsetzung von Risikobewertungen der PhVWP
    Das BfArM berichtet über die Tendenz, dass von der PhVWP mehr und mehr Empfehlungen über Maßnahmen ausgesprochen werden, die von den Mitgliedsländern national umzusetzen sind. Im Vergleich zu Verfahren nach Artikel 31 oder 36 der RL 2001/83/EG können sie rascher erarbeitet werden, auf der anderen Seite können jedoch Disharmonien entstehen, da jeder Mitgliedsstaat die Empfehlungen auf seine Weise umsetzt. Zudem sind die fachlichen Begründungen für Maßnahmen häufig als vertraulich gekennzeichnet und können nicht ohne weiteres den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern zur Verfügung gestellt werden. Beim BfArM werden die Empfehlungen teilweise nicht über Stufenplanverfahren, sondern über Mustertextänderungen umgesetzt (z.B. bei den oben erwähnten Verfahren zu NSAIDs) oder über Anschreiben, in denen der Stand des Wissens unter Hinweis auf die Eigenverantwortung des pharmazeutischen Unternehmers dargestellt wird. Von Vertretern der pharmazeutischen Industrie wird angemerkt, dass zeitlich oft kaum mehr Spielraum für fundierte Stellungnahmen besteht.

  2. Arzneimittelmissbrauch zu Dopingzwecken: Sammlung von Daten
    Von Sachsen-Anhalt wird auf das Problem von zunehmendem Doping im Freizeitsport hingewiesen. Nach § 6a AMG ist ein Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken verboten. Anabolika und Testosteron werden jedoch in weitaus höheren Mengen produziert als für die zugelassenen Indikationen gebraucht. Von mehreren Institutionen wie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Bundesärztekammer wurde auf gesundheitliche Gefahren des Dopings hingewiesen. Nach dem Bericht des Sportausschusses des Bundestages von 2001 wurde Handlungsbedarf gesehen. Vom BMG wird darauf hingewiesen, dass vom BMI ein Anti-Doping-Gesetz vorbereitet wird, welches auch Auswirkungen auf das Arzneimittelgesetz haben wird.

  3. Grippeimpfung in Deutschland vor dem Hintergrund der Vorkommnisse in Israel
    Das PEI berichtet über unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Verabreichung bestimmter Grippeimpfstoffe. Bei allen vier Todesfällen ist von einem koinzidenten Geschehen auszugehen. Der vorübergehende Stopp der Impfkampagne in Israel hat auch in Deutschland Aufmerksamkeit erregt
    .
  4. TGN 1412: Wissenschaftliche Hintergründe
    Das PEI stellt einige wissenschaftliche Fakten zu TGN 1412, einem vollhumanisierten monoklonalen Antikörper, dar. Bei der erstmaligen klinischen Erprobung (Phase I) wurde sechs gesunden Probanden im Vereinigten Königreich der Antikörper verabreicht. Es kam bei allen Probanden zu schwersten Nebenwirkungen, die sich auf eine massive Freisetzung von Zytokinen (Zytokine Release Syndrome) zurückführen ließen. Es wurden von den zuständigen Behörden im Vereinigten Königreich und in Deutschland GCP-, GMP- und GLP- Inspektionen der beteiligten Firmen (einschließlich Auftragsfirmen) durchgeführt. Daraus ergaben sich keine Versäumnisse. Eine Expertenkommission in Großbritannien hat die Daten bewertet. Der Bericht ist auf der Homepage der britischen Arzneimittelagentur (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency, MHRA) veröffentlicht worden.

TOP 6 Verschiedenes

Die nächste Routinesitzung wird für den 26. März 2007 angekündigt.

Der Vorsitzende

Dr. Ulrich Hagemann

Protokoll

Dr. Jan Schaefer

Vorläufige Tagesordnung für die 59. Routinesitzung am 21.11.2006