BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 62. Routinesitzung am 8. Mai 2008

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn

TOP 1 Genehmigung der Tagesordnung für die 62. Routinesitzung

Die Tagesordnung wird unter Erweiterung des TOP 6.1 angenommen. Die TOP 3.1.3., 3.2.1., 3.2.4. und 5.1 werden aus organisatorischen Gründen vorrangig behandelt.

TOP 2 Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen

  1. Bericht des BfArM
    Das BfArM gibt einen Sachstandbericht über die eingegangenen Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) für das Jahr 2007 und die ersten vier Monate des Jahres 2008. Von pharmazeutischen Unternehmern gingen 2007 80% und 2008 bisher 75% der Meldungen ein. Die übrigen kamen vorwiegend von den Arzneimittelkommissionen, den Pharmakovigilanzzentren (blau) und direkt von Ärzten. Der in 2007 im Vergleich zu den Vorjahren größere Anteil (9,5%) von Verdachtsfällen, in denen tödliche Verläufe beschrieben worden sind, unabhängig davon, ob diese im Zusammenhang mit den angewendeten Arzneimitteln stehen, scheint in 2008 nicht zu bestehen. Es werden zunehmend Fälle aus der Literatur und aus dem Ausland gemeldet. Die Eingänge umfassen Erstberichte und Folgemeldungen zum gleichen Fall. Der Anteil der UAW-Meldungen, die elektronisch eingereicht wurden, hat in 2008 nochmals zugenommen und beträgt nunmehr 96%.


  2. Bericht des PEI
    Das PEI berichtet über die Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) in seinem Zuständigkeitsbereich. Bei Humanarzneimitteln ist im Jahr 2007 ein weiterer Anstieg der Berichtszahlen zu verzeichnen. Der prozentuale Anstieg der UAW-Meldungen zu zellulären Blutprodukten wird erklärt durch die gesteigerte Aufmerksamkeit, die durch die Durchführung der Untersuchung zum Thema transfusionsassoziierter Lungeninsuffizienz (TRALI) auch in der Ärzteschaft erzielt worden ist.


    Für die Veterinärimpfstoffe konnte in 2007 und in 2008 eine Zunahme des Meldegeschehens um rund ein Drittel vermerkt werden. Dabei bleibt der Anteil der Meldequellen am erhöhten Meldegeschehen etwa konstant. Im Jahr 2007 erhielt das PEI 70% der Meldungen von pharmazeutischen Unternehmen und 25% von Tierärzten. Während bei Haustieren in der Regel eine Meldung für ein Tier erfolgt, sind bei den Nutztieren von der gemeldeten UAW oft mehrere Individuen betroffen. Auf die gemeinsame Online-Datenbank des PEI und des BVL zur Meldung von UAW von Tierarzneimitteln wird verwiesen. Bei einem Workshop Anfang April habe es positive Rückmeldungen zu dieser Datenbank gegeben. Für den Bereich der Humanarzneimittel soll ein von PEI, BfArM und der Arzneimittelkommission der Ärzte (AkdÄ) gemeinsam entwickeltes Pilotprojekt in Kürze starten.


  3. Bericht des BVL
    Das BVL stellt die zahlenmäßige Entwicklung der eingegangenen Meldungen über unerwünschte Wirkungen von Tierarzneimitteln (UAW) für die ersten vier Monate des Jahres 2008 dar. Es sind insgesamt rund 900 Meldungen zu verzeichnen, etwa 80 % von den pharmazeutischen Unternehmern und 19% von den Tierärzten. Gut ein Drittel war schwerwiegend bzw. mit tödlichem Verlauf. Die meisten Meldungen gingen zu Antiparasitika und Antiinfektiva ein. Das beim Hund mit guter Verträglichkeit anzuwendende Permethrin führt bei Katzen zum Tod, wenn nicht rechtzeitig Maßnahmen wie Waschen und Scheren ergriffen werden. Obwohl durch Öffentlichkeitsarbeit und Initiativen mit Tierärzten ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist, werden bei Katzen heute noch in etwa 20% der Berichte Todesfälle nach (versehentlicher) Permethrin-Anwendung mitgeteilt. Dies wird als unbefriedigend angesehen. Es sind schon verschiedene Möglichkeiten zur Kennzeichnung dieser Arzneimittel ausprobiert worden.

TOP 3 Verfahren zur Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel und Informationsaustausch über Maßnahmen

TOP 3.1 Risikobewertungsverfahren im CHMP und/ oder in der PhVWP

  1. Antidepressiva, einheitliche Warnhinweise zu Suizidalität bei jungen Erwachsenen, Stufenplanverfahren, Stufe II
    Das BfArM fasst die bisherigen Änderungen zum Risiko „suizidales Verhalten und Suizid“ in den Produktinformationen von verschiedenen Arzneimittelklassen zur Behandlung von Depressionen und anverwandten Erkrankungen zusammen und stellt die Anhörung nach dem Stufenplan aus dem Jahre 2008 vor. Hinsichtlich eines erhöhten Risikos zu Suizidalität oder Suizid bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren sollen für alle Antidepressiva einheitliche Warnhinweise und Texte zu Nebenwirkungen aufgenommen werden. Auf EU-Ebene erfolgte bereits eine Anhörung mit Vertretern von Verbänden der pharmazeutischen Industrie. Es wurde für im gegenseitigen Anerkennungsverfahren zugelassene Arzneimittel eine Variation Type II mit verkürztem Zeitplan und ohne Bewertungsbericht vereinbart. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Arzneimittel wurde aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vom BfArM zum nationalen Stufenplanverfahren ein spezielles Formular entwickelt, in dem die zu ändernden Texte der Fach- und Gebrauchsinformation vorgegeben sind und mit dem die wörtliche Übernahme von den pharmazeutischen Unternehmern jeweils bestätigt werden kann.


  2. Epoetine, Änderung der Produktinformationen nach class review 2007 und Bewertung neuer Studienergebnisse in der PhVWP
    Das BfArM trägt vor, dass vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus verschiedenen Studien, in denen Patienten außerhalb der zugelassenen Indikationen behandelt wurden, in der EU eine Risikobewertung der Epoetine, die zur Behandlung der renalen Anämie, der Chemotherapie-induzierten Anämie bei onkologischen Erkrankungen oder im Rahmen der Eigenblutgewinnung zugelassen sind, erfolgte. In deren Folge waren aufgrund der neu identifizierten Risiken (onkologische Indikation: Verkürzung der Überlebenszeit, thromboembolische Ereignisse; renale Indikation: kardiovaskuläre Ereignisse, erhöhte Mortalitätsrate) die Produktinformationen geändert worden. Sie bezogen sich auf eine Einschränkung der Indikationen auf die Behandlung symptomatischer Anämien, auf neue empfohlene Zielhämoglobinwerte und Dosierungsempfehlungen und auf zusätzliche Warnhinweise mit Nennung der Ergebnisse aus den Studien. Als weitere Maßnahme waren Risk Management Plans angeordnet worden, die zurzeit noch in der EU bewertet werden. Weitere Studiendaten von Ende 2007 (PREPARE: Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom, GOG: Behandlung von Patientinnen mit Zervixkarzinom) und ein Literatur-Review werden zurzeit hinsichtlich der beobachteten Risiken erneut geprüft. In absehbarer Zeit wird ein Informationsbrief an die Fachkreise über die Homepages der Arzeimittelbehörden der Mitgliedsländer veröffentlicht werden.


  3. Thalidomid, Lenalidomide, Zulassung in der EU, Umsetzung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms
    Das BfArM trägt zu den Bedingungen der Genehmigungen des Inverkehrbringens von zwei zentral zugelassenen Arzneimitteln mit den bekanntermaßen teratogenen Wirkstoffen Thalidomid und dem strukturverwandten Lenalidomide vor. Die Zulassungsentscheidungen der EU-Kommission beinhalten klar begrenzte Indikationen und umfangreiche, verpflichtende Sicherheitsmaßnahmen, die mit der Verschreibung der beiden Arzneimittel einzuhalten sind. Die verabschiedeten fünf Kernelemente des Risikomanagementplanes (RMP) sind jeweils auf nationaler Ebene umzusetzen. Vor dem Inverkehrbringen der Arzneimittel in einem EU-Mitgliedsstaat sind an Ärzte und Apotheker so genannte „wichtige Informationen an das medizinische Fachpersonal“ zu versenden. Der RMP sieht vor, dass Apotheken das Arzneimittel direkt vom Hersteller beziehen. Die Verschreibung und Rezepteinlösung sind an bestimmte Modalitäten gebunden. Die verschreibenden Ärzte erhalten umfassendes Informationsmaterial für Angehörige der Heilberufe und für Patienten sowie jeweils diverse Checklisten für gebärfähige Frauen, nicht-gebärfähige Frauen sowie Männer. Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind nicht nur für Frauen (insbesondere im gebärfähigen Alter) sondern auch für Männer mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter verpflichtend. Es sollten bestimmte, unter der Therapie geeignete, Verhütungsmethoden angewendet werden. Definierte Schwangerschaftstests sind in vorgegebenen Abständen durchzuführen und auf dem für onkologische Patienten üblichen Therapiepass zu dokumentieren.

    Die Effektivität der Maßnahmen aus dem Risiko Management Plan und Schwangerschaftsverhütungsprogramm muss von dem pharmazeutischen Unternehmer regelmäßig bewertet werden. Zusätzlich ist für Deutschland geplant, dass das Bremer Institut für Prävention und Sozialmedizin (BIPS) mit der Auswertung der vom pharmazeutischen Unternehmer gelieferten Daten zum nicht-bestimmungsgemäßen Gebrauch beauftragt werden soll. Das BMG berichtet, dass sich die für Deutschland zur Umsetzung des Risikomanagementplans geplanten Maßnahmen zurzeit in der Abstimmung mit der Arzneimittelkommission der Ärzte (AkdÄ) und der Bundesärztekammer (BÄK) befinden. Dabei geht es vor allem um die Sicherheit der Abgabe der Arzneimittel, d.h. um die Form der Rezeptierung und die höchstmögliche Einhaltung des RMP und des Schwangerschaftsverhütungsprogrammes, wobei ggf. rechtliche Vorgaben zu ändern seien (Arzneimittel-Verschreibungs-Verordnung). Es wird diskutiert, in welchen Punkten die Bekanntmachung zu Thalidomid-haltigen Arzneimitteln vom 22. Dezember 2003 anzupassen ist, um auch bei Heilversuchen in anderen als den derzeit zugelassenen Indikationen sowie bei Anwendung von Rezepturarzneimitteln mit Thalidomid die gleichen Sicherheitsstandards vorzuschreiben, und in welcher Breite der Risiko Management Plan inklusive des Schwangerschaftsverhütungsprogrammes generell unter der Ärzteschaft bekannt gemacht werden soll.


  4. Gadolinium-haltige MRT-Kontrastmittel, Nephrogene systemische Fibrose (NSF), risikominimierende Maßnahmen
    Die risikomindernden Maßnahmen zur Verhinderung des Auftretens von Nephrogener Systemischen Fibrose (NSF) beim Einsatz von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln in der Magnetresonanztomographie (MRT) werden vom BfArM zusammenfassend dargestellt. In der EU ist beschlossen worden, bei den Arzneimitteln, zu denen NSF als unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) bekannt wurde, diese als Nebenwirkung in die Produktinformationen aufzunehmen. Entsprechende Änderungen werden bei einigen Produkten gerade durchgeführt. Außerdem enthalten die Produktinformationen Warnhinweise für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, gemessen als glomeruläre Filtrationsrate (GFR), sowie Kontraindikationen für einige Gadolium-haltige Kontrastmittel für die Anwendung bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (Omniscan, Optimark, Magnevist). Da in der EU nach der Einführung der Maßnahmen zur Risikominimierung keine neuen Fälle zu NSF gemeldet wurden, kann davon ausgegangen werden, dass diese Maßnahmen wirksam sind und die Arzneimittel bei Einhaltung der Empfehlungen und Identifizierung der Risikopatienten sicher angewendet werden können.


  5. Gardasil, unerwünschte neurologische Ereignisse und Maßnahmen des PEIZum Impfstoff gegen humane Papillomviren (HPV) Gardasil® berichtet das PEI, dass die in der Datenbank für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) des PEI erfassten zwei Fälle aus Deutschland zum Guillain-Barré-Syndrom (GBS) mit der Arzneimittelkommission der Ärzte (AkdÄ) diskutiert worden sind. Ein Zusammenhang mit der Impfung sei zweifelhaft und in der EU seien keine weiteren Fälle gemeldet worden. Der Zulassungsinhaber möchte eigenverantwortlich GBS in die Fach- und Gebrauchsinformation aufnehmen.

  6. Tysabri (Natalizumab): Warnhinweis zu HepatoxizitätBei dem Arzneimittel Tysabri® (Natalizumab) zur Behandlung schubförmiger Formen der Multiplen Sklerose (MS) wurden nach Markteinführung Fälle von Leberschädigungen, zum Teil schwerwiegende, jedoch nicht aus Deutschland, gemeldet. Das PEI informiert, dass auf Veranlassung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) entsprechende Warnhinweise in die Produktinformation aufgenommen werden sollen. Die Umsetzung erfolgt mit einer zeitlich verkürzten Type II-Variation. Auf der Homepage der EMEA wurde im März eine Pressemitteilung (EMEA/CHMP /139489/2008) veröffentlicht. Nach Abschluss der Variation soll ein Brief an die Ärzte versandt werden, in dem über die Änderungen informiert wird.

  7. MMR Vax Pro, anaphylaktische ReaktionenDas PEI teilt mit, dass vom Kombinationsimpfstoff MMR Vax Pro® als Schutz gegen Masern, Mumps und Röteln, der Spuren von rekombinatem Humanalbumin und Spuren von Antibiotika enthält, nach einer Reihenimpfung von Jugendlichen und Erwachsenen in Kanada vorübergehend eine Charge zurückgerufen wurden, nachdem anaphylaktische Reaktionen beobachtet worden waren. Der europäische Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) empfiehlt, das Risiko für das Auftreten von allergischen Reaktionen bei jungen Erwachsenen als Warnhinweis in die Produktinformationen aufzunehmen.

TOP 3.2 Nationale Risikobewertungsverfahren und Risikobewertungen

  1. Heparine zur parenteralen Anwendung, Verunreinigungen im Ausgangsmaterial

    Das BfArM informiert darüber, dass Verunreinigungen im Ausgangsmaterial bei Heparin zur parenteralen Anwendung festgestellt wurden. Das Rohheparin stammte vorwiegend aus China. Zunächst betroffen war die Firma Baxter in den USA, die am 19. Januar 2008 bestimmte Chargen unfraktionierten Heparins zurückgerufen hat, die nur dort vermarktet wurden. Am 25. Februar erhielt das BfArM drei Spontanmeldungen zu Blutdruckabfall und Schock unter unfraktioniertem Heparin der Firma Rotexmedica. Am 4. März wurde das BfArM von der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde über eine steigende Zahl von Spontanmeldungen unbekannter Art zu Heparin informiert, die von einem Verbund von Dialysezentren in Neu-Isenburg gemeldet worden waren. Bei etwa der Hälfte von dann insgesamt 31 UAW-Meldungen hatten die Patienten einen lebensbedrohlichen Schockzustand erlitten, der eine Notfalltherapie erforderlich machte. Außerdem wurden in mehreren Fällen Koagulationen im Schlauchsystem beobachtet. Von der US-amerikanischen FDA wurde wenig später in kontaminierten Chargen eine Heparin-ähnliche Substanz (übersulfatiertes Chondroitsulfat) entdeckt, die als Ursache für die unerwünschten Arzneimittelwirkungen in Frage kommt. Nach der Meldung im Rapid-Alert-System informierte das BfArM am 7. März auf seiner Homepage über den Rückruf sämtlicher Chargen von unfraktioniertem Heparin der Firma Rotexmedica. Es ordnete in einem ersten Bescheid vom 11. März 2008 die Testung des Ausgangsmaterials für unfraktioniertes Heparin auf Verunreinigungen bzw. Beimengungen an. Ein zweiter Bescheid vom 11. April bezog Arzneimittel mit fraktioniertem Heparin ein, da auch dort diese Verunreinigung festgestellt wurde. Es wurde als Analysemethode die ¹H-NMR-Spektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance) vorgeschrieben. In einer Sitzung von Bundes- und Länderbehörden am 23. April wurde vor allem die Frage der Versorgungssicherheit diskutiert. Nach einem dritten Bescheid vom 25. April ist auch die Prüfung der Fertigarzneimittel mit fraktionierten Heparinen möglich, falls das Ausgangsmaterial nicht verfügbar ist. Am 14. März und 24. April informierte das BfArM die Öffentlichkeit jeweils über den aktuellen Stand der Maßnahmen.

    Auf europäischer Ebene hat Deutschland am 24. April ein Verfahren nach Artikel 5 (3) der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 initiiert, um vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) eine wissenschaftliche Bewertung des Risikos von Verunreinigungen in Heparin und die weitere Aufklärung der Ursachen der Kontamination und unerwünschten Wirkungen zu erhalten, einen Plan zur Risikomininderung bei potentiellen Versorgungsengpässen dieses lebenswichtigen Arzneimittels zu erarbeiten und Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Die daraus abgeleiteten Empfehlungen können, abhängig von der jeweiligen nationalen Versorgungssituation, in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. In Zukunft wird außerdem das verbindliche Europäische Arzneibuch ergänzt und fortgeschrieben.

    Obwohl in Deutschland von verschiedenen Firmen einige Chargen Heparin zurückgerufen wurden, war die Versorgung mit Heparin-haltigen Arzneimitteln gewährleistet. Da keine weiteren UAW-Fälle gemeldet wurden, ist davon auszugehen, dass die Maßnahmen des BfArMs wirksam sind. Das PEI ergänzt, dass Heparin, welches als Hilfsstoff in Plasmaprodukten zum Einsatz kommt, ebenfalls getestet wurde und dass dazu bisher keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen gemeldet wurden.

    Am Beispiel Heparin wurde deutlich, dass es notwendig ist, Unterschiede im Inspektionssystem in den EU-Ländern auszugleichen und die Wirkstoffkontrolle zu intensivieren. Die EU-Kommission hat ein Konsulationsverfahren eingeleitet mit dem Ziel, die Kontrolle und Vertriebswege von Ausgangsmaterialien für Arzneimittel zu verbessern, zum Beispiel durch die Versiegelung von Behältnissen.


  2. Transfusionsassoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI) nach Transfusion von Frischplasma, Stufenplanverfahren, Stufe II

    Das PEI stellt die Ergebnisse einer Studie zur transfusionsassoziierten Lungeninsuffizienz (TRALI) nach Transfusion von Frischplasma vor. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass (außer weiteren Risikofaktoren des Patienten) eine zurückliegende Schwangerschaft der Spenderin (auch mehr als zehn Jahre) eine Ursache für das Risiko zum Auftreten von TRALI beim Empfänger des Frischplasmas darstellt. Das PEI hat im Februar 2008 ein Stufenplanverfahren (Stufe I) mit der Empfehlung zur eingeschränkten Verwendung von Plasma von Frauen bei Schwangerschaftsanamnese eingeleitet. Im Sommer 2008 ist eine öffentliche Anhörung nach dem Stufenplan (Stufe II) geplant.


  3. HIV PCR (Human immunodeficiency virus Polymerase Chain Reaction), Testung in Blutspendeeinrichtungen, Stufenplanverfahren
    In dem Stufenplanverfahren des PEI ging es darum festzustellen, ob die gewählten Grenzwerte für das Human Immunodeficiency Virus (HIV) bei Blutspenden, gemessen mit PCR (Polymerase Chain Reaction) eine ausreichende Sicherheit bieten. Es wurde deutlich, dass erhebliche Absenkungen (etwa um eine Zehnerpotenz) nur relativ geringe Effekte erbringen würden. Deshalb konnte das Stufenplanverfahren ohne weitere Maßnahmen abgeschlossen werden.


  4. Alpha-1-Blocker, Interaktion mit Phosphodiesterase-5-Hemmern, Stufenplanverfahren, Stufe II und Diskussion in PhVWP
    Das BfArM berichtet über das Stufenplanverfahren, Stufe II, vom August 2007 zur Interaktion von alpha-1 Adrenozeptor Antagonisten (alpha-Blockern) mit Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil), die wahrscheinlich von einem relevanten Anteil der Patienten gleichzeitig angewendet werden. Die gefäßerweiternden Eigenschaften beider Arzneimittelgruppen können in Kombination das Risiko zur Auslösung eines symptomatischen Blutdruckabfalls erhöhen. Dies wurde in klinischen Studien für die so genannten „nicht-selektiven“ alpha-1 Adrenozeptor Antagonisten wie Doxazosin, Terazosin, Prazosin klar gezeigt. Deshalb hält das BfArM für diese nicht-selektiven alpha-1 Adrenozeptor Antagonisten einheitliche Warnhinweise und einen Hinweis unter „Wechselwirkungen“ für erforderlich. Für die Gruppe der so genannten „uro-selektiven“ alpha-Blocker wie Tamsulosin, Alfuzosin, bei denen die Effekte weniger ausgeprägt zu sein scheinen, hat das BfArM einen harmonisierten Wortlaut für den Abschnitt “Pharmakodynamische Eigenschaften“ der Fachinformation vorgeschlagen. Diese Änderungen in den Produktinformationen wurden in der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des Ausschusses für Humanarzneimittel vorgestellt. Nach Abschluss der Diskussion in der PhVWP soll das Stufenplanverfahren fortgeführt werden.


  5. Kava-Kava, Widerruf der Zubereitungen bis einschließlich D4Das BfArM beschreibt den Verfahrenslauf, der zum Widerruf von Kava-kava-haltigen Zubereitungen einschließlich homöopathischer Verordnungen bis D4 im Dezember 2007 führte. Den aufgetretenen lebertoxischen Effekten steht aus Sicht des BfArM keine ausreichend belegte Wirksamkeit gegenüber und es sind therapeutische Alternativen vorhanden.


  6. Allium sativum, Wechselwirkungen mit Saquinavir, StufenplanbescheidZu Knoblauch-haltigen Arzneimitteln hat das BfArM im März 2008 einen Stufenplanbescheid erlassen. Das BfArM trägt vor, dass die angeordneten Texte im Abschnitt „Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ und „Wechselwirkungen“ darauf hinweisen, dass die Wirksamkeit der Anti-HIV-Therapie (HIV: Humanes Imundefizienz-Virus) bei der gleichzeitigen Einnahme von höher dosierten Knoblauchpräparaten und Saquinavir, einem Wirkstoff zur Behandlung der HIV-Infektion, herabgesetzt ist. Der für die Einbeziehung in das Stufenplanverfahren relevante Grenzwert von 0,8 g frischem Pflanzenmaterial an Knoblauch (Allium sativum) berücksichtigt mit einem zusätzlichen Sicherheitsabstand die Ergebnisse aus klinischen Studien.


  7. Schöllkraut zur innerlichen Anwendung, Hepatoxizität, StufenplanbescheidDas BfArM informiert über das Stufenplanverfahren zu Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln zur innerlichen Anwendung. Aufgrund von zahlreichen gut dokumentierten Fallberichten zu schweren Leberschädigungen bis hin zum Leberversagen wurden die Zulassungen mit Dosierungen von mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloiden (berechnet als Chelidonin) pro Tag widerrufen und für solche mit einer täglichen Gesamtalkaloiddosis zwischen 2,5 µg und 2,5 mg Änderungen in fünf Abschnitten der Produktinformationen einschließlich eines Hinweises zur Anpassung der Dosierempfehlungen bei Kindern angeordnet. Diese Maßnahmen sollen auch bei Standardzulassungen - im Vorgriff auf die Änderungen der Rechtsverordnung nach § 36 Abs.1 des Arzneimittelgesetzes - erfolgen.


TOP 4 Regularien und organisatorische Angelegenheiten

  1. Position Deutschlands zur Weiterentwicklung des Pharmakovigilanz-Systems in der EU
    – Stand der Diskussion in den Gremien der EMEADas BfArM berichtet, dass die EU-Kommission zur Weiterentwicklung des Pharmakovigilanz-Systems in der Europäischen Union am 5. Dezember 2007 einen öffentlichen Konsultationsprozess eingeleitet hat. Die Position Deutschlands (BMG, PEI, BfArM) dazu wurde als Tischvorlage verteilt, ebenso ein Auszug aus der Zusammenfassung der Stellungnahmen der Mitgliedsländer, Verbände, Patientenvertreter sowie weiterer Beteiligter zum Vorhaben der EU-Kommission.

    Unter anderem soll ein neues, rasch zu Entscheidungen führendes Risikobewertungsverfahren in Anlehnung an das neue Verfahren nach Artikel 107 der Richtlinie 2001/83/EG etabliert werden. Dies wird vom BfArM begrüßt, wohingegen die in diesem Zusammenhang diskutierte öffentliche Anhörung der pharmazeutischen Unternehmer aufgrund der bisherigen Erfahrungen als wenig nützlich angesehen wird. Nicht befürwortet wird auch der Plan zur sehr frühzeitigen Zulassung von neuen Arzneimitteln ohne abgeschlossene Risikobewertung. Dies stelle einen deutlichen Paradigmenwechsel dar. Es ist geplant, (insbesondere neue) Arzneimittel, die einer besonderen Überwachung bedürfen, speziell zu kennzeichnen. Es ist an eine Vorschrift zur Meldung von Medikationsfehlern gedacht. Im Zusammenhang mit dem Risk Management Plan gewinnen Sicherheitsstudien nach Markteinführung zunehmende Bedeutung. Die Möglichkeit zur Anordnung von „post authorisation safety studies“ (PASS) soll auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Eine weitere Aufgabe wird es sein, die Transparenz der Entscheidungen in den EU-Gremien und nationalen Arzneimittelbehörden weiter zu erhöhen, ohne schutzwürdige Daten nach außen zu geben. In der Diskussion ist außerdem ein Pharmakovigilanz-Komitee mit Koordinierungsfunktionen, das die Pharmakovigilanzarbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP ersetzen soll, wobei die wechselseitigen Beziehungen beider Gremien zu klären sind.



  2. Bericht über durchgeführte Pharmakovigilanz-Inspektionen
    Das BfArM gibt einen Überblick über die bisherigen Pharmakovigilanz-Inspektionen. Die Ergebnisse bei den insgesamt 14 durchgeführten Inspektionen waren überwiegend gut; es gab kaum „critical findings“. Deshalb geht das BfArM davon aus, dass die Pharmakovigilanz-Systeme bei den Firmen überwiegend gut funktionieren. Anregungen zur Verbesserung werden von den Firmen meist gerne aufgenommen. Zurzeit wird vom BfArM in Deutschland, häufig in Begleitung von Vertretern aus den Aufsichtsbehörden der Bundesländer, etwa jeden Monat eine Inspektion durchgeführt. Im Rahmen dieses Programms erfolgen auch Routine-Inspektionen im Auftrag der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) bei pharmazeutischen Unternehmern mit zentralen Zulassungen, deren Qualifizierte Person für Pharmakovigilanz (QPPV) in Deutschland ansässig ist, welche alle vier Jahre durchgeführt werden müssen. Zusätzlich wurde im Januar eine erste anlassbezogene Inspektion im Auftrag der EMEA durchgeführt, eine weitere ist für Juni vorgesehen.
    Das PEI beteiligt die Pharmakovigilanz-Assessoren an den Inspektionen.

TOP 5 Andere Themen zur Sicherheit bei der Anwendung von Arzneimiktteln

  1. Dextromethorphan, öffentliche Diskussionen über MissbrauchDas BfArM berichtet zu dem in Hustenmitteln enthaltenen Wirkstoff Dextromethorphan (DXM), über den in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit einer missbräuchlichen Anwendung durch Jugendliche diskutiert wurde. Nach dem Tod von fünf Jugendlichen in den USA hatte die FDA im Jahr 2005 entsprechende Warnungen veröffentlicht, was in Deutschland zu einem verstärkten Interesse an dieser Problematik führte. Die Situation in Deutschland ist mit der in den USA derzeit nicht vergleichbar: DXM ist apothekenpflichtig, DXM-haltige Hustensäfte spielen kaum eine Rolle beim Missbrauch und ein Vertrieb durch „Dealer“ ist bisher nicht bekannt. In der UAW-Datenbank des BfArMs und bei den meisten deutschen Giftnotrufzentralen liegen nur wenige Fallberichte vor. Lediglich bei der Giftnotrufzentrale Berlin war es im vergangenen Jahr zu einer Häufung von Meldungen gekommen, die nach dem „Poisoning Severity Score“ dort allerdings nicht als „schwer“ eingestuft wurden. Wesentliche weiterführende Erkenntnisse konnten aus den Daten nicht gewonnen werden. Das BfArM wird die Risiken der entsprechenden Arzneimittel - wie bereits bisher auch - engmaschig überwachen, sieht jedoch derzeit keinen Anhaltspunkt für weitere Maßnahmen und steht damit in Übereinstimmung mit den meisten EU-Mitgliedsländern. Eine 2003 durchgeführte Abfrage bei den Referenzapotheken zu dieser Problematik wird in Kürze wiederholt.

TOP 6 Verschiedenes

  1. Adressenliste E-mail-Verteiler für Rapid Alert System und Beschränkung des Einsatzes der E-mail-Adressen auf offizielle Mitteilungen an die Stufenplanbeteiligten

    Die Adressenliste (Postanschrift, E-mail, FAX und Telefon) für das Rapid-Alert-System (RAS) und für offizielle Mitteilungen an die Stufenplanbeteiligten mit Bezug zu Risikobewertungsverfahren oder Routinesitzungen wird so angelegt, dass eine zentrale Adresse angeschrieben wird und die Verteilung im Haus instituts-/behördenintern zu regeln ist. In der Regel wird eine weitere Person persönlich per E-mail vom BfArM informiert. Die Adressenliste wird jeweils halbjährlich während der Routinesitzung von den Anwesenden auf Aktualität und Vollständigkeit überprüft. Sie ist offiziellen Mitteilungen vorbehalten. Um einen Missbrauch zu vermeiden, wird empfohlen, die Versendung von E-mails über das Adressfeld „blind copy“ vorzunehmen.

  2. Termin nächste Routinesitzung (Dienstag, 4. November)Als Termin für die 63. Routinesitzung wird Dienstag, der 4. November 2008 angekündigt. Der Hörsaal ist reserviert.

Der Vorsitzende

Dr. Ulrich Hagemann
Direktor und Professor

Protokoll

Birgit Folgmann
Wissenschaftliche Angestellte

Vorläufige Tagesordnung für die 62. Routinesitzung am 07.05.2008