BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 65. Routinesitzung am 12. November 2009

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn

TOP 1 Genehmigung der Tagesordnung für die 65. Routinesitzung

Die vorliegende Tagesordnung wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Unter TOP 6.2. wird eine Information über Pharmakovigilanz-relevante Normen zusätzlich aufgenommen.

TOP 2 Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW)

  1. Bericht des BfArM
    Das BfArM gibt seinen Sachstandsbericht über Eingänge zu Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) im Jahr 2009, die sowohl Initialmeldungen als auch Follow-up-Meldungen beinhalten. Insgesamt ist etwa das gleiche Ergebnis wie 2008 zu erwarten, wobei bei den Fällen, die aus dem Ausland gemeldet werden, ein schwacher Anstieg der Zahlen zu verzeichnen ist. Der Großteil der Meldungen (97,4 %) geht auf elektronischem Weg ein. Die Anzahl der Meldungen von UAW an das BfArM über das Online-Tool seit April 2009 liegt im zweistelligen Bereich. Es wird vermutet, dass die notwendige Übertragung von Daten in die Eingabemasken einer Steigerung der Zahl von dem BfArM direkt angezeigten Verdachtsfällen durch die Ärzteschaft entgegen steht. Die Möglichkeit der Integration der UAW-Meldung in Praxissoftware im Rahmen des vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geförderten Projektes zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) könnte diesbezüglich Verbesserungen bewirken.


  2. Berichte des PEI

    1. Humanarzneimittel (Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel)
      Das PEI stellt den Bericht zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) aus seinem Zuständigkeitsbereich vor. Es handelt sich vorwiegend um Spontanberichte (einschließlich Follow up-Meldungen) und nur um eine geringe Anzahl von Literaturberichten. Die Meldungen zu Impfstoffen weisen saisonale Schwankungen auf. Im vergangenen Jahr (2008) war beispielsweise die Zahl der Impfungen gegen FSME und damit auch die Zahl der UAW-Berichte angestiegen. Die Melderate über UAW zu Impfstoffen gegen die saisonale Grippe war in den vergangenen Jahren konstant. (Zu UAWs zu sog. „Schweinegrippe“-Impfstoffen siehe TOP 3.1.1.)


    2. Immunologische Tierarzneimittel
      Das PEI erläutert die Berichte zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) immunologischer Tierarzneimittel. Etwa 90 % der Meldungen gehen elektronisch ein. In etwa 20 % der Fälle wird das Internetformular genutzt. Das Meldeverhalten hat sich wieder an die Vorjahre angepasst, nachdem es keine Pflichtimpfung zur Blauzungenkrankheit beim Rind mehr gibt. Insgesamt wird die Impfkampagne gegen die Blauzungenkrankheit als erfolgreich angesehen.


  3. Bericht des BVL
    Von den insgesamt 2100 Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bei Tieren, über die das BVL berichtet, waren etwa 1500 Erstmeldungen. Das BVL trägt vor, dass etwa ein Drittel der Meldungen zu Antiparasitika einging, wobei die versehentliche Verwendung von Permethrin bei der Katze immer noch Gegenstand von Meldungen ist. Zu Antiinfektiva lag im Berichtszeitraum eine geringere Zahl von Berichten über unerwünschte Arzneimittelwirkungen vor. In Einzelfällen kam es zur unbeabsichtigten oder auch beabsichtigten Anwendung beim Menschen mit der Folge von UAW."

TOP 3 Verfahren zur Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel und Informationsaustausch über Maßnahmen

Top 3.1 Risikobewertungsverfahren im CHMP nach RL 2001/83/EG oder VO 726/2004/EG

  1. Zulassung der Influenza A/H1N1-Impfstoffe im CHMP und daraus folgende Pharmakovigilanz-AktivitätenDas PEI berichtet über die Zulassung der H1N1v-Impfstoffe gegen die neuartige Grippe (sog. „Schweinegrippe“) im CHMP und über die damit zusammenhängenden Pharmakovigilanz-Aktivitäten in Deutschland.

    Die Zulassung der Pandemie-Impfstoffe (EU-weit derzeit vier) wurde auf der Basis des Herstellungsprinzips er-teilt. Als Musterimpfstoff diente der Virus-Serotyp H5N1 (Vogelgrippe-Virus), anschließend erfolgte die Stammanpassung an H1N1. Die Immunverstärker (Adjuvantien) werden eingesetzt, um rasch größere und ausreichende Mengen an Impfstoff mit geringer Antigenmenge zur Verfügung stellen zu können. Der Impfstoff wird in einem Mehrkomponentenbehälter ausgeliefert; Impf-Antigen und Adjuvans werden vor der Verabreichung zusammen gegeben. Mit den verwendeten Adjuvanssystemen (mit Sqalen angereicherte Öl-in-Wasser-Emulsionen) liegen Erfahrungen aus den Impfungen gegen die saisonale Grippe vor. Derartige Grippeimpfstoffe zeigen Kreuzreaktivität mit Drift-Varianten des Virus, so dass nach heutigem Kenntnisstand davon auszugehen ist, dass im Falle einer Veränderung (Mutation) des Virus im Vergleich zu Adjuvantien-freien Impfstoffen ein besserer Schutz gegeben sein wird. Bis Mitte November 2009 wurden rund 8 Mio. Impfdosen frei gegeben und bis März 2010 sollen 50 Mio. Impfdosen in Deutschland verfügbar sein.

    Die Impfempfehlung der STIKO (www.rki.de/stiko) klassifiziert verschiedene Risikogruppen. Sie empfiehlt die Impfung in erster Linie Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege sowie chronisch Kranken. Eine einmalige Impfung bietet nach dem neuesten Kenntnisstand in der Regel ausreichenden Schutz. Wenn sich Kinder bis 9 Jahre und ältere Menschen impfen lassen wollen, wird zurzeit (November 2009) aufgrund der ver-fügbaren Daten entsprechend dem ursprünglichen Konzept eine zweimalige Impfung geraten. Für Schwangere sieht die Impfempfehlung der STIKO zurzeit (November 2009) vor, dass sie sich ab dem zweiten Trimenon mit einem Impfstoff ohne Adjuvans impfen lassen können. Zur Effektivität der Impfung sammelt das Robert-Koch-Institut (RKI) Daten aus einigen Berliner Krankenhäusern.

    Zu aufgetretenen und berichteten Nebenwirkungen haben die pharmazeutischen Unternehmer dem CHMP jeden Monat Bericht zu erstatten. Sie führen in 12 Ländern Anwendungsstudien mit insgesamt 9000 Personen durch. An das PEI können mögliche Nebenwirkungen der Impfung gegen die sog. „Schweinegrippe“ in einem vereinfachten Verfahren gemeldet werden. Häufige bis sehr häufige Nebenwirkungen der Impfung sind Lokalreaktionen, Muskel- und Gliederschmerzen sowie Kopfschmerzen. Bei Kindern kommen außerdem oft kurzzeitiges hohes Fieber und Magen-Darm-Störungen vor. Systematisch beobachtet das PEI zusammen mit dem Institut für Emb-ryonaltoxikologie in Berlin Vorkommnisse bei Schwangeren, die im Zusammenhang mit dem Pandemie-Impfstoff stehen könnten. Das Projekt wird vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) finanziell unterstützt. Aufgrund von früheren Vorkommnissen in den USA werden außerdem Deutschland-weit in Zusammenarbeit mit 600 Kliniken systematisch epidemiologische Daten zum Guillain-Barre-Syndrom (GBS, einer neurologischen Erkrankung) gesammelt. Zu erwarten ist ein leicht erhöhtes Risiko von 1 bis 2 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Geimpfte. Es wurde für die Übermittlung derartiger Fälle von den Krankenhäusern eine Online-Datenbank eingerichtet.

    Im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gegen die neuartige Grippe wurden aus Schweden darüberhinaus anaphylaktischen Reaktionen bekannt. Zu solchen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) wurden aus Deutschland bis Mitte November 2009 einige wenige Fälle gemeldet.


  2. Modafinil, psychiatrische Reaktionen, Haut- und Überempfindlichkeitsreaktionen, Ver-fahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EGDas BfArM stellt das Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu Modafinil vor, das vom CHMP im Mai 2009 eingeleitet wurde. In Deutschland ist der Wirkstoff zur Behandlung der Narkolepsie oder eines mittelschweren bis schweren Schlafapnoe-Syndroms mit exzessiver Tagesschläfrigkeit oder eines chronischen Schichtarbeitersyndroms gleichen Schweregrades mit exzessiver Schläfrigkeit, wenn andere Schlaf-hygienische Maßnahmen zu keiner zufrieden stellenden Besserung geführt haben, zugelassen. In der Fachinformation wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass eine Behandlung nur nach sorgfältiger klinischer Diagnose in z.B. Facheinrichtungen für Neu-rologie oder Schlaflabors in enger Zusammenarbeit mit Spezialisten vorgenommen werden sollte. In anderen EU-Ländern gibt es teilweise zusätzliche Indikationen.

    Unter der Anwendung von Modafinil-haltigen Arzneimitteln war es zu schwerwiegenden psychiatrischen Reak­tionen und zu schweren Hautreaktionen einschließlich Stevens-Johnson-Syndrom gekommen. Im Rahmen einer Risikobewertung durch die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP war der pharmazeutische Unternehmer zur Mitteilung weiterer Daten aufgefordert worden. Diese Daten legten dann eine umfassende wissenschaftliche Neubewertung nahe. Im Rahmen des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG sollen u.a. die Wirkungen von Modafinil auf das Nervensystem und auf das kardiovaskuläre System sowie der Nutzen des Arzneimittels in bestimmten Indikationen bewertet werden. Der Gebrauch außerhalb der zugelassenen Indika­tionen und das Missbrauchspotential sollen erörtert und es sollen Vorschläge zur Risikominderung erarbeitet werden.

    Eine Opinion des CHMP wird voraussichtlich im Jahr 2010 vorliegen. Das BfArM hat ein Stufenplanverfahren, Stufe II, eingeleitet.

  3. Retardierte Opiod-haltige Arzneimittel (WHO-Schmerzmittelstufe III), Bewertung des Ef-fekts von Alkohol auf das Retardierungsprinzip, Verfahren nach Art. 31 RL 2001/83/EGDas BfArM berichtet über die im Herbst 2009 durch die EU-Kommission erfolgte Einleitung eines Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zur Bewertung des Effekts von Alkohol auf das Retardierungsprinzip bei retardierten Opioid-haltigen Arzneimitteln der WHO-Schmerzmittelstufe III. Die Problematik war für Oxycodon schon früher in verschiedenen EU-Gremien behandelt worden und das BfArM hatte 2007 mit einem Stufenplanbescheid zusätzliche Warnhinweise und Hinweise auf Wechselwirkungen in den Produktinformationen angeordnet. Vom Art. 31-Verfahren sind in Deutschland die Wirkstoffe Hydromorphon, Morphin und Oxycodon betroffen. Der CHMP fragt die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer nach dem derzeitigen Stand der Hinweise zu Alkohol in den Produktinformationen, nach gemeldeten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und nach den Verkaufszahlen. Um eine Bewertung vornehmen und geeignete Maßnahmen vorschlagen zu können, soll der CHMP au-ßerdem informiert werden über Details der pharmazeutischen Aufbereitung der Arzneimittel, über durchgeführte in-vitro-Ethanoltests und über ggf. durchgeführte in vivo-Studien mit dem jeweiligen Arzneimittel bei Patienten, die gleichzeitig Alkohol getrunken haben. Eine mögliche mündliche Anhörung von pharmazeutischen Unternehmern im CHMP ist für März 2010 vorgesehen.

TOP 3.2 Risikobewertungen in der PhVWP des CHMP

  1. Insulin und Insulinanaloga, Bewertung eines potentiellen Tumor-RisikosDas BfArM trägt vor, dass im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von vier epidemiologischen Studien im Juni 2009 und weiterer wissenschaftlicher Ergebnisse ein möglicherweise erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Tumorerkrankung bei der Anwendung von Insulinanaloga wie Insulin-Glargin im Vergleich zu Humaninsulin disku-tiert wurde. Die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP befasst sich seit Juni 2009 mit den Studien. Da die Studien sehr umfangreich und komplex und in ihren Ergebnissen nicht konsistent sind und die Stu-dienauswertungen zum Teil methodisch nicht nachvollziehbar sind, wurden die Investigatoren um eine weitere Auswertung der Studien gebeten. Erste Ergebnisse dieser Auswertungen sind für das vierte Quartal 2009 vorge-sehen. Der pharmazeutische Unternehmer wurde ebenfalls um eine Stellungnahme gebeten. Zurzeit sind noch keine abschließenden Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Daten möglich.


  2. Antipsychotika, erhöhte Mortalität bei Demenzpatienten, Verfahren nach Art. 5(3) der VO 726/2004/EG; VTE-Risiko, Risiko cerebrovaskulärer Ereignisse, Bewertung in der PhVWP und Harmonisierung im CMD(h)Das BfArM berichtet über die Risikobewertungen des CHMP und der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP betreffend die Arzneimittelgruppe der Antipsychotika. Im Verfahren nach Art. 5(3) der VO 726/2004/EG wurde das Risiko einer erhöhten Mortalität bei Demenzpatienten, die mit konventionellen (typischen) Antipsychotika behandelt wurden, neu bewertet. Als Ergebnis werden im Abschnitt 4.4 der Fachinformation und an entsprechender Stelle der Gebrauchsinformation Warnhinweise zu diesem Risiko für Demenzpatienten für erforderlich gehalten. Für alle Antipsychotika, typische und atypische, empfiehlt die PhVWP nach einer entsprechenden Risikobewertung des Weiteren Änderungen in den Produktinformationen, um in den Abschnitten „Warnhinweise“ und „Nebenwirkungen“ auf ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von venösen Thromboembolien (VTE) bei Patienten mit dafür vorliegenden Risikofaktoren hinzuweisen. Schließlich sollen auf Empfehlung der PhVWP im Abschnitt „Warnhinweise“ der Produktinformationen aller Antipsychotika zusätzliche Texte aufgenommen werden, die über ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von cerebrovaskulären Ereignissen bei bestimmten Patientengruppen informieren.

    Die beabsichtigten Änderungen sollen den pharmazeutischen Unternehmern EU-weit im Dezember 2009 mitgeteilt werden. Das BfArM beabsichtigt, für die rund 2000 betroffenen Arzneimittel in Deutschland ein Stufenplanverfahren einzuleiten und die Anhörung im Bundesanzeiger und auf der BfArM-Webseite bekannt zu machen.


  3. Bisphosphonate; Osteonekrose des Kiefers, Verfahren nach Art. 5(3) VO 726/2004/EG; Stressfrakturen, Bewertung in der PhVWP


    Das BfArM stellt das Ergebnis zweier Risikobewertungsverfahren zu den Bisphosphonaten vor. Das Risiko für das Auftreten von Osteonekrosen des Kiefers (osteonecrosis of the jaw, ONJ) nach der Behandlung mit Bisphosphonaten war zuletzt im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 5 (3) der VO 726/2004/EG bewertet worden. Das Risiko ist insbesondere bei Patienten erhöht, die intravenös aufgrund einer Krebserkrankung mit einem Bisphosphonat behandelt wurden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat die internationalen Fachgesellschaften über die Risiken informiert und Empfehlungen zur Reduzierung der Risiken ausgesprochen (www.europa.eu/pdfs/ human /opiniongen/29112509en.pdf). Außerdem hat sie Indikations- und Wirkstoffbezogene Vorschläge zur Änderung der Produktinformationen gemacht. Weitere Studien sollen durchgeführt werden.Die Bisphosphonate waren weiterhin Gegenstand einer Gruppenbewertung durch die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP. Nach einer mehrjährigen Einnahme von Alendronat war es zu sogenannten Stressfrakturen – meist im oberen Bereich des Oberschenkels - mit einem röntgenologisch typischen Bild gekommen. Für Alendronat empfiehlt die PhVWP Änderungen der Produktinformationen in den Abschnitten „Warnhinweise“ und „Nebenwirkungen“. Ein möglicher Klasseneffekt für andere Bisphosphonate (außer Neridronat) kann weder nachgewiesen noch ausgeschlossen werden.

    Die Umsetzung in Deutschland erfolgt im Rahmen eines Stufenplanverfahrens.


  4. Clopidogrel, Wechselwirkungen mit PPI, Rote-Hand-BriefDas BfArM berichtet zu den Wechselwirkungen von Clopidogrel mit Protonenpumpenhemmern (PPI) und die Kommunikation im April und Mai 2009 an die Fachkreise. Bei der gleichzeitigen Einnahme mit PPI werde die thrombozytenaggregationshemmende Wirkung von Clopidogrel verringert, so dass PPI nur dann, wenn dies unbedingt notwendig ist, zusammen mit Clopidogrel-haltigen Arzneimitteln angewendet werden sollten. Das Risi-ko war zunächst in der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP für Omeprazol bewertet worden. Es konnte nach Ansicht des CHMP auch für andere PPI nicht ausgeschlossen werden. Die Wechselwirkungen wurden für die einzelnen Clopidogrel-haltigen Arzneimittel jeweils mit einem Rote-Hand-Brief an die Fachkreise kommuniziert. Sie waren bei Ärzten und Patienten auf Interesse und zum Teil auf Kritik gestoßen.

  5. Drospirenon-haltige Kontrazeptiva und VTE-Risiko, Bewertung der Studienergebnisse durch die PhVWPDas BfArM stellt die Ergebnisse zweier aktueller Studien zum Risiko venöser Thromboembolien (VTE) bei Anwendung Drosperinon-haltiger kombinierter oraler Kontrazeptiva (KOK) vor. Daten aus einer früheren Kohortenstudie (EURAS) hatten gezeigt, dass die Inzidenz für VTE bei Frauen, die Drospirenon-haltige KOK anwendeten, im gleichen Bereich liegt wie die Inzidenz für Anwenderinnen anderer KOK mit niedrigem Estrogengehalt, einschließlich Levonorgestrel-haltiger KOK (so genannte KOK der ,,zweiten‘‘ Generation). Die beiden aktuellen Studien ordnen die Höhe des VTE-Risikos Drospirenon-haltiger KOK eher im Bereich der KOKs der dritten Generation ein. Die Bewertung aller vorhandenen Daten durch die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe des CHMP ist für November 2009 vorgesehen. Mögliche Maßnahmen, wie zum Beispiel Änderungen der Produktinformationen, werden voraussichtlich in den Folgesitzungen beraten werden.


  6. Epoetin alfa (Binocrit®), Unterbrechung einer klinischen Studie, Bewertung in der PhVWP

    Das BfArM informiert über die Unterbrechung einer klinischen Studie zu Epoetin alfa (Binocrit®), in der die Wirksamkeit und Sicherheit subkutaner Anwendung geprüft werden sollte. Die Injektionslösung ist zur Behandlung von Anämien zur intravenösen Anwendung bereits zugelassen. Unter der subkutanen Verabreichung in der Studie hatten zwei der 338 Studienpatienten Erythropoetin neutralisierende Antikörper entwickelt, bei einem dieser Patienten kam es zum Vollbild einer „pure red cell aplasia“ (PRCA). Die europäischen Arzneimittelbehörden wurden vom Hersteller über den Abbruch der klinischen Studie informiert. Das Produkt ist weiterhin lediglich für die intravenöse Verabreichung zugelassen, bei der bisher keine Fälle von PRCA aufgetreten sind. Qualitätsprüfungen der Chargen ergaben keine Auffälligkeiten.Seit eine Reihe von Biosimilars (biologisch gleichartige Produkte) auf dem EU-Markt verfügbar sind, gestaltet sich die Rückverfolgung dessen, mit welchen Epoetin-Produkten der einzelne Patient behandelt wurde, zunehmend schwieriger. Möglichkeiten zur Erleichterung der Nachverfolgbarkeit werden zur Zeit in der Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des CHMP diskutiert, wie beispielsweise die Einführung von Barcodes auf den Arzneibehältnissen, die in die Patientenakte übertragen werden können.

TOP 3.3 Nationale Risikobewertungen und Stufenplanverfahren

  1. Erfahrungen mit dem Sonderrezept zu Thalidomid und Lenalidomid
    Das BfArM berichtet über Erfahrungen mit dem Sonderrezept (T-Rezept) für Thalidomid- und Lenalidomid-haltige Arzneimittel, die zur Behandlung des multiplen Myeloms, einer Art von Blutkrebs, unter bestimmten Bedingungen zugelassen sind. Zurzeit sind rund 1750 ärztliche Personen registriert, die vom BfArM mit dem T-Rezept beliefert werden und pro Monat sind etwa 40 neue Registrierungen ärztlicher Personen zu verzeichnen. Nachdem das Lenalidomid-haltige Fertigarzneimittel bereits länger in Deutschland verfügbar war, wurde das Thalidomid-haltige Fertigarzneimittel am 6. Juli 2009 auf dem deutschen Markt eingeführt. Zuvor wurden Thalidomid-haltige Arzneimittel aus dem Ausland importiert oder als Rezepturarzneimittel hergestellt. Das BfArM wertet die Off-Label-Anwendung der Thalidomid- und Lenalidomid-haltigen Arzneimittel auf der Grundlage der von den Apotheken übermittelten T-Rezept-Durchschriften statistisch aus. Nach derzeitigem Kenntnisstand werden außerhalb der zugelassenen Indikationen mit Thalidomid oder Lenalidomid vor allem in der niedrigeren Wirkstoffstärke in der Regel andere Formen von Tumor-Erkrankungen behandelt. Hierzu ist die erste Auswertung von Krankenkassendaten bezüglich Lenalidomid durch das Bremer Institut für Sozialmedizin (BIPS) in absehbarer Zeit zu erwarten.


  2. Bufexamac, Anhörung nach dem Stufenplan, Stufe II, zum Nutzen-Risiko-VerhältnisDas BfArM trägt die Ergebnisse seiner Nutzen-Risiko-Bewertung zu Bufexamac-haltigen Arzneimitteln vor. In Deutschland sind 43 Arzneimittel zugelassen, in der dermatologischen Indikation als Monopräparate und in der proktologischen Indikation als Kombinationsarzneimittel. Zur Wirksamkeit von Bufexamac liegen dem BfArM größtenteils nicht-kontrollierte ältere Studien vor; die wenigen kontrollierten Studien zeigen widersprüchliche Ergebnisse z.B. im Vergleich zu Placebo. Zum Risiko kontaktallergischer Reaktionen gibt es zahlreiche Spontanberichte und Literaturdaten. Der Verlauf dieser unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) ist häufig schwer und führte nicht selten zu Krankenhauseinweisungen. Therapeutische Alternativen zu Bufexamac sind verfügbar. Aus diesen Gründen bewertet das BfArM das Nutzen-Risiko-Verhältnis Bufexamac-haltiger Arzneimittel als ungünstig.

    Im November 2009 erfolgte eine schriftliche Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer nach dem Stufenplan, Stufe II. Stellungnahmen können von ihnen bis zum Januar 2010 abgegeben werden.


  3. Transfusion von Frischplasma, Transfusionsassoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI), Spenderausschluss von Frauen mit Schwangerschaftsanamnese, Umsetzung des StufenplansDas PEI trägt zum Stufenplanverfahren „Verminderung des Risikos der Auslösung einer transfusionsassoziierten akuten Lungeninsuffizienz (TRALI) bei der Applikation von therapeutischem Plasma“ vor. Der Bescheid vom 10. Juni 2009 wurde im Bundesanzeiger (BAnZ 84, S. 2064) veröffentlicht. Spenderinnen mit Schwangerschaftsanamnese dürfen demzufolge kein zu gefrierendes Frischplasma spenden. Das Verfahren soll demnächst auf Thrombozytenkonzentrate ausgedehnt werden.

TOP 4 Allgemeine Regularien und organisatorische Angelegenheiten

  1. Öffnung der UAW-Datenbanken des PEI und des BfArM und Erweiterung des UAW Online-Meldetools
    Ergänzend zur Präsentation auf der 64. Routinesitzung informiert das PEI darüber, dass das Online-Meldetool erweitert wurde und nun auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die möglicherweise im Zusammenhang mit monoklonalen Antikörpern aufgetreten sind, von Angehörigen der Heilberufe online eingegeben werden können. Vom BfArM wurden Vorbereitungen getroffen sowie ein Konzept zur Öffnung der UAW-Datenbanken in seinem Zuständigkeitsbereich erarbeitet. Auf der nächsten Routinesitzung soll über die weiteren Entwicklungen berichtet werden.

  2. Vorschläge der EU-Kommission zur Rechtsänderung im Bereich Pharmakovigilanz („Pharma Package“)
    Das BfArM berichtet über den Stand des sog.Pharma Package“ zur Änderung der EU-Gesetzgebung im Bereich Pharmakovigilanz. Der Änderungsvorschlag der EU-Rats-Arbeitsgruppe – im letzten Halbjahr unter schwedischer Präsidentschaft - sieht zur Beratung von Pharmakovigilanz-Angelegenheiten nun ein Gremium mit Repräsentanz aus allen EU-Mitgliedsländern sowie mit fünf weiteren Mitgliedern, die zusätzliche Expertise mitbringen, vor. Berichte zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) an die bzw. aus der Eudravigilance-Datenbank sollen den Mitgliedsländern, in denen sie aufgetreten sind, kontinuierlich weitergeleitet werden, insbesondere, wenn eine Überwachungsbehörde zu einem bestimmten Wirkstoff oder Arzneimittel die Funktion eines Berichterstatters hat. Über ein noch zu schaffendes Web-Portal sollen in den Mitgliedsstaaten sehr viel mehr Informationen als bisher öffentlich zugänglich sein, so z.B. die Bewertungsberichte aus Periodic Safety Update Reports (PSURs), Risk Management Pläne (RMP) oder zusammenfassende Bewertungsberichte des CHMP zu einzelnen Arzneimitteln oder Wirkstoffen (EPAR s).

    Diskussionsbedarf besteht noch hinsichtlich einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der Bewertung von PSUR s, hinsichtlich der Anforderungen an und Bewertung von Sicherheitsstudien, die nach der Markteinführung durchzuführen sind (Post Authorisation Safety Studies), und hinsichtlich der Risk Management Pläne. Als weitere Änderung ist angedacht, für die Produktinformationen eine zusammenfassende Nutzen-Risiko-Darstellung zu Beginn des Dokuments vorzusehen. Nach der Sitzung der Rats-Arbeitsgruppe im Dezember 2009 wird voraussichtlich im ersten Quartal 2010 ein abgestimmter Vorschlag an das EU-Parlament gehen. Über den Fortschritt der Diskussion in den EU-Gremien soll auf den nächsten Routinesitzungen berichtet werden.

  3. Meldung der Stufenplan-Beauftragten nach § 63a Abs. 3 Satz 1 AMG (neu)
    Das BfArM weist darauf hin, dass die Namen der Stufenplanbeauftragten bei den Unternehmen der pharmazeutischen Industrie nach § 63 a Abs. 3 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sowohl der Bundesoberbehörde als auch den zuständigen Stellen in den Bundesländern bekannt zu geben sind. Eine Prüfung der Qualifikation (Zuverlässigkeit und Sachkenntnis) liegt entsprechend der Gesetzgebung der EU in der Verantwortung der pharmazeutischen Unternehmer. Entsprechende Nachweise müssen nicht mehr eingereicht werden. Jedoch werden die Unterlagen im Rahmen von Pharmakovigilanz-Inspektionen von den Behörden überprüft.

TOP 5 Andere Themen zur Sicherheit bei der Anwendung von Arzneimitteln (entfällt)

TOP 6 Verschiedenes

  1. Vereinheitlichung der Berichtszeiträume zum Sachstand über eingegangene Meldungen zu UAW
    Das BVL schlägt vor, dass die drei Institute BfArM, PEI und BVL bei der Präsentation ihrer Sachstandsberichte zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) jeweils einen einheitlichen Berichtszeitraum wählen, beispielsweise mit den Stichtagen 30. Juni und/oder 1. Januar.

  2. Information über Pharmakovigilanz-relevante Normen
    Auf Anfrage erläutert das BfArM die Relevanz der DIN EN ISO 27953-07 Teil 1 und 2 für die Pharmakovigilanz. Die Norm liegt zurzeit im Entwurf vor. Sie soll u.a. das Datenformat zur Übertragung von Einzelfallberichten für unerwünschte Arzneimittelwirkungen sowie die Struktur der Übermittlung vorgeben. Die bestehende BfArM-Datenbank und die Eudravigilance-Datenbank der EMEA müssen zu gegebener Zeit daran angepasst werden.

  3. Termin nächste Routinesitzung
    Als voraussichtlicher Termin für die 66. Routinesitzung wird der 27. April 2010 festgelegt.

Vorläufige Tagesordnung für die 65. Routinesitzung am 05.05.2009