BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 76. Routinesitzung nach § 63 AMG am 21. April 2015

Ort Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn

TOP 1 Genehmigung der Tagesordnung für die 76. Routinesitzung

Die Tagesordnung wird in der vorliegenden Form ohne Änderungen angenommen. Zusätzlich zur ursprünglich versandten und veröffentlichten Fassung war unter TOP 3.2.2. ein Bericht zu Kava Kava aufgenommen worden und bei dem Bericht zu Fälschungen unter TOP 3.3.1. waren die Fälschungen zu Viread ergänzt worden.

TOP 2 Diskussion zu den Sachstandsberichten über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und zu Medikationsfehlern

Die Sachstandsberichte beschreiben die für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Behörden dort eingegangenen Nebenwirkungsberichte (UAW) aus den unterschiedlichen Meldequellen und differenzieren ggf. zwischen Initialberichten und zusätzlich eingehenden Ergänzungen. Hinsichtlich der in den Präsentationen verwendeten Abkürzungen wird auf das Glossar verwiesen.

Die Sachstandsberichte wurden den Teilnehmern vorab zur Verfügung gestellt. In der Diskussion zu den Berichten aus dem Zuständigkeitsbereich des BfArM wird die in diesem Jahr leicht rückläufige Zahl der Meldungen von pharmazeutischen Unternehmern angesprochen und es wird nachgefragt, ob der neue Hinweis zu Meldungen an die Bundesoberbehörden die UAW-Meldungen von der Ärzteschaft erhöht hat. Das BfArM weist darauf hin, dass eine definitive Schlussfolgerung aus den Zahlen zu Meldungseingängen nicht abzuleiten ist.

In der UAW-Datenbank des BfArM sind aus dem zweiten Halbjahr 2014 insgesamt 605 Fallberichte registriert, die einen Zusammenhang mit Medikationsfehlern vermuten lassen. Ohne Berücksichtigung absichtlicher Fehlanwendungen verbleiben 319 Spontanberichte. Die Auswertung dieser Fälle ergab, dass Dosierungsfehler (53%) dabei die häufigste Ursache für Medikationsfehler darstellen, wobei antithrombotisch wirkende Arzneimittel (u.a. die neueren Antikoagulantien), Antiepileptika, Antipsychotika, Antidiabetika, eisenhaltige Arzneimittel sowie nicht verschreibungspflichtige Analgetika die am häufigsten genannten Wirkstoffgruppen bzw. Wirksubstanzen waren. Anders als bei den UAW-Verdachtsfällen im Zusammenhang mit Medikationsfehlern werden bei den Beinahe-Fehlermeldungen die Ursachen besser beschrieben.
Der Entwurf des „Good practice guide on recording, coding, reporting and assessment of medication errors“ vom März 2015 ist nun von der EMA zur öffentlichen Konsultation freigegeben worden.

Die Sachstandsberichte des PEI für die immunologischen Human- und Tierarzneimittel sowie die Berichte des BVL werden ohne Diskussion zur Kenntnis genommen.



TOP 3 Information zu nationalen und europäischen Risikobewertungen

  1. Europäische Risikobewertungsverfahren

    1. Codein zur Behandlung von Husten bei Kindern, Empfehlung des PRAC im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM berichtet zum Risikobewertungsverfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu codeinhaltigen Arzneimitteln. Der Wirkstoff kann bei ultraschnellen Metabolisierern so schnell zu Morphin umgesetzt werden, dass es zur Atemdepression kommen kann. Etwa fünf bis zehn Prozent der europäischen Bevölkerung weisen diese genetisch bedingten Risiken auf. Ähnlich wie im Vorläuferverfahren zur Schmerzindikation ist Codein in der Hustenindikation der Empfehlung des PRAC zufolge nun bei Kindern bis 12 Jahren kontraindiziert und wird auch bei Jugendlichen bis 18 Jahren nicht empfohlen. Die flüssigen Darreichungsformen dürfen nur in kindergesicherten Verpackungen abgegeben werden. Weiterhin darf Codein in der Stillzeit nicht angewendet werden und es ist kontraindiziert bei Patienten, von denen bekannt ist, dass sie ultraschnelle CYP2D6-Metabolisierer sind. Die Konsensusposition der CMDh wird noch im April 2015 erwartet.


    2. Ambroxol/Bromhexin, Hypersensitivitätsreaktionen, Standpunkt der CMDh im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM berichtet zum weiteren Verlauf des Risikobewertungsverfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu amboxol- und bromhexinhaltigen Arzneimitteln. Die Wirkstoffe sind zugelassen zur sekretolytischen Therapie auch von Neu- und Frühgeborenen und zur Förderung der pränatalen Lungenreifung bei drohender Frühgeburt. Aufgrund von vermehrten Nebenwirkungsmeldungen zu Hypersensitivitätsreaktionen, insbesondere auch in der Altersgruppe von Kindern unter sechs Jahren, war im April 2014 auf Initiative Belgiens ein Risikobewertungsverfahren im PRAC eingeleitet worden.


      Unter Einbeziehung der Bewertung der europäischen pädiatrischen Expertengruppe PDCO kamen der PRAC im Januar und die CMD(h) im Februar 2015 mehrheitlich zu der Auffassung, dass die Produktinformationen in den Abschnitten Warnhinweise und Nebenwirkungen hinsichtlich des Risikos für das Auftreten schwerer Hautreaktionen ergänzt werden sollten. Die vorhandenen Daten rechtfertigen nach Ansicht des PRAC aber keine Altersbegrenzung für die Anwendung im Kindesalter.

      Mitte April ist von Belgien ein Antrag auf eine Sondersitzung des Ständigen Ausschusses bei der Europäischen Kommission eingegangen.

    3. Hydroxyzinhaltige Arzneimittel, kardiale (arrhythmogene) Risiken, einstimmiger Beschluss der CMDh im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM stellt das Risikobewertungsverfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu hydroxyzinhaltigen Arzneimitteln vor, die zur Wirkstoffklasse der H1-Antihistaminika gehören. Der PRAC hat die kardialen Risiken einer QT-Intervall-Verlängerung und von Torsades des Pointes bestätigt und die CMDh ist den Empfehlungen im März 2015 gefolgt. Es wird die Anwendung des Medikaments in der niedrigsten wirksamen Dosis (maximal 100 mg bei Erwachsenen; bis zu 2 mg/kg Körpergewicht bei Kindern) und der kürzest möglichen Anwendungszeit empfohlen. Ältere Patienten sollten hydroxyzinhaltige Arzneimittel nur in Ausnahmefällen mit der Hälfte der Dosis erhalten. Weiterhin wird auf bestehende Risiken bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen oder einer Komedikation mit Wirkstoffen, die die Herzfrequenz verlangsamen oder die Kaliummenge im Blut verringern, hingewiesen. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen sollen ergänzende Kontrollen durchgeführt werden. Inhaltlich entsprechen die Produktinformationen in Deutschland bereits dem Ergebnis des Verfahrens.

    4. Estradiolhaltige Arzneimittel zur topischen Anwendung, Umsetzung der Anwendungsbeschränkungen zum Risikobewertungsverfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM trägt zur Umsetzung der Anwendungsbeschränkungen estradiolhaltiger Arzneimittel zur topischen Anwendung nach dem Durchführungsbeschluss der EU-Kommission vom 19. August 2014 vor. Betroffen sind die Arzneimittel Linadiol N und Linadiol HN (Kombination mit Prednisolon) der Fa. Wolff. Der CHMP war in dem Risikobewertungsverfahren zu der Auffassung gelangt, dass die systemische Resorption estradiolhaltiger Cremes mit Risiken verbunden sein kann, die denen einer systemischen Hormonersatztherapie (HRT) ähnlich sind. Gemäß den Empfehlungen der EU-Gremien sollte die Behandlung mit den beiden estradiolhaltigen Cremes auf maximal vier Wochen begrenzt bleiben. Die Anwendungsgebiete wurden eingeschränkt, es waren zusätzliche Warnhinweise und sonstige Änderungen in die Produktinformationen aufzunehmen und die Packungsgröße von Linadiol N wurde auf 25 g festgelegt.

      Der pharmazeutische Unternehmer hatte zunächst in einem Eilverfahren vor dem Europäischen Gericht (EuG) um einstweiligen Rechtsschutz gegen den Durchführungsbeschluss ersucht. Das BfArM hat nach Ablehnung dieses Eilantrags im Januar 2015 mit Stufenplanbescheid den Durchführungsbeschluss umgesetzt. Dieser ist sofort vollziehbar (da das Nutzen-Risiko-Verhältnis nur mit den genannten Einschränkungen positiv bleibt), aber noch nicht bestandskräftig, weil der betroffene pharmazeutische Unternehmer sowohl auf nationaler Ebene Klage gegen den Stufenplanbescheid erhoben hat und auch auf EU-Ebene sein Rechtsschutzziel weiterverfolgt (Aufhebung des Durchführungsbeschlusses).


    5. Levonorgestrelhaltige Notfallkontrazeptiva, Aktualisierung der Produktinformationen nach Änderung der Verkaufsabgrenzung
      Das BfArM führt in das Thema der Aktualisierung der Produktinformationen levonorgestrelhaltiger Notfallkontrazeptiva nach Änderung der Verkaufsabgrenzung ein. Ebenso wie ulipristalhaltige Notfallkontrazeptiva war die sog. „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel im März 2015 aus der Verschreibungspflicht entlassen und der Apothekenpflicht unterstellt worden. Das BfArM hatte im Vorfeld geprüft, ob die Produktinformationen hinsichtlich möglicher Änderungen in Folge des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG, das die Wirksamkeit bei höherem Körpergewicht zum Gegenstand hatte (siehe 75. Routinesitzung), aktuell sind. Die Variations der pharmazeutischen Unternehmer aufgrund der Entlassung aus der Verschreibungspflicht konnten im BfArM aus formalen Gründen erst mit Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) zum 14. März 2015 bearbeitet werden. Die Obersten Landesüberwachungsbehörden hatten in eigener Zuständigkeit zu prüfen, inwieweit noch unverbrauchte Packungen, die in der Packungsbeilage noch den Hinweis auf die Verschreibungspflicht enthalten, auch nach dem 14. März 2015 abgegeben werden dürfen. Es hat sich gezeigt, dass die Vorgehensweise der Landesbehörden nicht einheitlich war.

  2. Weitere Risikobewertungen

    1. Vorläufige Ergebnisse aus dem Gutachten des PEI zur Frischzellentherapie
      In Fortführung der Berichterstattung auf der 75. Routinesitzung stellt das PEI den aktuellen Sachstand zu Infektionen mit Q-Fieber bei der Verarbeitung von Ausgangsmaterialien zur Gewinnung von Frischzellen dar. Es wird über einen weiteren Verdachtsfall einer Q-Fieber-Übertragung bei einem Patienten aus den USA berichtet. Gemäß Mitteilung der Hersteller werden Frischzellen in ihrer klassischen Form in Deutschland zurzeit nicht angewendet. Das PEI wird in Kürze ein Gutachten zur Frischzellentherapie veröffentlichen. Auf eine Veröffentlichung der schweizerischen Behörden weist das PEI hin (Maßnahmen gegen illegale Therapieangebote mit Frischzellen und nicht zugelassenen Frischzellenpräparaten).

      Das BfArM berichtet, dass lyophilisierte Produkte zur Injektion im Ergebnis eines Stufenplanverfahrens von 1987 in Deutschland vom Markt genommen wurden. Die Beteiligten sind der Auffassung, dass sowohl bei klassischen Frischzellenpräparaten als auch bei Organextraktpräparaten (oder vergleichbaren Produkten) zur Injektion eine Sicherheit vor Infektionen nicht hinreichend gegeben ist und eine pharmazeutische Qualität nicht vorliegt. Um angesichts der bestehenden Problematik bei den in Eigenherstellung nach § 13 Abs. 2b AMG hergestellten Präparaten weitergehend tätig werden zu können, sind die Bundesoberbehörden und das BMG auf Informationen von den Landesüberwachungsbehörden über die Art und Weise der Herstellung sowie der Anwendung angewiesen.
    2. Kava-Kava, hepatotoxische Effekte, Anhörung im Stufenplanverfahren, Stufe II
      Das BfArM berichtet über die im Stufenplanverfahren zu Kava-Kava (Piper methysticum) –haltigen Arzneimitteln vorgesehenen Maßnahmen. Mit seinen Urteilen vom 25. Februar 2015 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster den Ende 2007 vom BfArM ausgesprochenen Widerruf der Zulassungen aufgehoben, gleichzeitig aber festgestellt, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis der betroffenen Arzneimittel nur mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen positiv ist. Insbesondere sind solche Maßnahmen zu treffen, die dem hepatotoxischen Risiko der Arzneimittel wirksam entgegentreten.

      Das BfArM hat die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer Ende März 2015 zu den vorgesehenen Maßnahmen angehört. Es ist beabsichtigt, die Zulassungen auf der Grundlage der Empfehlungen der Kommission E aus dem Jahr 2002 zu ändern. So soll die Anwendung auf Erwachsene bei einer maximalen Tagesdosis von 120 mg eingeschränkt werden. Die Anwendungsdauer sollte einen, maximal zwei Monate nicht überschreiten. Entsprechend könnte die Packungsgröße auf 30 Einzeldosen beschränkt werden. Vor, während und möglichst am Ende der Behandlung sind die Leberwerte einmal wöchentlich zu bestimmen. Zusätzlich beabsichtigt das BfArM die Bereitstellung von Schulungsmaterialien für Patienten zu beauflagen. Die pharmazeutischen Unternehmer haben weiterhin eine eigene Monographie für die Ausgangsdroge vorzulegen, wobei die Monographie durch geeignete analytische Verfahren die ausschließliche Verwendung von „Noble-Kava“ sicherstellen muss. Unter den verschiedenen Kava-Varietäten wird bevorzugt das sogenannte Noble-Kava verwendet.

      Die Anhörungsfrist endet am 30. April 2015. Die Arzneimittel werden, wenn sie wieder in Verkehr gebracht werden sollen, unter die Verschreibungspflicht fallen.




    3. Lithium, erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Nierentumoren, Änderungen der Produktinformationen nach Signalbewertung des PRAC
      Das BfArM trägt die Bewertung des Risikos zur Entwicklung von Nierentumoren bei der Langzeitanwendung von Lithium im Rahmen eines Signalverfahrens im PRAC vor. Lithiumhaltige Arzneimittel werden zur Behandlung von Manien und zur Stabilisierung der emotionalen Stimmungslage angewendet. Bei einer Behandlungszeit von über 10 Jahren wurden von den Firmen Sanofi und GSK jeweils 14 Fälle von benignen Nierentumoren und von Nierenkrebs festgestellt. Das BfArM hatte das Risiko im September 2014 als Signal in den PRAC eingebracht. Im Januar 2015 hat der PRAC auf der Grundlage seines Bewertungsberichts die Empfehlungen zu Textänderungen in den Abschnitten Warnhinweise und Nebenwirkungen veröffentlicht.



    4. Amygdalin zur oralen Anwendung, Update zur Bewertung der Bedenklichkeit
      Das BfArM präsentiert in Fortführung seines Berichts auf der 74. Routinesitzung eine kurze Darstellung zu aktuellen Bewertungen hinsichtlich der Bedenklichkeit von oral angewendeten Amygdalin-haltigen Produkten. In seiner Veröffentlichung im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit vom September 2014 kommt das BfArM zu dem Ergebnis, dass Amygdalin in der Krebstherapie unwirksam ist und nach oraler Einnahme eine nachgewiesene Toxizität aufweist. Das BfArM weist ferner auf eine Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt vom Dezember 2014 und auf eine Publikation des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom Februar 2015 hin.




      ; Abraham K, Buhrke T, Lampen A. Bioavailability of cyanide after consumption of a single meal of foods containing high levels of cyanogenic glycosides: a crossover study in humans. Arch Toxicol. 2015 Feb 24

  3. Arzneimittelfälschungen

    1. Neue Fälschungsfälle: Neulasta (Pegfilgrastim), Viread (Tenofovir)
      Das BfArM berichtet zu zwei neuen Fälschungsfällen, die die Arzneimittel Neulasta 6 mg (Wirkstoff Pegfilgrastim) der Firma Amgen und Viread 245 mg (Wirkstoff Tenofovir) der Firma Gilead betreffen.

      Der erste Fall betraf das zentral zugelassene Arzneimittel Neulasta. Es gibt 16 mögliche Parallelvertreiber für den deutschen Markt. Der Verdacht ergab sich durch Verkaufsangebote, bei denen eine ungewöhnlich große Arzneimittelmenge zu einem ungewöhnlich niedrigen Preis angeboten wurde. Die real nicht existierende Charge 1047277B wurde einer tschechischen Apotheke von einem slowakischen Großhändler angeboten. Ebenso betroffen war die Charge 1046277B, welche unabhängig davon auch von einem niederländischen Großhändler einer Apotheke in Baden-Württemberg angeboten wurde. In beiden Fällen konnte keine Ware ausfindig gemacht werden, die zu den gefälschten Analysezertifikaten gehört. Es liegen bis dato lediglich die Schreiben mit Fotos zu den sehr verdächtigen Angeboten vor. Das BfArM hat am 6. März 2015 auf seiner Webseite über diese Fälschungen informiert. Weiterhin wurden Packungen des Arzneimittels Neulasta 6 mg mit einer zunächst unklaren Chargenbezeichnung (1053573A oder 1063573A) einem deutschen Parallelvertreiber von einem slowakischen Großhändler angeboten. Auch hierzu liegen lediglich die verdächtigen Angebote vor.



      Der zweite Fall betraf das zentral zugelassene Arzneimittel Viread mit der Chargennummer 13VR039D. Die Fälschung war bei einem Testkauf durch den Zulassungsinhaber des Originalpräparates aufgefallen. Das Arzneimittel selbst entsprach in Aussehen und Zusammensetzung dem Original, aber die äußere Verpackung und die Umverpackung waren gefälscht. In Deutschland gibt es 14 mögliche Parallelvertreiber für dieses Arzneimittel, von denen mit Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Routinesitzung drei Arzneimittel der betroffenen Charge erworben hatten. Diese wurden in Eigenverantwortung der betroffenen Firmen zurückgerufen. Das BfArM hat darüber auf seiner Webseite am 10. und 22. April 2015 informiert.




      Das PEI teilt ergänzend mit, dass aus seinem Zuständigkeitsbereich ein neuer Fälschungsfall zu dem Arzneimittel Humira 40 mg (Wirkstoff Adalimumab) vorliegt. Bisher scheint keine gefälschte Ware auf den deutschen Markt gelangt zu sein. Die Fälschungen betreffen unterschiedliche Chargenangaben auf der inneren und äußeren Verpackung und es scheinen kopierte Packungsbeilagen verwendet worden zu sein. Der Wirkstoff ist den Analysen zu Folge nicht manipuliert.


TOP 4 Allgemeine Regularien und organisatorische Angelegenheiten

  1. Übersetzungen durch die EMA bei Textänderungen nach Signalverfahren des PRAC
    Das BfArM informiert über die neue Vorgehensweise bei der Übersetzung von PRAC-Empfehlungen zu Signalen. Die Aktualisierung der Fach- und Gebrauchsinformation aufgrund entsprechender Empfehlungen des PRAC liegt in der Eigenverantwortung der pharmazeutischen Unternehmer nach § 25 i.V.m. § 11 und 11a AMG. Die Bekanntmachung der PRAC-Empfehlungen zu Signalen in englischer Fassung erfolgt auf der Webseite der EMA (siehe unten stehender Link).

    Seit Januar 2015 werden auch die Übersetzungen in die EU-Sprachen für alle Arzneimittel (unabhängig vom Zulassungsstatus) nach entsprechender Kommentierung durch die nationalen Behörden von der EMA publiziert. Die bisherige Veröffentlichung von deutschen Übersetzungen für die nicht zentral zugelassenen Arzneimittel durch das BfArM entfällt damit. Die EMA hat die weitere Verkürzung des Zeitraums zwischen der Bekanntgabe des englischen Textes und des entsprechenden Wortlauts in der Landessprache in Aussicht gestellt.



  2. Anwendungsbeobachtungen (AWB), neue Datenbank des BfArM
    Das BfArM berichtet zu der neuen Datenbank, mit der die Anzeigen zu Anwendungsbeobachtungen (AWB) der Öffentlichkeit gemäß § 67 Abs. 6, Satz 10 über ein Internetportal zugänglich gemacht werden. Die Datenbank enthält neben der Angabe der beobachteten Arzneimittel Informationen zu Titel, Ziel, Beginn und Ende der AWB. Anwendungsbeobachtungen sind Untersuchungen, die dazu bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung zugelassener oder registrierter Arzneimittel zu sammeln. Auf Basis der geplanten überarbeiteten Bekanntmachung zur Anzeige von AWB und PASS werden retrospektive Studien und Krankheitsregister, soweit diese Krankheitsregister nicht spezifisch bestimmte Arzneimittel adressieren, vom Begriff der AWB ausgenommen. AWB sind abzugrenzen gegenüber den vom pharmazeutischen Unternehmer initiierten, durchgeführten oder finanzierten Unbedenklichkeitsprüfungen nach § 63f AMG (Post Authorisation Safety Study (PASS)).

    Unter die Veröffentlichungspflicht nach § 67 Abs. 6 AMG fallen alle Anzeigen zu AWB, die ab dem 13. August 2013 begonnen wurden, sowie solche, die zuvor begonnen, aber nicht bis zum 31. Dezember 2013 beendet wurden. Daher werden im Portal alle im BfArM eingegangen Erstanzeigen ab dem 13. August 2013 und alle Anzeigen zu laufenden AWB ab dem 1. Januar 2014 publiziert. Außerdem fallen PASS, die bis einschließlich 26. Oktober 2012 begonnen wurden aufgrund von Übergangsregelungen unter die Transparenzpflichten nach § 67 Abs. 6 AMG.

    Die Datenbank des BfArM ist seit Ende März 2015 für die Öffentlichkeit verfügbar.

    Pressemitteilung vom 26.3.2015
    AWB-Datenbank (Startseite)

    Langfristig soll das bisher zur Verfügung gestellte PDF-Formular zur elektronischen Anzeige an das BfArM abgelöst werden und die Einreichung der Anzeige mittels Webportal erfolgen. Hierzu wird demnächst mit einigen pharmazeutischen Unternehmern eine Testphase starten.

  3. Schulungsmaterialien: Links zum raschen Auffinden
    Das BfArM trägt, ergänzend zu seinem Bericht auf der 75. Routinesitzung, die Anforderungen an den Zugang und die Gestaltung von beauflagten Schulungsmaterialien vor. Zur leichten Auffindbarkeit für die Heilberufler und Anwender werden die Links zum Schulungsmaterial künftig auf der Webseite des BfArM veröffentlicht werden (Schulungsmaterial). Dafür sollten sie die Anforderungen der direkten Zugänglichkeit, d.h. in der Regel ohne Passwort und ohne weiteres Durchklicken erfüllen und sie dürfen keine Werbeaussagen enthalten. Das BfArM stellt positive und negative Beispiele vor.

    Da Schulungsmaterialien in der Vergangenheit auch von Fachkreisen mit Werbematerialien verwechselt wurden, wird von Seiten des BfArM an die Verbände die Bitte herangetragen, ein Logo – analog dem Logo für den Rote-Hand-Brief – zu entwickeln.
    Die Fragen- und Antwortliste (FAQs) zu Schulungsmaterialien wird gegenwärtig umfangreich ergänzt und den Verbänden der pharmazeutischen Industrie nach Fertigstellung zur Stellungnahme zur Verfügung gestellt. Soweit erforderlich, wird auch die entsprechende Bekanntmachung aktualisiert.

TOP 5 Verschiedenes

  1. Termin Folgesitzung
    Als Termin für die nächste Routinesitzung ist Dienstag, der 17. November 2015, vorgesehen.

Der Vorsitzende

Anlagen