BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 80. Routinesitzung nach § 63 AMG am 16. Mai 2017

TOP 1 Genehmigung der Tagesordnung für die 80. Routinesitzung

Die Teilnehmenden stimmen der Tagesordnung, die ihnen in der Form vorliegt, wie sie einige Tage vor der Sitzung als aktualisierte Fassung versandt wurde, ohne Änderungswünsche zu.

TOP 2 Diskussion zu den Sachstandsberichten über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und zu Medikationsfehlern

Die Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und zu Medikationsfehlern wurden den Stufenplanbeteiligten einige Tage vor der Sitzung auf elektronischem Wege zur Verfügung gestellt. Dies sind: die Berichte des BfArM zu UAW und zu Medikationsfehlern, die Berichte des PEI zu Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie Berichte des PEI zu immunologischen Tierarzneimitteln und schließlich der Bericht des BVL. Auf der Sitzung gibt es keinen Bedarf für weitergehende Erläuterungen.











TOP 3 Information zu nationalen und europäischen Risikobewertungen

  1. Europäische Risikobewertungsverfahren

    1. Fluorchinolone und Chinolone, lang anhaltende und ggf. dauerhaft beeinträchtigende Nebenwirkungen, Start des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM berichtet, dass im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu den Chinonolen und Fluorchinolonen das Nutzen-/Risiko-Verhältnis im Hinblick auf körperlich beeinträchtigende, lang anhaltende und potentiell irreversible Nebenwirkungen wissenschaftlich überprüft wird. Das Verfahren zu dieser Gruppe der Antibiotika wurde im Februar 2017 für alle Arzneimittel in der systemischen Anwendung (oral, intravenös, zur Inhalation) gestartet, die insbesondere zur Behandlung von akuter Exazerbation der chronischen Sinusitis, akuter bakterieller Sinusitis, akuter Exazerbation der chronischen Bronchitis, ambulant erworbener Pneumonie sowie unkomplizierten und komplizierten Harnwegsinfektionen angewendet werden. Als Berichterstatter wurden Tschechien und Deutschland benannt. Von den in das Verfahren einbezogenen Wirkstoffen sind in Deutschland Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin verfügbar. Die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer sind bis zum 7. August 2017 aufgefordert, zu den Nebenwirkungsmeldungen, zum Wirkmechanismus sowie differenziert nach Indikationen zum Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis Stellung zu nehmen und Vorschläge zu Risikominimierungsmaßnahmen und deren Effektivitätsüberwachung zu unterbreiten. Die aus den Firmenantworten verfügbaren Daten wird der PRAC auf seiner Sitzung Ende September wissenschaftlich erörtern. Dabei wird er zusätzlich die Auswertung der entsprechenden Nebenwirkungsmeldungen aus der Eudravigilance-Datenbank einbeziehen.




    2. Gadoliniumhaltige Kontrastmittel, Ablagerungen in Gehirn, Haut und Knochen, Vorläufiges Ergebnis des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM berichtet zur Empfehlung des PRAC im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/ EG zu gadoliumhaltigen Kontrastmitteln zur Diagnostik bei der Magnetresonanztomographie und -angiografie.

      Im März 2017 war der PRAC zu der Schlussfolgerung gekommen, für die intravenöse Darreichungsform der linearen gadoliniumhaltigen Kontrastmittel Gadobensäure, Gadodiamid, Gadopentetsäure und Gadoversetamid das Ruhen der Zulassungen zu empfehlen, da zusätzlich zu den Risiken von Hautplaques und nephrogener systemischer Fibrose in den letzten Jahren neue Daten zu Risiken gadoliniumhaltiger Kontrastmittel, insbesondere zur Akkumulation von Gadolinium im Gehirn bekannt wurden. Lineare Wirkstoffe tendieren aufgrund ihrer Struktur eher zur Freisetzung von Gadolinium, das sich dann in Körpergeweben anreichern kann, als makrozyklische Wirkstoffe.

      Für die makrozyklischen Wirkstoffe (Gadubutrol, Gadotersäure, Gadoteridol) empfiehlt der PRAC, diese in der geringstmöglichen Dosis einzusetzen und nur, wenn eine kontrastmittelfreie Bildgebung als nicht ausreichend angesehen wird. Der PRAC empfiehlt weiter, dass das lineare Kontrastmittel Gadoxetsäure, das bei niedriger Dosis für Leberdarstellungen eingesetzt wird, auf dem Markt verbleiben kann. Außerdem soll eine Formulierung von Gadopentetsäure, die direkt in Gelenke injiziert wird, verfügbar bleiben. Beide Wirkstoffe sollen in der geringstmöglichen Dosis eingesetzt werden und nur, wenn eine kontrastmittelfreie Bildgebung als nicht ausreichend angesehen wird.

      Auf Antrag zweier betroffener pharmazeutischer Unternehmer werden die vorliegenden Daten zurzeit nochmals überprüft (Re-examination nach Art. 32 der RL 2001/83/EG). Dabei hat Deutschland die Funktion des Mitberichterstatters inne. Nach der Neubewertung des PRAC, die für den Juli 2017 erwartet wird, wird seine Empfehlung dem CHMP und anschließend der EU-Kommission für einen rechtlich bindenden Beschluss zugeleitet werden.




    3. Valproat, Überprüfung der Indikation bipolare Störungen aufgrund neurologischer Entwicklungsstörungen bei Anwendung in der Schwangerschaft sowie Notwendigkeit weiterer Maßnahmen, Start des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM berichtet zu den Risikobewertungsverfahren und -minimierungsmaßnahmen betreffend Valproat enthaltende Arzneimittel.

      Valproinsäure und deren Salze werden zur Behandlung von Epilepsien und zur Behandlung von manischen Episoden bei bipolaren Störungen und in einigen EU-Mitgliedsländern auch zur Migränebehandlung angewendet. Ihr teratogenes Potential ist seit geraumer Zeit bekannt und war bereits 1983 Gegenstand eines nationalen Stufenplanverfahrens. In zwei Risikobewertungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) aus den Jahren 2010 und 2014 (jeweils nach Art. 31 der RL 2001/83/EG) wurde entschieden, dass Valproat enthaltende Arzneimittel bei Schwangeren, weiblichen Jugendlichen und Frauen im gebärfähigen Alter nur noch zur Behandlung von Epilepsien und manischen Episoden bei bipolaren Störungen anzuwenden sind, wenn andere Arzneimittel nicht wirksam sind oder nicht vertragen werden.

      Im Jahr 2014 erfolgten eine Neubewertung der bereits bekannten teratogenen Wirkungen sowie die Erstbewertung des Risikos des Auftretens von schwerwiegenden Entwicklungsstörungen bei Kindern, die im Mutterleib Valproat ausgesetzt waren. Dies führte zu einer Verschärfung der Warn- und Sicherheitshinweise, zu einer Aktualisierung der Produktinformationen zu den Risiken einer Exposition während der Schwangerschaft sowie zu einer Beauflagung von weiteren Risikominimierungsmaßnahmen, u. a. der Bereitstellung von Informationsmaterialien für Angehörige der Heilberufe und Patienten.

      Im Jahr 2016 ließen verschiedene Überprüfungen und von den EU-Mitgliedsländern jeweils national durchgeführte Evaluationen Fragen hinsichtlich der Effektivität der eingeleiteten Risikominimierungsmaßnahmen aufkommen. Diese betrafen insbesondere den Wissensstand der verordnenden Ärzte im Hinblick auf die Sicherheitsanforderungen bei der Anwendung von Valproat. Es blieben erhebliche Zweifel bestehen, ob verordnende Ärzte und Patientinnen jederzeit ausreichend über die potenziellen Risiken einer Valproatexposition von Ungeborenen im Mutterleib in Kenntnis gesetzt waren. Der PRAC bestätigte im Juli 2016, dass die nationalen Behörden zur Erhöhung der Effektivität der 2014 beschlossenen Sicherheitsauflagen ergänzende Maßnahmen durchführen können. Das BfArM beschied mit Datum vom 10.04.2017 die zusätzliche Einführung einer Patientenerinnerungskarte als weitere, die bisherigen Maßnahmen ergänzende Risikominimierungsmaßnahme.

      In einem weiteren, im März 2017 auf Initiative von Frankreich gestarteten Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/ EG soll nun die Indikation bipolare Störung aufgrund neurologischer Entwicklungsstörungen bei Anwendung in der Schwangerschaft überprüft und die Notwendigkeit weiterer Risikominimierungsmaßnahmen erörtert werden. Im Fokus des aktuellen Verfahrens steht die Anwendung von Valproinsäure zur Behandlung manischer Episoden bei bipolaren Störungen von weiblichen Jugendlichen, Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter insbesondere im Hinblick auf Störungen in der Entwicklung (u.a. Missbildungen, Beeinträchtigungen der Intelligenz, Autismus) bei Kindern, die im Mutterleib dem Wirkstoff ausgesetzt waren.
      Die im Nachgang zum 2014 abgeschlossenen EU-Verfahren in Deutschland für erforderlich gehaltene Patientenerinnerungskarte wird in Kürze von den Herstellern zur Verfügung gestellt werden.




    4. SGLT2-Inhibitoren, Ergebnis der Risikobewertung zum möglicherweise erhöhten Risiko für Amputationen der unteren Extremitäten, Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004

      Das BfArM informiert über das Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004 zu den SGLT2-Inhibitoren Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin, die zur Behandlung von Diabetes mellitus angewendet werden. Der PRAC war im Februar 2017 zu der Schlussfolgerung gekommen, dass die Daten aus Studien zu Canagliflozin ein erhöhtes Amputationsrisiko bestätigen, während für die anderen beiden Wirkstoffe die Datenlage unzureichend ist und ein Klasseneffekt deshalb weiterhin nicht ausgeschlossen werden kann. Der PRAC beschloss Warnhinweise zum Risiko von Amputationen der unteren Extremitäten, vorwiegend der Zehen, für alle drei Wirkstoffe. Für Canagliflozin sollen außerdem die Nebenwirkungen um Hinweise auf dieses Risiko ergänzt werden. Außerdem sind Empfehlungen in die Produktinformationen aufzunehmen, die Behandlung abzubrechen, wenn Patienten Komplikationen (wie beispielsweise Geschwüre) an den Füßen entwickeln. Die rechtlich verbindlichen Beschlüsse der EU-Kommission liegen mit Datum vom 20. April 2017 vor.



    5. Direkt wirkende Antiretrovirale Arzneimittel gegen Hepatitis C (DAAV), Mögliche Hepatitis B Reaktivierung und mögliches Wiederauftreten von Leberzellkarzinomen, Ergebnis des Verfahrens nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004

      Das BfArM stellt das Ergebnis des Verfahrens nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004 zu den direkt wirkenden Antiretroviralen Arzneimitteln gegen Hepatitis C (DAAV) vor:
      „Am 15. Dezember 2016 bestätigte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) ihre Empfehlung zu einem Hepatitis-B-Screening aller Patienten vor Beginn der Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Hepatitis-C-Patienten, die sowohl mit dem Hepatitis-B- als auch dem Hepatitis-C-Virus infiziert sind, müssen überwacht und gemäß den aktuellen klinischen Leitlinien behandelt werden. Diese Maßnahmen verfolgen das Ziel, das Risiko für eine Hepatitis-B-Reaktivierung im Zusammenhang mit direkt wirkenden antiviralen Wirkstoffen (DAAV) zu minimieren.“ (siehe Dokument EMA 141732/2017 vom 23.02.2017)
      In die Produktinformationen soll ein diesbezüglicher Warnhinweis auf die Hepatitis-B-Reaktivierung und Erläuterungen zur Minimierung dieses Risikos aufgenommen werden. Als mögliche Ursache wurden die fehlende Wirksamkeit der DAAV gegen das Hepatitis-B-Virus und die behandlungsinduzierte Verminderung des Hepatitis-C-Virus, welches selbst eine Ausbreitung des Hepatitis-B-Virus unterdrückt, identifiziert.
      Hinsichtlich des potentiellen Risikos hepatozellulärer Karzinome sind derzeit keine Änderungen der Produktinformationen vorgesehen; der PRAC und der CHMP halten aber die Durchführung weiterer Studien für erforderlich, um das Risiko für rezidivierende oder neu diagnostizierte hepatozelluläre Karzinome bei mit DAAV behandelten Patienten zu bewerten.
      Der Durchführungsbeschlüsse der EU-Kommission liegen mit Datum vom 23. Februar 2017 vor.



    6. Unzuverlässige Studien der Fa. Micro Therapeutic Research Labs, Ergebnis des Verfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG
      Das BfArM stellt das Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EU zu unzuverlässigen Studien der Firma Micro Therapeutic Research Labs in Indien dar. Bei einer Inspektionen der Guten Klinischen Praxis (GCP) im Februar 2016 wurden in mehreren Bioäquivalenz-Studien erhebliche Mängel in der Dokumentation und Datenhandhabung gefunden, die u.a. zu erheblichen Bedenken hinsichtlich der in den Zentren der Firma in Chennai und Coimbatore erhobenen Daten führten. Inzwischen sind korrigierende und präventive Maßnahmen (CAPA) eingeleitet worden. Für alle generischen Arzneimittel, deren Zulassungen aufgrund der von der indischen Firma im Zeitraum zwischen Juni 2012 und Juni 2016 erstellten Bioäquivalenzstudien erteilt worden waren, wurden von mehreren EU-Mitgliedsländern, so auch von Deutschland, das Risikobewertungsverfahren im Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) eingeleitet. Das Gutachten des CHMP lag Ende März 2017 mit der Empfehlung des Ruhens der betroffenen Arzneimittel vor, sofern sie bis dahin keine anderen Bioäquivalenzstudien vorgelegt hatten bzw. sofern sie nicht als essentiell für die Patientenversorgung angesehen wurden. Noch vor dem Beschluss der EU-Kommission hat das BfArM im Rahmen eines nationalen Stufenplanverfahrens im Mai 2017 das Ruhen der in Deutschland betroffenen Arzneimittel angeordnet. Es kann aufgehoben werden, wenn zuverlässige Daten für die Bioäquivalenz vorgelegt werden. Bei einigen Arzneimitteln hat das Einlegen von Rechtsmitteln aufschiebende Wirkung.




    7. Faktor VIII-Konzentrate, Empfehlung des PRAC im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG

      Das PEI berichtet zur Empfehlung des PRAC im Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu Faktor VIII-Konzentraten. Es war das Risiko zur Entwicklung von Inhibitoren bei Patienten mit Hämophilie A (einer Blutgerinnungserkrankung), welche zuvor keine dieser Arzneimittel erhalten hatten, untersucht worden. Auslöser des Verfahrens war eine im Mai 2016 veröffentlichte Studie (SIPPET-Studie). Der PRAC konnte auf der Grundlage der vorliegenden Daten bei den rekombinanten Faktor VIII-Produkten im Vergleich zu den aus Blutplasma gewonnenen jedoch kein erhöhtes Risiko für die Therapie mit rFVIII-Präparaten erkennen. Der Ausschuss empfahl eine Aktualisierung der Produktinformationen aller FVIII Präparate, um in den Abschnitten Warnhinweise und Nebenwirkungen auf die Gefahr der Inhibitor-Entwicklung mit der Folge einer stärkeren Blutungsneigung noch gezielter hinzuweisen. Die Häufigkeitsangaben für die Inhibitor-Entwicklung wurden einheitlich geregelt. Wesentliche Studienergebnisse sollen nur noch im Abschnitt 5.1 der Fachinformation dargestellt werden.



  2. Weitere Risikobewertungen

    1. Hepatitis E-Virus-Infektion, Risikominimierung einer möglichen transfusionsbedingen Übertragung, Stufenplanverfahren

      Das PEI stellt das Ergebnis des Informationsaustausches mit den Zulassungsinhabern (Schreiben des PEI vom Februar 2017) zur Notwendigkeit und Durchführbarkeit einer Verminderung des Risikos von Hepatitis E-Infektionen durch Blutprodukte vor. Dabei ging es u.a. um die Art der Testung. Auf dieser Grundlage wird das PEI nun bestimmte Maßnahmen vorschlagen und den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern im Rahmen einer Stufenplananhörung, Stufe II, die Möglichkeit zur Stellungnahme geben.


    2. Zika-Virus, Rückstellung von Blutspendern aus Endemiegebieten, Stufenplanverfahren
      Das PEI berichtet zum aktuellen Stand der weltweiten Zika-Virus-Transmission. Im Stufenplanbescheid des PEI vom März und September 2016 wird die Rückstellung von Blutspendern bis 4 Wochen nach Rückkehr aus einem Endemiegebiet vorgeschrieben. Bei Spenden von Geweben oder Zellen gibt es mit Datum vom Juli 2016 Empfehlungen des PEI zur Spenderrückstellung (ebenfalls 4 Wochen), zur Anwendung von pathogenen Inaktivierungsverfahren bzw. zum speziellen Spenderscreening. Bei Spermaspenden ist eine Rückstellung (6 Wochen bei nachgewiesener Infektion und 8 Wochen bei Aufenthalt im Endemiegebiet) oder ein Spenderscreening vorgesehen.

      Um rascher auf die aktuelle Situation reagieren zu können, plant das PEI die Endemie-Gebiete künftig in Bezug auf fünf Erreger auf einer speziellen Webseite des PEI zu hinterlegen (siehe TOP 4.3 dieser Routinesitzung). Die letzten Planungsschritte hierzu sind zum Zeitpunkt der Routinesitzung noch nicht ganz abgeschlossen.


    3. Deutschland-weite Narkolepsie-Studie
      Das PEI berichtet über die Deutschland-weite Narkolepsie-Studie. Im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen gegen die pandemische Influenza A (H1N1) in den Jahren 2009/2010 waren zunächst in Schweden und Finnland mehrere Fälle von Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen bekannt geworden. In Deutschland wurde daraufhin vom PEI mit Unterstützung des BMG eine epidemiologische Studie initiiert, die ab Mai 2011 Narkolepsiefälle für den Zeitraum von Januar 2007 bis Dezember 2011 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin analysierte. Die Studie bestand aus 2 Teilen. Das Ziel des ersten Teils ware die Erhebung der Narkolepsieinzidenz und das Ziel des zweiten Teils Risikofaktoren für die Narkolepsie zu identifizieren, insbesondere im Hinblick auf die Rolle der Impfung gegen die pandemische Influenza und die Rolle von Infektionen mit pandemischer und saisonaler Influenza. Die Ergebnisse weisen auf ein erhöhtes Risiko für Narkolepsie nach Impfung gegen die pandemische Influenza A (H1N1) verglichen mit Nichtexponierten bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen hin. Neben der Pandemieimpfung konnten keine anderen Risikofaktoren für Narkolepsie identifiziert werden.





    4. Colchicinhaltiges Arzneimittel, Risiko von Medikationsfehlern und Missbrauch, Begrenzung der Packungsgröße, Stufenplanverfahren
      Das BfArM stellt das Stufenplanverfahren zu einem Colchicinhaltigen Arzneimittel vor. Anlass dafür waren Fallberichte mit schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkung. In einem Fall hatte ein Gichtpatient nachts wegen Schmerzen etwa 50 ml Colchysat getrunken (empfohlene Höchstdosis 8 mg innerhalb von 24 Stunden und 12 mg pro Gichtanfall mit einer anschließenden Pause von drei Tagen). Er verstarb rund 50 Stunden später im Krankenhaus an den Folgen der Überdosierung. Der Fall wurde als Medikationsfehler eingestuft. Nachträgliche Recherchen u.a. in der UAW-Datenbank führten zusätzlich zu Berichten über missbräuchliche Anwendung oder akzidenteller Applikation Colchicinhaltiger vorwiegend flüssiger Arzneimittel. Die Produktinformation des betroffenen Arzneimittels weist ein besonders hervorgehobener Warnhinweis (boxed warning) zur Gefahr der Überdosierung und zu Wechselwirkungen auf. Der Zulassungsinhaber hat auf Betreiben des BfArM auf die Packungsgröße von 100 ml verzichtet. Um zusätzlich den Fehlgebrauch bei der Handhabung zu verhindern, wird künftig außerdem die Anwendung der Tropfflasche als Senkrechttropfer im Detail beschrieben werden.



  3. Arzneimittelfälschungen

    1. Fälschungen von Arzneimitteln, Aktuelles im Zuständigkeitsbereich von BfArM und PEI
      Das BfArM und das PEI berichten über die im letzten Jahr aufgetretenen Fälle von Arzneimittelfälschungen und Arzneimitteldiebstählen. Außerdem weisen sie darauf hin, dass sich das Novemberheft 2017 des Bundesgesundheitsblattes schwerpunktmäßig mit dem Thema Arzneimittel-Fälschungen beschäftigen wird.

TOP 4 Allgemeine Regularien und organisatorische Angelegenheiten

  1. Umsetzung von EU-Entscheidungen im Bestandsmarkt („Grace period“)
    Anlässlich der Einführung einer Patientenerinnerungskarte für Valproat führt das BfArM in den Austausch mit den Verbänden der pharmazeutischen Industrie und mit den Obersten Landesgesundheitsbehörden zur Umsetzung von EU-Entscheidungen im Bestandsmarkt ein.

    Beschlüsse der EU-Gremien als Ergebnisse europäischer Risikobewertungsverfahren werden vom BfArM per Stufenplanbescheid national umgesetzt. Hieraus resultierende Aufgaben des BfArM umfassen die Überprüfung der Einreichung von Variations bzw. Änderungsanzeigen, mit denen die Zulassungen dem neuen wissenschaftlichen Kenntnisstand angepasst bzw. zusätzliche Risikominimierungsmaßnahmen angezeigt werden. Für den Umgang mit der bei Erlass des Umsetzungsbescheides bereits im Verkehr befindlichen Ware gibt es auf EU-Ebene weder bei Entscheidungen der CMDh noch bei Beschlüssen der EU-Kommission bestimmte Fristvorgaben. Ein EU-einheitliches Vorgehen ist nicht vorgesehen; die Implementierung der Maßnahmen im jeweiligen Bestandsmarkt wird den Mitgliedsstaaten überlassen. Für Deutschland nennt das AMG ebenfalls keine Übergangsfristen (sog. „Grace period“). Das BfArM weist – unterstützt vom PEI und BMG - darauf hin, dass die Kompetenzen der Bundesoberbehörden sich auf die Regulierung der Zulassungen und nicht auf die Überwachung des Bestandsmarkts beziehen, welche in den Zuständigkeitsbereich der Landesüberwachungsbehörden fällt. Deshalb bittet das BfArM die Anwesenden aus den Verbänden sowie der Obersten Landesgesundheitsbehörden, zu erläutern, wie die praktische Ebene aussieht: Wie erfolgt seitens der Landesbehörden die Überprüfung der Anpassung des Bestandsmarktes an die Inhalte des Umsetzungsbescheides? Welche Fristen zur Umsetzung der angeordneten Maßnahmen werden als notwendig angesehen bzw. welche Fristen können toleriert werden /werden derzeit toleriert? Aus Sicht des BfArM sind auf der einen Seite die technische Realisierbarkeit (z.B. Herstellung und Verteilung der Patientenkarte) und auf der anderen Seite die Patientensicherheit/Risikominimierung (kurzfristige Verfügbarkeit) zu berücksichtigen.

    In der Diskussion wird von Seiten der Verbände dargelegt, dass zu kurze Übergangsfristen zu Lieferengpässen führen können und dass die notwendige Umstellungszeit je nach Prozessablauf bei den einzelnen Arzneimittelherstellern differieren kann. Das PEI weist auf die - nicht zuletzt haftungsrechtliche - Verantwortung der pharmazeutischen Unternehmer hin; die Verbände betonen, dass die pharmazeutischen Unternehmer in Eigenverantwortung auch ohne spezielle Fristvorgabe umsetzen. Das BfArM erläutert, dass ein reiner Appell zur zügigen Anpassung bei schwerwiegenden Risiken, wenn wie im Beispiel Hinweise auf die Teratogenität eines Arzneimittels erforderlich sind, nicht ausreichend ist. Die in Verkehr befindlichen Arzneimittel sollten in jedem Fall so rasch wie möglich wieder den aktualisierten Zulassungsbedingungen entsprechen.

    Alle Beteiligten halten es für wichtig, zu harmonisierten Implementierungen zu gelangen. Es sei empfehlenswert, einheitliche Standards für die „Grace period“ zu entwickeln, betont das BfArM und es stellt klar, dass es die Aufgabe im föderalen System aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen kann. Vertreter der Obersten Landesüberwachungsbehörden schlagen vor, das Thema über ihre Vorsitzende in die Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittel-wesen (AG AATB) einzubringen und dort weiter zu diskutieren. Auf Nachfrage der Verbände sagt das BfArM zu, die Formulierung in den Bescheiden erneut zu diskutieren und ggf. anzupassen.


  2. Veröffentlichung von beauflagtem, genehmigtem Schulungsmaterial
    Das BfArM stellt die Webseite vor, auf der seit dem 02.05.2017 das beauflagte, genehmigte Schulungsmaterial der Originalhersteller sowie bestimmte, harmonisierte Schulungsmaterialien in einem alphabetischen Register veröffentlicht wird. Mit dem vierten Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz vom Dezember 2016 war der § 34 (1f) neu in das Gesetz eingefügt worden, der die öffentliche Zurverfügungstellung von genehmigtem Schulungsmaterial durch die Bundesoberbehörden ermöglicht.
    Auf der Webseite des BfArM kann das genehmigte Schulungsmaterial nunmehr sowohl unter dem Wirkstoff- als auch unter der Arzneimittelbezeichnung gefunden werden. Das Schulungsmaterial ist nach bestimmten Standardkategorien und Zielgruppen abgelegt. Das Register wird fortlaufend aktualisiert. Über das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) werden zu einem späteren Zeitpunkt auch die Schulungsmaterialien (englisch: Educational Materials) der Generikahersteller und ggf. der Parallelimporteure veröffentlicht werden.



    Schulungsmaterial (Educational Material)

  3. Neue Website des PEI über Endemie-Gebiete zu Erregern mit Relevanz für Blutzubereitungen
    Das PEI berichtet über die in Planung befindliche (zum Zeitpunkt dieser Routinesitzung noch nicht online geschaltete) Webseite über Endemie-Gebiete zu Erregern mit Relevanz für Blutzubereitungen (aber nicht für Gewebe oder Keimzellen). Die Webseite stellt eine Ergänzung des jeweiligen Stufenplanbescheides zur Spenderrückstellung dar. Sie wendet sich ausdrücklich an die pharmazeutischen Unternehmer und dient der Bewertung von Blutspender-Rückstellungs-Kriterien. Zurzeit sollen dort die Informationen zu Endemiegebieten für fünf Erreger: Plasmodien (Malaria), Flavivieren (West-Nil-Virus), Flaviren (Zika-Virus), Togaviren (Chikunginya) und Prionen (Creutzfeldt-Jakob-Virus) abgebildet werden. Bei einer Bewertung ist das letzte Aktualisierungsdatum zu beachten. Die Aktualisierung dieser Informationen ist im monatlichen Rhythmus geplant. Eine Pilotphase ist vorgesehen.


  4. Datenschutzgrundverordnung, mögliche Auswirkungen auf die Nebenwirkungsmeldungen
    Der vfa erläutert, dass es für die Pharmakovigilanz-Aufgaben von großer Bedeutung ist, die Nebenwirkungsmeldungen eindeutig mit bestimmten Patientenmerkmalen verknüpfen zu können, z.B. um Doppelmeldungen zu erkennen , dass aber andererseits jeweils auch die Bestimmungen des Datenschutzes einzuhalten sind und Verstöße geahndet werden können. Aus Sicht des vfa wird durch die Implementierung der EU-weit geltenden Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) der Umgang mit den Patientendaten zum Zwecke der Patientensicherheit vereinfacht.
    Das BfArM teilt im Wesentlichen die Auffassung des vfa. Es ergänzt, dass die gesetzlichen Bestimmungen des Bundes zur unmittelbar geltenden EU-Verordnung, das Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz – EU (DSAnpUG-EU) voraussichtlich zeitgleich mit dieser am 25. Mai 2018 Inkrafttreten werde. In Artikel 1 Abs. 1 DS-GVO ist als oberstes Ziel der Verordnung auch der freie Verkehr von personenbezogenen Daten angesprochen, was Vereinfachungen für die Forschung erbringen wird. Das Pharmakovigilanz-System wird voraussichtlich unter die weit reichende Ermächtigungsgrundlage des Art. 9 DS-GVO für Gesundheitsdaten zu fassen sein. Auf Bundesebene sind entsprechende Regelungen in § 22 DSAnpUG-EU zu finden. Neben den Regelungen auf Bundesebene werden auch die entsprechenden Datenschutzgesetze der Länder, die für die Nebenwirkungsmeldungen bedeutsam sind, eine Anpassung erfahren müssen. Auch bleiben Festlegungen für Datenschutz in der Pharmakovigilanz des Europäischen Datenschutzausschusses abzuwarten.

TOP 5 Verschiedenes

  1. Termin nächste Routinesitzung: Vorschlag Donnerstag, 16. November 2017
    Dem vorgeschlagenen Termin stimmen die Anwesenden zu. Die Frage, ob diese ebenfalls als Präsenzsitzung stattfindet, wird zunächst offen gelassen. Ggf. wird eine kurzfristige Abstimmung mit den Beteiligten erfolgen

Der Vorsitzende

Anlagen