BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 91. Routinesitzung nach § 63 AMG am 17. November 2022 (Hybrid-Veranstaltung)

TOP 1 Vor Eintritt in die Tagesordnung

Nach der Begrüßung zur Videokonferenz wird die Tagesordnung in der vorliegenden und vorab elektronisch übermittelten Form von den Teilnehmenden angenommen.

TOP 2 Diskussion über Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern

Die Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern wurden den Teilnehmern vor der Sitzung elektronisch über den im BfArM vorliegenden E-Mail-Verteiler der Stufenplanbeteiligten zur Verfügung gestellt und auf der Sitzung nicht weitergehend erläutert. Dies sind: die Berichte des BfArM zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern, die Berichte des PEI zu Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie zu immunologischen Tierarzneimitteln und schließlich der Bericht des BVL. Es gab keine Nachfragen.


TOP 3 Information zu Risikobewertungen

Europäische Risikobewertungsverfahren

  1. Studien von Synchron Research Services, Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG

    Das BfArM berichtet über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Studien des Auftragsforschungsinstituts (CRO) Synchron Research Services mit Sitz in Ahmedabad (Indien).

    Basierend auf einer Inspektion der Guten Klinischen Praxis (GCP) bei diesem CRO im Jahr 2019 hat die US-amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Adminstration (FDA)) entschieden, alle bei diesem CRO durchgeführten Studien abzulehnen, da die verwendeten Analysemethoden zur Messung der Konzentration des Wirkstoffs oder therapeutischen Anteils oder seiner aktiven Metaboliten ungenau oder nicht ausreichend empfindlich waren sowie signifikante Pharmakokinetik (Gesamtheit aller Prozesse, denen ein Arzneistoff im Körper unterliegt) - Datenunregelmäßigkeiten in mehreren Studien beobachtet wurden.

    Ähnliche Bedenken gab es bereits bei Studien, die die Genehmigungen für das Inverkehrbringen in der EU unterstützten. So wurden bei zwei früheren EU-Inspektionen ebenfalls Datenmanipulationen festgestellt, die seinerzeit als isolierte Verstöße behandelt wurden. Diese Bedenken gaben zusammen mit der Entscheidung der FDA Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Eignung des Qualitätsmanagementsystems und der allgemeinen Zuverlässigkeit der bei Synchron generierten Daten. Mehrere Arzneimittelzulassungsbehörden haben diese Feststellungen geprüft und den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ersucht, die Auswirkungen auf den Nutzen und die Risiken von Arzneimitteln zu bewerten, die auf Grundlage von bei Synchron durchgeführten Studien genehmigt wurden.

    Von diesem Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG sind in Europa ca. 120 Zulassungen mit 110 Zulassungsinhabern und diversen Wirkstoffen betroffen. Von den 120 betroffenen Zulassungen sind 70 Arzneimittel rein national zugelassen und 50 Zulassungen im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentralisierten Verfahren erteilt worden.

    Der CHMP hat folgende Optionen für ein weiterhin positives Nutzen-Risiko-Verhältnis diskutiert:

    • die Vorlage alternativer Bioäquivalenz (BE)-Studien, die bei anderen CROs durchgeführt wurden
    • ein Anspruch auf einen Biowaiver (behördliche Zustimmung zum Verzicht auf die Durchführung einer Bioäquivalenzstudie)
    • die bei Synchron durchgeführten BE-Studien sind nicht ausschlaggebend für die Zulassung.

    Gemäß des finalen CHMP-Gutachtens im Mai 2022 sind die Genehmigungen für das Inverkehrbringen für die meisten Arzneimittel (ca. 100) auszusetzen, da keine ausreichenden Bioäquivalenzdaten aus anderen Quellen verfügbar sind. Um diese Aussetzung aufzuheben, müssen die betroffenen Zulassungsinhaber alternative Daten zum Nachweis der Bioäquivalenz vorlegen. Für Arzneimittel von kritischer Bedeutung (z.B. keine verfügbaren Alternativen) kann ein Mitgliedsstaat auf nationaler Ebene das Aussetzen der Genehmigung für das Inverkehrbringen aufschieben.


    Die Zulassungsinhaber torasemidhaltiger Arzneimittel haben eine Überprüfung des CHMP-Gutachtens von Mai 2022 beantragt (Re-Examination) und in diesem Zusammenhang auf eine alternative Bioäquivalenzstudie, die in einer anderen Einrichtung durchgeführt wurde, verwiesen. Diese Studie wurde initial nicht akzeptiert, konnte jedoch im Rahmen der Re-Examination akzeptiert werden.

    Das Gutachten des CHMP nach der Re-Examination wurde an die Europäische Kommission weitergeleitet, die zu gegebener Zeit eine rechtsverbindliche Entscheidung treffen wird.





  2. Rubraca; Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004; Sicherheitsüberprüfung basierend auf den vorläufigen Studiendaten

    Das BfArM stellt das Verfahren nach Artikel 20 der Verordnung (EG) 726/2004 zur Bewertung von zusätzlichen Studiendaten zur Bestätigung von Sicherheit und Wirksamkeit vor.

    Das Arzneimittel Rubraca® erhielt am 24. Mai 2018 eine „bedingte Zulassung“. Das bedeutet, dass die Zulassung unter der Bedingung erteilt wurde, zusätzliche Studiendaten zur Bestätigung von Sicherheit und Wirksamkeit aus der ARIEL4-Studie vorzulegen.
    Rubraca® wurde zugelassen zur

    • Drittlinienbehandlung von Patientinnen mit platinsensitivem, rezidivierendem oder progredientem BRCA-mutiertem, hochgradigem eipthelialem Eierstock-, Eileiter- oder primärem Bauchfellkrebs, nach zwei oder mehreren Behandlungen mit platinhaltigen Arzneimitteln, wenn die Patientinnen diese Arzneimittel nicht mehr erhalten können,
    • Erhaltungstherapie von hochgradigem Krebs der Eierstöcke, der Eileiter und des Bauchfells.


    Die Zwischenergebnisse der ARIEL4-Studie zeigen einen Nachteil im Gesamtüberleben gegenüber dem chemotherapeutisch behandeltem Kontrollarm. Die Europäische Kommission hat daraufhin das Verfahren nach Artikel 20 der oben genannten Verordnung eingeleitet. Dieses wurde im April 2022 gestartet, es wurde in mehreren Runden im CHMP bewertet. Bereits im Mai 2022 wurde basierend auf den Beobachtungen aus der ARIEL4-Studie als vorläufige Risikominimierungsmaßnahme die Indikation eingeschränkt. Es wurde empfohlen, keine Monotherapie mit Rubraca® bei Patientinnen, die zuvor mindestens zwei platinhaltige Chemotherapielinien erhalten haben und keine weiteren platinhaltigen Chemotherapie tolerieren, einzuleiten. Diese Empfehlung galt nicht für die Indikation Erhaltungstherapie. Hierzu findet sich ein Rote-Hand-Brief, datiert auf den 06.05.2022, auf der BfArM-Webseite.

    Die Europäische Kommission hat die finale Entscheidung zum Abschluss des Verfahrens am 21.09.2022 erlassen. Gemäß der Entscheidung wurde das folgende Indikationsgebiet zurückgenommen:

    „Monotherapie bei erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen (Keimbahn und/oder somatisch), die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren.“

    Die Erhaltungstherapie ist hiervon nicht betroffen.

    Hierzu wurde im August 2022 ein Rote-Hand-Brief versendet, der am 08.08.2022 auch auf der Webseite des BfArMs veröffentlicht wurde.



  3. Topiramathaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Risiken bei der Anwendung von Topiramat in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter

    Das BfArM berichtet über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Bewertung der Risiken bei der Anwendung dieser Arzneimittel in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter.

    Topiramathaltige Arzneimittel sind in Deutschland zugelassen zur Mono- und Zusatztherapie der Epilepsie und zur Vorbeugung der Migräne. In einigen anderen EU-Ländern ist Topiramat in Fixkombination mit Phentermin seit 2021 auch zur Gewichtsreduktion zugelassen.

    Bereits bekannt ist das erhöhte Risiko für angeborene Fehlbildungen bei der Anwendung von Topiramat in der Schwangerschaft. Für die Migräneprophylaxe und die Gewichtsreduktion ist daher die Anwendung in der Schwangerschaft kontraindiziert.

    Eine aktuelle Datenbankstudie (Bjørk M, Zoega H, Leinonen MK, et al. Association of Prenatal Exposure to Antiseizure Medication With Risk of Autism and Intellectual Disability. JAMA Neurol. Veröffentlicht online 31.Mai 2022. doi:10.1001/jamaneurol.2022.1269) aus mehreren nordischen Ländern war der Auslöser für die Einleitung des aktuellen Risikobewertungsverfahrens. In dieser Studie wurde der Zusammenhang zwischen der pränatalen Exposition gegenüber Antiepileptika und dem Risiko neurologischer Entwicklungsstörungen untersucht. Es wurden insgesamt 24.000 Mutter-Kind Paare eingeschlossen, bei denen die Kinder vor ihrer Geburt mindestens einem Antiepileptikum ausgesetzt waren. Von diesen Kindern waren 471 dem Antiepileptikum Topiramat ausgesetzt, darunter 246 Kinder von Müttern, die an Epilepsie litten. Die Ergebnisse dieser Studie weisen auf ein potentiell erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, insbesondere Autismus-Spektrum-Störungen und geistige Behinderung, bei Kindern hin, deren Mütter während der Schwangerschaft topiramathaltige Arzneimittel einnahmen.

    Aktuell werden im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens die Studienergebnisse sowie weitere verfügbare Literaturdaten ausgewertet, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Topiramat bei Schwangeren und Mädchen/Frauen im gebärfähigen Alter zu bewerten und die Notwendigkeit zusätzlicher Risikominimierungsmaßnahmen zu prüfen. Das Verfahren wurde im September 2022 gestartet. Der PRAC hat über das Verfahren in seiner Dezembersitzung beraten und weitere Fragen an die Zulassungsinhaber verabschiedet.



    Von Sitzungsteilnehmenden wird thematisiert, dass viele teratogene Arzneimittel zugelassen sind, und bei gleichartigem Risiko auch vergleichbare Risikominimierungsmaßnahmen ergriffen werden sollten.



  4. Nomegestrol- und chlormadinonhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Risiko für Meningeome

    Das BfArM stellt das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu nomegestrol- und chlormadinonhaltigen Arzneimitteln vor.

    Nomegestrol und Chlormadinon sind Progesteronderivate. In Deutschland sind ein zentral zugelassenes Arzneimittel und 34 Arzneimittel, die im Rahmen nationaler Verfahren zugelassen sind, betroffen. Es handelt sich hierbei um Präparate, die nur Chlormadinon oder Nomegestrol als Wirkstoffe oder Kombinationen mit einem Estrogen enthalten. Alle betroffenen Arzneimittel unterliegen der Verschreibungspflicht.

    Diese Arzneimittel sind in der EU unter anderem zur Behandlung von gynäkologischen Erkrankungen wie Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung) und anderen Menstruations- oder Zyklusstörungen, Endometriose (eine Erkrankung, bei der der Gebärmutterschleimhaut ähnliches Gewebe an anderen Stellen des Körpers wächst - nur Chlormadinon), Mastodynie (Brustspannen) sowie als Hormonersatztherapie oder als Kontrazeptivum zugelassen.

    Auslöser des Risikobewertungsverfahrens waren zwei epidemiologische Studien aus Frankreich, basierend auf französischen Krankenkassendaten. Diese Studien untersuchten, inwieweit durch die Einnahme dieser Arzneimittel das Risiko für Meningeome bei Frauen erhöht war. Dabei wurde die Gruppe von „exponierten Frauen“ (Chlormadinon > 360 mg bzw. Nomegestrol > 150 mg) mit der Gruppe von „sehr gering exponierten“ Frauen (Chlormadinon ≤ 360 mg bzw. Nomegestrol ≤ 150 mg) verglichen. Ausgewertet wurde das Auftreten eines mittels Operation oder Strahlentherapie behandelten, intrakraniellen Meningeoms.

    Meningeome sind seltene, zumeist benigne (gutartige) Tumore der Hirnhaut, die das Gehirn und das Rückenmark umschließt. Aufgrund der Lage im und um das Gehirn und das Rückenmark kann das Meningeom aber in seltenen Fällen ernste Probleme verursachen. Frauen sind ca. doppelt so häufig betroffen wie Männer.

    Die aktuellen Fach- und Gebrauchsinformationen nomegestrol- und chlormadinonhaltiger Arzneimittel in der EU sind hinsichtlich des Risikos für Meningeome sehr unterschiedlich. So enthalten die Fach- und Gebrauchsinformation einiger Arzneimittel bereits entsprechende Informationen, andere noch nicht.

    Das aktuelle Verfahren zu nomegestrol- und chlormadinonhaltigen Arzneimitteln wurde im September 2021 im Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) gestartet. Der PRAC hat im Juli 2022 seine Empfehlung für ein weiterhin positives Nutzen-Risiko-Profil, wenn zusätzliche Risikominimierungsmaßnahmen eingeführt werden, an den CHMP weitergegeben. Dieser hat im September 2022 sein Gutachten abgegeben und hat ebenfalls zusätzliche Risikominimierungsmaßnahmen empfohlen. Die Europäische Kommission hat am 28.10.2022 ebenfalls entschieden, dass der Nutzen weiterhin das Risiko überwiegt, sofern neue Maßnahmen zur Minimierung des Meningeomrisikos ergriffen werden. Zu diesen neuen Maßnahmen gehören u.a. die Aktualisierung der Produktinformation und ein Rote-Hand-Brief. Der Rote-Hand-Brief ist bereits verschickt worden. Die weiteren Maßnahmen zur Risikominimierung wird das BfArM mit einem Bescheid umsetzen, der Ende November versendet werden wird. Hierzu gehören für die in Deutschland zugelassenen Arzneimittel eine einheitliche Kontraindikation und ein einheitlicher Warnhinweis. Im Rahmen von periodischen Sicherheitsberichten und durch weitergehende Informationen im Zusammenhang mit potentiellen Verdachtsfällen (Follow-ups) wird das Risiko weiterhin überwacht.






  5. Januskinase (JAK)-Inhibitoren; Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004; Sicherheitsüberprüfung im Hinblick auf die Behandlung von Entzündungskrankeiten

    Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Artikel 20 der Verordnung (EG) 726/2004 zur Überprüfung der Sicherheit von JAK-Inhibitoren zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen.

    Bereits im Jahr 2019/2020 gab es ein Risikobewertungsverfahren, in dem Zwischenergebnisse der Studie A3921133 zu Tofacitinib bei Patienten ≥ 50 Jahre mit rheumatoider Arthritis und mindestens einem zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor bewertet wurden. Darüber hinaus gab es im Jahr 2021 eine zusätzliche Bewertung von Daten aus dieser Studie. Diese beiden Bewertungen haben bereits zu einer Aktualisierung der Produktinformation und der Versendung von Rote-Hand-Briefen geführt.

    Anlass des aktuellen Risikobewertungsverfahrens waren die finalen klinischen Studienergebnisse der Studie A3921133 und die vorläufigen Ergebnisse einer Beobachtungsstudie zu Baricitinib. Die Ergebnisse der klinischen Studie zeigten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisses (wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung) und für die Entwicklung von Krebs, Tod (aller Ursachen), schweren Infektionen sowie Blutgerinnseln in Lunge und tiefen Venen unter der Therapie mit Tofacitinib im Vergleich zu TNF-alpha-Inhibitoren. Darüber hinaus deuten auch die vorläufigen Ergebnisse einer Beobachtungsstudie zu Baricitinib bei Patienten mit rheumatoider Arthritis auf ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Probleme und venöse Thromboembolien unter Baricitinib im Vergleich zu TNF-alpha-Inhibitoren hin.

    Vom aktuellen Risikobewertungsverfahren sind die Wirkstoffe Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib, Filgotinib und Abrocitinib betroffen. Diese werden zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasis-Arthritis, der ankylosierenden Spondylitis, der Colitis ulcerosa und der atopischen Dermatitis als Retard- und Filmtabletten eingesetzt. Darüber hinaus gibt es den Wirkstoff Tofacitinib für die Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis auch als Lösung zum Einnehmen. Alle Arzneimittel sind zentral zugelassen. Nicht in die Bewertung mit einbezogen wurden JAK-Inhibitoren zur Behandlung von myeloproliferativen Erkrankungen (bösartige Erkrankungen des Blutes und der blutbildenden Organe).

    Das Verfahren wurde im Februar 2022 gestartet. Nach zwei Runden der Diskussion im PRAC und der Einbeziehung einer Expertengruppe hat der PRAC im Oktober 2022 eine Empfehlung an den CHMP gegeben, der im November 2022 diesen Empfehlungen zugestimmt hat. Die Entscheidung der Europäischen Kommission steht noch aus.

    Der PRAC hat folgende Aktualisierungen der Produktinformationen empfohlen:

    • Bei einigen Patientengruppen, bei denen ein Risiko für venöse Thromboembolien, Krebs oder schwere Herz-Kreislauf-Probleme besteht, soll die Dosis reduziert werden.
    • Bei den folgenden Patienten sollten diese Arzneimittel nur dann eingesetzt werden, wenn keine geeigneten Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen: Patienten im Alter von 65 Jahren oder älter, Patienten mit einem erhöhten Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Probleme (z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall), Patienten, die rauchen oder in der Vergangenheit lange geraucht haben und Patienten mit einem erhöhten Krebsrisiko.
    • Bei Patienten mit Risikofaktoren für Blutgerinnsel in der Lunge und in tiefen Venen (venöse Thromboembolie), die nicht zu den oben genannten Patientengruppen gehören, sollen diese Arzneimittel mit Vorsicht angewendet werden.


    Auch die vorhandenen Schulungsmaterialien werden gemäß den neuen Vorgaben angepasst und es wird ein Rote-Hand-Brief versendet werden.





  6. Terlipressinhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Überprüfung des erhöhten Risikos für Atemwegserkrankungen

    Das BfArM informiert über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Sicherheitsüberprüfung terlipressinhaltiger Arzneimittel zur Behandlung des hepatorenalen Syndroms (HRS).

    Terlipressinhaltige Arzneimittel sind in mehreren EU-Mitgliedsstaaten zur Notfallbehandlung des hepatorenalen Syndroms (Typ 1) mit spontaner akuter Niereninsuffizienz bei Patienten mit schwerer Zirrhose und Aszites (Nierenversagen aufgrund fortgeschrittener Lebererkrankung), zur Behandlung von Ösophagusvarizenblutungen und zur Behandlung von bestimmten Formen von Blutungen im Zusammenhang mit Operationen zugelassen.

    Terlipressinhaltige Arzneimittel, die für die Behandlung des hepatorenalen Syndroms (Typ 1) in Deutschland zugelassen sind, sind von diesem Risikobewertungsverfahren betroffen. Es handelt sich um Injektionslösungen bzw. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung. Diese Zulassungen wurden auf Basis von dezentralisierten Verfahren (DCP) und Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) erteilt. Weitere Arzneimittel sind als Parallelimporte zugelassen.

    Anlass für das Risikobewertungsverfahren waren die Ergebnisse einer großen klinischen Studie an Patienten mit einer Form des HRS, bei der sich die Nierenfunktion rasch verschlechtert (HRS Typ 1). Im Hinblick auf den primären Wirksamkeitsendpunkt (Wiederherstellung der renalen Funktion) war Terlipressin in dieser Studie dem Placebo überlegen. Jedoch war die Anzahl von Todesfällen aufgrund von Atemwegserkrankungen innerhalb von 90 Tagen nach der ersten Dosis in der Terlipressingruppe im Vergleich zu Placebo größer.

    Das Risikobewertungsverfahren wurde im Januar 2022 auf Antrag von Dänemark gestartet. Der PRAC hatte in diesem Verfahren die vorhandene Evidenz in 3 Runden unter Einbeziehung einer Ad-hoc Expertengruppe bewertet und kam anschließend zu dem Schluss, dass ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen, eine erhöhte Mortalität und eine verringerte Wirksamkeit bei mit Terlipressin behandelten Patienten mit HRS Typ 1 mit fortgeschrittener Nierenfunktionsstörung bzw. schwerer Form der Leberfunktionsstörung besteht. Darüber hinaus stellte der PRAC fest, dass Patienten mit HRS Typ 1, die mit Terlipressin behandelt werden, eine höhere Inzidenz für Atemversagen haben als in der Fachinformation angegeben. Außerdem wurde ein erhöhtes Risiko für eine Sepsis in dieser Patientenpopulation festgestellt.

    Der PRAC hat im September 2022 folgende Empfehlungen abgegeben:

    • Terlipressin sollte bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenfunktionsstörung (Ausgangswert für Serumkreatinin ≥ 5,0 mg/dl) nicht angewendet werden, es sei denn, der individuelle Nutzen überwiegt die Risiken.
    • Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung (ACLF Grad 3 und/oder ein MELD-Score ≥ 39) sollte Terlipressin nicht angewendet werden, es sei denn, der individuelle Nutzen überwiegt die Risiken.
    • Patienten, die unter Atemnot leiden, sollten vor der Behandlung mit Terlipressin stabilisiert werden. Wenn neu auftretende respiratorische Symptome auftreten, die schwerwiegend sind oder nicht abklingen, sollte Terlipressin abgesetzt werden.
    • Die Patienten sollten engmaschig auf Symptome einer Infektion überwacht werden.
    • Eine kontinuierliche intravenöse Infusion hat möglicherweise ein günstigeres Risikoprofil im Vergleich zur Bolusinjektion.

    Diese Empfehlungen wurden von der Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentralisierte Verfahren (CMDh) im November 2022 im Konsensus befürwortet. Die CMDh-Position wird daher direkt von den Mitgliedsstaaten umgesetzt. Der zugehörige Bescheid des BfArM s hierzu wird voraussichtlich im Dezember 2022 verschickt werden.





  7. Amfepramonhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG, Überprüfung der Sicherheit

    Das BfArM berichtet über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Sicherheitsüberprüfung amfepramonhaltiger Arzneimittel.

    Amfepramonhaltige Arzneimittel sind zentral wirkende Antiadiposita. Diese Arzneimittel sind in der EU nur noch in Deutschland, Dänemark und Rumänien zugelassen. Mit Stand vom 8. November 2022 gibt es in Deutschland die folgenden amfepramonhaltigen Arzneimittel, die basierend auf der Lauer Taxe alle vermarktet werden:

    • Amfepramon-Hormosan 25 mg Weichkapseln (ehemals Regenon®)
    • Amfepramon-Hormosan 60 mg Retardkapseln (ehemals Regenon retard®)
    • Tenuate retard®

    Anlass für die Einleitung des Risikobewertungsverfahrens waren die im Rahmen des periodischen Sicherheitsberichts (PSUR) vorgelegten Daten, die nach Ansicht des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) aufgrund ernsthafter Sicherheitsbedenken einer umfassenden Überprüfung bedurften.

    Dieses Verfahren wurde im Februar 2021 gestartet. Im Rahmen der Bewertung im PRAC hat eine Beratung einer Expertengruppe stattgefunden. Im Juni 2022 hat der PRAC eine Empfehlung zum Widerruf der Zulassungen ausgesprochen wegen

    • Sicherheitsbedenken verbunden mit einer Behandlung mit Amfepramon (pulmonale arterielle Hypertonie, neuropsychiatrische, kardio- und zerebrovaskuläre Nebenwirkungen sowie Abhängigkeit und Anwendung während der Schwangerschaft)
    • einer inakzeptablen Nichteinhaltung der bestehenden Risikominimierungsmaßnahmen (insbesondere der Kontraindikationen und Anwendungsdauer)
    • einer fraglichen klinischen Relevanz der moderaten und temporären Gewichtsabnahme mit Amfepramon (unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer langfristigen Behandlung von Patienten mit Adipositas)
    • zudem konnten keine geeigneten Maßnahmen identifiziert werden, die eine wirksame Minimierung der genannten Risiken gewährleisten könnten.

    Die Zulassungsinhaber haben daraufhin im Juli 2022 eine Überprüfung der PRAC Empfehlung (Re-Examination) beantragt. Nach zusätzlicher Bewertung hat der PRAC Ende Oktober 2022 die Empfehlung zum Widerruf erneut ausgesprochen. Im November 2022 hat die CMDh den Widerruf bestätigt. Die Zulassungsinhaber haben daraufhin auf die entsprechenden Zulassungen verzichtet. Die entsprechende Kommissionsentscheidung wird erwartet. Darauf basierend wird das BfArM einen Bescheid erstellen. Eine Information mittels Rote-Hand-Brief ist vorgesehen.





  8. Kurzinformationen zu weiteren Verfahren: Pholcodinhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 107i der RL 2001/83/EG; Risiko von anaphylaktischen Reaktionen

    Das BfArM stellt das Verfahrens nach Artikel 107i der Richtlinie 2001/83/EG zu pholcodinhaltigen Arzneimitteln vor.

    In Europa gibt es Zulassungen in Belgien, Kroatien, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg und Slowenien. In Deutschland gibt es keine Zulassungen (Stand 17.11.2022).

    Pholcodinhaltige Arzneimittel sind zugelassen zur Behandlung von unproduktivem (trockenem) Husten bei Erwachsenen und Kindern sowie zur Verwendung in der Allgemeinanästhesie, um spontane Muskelbewegungen zu verhindern und die Operationsbedingungen zu verbessern (neuromuskuläre Blockade (NMBA)).

    Das Risikobewertungsverfahren wurde basierend auf den vorläufigen Ergebnissen einer in Frankreich durchgeführten Studie (ALPHO) auf Antrag von Frankreich im September 2022 gestartet. Die Daten dieser Studie deuten darauf hin, dass die Einnahme von Pholcodin bis zu 12 Monate vor einer Vollnarkose das Risiko einer NMBA-bedingten anaphylaktischen Reaktion erhöhen kann.

    Derzeit werden die Daten im PRAC bewertet. Je nach Bewertung wird der PRAC im Dezember 2022 eine Empfehlung abgeben oder es werden erneut Fragen an die Zulassungsinhaber gestellt.



TOP 4 Aktuelles

  1. BVL, Pergolid zur Anwendung beim Pferd – Exposition beim Menschen

    Das BVL informiert über Erkenntnisse aus der Pharmakovigilanz-Kooperation mit dem Giftinformationszentrum (GIZ) Mainz.

    Gemäß der neuen Tierarzneimittelgesetzgebung haben die nationalen Behörden gemäß Artikel 73(2) der Verordnung 2019/6 der EU geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Melden von unerwünschten Ereignissen (UE) zu unterstützen. In diesem Zusammenhang kooperiert das BVL seit dem 01.10.2021 mit dem GIZ Mainz (eines von sieben deutschen Giftinformationszentren). Dieses übermittelt anonymisierte symptomatische Beratungsfälle nach Tierarzneimittelexposition eines Menschen an das BVL.

    Auf diesem Weg ist beim BVL der nachfolgende Bericht eines unerwünschten Ereignisses, nach telefonischer Beratung eines Klinikarztes, eingegangen.

    Ein männlicher Patient (72 Jahre, 100 kg Körpergewicht) mit einer vorbestehenden Herzerkrankung nahm versehentlich eine Tablette eines Tierarzneimittels für Pferde mit 1 mg Pergolid ein, die er mit seinem eigenen Herzmedikament verwechselte. Er wurde anschließend auf die Intensivstation aufgenommen. Die beobachteten Symptome waren Bradykardie (verlangsamter Herzschlag), Hypertonie (erhöhter Blutdruck), Übelkeit, Schläfrigkeit, initiales Würgen, Hypoxie (Sauerstoffmangel), Rechtsschenkelblock (unbekannt, ob dieser schon vorher bestand). Als Notfallmaßnahmen wurden Pulskontrolle, Blutdruckkontrolle, Sauerstoffsättigung (<90%, mit 3-4l O2 bei 99%) und Verabreichung von Aktivkohle durchgeführt. Das BVL hat am 22.07.2022 weitergehende Informationen (Follow-up Informationen) erhalten. Diese beschreiben, dass es bei dem ansonsten unauffälligen Patienten am frühen Abend des Aufnahmetages zu einer Asystolie (Herzstillstand) kam, die durch eine Herzdruckmassage zur Wiederherstellung des Kreislaufs führte. Nach weiterer Überwachung konnte der Patient mit stabilem Sinusrhythmus entlassen werden.
    Bei dem pergolidhaltigen Tierarzneimittel für Pferde handelt es sich um ein synthetisches Mutterkornderivat, das als Agonist in den Dopaminkreislauf im Körper eingreift. Es wird in der Tiermedizin zur symptomatischen Behandlung des Equinen Cushing Syndroms (Hormonstörung) eingesetzt.Während der Behandlung können die behandelten Tiere unter folgenden unerwünschten Wirkungen leiden: Inappetenz (fehlendes Verlangen nach Futter), Anorexie (Verweigerung der Futteraufnahme) und Lethargie (abnormal ausgeprägte Schläfrigkeit), leichte Anzeichen zentralnervöser Störungen (z.B. leichte Niedergeschlagenheit oder leichte Ataxie), Diarrhoe (Durchfall), Kolik (Schmerzen durch Krämpfe) und Schwitzen.

    Daraufhin hat das BVL eine weitere Auswertung vorgenommen, die ergeben hat, dass eine Häufung klinisch relevanter Fälle von Verwechslung vorliegt. So sind dem BVL seit Beginn der Kooperation mit dem GIZ Mainz in einem Zeitraum von 5 Monaten bereits 4 solcher Fälle übermittelt worden. Im Vergleich dazu sind zwischen 2015 und 2021 (Zeitraum von 7 Jahren) insgesamt nur 9 Fälle bekannt geworden. Die 4 Fälle stammen alle vom GIZ Mainz. Das BVL hat eine Auswertung in der europäischen Datenbank für Tierarzneimittel (EVvet) vorgenommen. Diese hat gezeigt, dass seit 2013 insgesamt 114 unerwünschte Ereignisse (Stand 16.08.2022) nach versehentlicher Anwendung beim Menschen gemeldet wurden. Die meisten dieser Fälle stammen aus Frankreich (44), Belgien (27), den Vereinigten Staaten (17), Deutschland (13) und dem Vereinigten Königreich (8). Die Fälle aus Frankreich und Belgien stammen überwiegend aus Giftinformationszentren, da in diesen Ländern eine entsprechende Meldepflicht gilt. Insgesamt hat sich gezeigt, dass ca. 75% der Fälle mit Humanexposition in EVvet ursprünglich von GIZ stammen.
    Bei einem Großteil dieser Fälle erfolgte die versehentliche Anwendung des Arzneimittels durch Einnahme (oral). Es gab auch Berichte mit dermaler Anwendung oder mit vermutlich inhalativer Exposition bzw. Kombination beider Anwendungsarten.

    Ursachen für die orale Anwendung waren:

    • Verwechslung mit der eigenen Medikation,
    • versehentliche Aufnahme (z.B. werden die Tierarzneimittel in Futter wie Äpfeln oder Möhren versteckt, so dass Tiere die Tierarzneimittel ohne Probleme einnehmen),
    • versehentliche Aufnahme durch Kinder sowie
    • die Anwendung in parasuizidaler (nichttödliche Handlung, die absichtlich selbstverletzend durchgeführt wird) bzw. suizidaler (selbstmörderischer) Absicht.

    Betroffen sind alle Altersgruppen, wobei die Erwachsenen am häufigsten betroffen sind, gefolgt von älteren Menschen, Kindern und Jugendlichen. Die aufgenommenen Mengen des Tierarzneimittels bewegen sich von Spuren bis 10 mg. In den meisten Fällen wurden 1 mg oder weniger aufgenommen, größere Mengen (3-10 mg) wurden entweder unbeabsichtigt von Kindern oder von Jugendlichen in (para)suizidaler Absicht eingenommen.
    Zum weiteren Erkenntnisgewinn wurde durch das BVL auch der periodische Sicherheitsbericht (PSUR) für den Zeitraum vom 01.08.2016 bis 31.07.2019 hinsichtlich dieser Thematik ausgewertet. Dieser hat gezeigt, dass die Gesamtzahl der unerwünschten Ereignisse beim Menschen seit dem letzten Zeitraum um das 2,5-fache gestiegen ist, der Tablettenumsatz ist im gleichen Zeitraum um das 1,6-fache gestiegen. Die unerwünschten Ereignisse stammen vor allem aus GIZ (hier vor allem aus Frankreich und Belgien). Im Vergleich zu anderen Tierarzneimitteln ist die absolute Zahl der betroffenen Anwendenden (40) hoch. Die Zulassungsinhaber wurden daher aufgefordert, zusätzliche Warnhinweise für die Anwendenden aufzunehmen. Die entsprechenden Änderungen für die betroffenen Tierarzneimittel wurden bereits im Jahr 2020 umgesetzt.

    An diesem Beispiel konnte gezeigt werden, dass ohne die Daten aus den GIZ die teilweise schwerwiegenden UE beim Menschen der Pharmakovigilanz entgangen wären, da diese Informationen das BVL auf anderem Weg nicht erreicht hätten. Dieser mögliche Informationsverlust hätte somit auch Auswirkungen auf die Anwendersicherheit gehabt.
    Durch die permanente Erreichbarkeit (24/7) bieten die GIZ eine niederschwellige Meldemöglichkeit. Darüber hinaus liefern sie Daten aus dem „echten“ Leben (real life data), die zu einem Informationsgewinn, insbesondere für unerwünschte Ereignisse beim Menschen, führen. Die Kooperation mit der GIZ ist somit eine wichtige Informationsquelle für die Pharmakovigilanz, von der auch die Anwendersicherheit profitiert.

    Das BfArM teilt mit, dass es bereits Überlegungen gab, eine Ausweitung auf eine Pharmakovigilanz-Kooperation mit allen GIZ der Länder und mit Einrichtung eines digitalen Datenaustauschs zu ermöglichen.



  2. PEI, Übersicht über neue Covid-19 Varianten Impfstoffe

    Das PEI berichtet über die Auswertung der mRNA-Covid-19 Variantenimpfstoffe bis 31.10.2022.

    Zunächst berichtet das PEI über Meldungen von Verdachtsfällen einer Impfreaktion nach COVID-19 mRNA Omikron-Varianten Impfstoffen. Die Auswertung zeigt, dass 444 Verdachtsfälle gemeldet wurden (Stand 31.10.2022). Hiervon betrafen 300 Verdachtsfälle Frauen, 143 Verdachtsfälle Männer und in einem Verdachtsfall fehlt die Angabe zum Geschlecht. Bei 136 Fällen war der Ausgang der gemeldeten unerwünschten Reaktionen zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wiederhergestellt, in jeweils 114 Fällen wiederhergestellt bzw. unbekannt. In 71 Fällen war der Allgemeinzustand verbessert und bei einer sehr geringen Anzahl lag ein vom Melder beschriebener bleibender Schaden vor. In zwei Fällen wurde ein fataler Ausgang berichtet, bei denen ein ursächlicher Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung aufgrund der vorliegenden Informationen und berichteter Grunderkrankungen durch das PEI nicht gesehen wird.

    Die Auswertung der Melderaten (Verdachtsfallmeldungen pro 1.000 verabreichter Impfungen ) zeigt, dass diese bei den Variantenimpfstoffen aktuell niedriger liegen als bei den ursprünglichen COVID-19 Impfstoffen.

    Die Aufteilung der gemeldeten Verdachtsfälle auf die verschiedenen Altersgruppen zeigt, dass die meisten Verdachtsfälle die mittleren Altersgruppen von 30 bis 69 Jahren betreffen. Die am häufigsten gemeldeten Impfreaktionen betreffen Kopfschmerzen, Ermüdung, Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Lymphadenopathie, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Hierbei handelt es sich um bekannte und auch in der Fachinformation aufgeführte Nebenwirkungen der mRNA-Covid-19 Variantenimpfstoffe.




  3. PEI, Blutkomponenten: Vorstellung des Stufenplanverfahrens „Quarantänelagerung von Plasmapräparaten“


    Das PEI stellt das Stufenplanverfahren zur Quarantänelagerung von Plasmapräparaten vor. Zunächst wird die zeitliche Abfolge der Quarantänelagerung und des Spenderscreenings für Blutkonserven in Deutschland seit Start der Quarantänelagerung im Jahr 1994 vorgestellt.

    Im Jahr 1993 wurde bereits die Quarantänelagerung für Frischplasma eingeführt. Seit Beginn der Quarantänelagerung wurde eine Reihe von risikominimierenden Maßnahmen eingeleitet und basierend auf diesen konnte im Jahr 2002 die Dauer der Quarantänefrist von 6 auf 4 Monate verkürzt werden.

    Im Jahr 2021 wurde ein Stufenplanverfahren gestartet um zu evaluieren, welchen Gewinn die eingeführten Maßnahmen haben. Im Rahmen dieses Stufenplanverfahrens erfolgte im Jahr 2021 ein Informationsaustausch mit den Blutspendediensten und eine standardisierte Erfassung der Quarantäne-Plasma-Freigabedaten. Die Datenerhebung erfolgte für den Zeitraum 2015 bis 2019. Es nahmen 30 Blutspendedienste teil, die für 84% aller Plasmaspenden verantwortlich sind. Es wurden insgesamt 3.584.664 Testpaare (Untersuchung der initialen Spende und der Folgespende) in die Auswertung mit einbezogen. Diese Testpaare waren initial, d.h. vor Quarantäne, alle negativ getestet. Bei der Untersuchung der Nachfolgespenden wurden von diesen 3.584.664 Proben lediglich 751 positiv getestet. Durch die Untersuchung konnte auch belegt werden, dass die Infektion bei diesen Spenden erst nach der Erstspende aufgetreten ist und somit das initial gespendete Plasma nicht infektiös war. Das heißt, dass durch die Quarantänelagerung kein zusätzlicher Sicherheitsgewinn gesehen wurde.

    Im Juni 2022 wurden daraufhin die betroffenen Blutspendedienste zu den geplanten Maßnahmen angehört. Es wurden die folgenden zwei Maßnahmen vorgeschlagen:

    • die Aufhebung der Quarantänelagerung von gefrorenem Frischplasma, lyophilisiertem Plasma bei gleichzeitiger Festlegungen neuer Sicherheitsstandards (niedrigere Nachweisgrenze für den Nachweis von HIV, HCV und HBV),
    • die bisherige Quarantänelagerung für gefrorenes Frischplasma für 4 Monate und die bisher geltenden Nachweisgrenzen für das NAT-Screening werden beibehalten.

    Das PEI hat Rückmeldungen von 16 Blutspendediensten erhalten. 13 Blutspendedienste, die für ca. 95% aller Plasmaspenden verantwortlich sind, haben sich für die Aufhebung der Quarantäneregelung (Maßnahme 1) ausgesprochen und 3 Blutspendedienste, die für 5% aller Plasmaspenden verantwortlich sind, haben sich für die Beibehaltung der bisherigen Vorschriften (2. Maßnahme) ausgesprochen, da die Maßnahmen etabliert sind und zu guten Sicherheitsstandards geführt haben.

    Das PEI wird im Dezember 2022 über die eingegangenen Rückmeldungen diskutieren und voraussichtlich Anfang 2023 einen entsprechenden Bescheid versenden.


  4. PEI, In-Vitro-Diagnostika (IVD): Liste der erstattungsfähigen SARS-Cov-2-Antigentests mit einer CE-Kennzeichnung

    Das PEI informiert über die Liste der erstattungsfähigen SARS-Cov-2-Antigentests mit einer CE-Kennzeichnung (spezielle Kennzeichnung für Medizinprodukte).

    Es gab im Mai dieses Jahres einen Zuständigkeitswechsel. Die Zuständigkeit zahlreicher Testsysteme ist vom BfArM auf das PEI übergegangen.

    Bis Mai 2022 war das PEI für 15 Testsysteme, 36 IVD-Hersteller und ca. 100 Einzeltests zuständig.

    Seit Mai 2022 ist die EU-Verordnung für In-Vitro-Diagnostika (IVDR) rechtliche Grundlage, mit der auch die Klassifikation der IVD geändert worden ist. Das PEI ist jetzt auch für neue Produktgruppen zuständig (IVD der Klasse D und C). Folglich liegt die Zuständigkeit nun für ca. 70 Testsysteme, mehr als 80 IVD Hersteller und mehr als 1.200 Einzeltests beim PEI.

    Im Hinblick auf die SARS-CoV-2-Testsysteme wurde mit Änderung der Coronavirus-Testverordnung (TestV) vom 29.06.2022 die Erstattungsfähigkeit auf solche Antigen-Tests beschränkt, die in der vom Gesundheitssicherheitsausschuss der Europäischen Union beschlossenen gemeinsamen Liste von Corona-Antigen-Schnelltests aufgeführt sind. Diese Liste ist abrufbar auf der Internetseite der Europäischen Union (Fachgruppe zu Corona-Diagnosetest).




TOP 5 Fälschungen von Arzneimitteln

Das PEI stellt die Fälle von Arzneimittelfälschungen und Arzneimitteldiebstählen, die Arzneimittel aus seinem Zuständigkeitsbereich betreffen und die seit der letzten Routinesitzung bekannt geworden sind, vor.

Das BfArM berichtet über die aktuellen Fälle von Arzneimittelfälschungen und Diebstählen aus seinem Zuständigkeitsbereich und gibt einen Überblick über die internationale Zusammenarbeit zur Minimierung dieser.

TOP 6 Verschiedenes

  1. Termin nächste Routinesitzung Vorschlag: 16. März 2023

    Als Termin für die nächste Routinesitzung ist Donnerstag, der 16. März 2023 geplant. Diese Veranstaltung wird nach aktuellem Kenntnisstand wieder als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt werden.

  2. Funktionale E-Mailadressen

    Die Sitzungsteilnehmer werden gebeten ihre E-Mail-Adressen, die für die Routinesitzung verwendet werden, auf Aktualität zu prüfen, damit ein schneller Informationsfluss gewährleistet ist.

Der Vorsitzende

Anlagen