BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 92. Routinesitzung nach § 63 AMG am 16. März 2023 (Hybrid-Veranstaltung)

TOP 1 Vor Eintritt in die Tagesordnung

Nach der Begrüßung zur hybriden Sitzung (Präsenz und Videokonferenz) wird die Tagesordnung in der vorliegenden und vorab elektronisch übermittelten Form von den Teilnehmenden angenommen.

TOP 2 Diskussion über Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern

Die Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern wurden den Teilnehmenden vor der Sitzung elektronisch über den im BfArM vorliegenden E-Mail-Verteiler der Stufenplanbeteiligten zur Verfügung gestellt und auf der Sitzung nicht weitergehend vorgestellt. Dies sind: die Berichte des BfArM zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern, die Berichte des PEI zu Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie zu immunologischen Tierarzneimitteln und schließlich der Bericht des BVL.

Hinsichtlich des Sachstandsberichtes zu Nebenwirkungen des BfArM gab es Diskussionen zum Grund des Rückgangs der Meldungen von Angehörigen der Heilberufe. Es wurde ausgeführt, dass dieser Rückgang kein rein deutsches Phänomen ist, sondern sich auch in der europäischen Datenbank EudraVigilance widerspiegelt. Mögliche Erklärungen sind die Sondersituation wegen Corona in den letzten 3 Jahre und der geringere Fokus der Medien auf dem Nebenwirkungsgeschehen in den letzten Jahren.

Zum Sachstandsbericht zu Medikationsfehlern des BfArM wurde nachgefragt, warum die Anzahl der Medikationsfehler in den letzten 10 Jahren so stark angestiegen ist. Es wurde ausgeführt, dass auch potentielle und Beinahe-Medikationsfehler gemeldet werden können und ausgewertet werden. Zusätzliche Gründe lägen in einer verstärkten Aufklärungsarbeit und auch durchgeführte AMTS-relevante Studien wären für den Anstieg mitverantwortlich. Darüber hinaus gab es eine Frage, ob es Möglichkeiten gibt, den Austausch von Arzneimitteln im Rahmen von Rabattverträgen und somit diesbezüglich auftretende Probleme zu unterbinden. Um den Austausch für bestimmte Präparate, bei denen durch den Austausch gehäuft Probleme entstehen, zu unterbinden, wird eine konzertierte Aktion aller Beteiligten als notwendig erachtet.

Im Hinblick auf den Vortrag zu Nebenwirkungsmeldungen nach Impfung des PEI wurde festgestellt, dass die Melderate der Angehörigen der Heilberufe bei COVID-19-Impfungen im Vergleich zu Grippeimpfungen deutlich niedriger ist. Vor diesem Hintergrund wurde gefragt, ob es Kommunikationsstrategien gibt, um allgemein die Melderate dieser Berufsgruppen zu erhöhen. Das BfArM hat hierzu ausgeführt, dass entsprechende einwöchige Informationskampagnen auf europäischer Ebene, an denen sich das BfArM und das PEI beteiligen, bereits stattfinden. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass sich die Unterschiede auch mit den unterschiedlichen Zielgruppen der Impfungen erklären (Grippeimpfungen vorwiegend bei älteren Personen, die eher geneigt sind, ihre Nebenwirkungen direkt dem Arzt zu berichten, wohingegen COVID-19-Impfungen alle Altersklassen betreffen).



TOP 3 Information zu Risikobewertungen

Europäische Risikobewertungsverfahren

  1. Studien von Synchron Research Services, Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG

    Das BfArM berichtet über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Studien des Auftragsforschungsinstituts (CRO) Synchron Research Services mit Sitz in Ahmedabad (Indien).

    Basierend auf einer Inspektion der Guten Klinischen Praxis (GCP) bei diesem CRO im Jahr 2019 und der Analyse von Studiendaten hat die US-amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Adminstration (FDA)) entschieden, alle bei diesem CRO durchgeführten Studien abzulehnen.

    Zusammen mit Unregelmäßigkeiten, die bei früheren EU-Inspektionen bei diesem CRO festgestellt wurden, haben diese Ergebnisse auch in den EU-Mitgliedstaaten ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Korrektheit der bei Synchron Research Services generierten Studiendaten und der Eignung des verwendeten Qualitätsmanagementsystems aufkommen lassen.

    Mehrere EU-Arzneimittelzulassungsbehörden haben diese Feststellungen geprüft und den CHMP der EMA ersucht die Auswirkungen auf den Nutzen und die Risiken von Arzneimitteln zu bewerten, die auf der Grundlage von bei Synchron durchgeführten Studien zugelassen wurden. Daraufhin wurde das Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG gestartet. In Deutschland sind circa 40 Zulassungen mit 12 Zulassungsinhabern und diversen Wirkstoffen betroffen.

    Basierend auf der Bewertung im CHMP einschließlich der Re-Examination hat dieser das Ruhen mehrerer generischer Zulassungen empfohlen, bei denen zulassungsrelevante Studien bei dem CRO Synchron Research Services durchgeführt worden sind.

    Um das Ruhen aufzuheben, müssen alternative Daten zum Nachweis der Bioäquivalenz vorgelegt werden. Noch laufende Zulassungsverfahren können positiv abgeschlossen werden, wenn Daten aus anderen Quellen zur Verfügung stehen. Für Arzneimittel, die von den jeweiligen Mitgliedsstaaten, zum Beispiel wegen fehlender verfügbarer Alternativen, als von kritischer Bedeutung angesehen werden, konnte das Ruhen der Zulassung aufgeschoben werden.

    Das Gutachten des CHMP nach der Re-Examination wurde an die Europäische Kommission weitergeleitet, die am 28.11.2022 eine rechtsverbindliche Entscheidung (Durchführungsbeschluss) erlassen hat. Dieser gliedert sich in den Beschluss, den Annex IA und den Annex IB. Im Annex IA sind alle Zulassungen aufgeführt, die aufrecht erhalten werden, da die Bioäquivalenz gegenüber den EU-Referenzarzneimitteln nachgewiesen wurde und das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin positiv ausfällt. Der Annex IB umfasst alle Zulassungen, die ruhen sollen, da Bioäquivalenzdaten oder sonstige Begründungen nicht vorgelegt wurden oder als nicht ausreichend angesehen wurden, um die Bioäquivalenz mit einem EU-Referenzarzneimittel nachzuweisen. In diesen Fällen sind die zur Stützung der Zulassungen vorgelegten Angaben fehlerhaft und das Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser Zulassungen ist negativ.

    Vor Umsetzung des Durchführungsbeschlusses in Deutschland wurde seitens des BfArM eine Prüfung auf Kritikalität vorgenommen. Demnach sind alle in Deutschland als kritisch eingestuften Zulassungen in Annex IA des Durchführungsbeschlusses aufgeführt und somit weiterhin verkehrsfähig. Eine Zulassung, die in Anhang IB des Durchführungsbeschlusses aufgelistet ist, wurde wegen der Darreichungsform in Deutschland als versorgungskritisch eingestuft. Dieser Zulassungsinhaber hat jedoch bereits alternative Bioäquivalenzdaten vorgelegt und die entsprechende Variation wurde positiv abgeschlossen, so dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser Zulassung positiv ist und diese Zulassung nicht von der Ruhensanordung betroffen ist.

    Mit Bescheid vom 13.12.2022 wurde der Durchführungsbeschluss umgesetzt und für die restlichen in Annex IB aufgelisteten Zulassungen wurde das Ruhen angeordnet. Hiervon sind 8 Zulassungsinhaber und 26 Zulassungen betroffen. Dieses Risikobwertungsverfahren ist somit abgeschlossen. Weitergehende Informationen finden sich hier:





  2. Amfepramonhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Überprüfung der Sicherheit

    Das BfArM berichtet über den aktuellen Stand des Verfahrens nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Sicherheitsüberprüfung amfepramonhaltiger Arzneimittel.

    Anlass für die Einleitung des Risikobewertungsverfahrens waren die im Rahmen des periodischen Sicherheitsberichts (PSUR) vorgelegten Daten, die nach Ansicht des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) aufgrund ernsthafter Sicherheitsbedenken einer umfassenden Überprüfung bedurften.

    Zu diesem Sicherheitsbedenken gehören u.a. Herzprobleme, Lungenhochdruck, Abhängigkeit, eine Anwendung des Arzneimittels für mehr als 3 Monate, eine Überschreitung der empfohlenen Höchstdosis und die Anwendung während der Schwangerschaft trotz gegenteiliger Empfehlungen.

    Dieses Verfahren wurde im Februar 2021 gestartet. Im Rahmen der Bewertung im PRAC hat eine Beratung einer Expertengruppe stattgefunden. Im Juni 2022 hat der PRAC eine Empfehlung zum Widerruf der Zulassungen ausgesprochen. Daraufhin haben die MAHs im Juli 2022 eine Überprüfung des Gutachtens (Re-Examination) beantragt. Im Oktober 2022 hat der PRAC den Widerruf der Zulassungen bestätigt, diese Empfehlung hat die CMDh im November 2022 mit Mehrheitsentscheid befürwortet. Im Januar 2023 hat die Kommission eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung getroffen mit dem Ergebnis des Widerrufs der nationalen Zulassungen. In der Zwischenzeit hatten die MAHs im Dezember 2022 auf die amfepramonhaltigen Zulassungen verzichtet und die Ware aller Arzneimittel vom Markt zurückgenommen. Um den Abverkauf beziehungsweise das wiederholte Inverkehrbringen auszuschließen hat das BfArM im Februar 2023 einen Feststellungsbescheid an die betroffenen MAHs verschickt. Außerdem ist eine Information der Fachkreise mittels Rote-Hand-Brief erfolgt.

    Weitergehende Informationen finden sich hier:





  3. Pseudoephedrinhaltige Arzneimittel; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses – Enzephalopathie (PRES)

    Das BfArM berichtet über das Verfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dieser Arzneimittel wegen des Risikos für ein posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) und für ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS).

    Pseudoephedrinhaltige Arzneimittel sind in Deutschland seit 1958 zugelassen zur symptomatischen Therapie der allergischen Rhinitis (als Kombinationspräparate mit Antiallergika) und zur symptomatischen Therapie von Erkältungskrankheiten und Rhinosinusitis (als Kombinationspräparate mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen, ASS oder Paracetamol). Es sind sowohl apotheken- als auch verschreibungspflichtige Präparate zugelassen, diese bewirken über eine Stimulierung des Sympathikus eine Vasokonstriktion (erwünscht u.a. für Nasenschleimhautabschwellung), eine Bronchodilatation und einen Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks.

    Basierend auf den Verkaufszahlen für die Jahre 2021/2022 wurden von der Kombination Acetylsalicylsäure mit Pseudeoephedrin über 8 Millionen Tabletten verkauft, gefolgt von der Kombination Ibuprofen und Pseudoephedrin mit über 2 Millionen Tabletten. Den 3. Rang belegte die Kombination Diphenhydramin, Paracetamol und Pseudoephedrin, gefolgt von der Kombination Pseudoephedrin und Triprolidin auf Platz 4 mit jeweils rund 1 Millionen verkaufter Tabletten. Von der Kombination aus Cetirizin und Pseudoephedrin wurde rund eine halbe Millionen Tabletten verkauft.

    Die Bedenken hinsichtlich des Risikos für ein posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES) und für ein reversibles zerebrales Vasokontriktionssyndrom (RCVS) resultieren aus einem PSUSA-Verfahren, das die Wirkstoffe Pseudoephedrin und Ibuprofen betrifft und für das Frankreich Berichterstatter ist. In diesem Verfahren wurden Meldungen zu Spontanfällen von PRES und RCVS analysiert. Die sympathomimetische Wirkung von Pseudoephedrin kann zu einer Verengung der glatten Muskulatur der zerebralen Blutgefäße führen und damit zu einem möglichen RCVS, aus denen ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle und PRES als mögliche Komplikationen resultieren können. Das Verfahren wurde im Februar 2023 im PRAC notifiziert. Im März 2023 reichten die MAHs die Antworten auf die verabschiedete Fragenliste ein. Die Bewertungsberichte der Rapporteure (CZ, EE) werden im Mai 2023 im PRAC evaluiert und es werden entweder weitere Fragen an die MAHs verabschiedet oder der PRAC gibt eine Empfehlung ab, die an den CHMP weitergleitet wird.

    Weitergehende Informationen finden sich hier:





  4. Kurzinformation zu den Januskinase (JAK)-Inhibitoren; Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004; Sicherheitsüberprüfung im Hinblick auf die Behandlung von Entzündungskrankeiten

    Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Art. 20 der Verordnung (EG) 726/2004 zur Überprüfung der Sicherheit von JAK-Inhibitoren zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen.

    Bereits im Jahr 2019/2020 gab es ein Risikobewertungsverfahren, in dem Zwischenergebnisse der Studie A3921133 zu Tofacitinib bei Patienten ≥ 50 Jahre mit rheumatoider Arthritis und mindestens einem zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor bewertet wurden. Darüber hinaus gab es im Jahr 2021 eine zusätzliche Bewertung von Daten aus dieser Studie. Diese beiden Bewertungen haben bereits zu einer Aktualisierung der Produktinformation und der Versendung von Rote-Hand-Briefen geführt.

    Anlass des aktuellen Risikobewertungsverfahrens waren die finalen klinischen Studienergebnisse der Studie A3921133 und die vorläufigen Ergebnisse einer Beobachtungsstudie zu Baricitinib. Die Ergebnisse der klinischen Studie zeigten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisses (wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung) unter Therapie mit Tofacitinib im Vergleich zu TNF-alpha-Inhibitoren sowie ein höheres Risiko für die Entwicklung von Krebs, Tod (aller Ursachen), schweren Infektionen sowie Blutgerinnseln in Lunge und tiefen Venen. Weitergehende detaillierte Informationen finden sich in den Unterlagen der 91. Routinesitzung (s.u.).

    Vom aktuellen Risikobewertungsverfahren sind die Wirkstoffe Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib, Filgotinib und Abrocitinib betroffen.

    Die Empfehlung des PRAC aus Oktober 2022 und die Stellungnahme des CHMP aus November 2022 wurden im Januar 2023 aktualisiert, um die Dosierungsempfehlungen für die vom Verfahren betroffenen Arzneimittel weiter anzugleichen. Im Januar 2023 hat die Kommission eine endgültige für alle MAHs rechtsverbindliche Entscheidung getroffen. Anschließend wird ein Rote-Hand-Brief an die Fachkreise versendet werden.

    Umfassende Informationen zum Hintergrund, den vorgeschlagenen Maßnahmen und dem Verfahren an sich, wurden bereits auf der letzten Routinesitzung präsentiert.


    Ergebnisprotokoll der 91. Routinesitzung nach § 63 AMG am 17. November 2022 (Hybrid-Veranstaltung)



  5. Kurzinformation zu topiramathaltigen Arzneimitteln; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG; Risiken bei der Anwendung in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter

    Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Risiken bei der Anwendung topiramathaltiger Arzneimittel in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter.

    Es erfolgt eine Überprüfung topiramathaltiger Arzneimittel bezüglich des Risikos von neurologischen Entwicklungsstörungen bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Topiramat eingenommen haben. Auslöser der Überprüfung war eine aktuelle Studie (Bjørk M, Zoega H, Leinonen MK, et al. Association of Prenatal Exposure to Antiseizure Medication With Risk of Autism and Intellectual Disability. JAMA Neurol. Veröffentlicht online 31.Mai 2022. doi:10.1001/jamaneurol.2022.1269), die auf ein potentiell erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, insbesondere Autismus-Spektrum-Störungen und geistige Behinderungen bei Kindern hinweist, deren Mütter während der Schwangerschaft topiramathaltige Arneimittel einnahmen.

    Das Verfahren wurde im August 2022 gestartet. Bei der ersten Bewertung im PRAC im Dezember 2022 wurden weitere Fragen an die Zulassungsinhaber verabschiedet. Im März 2023 hat außerdem eine Beratung eines Expertengremiums zu dieser Thematik stattgefunden. Aktuell erfolgt die zweite Beratung im PRAC, die mit einer weiteren Fragenliste oder einer Empfehlung an die CMDh abgeschlossen werden wird.






  6. Kurzinformation zu den aktuellen Entwicklungen bei Hydroxyethylstärke (HES)-haltigen Infusionslösungen

    Das BfArM berichtet über aktuelle Entwicklungen zu Hydroxyethylstärke (HES)-haltigen Infusionslösungen.

    Im Rahmen eines 2018 abgeschlossenen Risikobewertungsverfahren nach Art. 107i der RL/2001/83/EG wurden zusätzliche Risikominimierungsmaßnahmen eingeführt. Die Auswertung der Ergebnisse zur Überprüfung dieser zusätzlich eingeführten Risikominimierungsmaßnahmen hat gezeigt, dass bestimmte Patientengruppen ohne Möglichkeiten einer effizienten Risikominimierung weiterhin schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sind. Der PRAC hat daraufhin im Februar 2022 das Ruhen für HES-haltige Infusionslösungen empfohlen. Die CMDh hat diese Empfehlung im Februar 2022 bestätigt. Die Europäische Kommission hat im Mai 2022 eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung zum Ruhen der betroffenen Zulassungen getroffen. Das BfArM hat im Juni 2022 einen Bescheid zur Umsetzung dieser Kommissionsentscheidung an die betroffenen MAHs versendet, wobei das BfArM von der Übergangsregelung Gebrauch macht. Dementsprechend gelten die Zulassungen in Deutschland bis zum 24.11.2023 unter Einhaltung definierter Auflagen fort. Nach aktuellem Zeitplan werden HES-haltige Zulassungen in Deutschland ab dem 25.11.2023 ruhen. Circa 4 Wochen vor dem Beginn des Ruhens werden die Fachkreise erneut mittels Rote-Hand-Brief darüber informiert.

    Vom Ruhen sind aktuell in Deutschland zwei Zulassungen der Firma B. Braun und 6 Zulassungen der Firma Fresenius Medical Care betroffen. Die Firma B. Braun hat auf die beiden Zulassungen bereits schriftlich verzichtet, diese können aber aufgrund von § 31 Abs. 4 AMG noch bis zum 24.11.2023 abverkauft werden. Die 6 betroffenen Zulassungen der Firma Fresenius Medical Care werden gemäß aktuellem Zeitplan ab dem 25.11.2023 ruhen.




TOP 4 Aktuelles

  1. PSUSA-Verfahren zu Fentanyl – Umsetzung zu transdermaler Anwendung

    Das BfArM informiert über die Umsetzung der Ergebnisse des PSUSA-Verfahrens zu Fentanyl im Hinblick auf die Umsetzung für die transdermale Anwendung.
    Als PSUR Single Assessment (PSUSA) wird die gemeinsame PSUR-Bewertung durch den PRAC zu Wirkstoffen/Wirkstoffkombinationen, die in der EURD-Liste aufgeführt sind, bezeichnet. Regulär sind Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen gemäß Art. 8 (3) der RL 2001/83/EG in dieses Verfahren mit einbezogen. Generika gemäß Art. 10 (1) der RL 2001/83/EG, well-established used Zulassungen gemäß Art. 10a der RL 2001/83/EG und traditionelle pflanzliche Arzneimittel gemäß Art. 16 der RL 2001/83/EG sind vom PSUSA Verfahren ausgenommen. Das PSUSA Verfahren wird durch einen gemeinsamen Assessment Report abgeschlossen. Die darin ausgesprochenen Empfehlungen gelten für alle Arzneimittel mit dem bewerteten Wirkstoff/der bewerteten Wirkstoffkombination unabhängig davon, ob der MAH selbst Daten eingereicht hat.
    Im Rahmen des PSUR-Single-Assessment-Verfahrens zu fentanylhaltigen Arzneimitteln wurden im PRAC folgende wissenschaftliche Schlussfolgerungen gezogen:

    • Da für fentanylhaltige transdermale Pflaster ein Anstieg der im EWR gemeldeten Fälle von Missbrauch/Falschanwendung und Abhängigkeit beobachtet wurde, wurden neue Risikominimierungsmaßnahmen mit dem Ziel der Erhöhung des Bewusstseins/der Aufmerksamkeit für das Risiko einer Opioidgebrauchsstörung (OUD) für erforderlich gehalten.
      Hierzu gehören:

      • eine Aktualisierung der Produktinformation mit OUD-Anzeichen zur Sensibilisierung von Patienten und Patientinnen/Betreuungspersonen sowie,
      • eine regelmäßige Neubewertung durch die Behandelnden während der Behandlung unter Berücksichtigung potentieller Veränderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses auf Patientenebene.
    • Darüber hinaus wurde über das Risiko einer versehentlichen Anwendung und Einnahme bei Säuglingen und Erwachsenen mit tödlichem Ausgang berichtet. In diesem Zusammenhang wurde eine Aktualisierung der Kennzeichnung, Fach- und Gebrauchsinformation sowie der Einführung eines Warnhinweises auf der äußeren Umhüllung und ggf. dem Behältnis als notwendig angesehen.

    • Im Hinblick auf einen Zusammenhang zwischen einer Fentanylüberdosierung und einer toxischen Leukenzephalopathie wurde eine Änderung des Abschnitts 4.9 der Fachinformation und eine entsprechende Anpassung der Packungsbeilage als notwendig erachtet.

    Diese Empfehlungen des PRAC wurden am 15. Dezember 2022 einstimmig von der CMDh angenommen. Empfehlungen des PRAC, die einstimmig von der CMDh angenommen werden, werden direkt an die Mitgliedsstaaten und an die Zulassungsinhaber versendet. Das BfArM setzt die Änderungen national per Bescheid um (diese werden auch auf der BfArM-Seite veröffentlicht). Eine Kommissionsentscheidung ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
    Für dieses Verfahren wurden die Übersetzungen der Anhänge der Stellungnahme der CMDh am 30. Januar 2023 an die zuständigen nationalen Behörden gesandt. Gemäß Zeitplan der CMDh muss die Stellungnahme der CMDh durch die Mitgliedsstaaten (Einreichung der Änderung durch den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen) bis zum 30. März 2023 umgesetzt sein.

    Bei der Implementierung dieser Änderungen gibt es zahlreiche Herausforderungen. Da keine Administration durch die EU-Kommission (Kommissionsentscheidung) erforderlich war, gab es nur eine sehr enge Umsetzungsfrist (s. oben) für die umfangreichen Textänderungen in der Fach- und Gebrauchsinformation. Außerdem muss gemäß des CMDh-Beschlusses die Platzierung und Gestaltung des zusätzlichen Warnhinweises auf der Verpackung mit der zuständigen Behörde abgestimmt werden. Von diesen Änderungen sind mehr als 100 Zulassungen in verschiedenen Stärken betroffen (für die potentiell im Einzelfall Mockups zu prüfen gewesen wären). Durch diese Herausforderungen bei der Implementierung besteht das potentielle Risiko von Lieferengpässen.

    Das BfArM hat daher im Bereich „Aktuelles aus dem Bereich Pharmakovigilanz“ Hinweise für die Implementierung für die betroffenen Zulassungsinhaber veröffentlicht. Die Verbände der pharmazeutischen Industrie wurden hierzu vorab informiert.

    Post-Meeting-Note: Die Hinweise zur Aktualisierung der Kennzeichnung, der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der Einführung eines Warnhinweises finden sich im Bereich „PSURs/PSUSA“ des BfArM:





  2. Austausch zum Thema „Definition zur Abgrenzung der Arzneimittelrisikomeldungen, die über den RAS-Verteiler gesendet werden"

    Seitens der Sitzungsteilnehmenden wurde zu einem Austausch zur Definition zur Abgrenzung der Arzneimittelrisikomeldungen, die über den RAS-Verteiler gesendet werden, gebeten. Qualitätsmängel und Fälschungen aus der legalen Lieferkette werden seit geraumer Zeit in einer behördeninternen Datenbank erfasst. Parallel dazu und auch schon vor Einführung der Datenbank gibt und gab es den Versand über den RAS-Verteiler per E-Mail. Basierend auf den Erfahrungen seitens der Landesbehörden erscheint es nicht immer einheitlich zu sein, welcher dieser beiden Wege für welche Meldung gewählt wird beziehungsweise ob eine Doppelmeldung auf beiden Wegen erfolgt. Darüber hinaus gibt es verschiedene Arbeitsanweisungen/Guidance Dokumente auf nationaler, europäischer und weltweiter Ebene, in denen die Klassifikation der RAS-Klassen beschrieben ist. Die dort ebenfalls beschriebenen Meldewege erscheinen jedoch im Hinblick auf die Art der Meldungen nicht immer einheitlich. Es besteht daher der Wunsch, zu definieren, bei welchen Arten von Ereignissen welcher dieser beiden Wege gewählt werden sollte. In diesem Zusammenhang besteht auch der Wunsch, die Weiterleitung von Meldungen zu Fällen zu reduzieren, durch die mit großer Wahrscheinlichkeit in Deutschland kein Risiko zu erwarten ist.

    Das BfArM erläutert, dass die Datenbank nur eine definierte Teilmenge der bei den Bundesoberbehörden (BOB) eingehenden Meldungen enthält und dass diese Datenbank dem Austausch zwischen BOB und Landesbehörden, aber auch dem Austausch der Landesbehörden untereinander in Bezug auf die Meldungen dienen soll. RAS-Meldungen der Risikoklasse I, das heißt die Meldungen mit dem höchsten Risikopotential, und sämtliche Meldungen zu Fälschungen werden seitens des BfArM aus Sicherheitsaspekten an den kompletten RAS-Verteiler kommuniziert. RAS-Meldungen der Klassen 2 und 3 werden nur an die betroffene(n) Landesbehörde(n) kommuniziert. Die BOB sind bestrebt, die Weiterleitung der Meldungen so umfänglich wie nötig, aber auch so zielgerichtet wie möglich durchzuführen.

    Eine weitergehende Diskussion in einem anderen Gremium (vorzugsweise die Expertenfachgruppe 01 oder auch die AG AATB) wird befürwortet.

TOP 5 Fälschungen von Arzneimitteln

Das PEI stellt die Fälle von Arzneimittelfälschungen und Arzneimitteldiebstählen, die Arzneimittel aus seinem Zuständigkeitsbereich betreffen und die seit der letzten Routinesitzung bekannt geworden sind, vor.

Das BfArM berichtet über die aktuellen Fälle von Arzneimittelfälschungen und Diebstählen aus seinem Zuständigkeitsbereich und gibt einen Überblick über die internationale Zusammenarbeit zur Minimierung dieser.

TOP 6 Verschiedenes

  1. Neue Informationsrubrik für Schulungsmaterial

    Das BfArM informiert darüber, dass die Abteilung Pharmakovigilanz einen neuen Publikationsbereich im Zusammenhang mit der Einreichung und Genehmigung von Schulungsmaterial zur Verfügung stellt. Dieser ergänzt die bereits bestehenden Informationen, wie FAQs zur Einreichung etc. Es handelt sich dabei (in der Regel) um aktuelle und insbesondere auf individuelle Verfahren bezogene Informationen. Die Verbände der pharmazeutischen Industrie wurden hierzu bereits per E-Mail informiert.



  2. Aktuelle Informationen zu Rote-Hand-Briefen

    Das BfArM informiert darüber, dass in Analogie zu den vorgestellten Hinweisen für Schulungsmaterial unter „Aktuelles aus dem Bereich der Pharmakovigilanz“ auch eine Liste der zu erstellenden und in Abstimmung befindlichen Rote-Hand-Briefe eingestellt werden wird. Diese Information soll den pharmazeutischen Unternehmern als Hilfestellung bei der Planung zur Erstellung und Koordination von Rote-Hand-Briefen dienen.

    Darüber hinaus wird zukünftig bei Rote-Hand-Briefen, die mit aktuellen Schulungsmaterialien verbunden sind, im Rote-Hand-Brief mittels QR-Code und URL auf das Schulungsmaterial verwiesen.



  3. Termin nächste Routinesitzung Vorschlag: 21. November 2023

    Als Termin für die nächste Routinesitzung ist Donnerstag, der 21. November 2023 geplant.

Der Vorsitzende