BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll der 94. Routinesitzung nach § 63 AMG am 19. März 2024 (hybride Veranstaltung)

TOP 1 Vor Eintritt in die Tagesordnung

Nach der Begrüßung zur Sitzung (hybride Veranstaltung) wird die Tagesordnung in der vorliegenden und vorab elektronisch übermittelten Form von den Teilnehmenden angenommen.

TOP 2 Diskussion über Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern

  1. Berichte des BfArM zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern



  2. Berichte des PEI zu Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie zu immunologischen Tierarzneimitteln



  3. Bericht des BVL

TOP 3 Information zu Risikobewertungen

Europäisches Risikobewertungsverfahren zu pseudoephedrinhaltigen Arzneimitteln; Verfahren nach Art.31 der RL 2001/83/EG – neue Informationen

Das BfArM berichtet über das Verfahren zu pseudoephedrinhaltigen Arzneimitteln nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG. Pseudoephedrinhaltige Arzneimittel sind in Deutschland zur symptomatischen Therapie der allergischen Rhinitis (als Kombinationspräparate mit Antiallergika) sowie zur Behandlung von Erkältungskrankheiten und der Rhinosinusitis (als Kombinationspräparate mit Schmerzmitteln, wie zum Beispiel Ibuprofen und Paracetamol) zugelassen. Von dem Verfahren sind in Deutschland mehr als 10 verschiedene Zulassungsinhaber mit über 30 Zulassungen betroffen. Diese sind entweder zentral (1 Zulassung) oder national zugelassen oder wurden im Rahmen der gegenseitigen Anerkennungsverfahren (MRP) oder dezentralen Verfahren (DCP) zugelassen.

Das Risikobewertungsverfahren wurde von Frankreich gestartet. Der Auslöser war ein PSUSA-Verfahren zu Pseudoephedrin/Ibuprofen, bei dem es Bedenken hinsichtlich des Risikos für ein posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) und für ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) gab. Am Ende des Risikobewertungsverfahrens wurde das mögliche Risiko für PRES und für ein RCVS bestätigt. Symptome dieser beiden Krankheitsbilder sind plötzliche, starke Kopfschmerzen oder Donnerschlagkopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit, Krampfanfälle und/oder Sehstörungen.
Im Ergebnis wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin als positiv angesehen, sofern die Produktinformationstexte angepasst werden. Konkret wird eine Kontraindikation bei Patienten mit schwerer oder unkontrollierter Hypertonie oder mit schwerer akuter oder chronischer Nierenerkrankung oder Niereninsuffizienz in die Produktinformationstexte aufgenommen, da diese Erkrankungen das Risiko für PRES oder RCVS erhöhen.
Das Verfahren wurde im Februar 2023 gestartet, es gab insgesamt 3 Bewertungsrunden, an deren Ende der PRAC im Dezember 2023 die beschriebenen Maßnahmen empfohlen hat. Der CHMP hat diese Maßnahmen zur Minimierung der Risiken für PRES und RCVS bei pseudoephedrinhaltigen Arzneimitteln bestätigt. Daraufhin wurde im Februar 2024 der Rote-Hand-Brief versendet. Die Entscheidung der Kommission wird für Ende März 2024 erwartet. Anschließend wird das BfArM für die nationalen Zulassungen innerhalb von 30 Tagen nach Kommissionsentscheidung einen Bescheid an die betroffenen Zulassungsinhaber versenden. In diesem Zusammenhang werden die Zulassungsinhaber außerdem gebeten ihre Produktinformationen an den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand anzupassen, damit diese auf nationaler Ebene harmonisiert werden.

Weitergehende Informationen finden sich hier:

Seitens der Sitzungsteilnehmer wurde gefragt, ob eine Unterstellung unter die Verschreibungspflicht eine Option zur Minimierung dieser Risiken ist. Das BfArM berichtet, dass während des Verfahrens auf europäischer Ebene die Frage der Verschreibungspflicht angesprochen wurde. Aufgrund der sehr vielen national zugelassenen AM wurde hier die Zuständigkeit jedoch auf nationaler Ebene gesehen. Das BfArM wird nach vollständigem Abschluss des Verfahrens prüfen, ob bezüglich der Verkaufsabgrenzung weiterer Handlungsbedarf besteht.


TOP 4 Aktuelles

  1. Kurzinformation zu Valproat - potenzielles Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei väterlicher Valproat-Exposition: hier CMDh Entscheidung

    Das BfArM berichtet über die Ergebnisse der Auswertung einer PASS im Hinblick auf die Auswirkungen der väterlichen Valproat-Exposition auf das Risiko angeborener Fehlbildungen und neurologischer Entwicklungsstörungen.

    Im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens (EMEA/H/A-31/1454) gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu valproathaltigen Arzneimitteln aus dem Jahr 2018 wurde eine Beobachtungsstudie beauflagt. Deren Ziel war die Untersuchung der Auswirkungen der Valproat-Exposition in den 3 Monaten vor der Zeugung auf das Risiko neurologischer Entwicklungsstörungen (NDD; primärer Endpunkt) und angeborener Fehlbildungen (CM; sekundärer Endpunkt) bei den Nachkommen im Vergleich zur Exposition gegenüber Lamotrigin und Levetiracetam. Für diese retrospektive Beobachtungsstudie wurden Daten aus Datenbanken in Dänemark (1997–2018), Norwegen (2010–2019) und Schweden (2007–2019) berücksichtigt.

    Die Auswertung zeigte für jedes dieser drei Länder einzeln ein nicht signifikant erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen unter Valproat im Vergleich zu Lamotrigin/Levetiracetam. Eine sich anschließende Metaanalyse, die die Daten aus allen drei Ländern umfasste, zeigte jedoch ein signifikant erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen. Für das Risiko der angeborenen Fehlbildungen zeigten die Daten kein erhöhtes Risiko nach väterlicher Valproat-Exposition. Die Studie hatte jedoch zahlreiche Limitationen. Beispielsweise war die Nachbeobachtungszeit zwischen der Valproat-Gruppe mit 5,0–9,2 Jahren und den Levetiracetam/Lamotrigin-Vergleichsgruppen mit 4,8–6,6 Jahren sehr unterschiedlich. Da neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern besser diagnostizierbar sind, wenn der Nachbeobachtungszeitraum länger ist, ist die Aussagekraft der Ergebnisse bei unterschiedlicher Nachbeobachtungszeit limitiert. Darüber hinaus kann auch die Indikation, für die die verschiedenen Antiepileptika eingesetzt werden, einen Einfluss auf die Ergebnisse der Auswertung haben. Beispielsweise ist Valproat nicht Mittel der ersten Wahl und wird somit im Vergleich zu anderen Antiepileptika bei schwereren und therapieresistenten Verläufen eingesetzt. Daher wurde das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen basierend auf den Studiendaten als potentielles Risiko eingestuft, das so relevant ist, dass eine Reihe von risikominimierenden Maßnahmen beschlossen wurde. Es konnte jedoch nicht als Risiko bestätigt werden.
    Zu den beschlossenen risikominimierenden Maßnahmen gehört die Aktualisierung der Produktinformationstexte, des vorhandenen Leitfadens für Fachkreise (HCP-Guide) und der Patientenkarte. Zusätzlich wurde ein separater Leitfaden für männliche Patienten ergänzt.

    Die aktualisierten Schulungsmaterialien finden sich hier:


    Darüber wurde in einem entsprechenden Rote-Hand-Brief im Februar informiert. Dieser findet sich hier:

    Ferner wurden weitere Subgruppenanalysen beauflagt, die im Rahmen einer Kategorie 1 Studie durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus müssen die Zulassungsinhaber ihren RMP entsprechend aktualisieren.
    Weitergehende Informationen zum Verfahren sind hier zu finden:

    Das Thema wird auch in einem Bulletin-Artikel (Ausgabe 1, März 2024) adressiert werden, der in Kürze veröffentlicht werden wird.



  2. Kurzinformation zu Acitretin, Alitretinoin, Isotretinoin (orale Anwendung) und teratogenes Risiko – Ergebnisse einer PASS zur Effektivitätsmessung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms (Pregnancy Prevention Programme – PPP)

    Das BfArM berichtet über die Ergebnisse einer PASS zur Effektivitätsmessung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms (Pregnancy Prevention Programme – PPP) im Hinblick auf das teratogene Risiko für die Wirkstoffe Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin zur oralen Anwendung.

    Im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens nach Art. 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu den Retinoiden, das u.a. das Risiko der Teratogenität adressierte, wurde mit Bescheid am 16. Juli 2018 eine Drug Utilisation Study (DUS) angeordnet, um die Effektivität der angeordneten Risikominimierungsmaßnahmen (u.a. Straffung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms) zu überprüfen. Konkret sollten das Verschreibungs- und Überwachungsverhalten und die Umsetzung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms (PPP) vor und nach der Aktualisierung des PPP überprüft werden.

    Die Ergebnisse zeigten, dass während der Einnahme oraler Retinoide die Durchführung von Verhütungsmaßnahmen und Schwangerschaftstests immer noch gering ist. Passend dazu werden auch weiterhin Schwangerschaften unter Retinoidtherapie gemeldet. Auch eine zusätzlich beauflagte Umfrage (Survey) hat ergeben, dass das Wissen um die Teratogenität dieser Wirkstoffe vorhanden ist, die Fachkreise sich jedoch nicht ausreichend an die Vorgaben (wie zum Beispiel ärztlich überwachte Schwangerschaftstests, Sicherstellung einer effektiven und kontinuierlichen Verhütung) halten.

    Basierend auf diesen Auswertungen hat der PRAC festgestellt, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis der oralen Retinoide weiterhin unverändert ist. Er hat den Behörden der Mitgliedsstaaten die Entscheidung über eine weitere Risikokommunikation überlassen. Das BfArM hat daraufhin entschieden, einen Rote-Hand-Brief als Erinnerung zu verschicken. Mit diesem Rote-Hand-Brief sollen die Fachkreise erinnert werden, dass orale Retinoide ein hohes teratogenes Potential haben und daher bei schwangeren Frauen kontraindiziert sind. Außerdem werden sie erneut aufgefordert, die Risikominimierungsmaßnahmen und Vorgaben des Schwangerschaftsverhütungsprogramms einzuhalten. Aktuell ist dieser Rote-Hand-Brief in Abstimmung und wird voraussichtlich Mitte April 2024 verschickt werden. Die primären Adressaten werden Dermatologen und Hausärzte sein, da diese die Hauptverordnenden sind.

    Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:



    Seitens der Sitzungsteilnehmer wurde gefragt, ob es nationale Unterschiede hinsichtlich der Einhaltung der beauflagten Risikominimierungsmaßnahmen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten gibt. Das BfArM berichtet, dass es durchaus nationale Unterschiede gibt. In Deutschland ist das Bewusstsein, das Wissen und die Einhaltung der Risikominimierungsmaßnahmen im Vergleich zu den anderen Ländern gut, wobei anzumerken ist, dass die Erhebung der Daten in die Zeit von eingeschränkten Arzt-Patient-Kontakten gefallen ist (Corona-Zeitraum) und es in Deutschland auch vor 2018 bereits ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm gab. Um die Daten auf eine solidere Basis zu stellen, wird es eine neue Datenerhebung geben.



  3. Kurzinformation zu kombinierten hormonalen Kontrazeptiva - Information der Fachkreise und Anwenderinnen über das Ergebnis der PASS und das VTE-Risiko unter chlormadinonacetat-/ethinylestradiolhaltigen Kontrazeptiva

    Das BfArM informiert über das Ergebnis der PASS und das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) unter Chlormadinonacetat/Ethinylestradiol.


    Im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens gemäß Art. 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu kombinierten hormonalen Kontrazeptiva wurde mit Bescheid vom 31.03.2014 eine nicht-interventionelle PASS gemäß Art. 107p der Richtlinie 2001/83/EG angeordnet. Das Ziel dieser Studie war die Ermittlung des Risikos für venöse Thromboembolien (VTE) bei Anwenderinnen von kombinierten oralen Kontrazeptiva, die Chlormadinonacetat/Ethinylestradiol enthalten, im Vergleich zur Anwendung von oralen Kontrazeptiva, die Levonorgestrel/Ethinylestradiol (28-Tage-Zyklus) enthalten.
    Die Analyse (RIVET-RCS)1 basiert auf den gepoolten Daten von vier prospektiven, nichtinterventionellen Kohortenstudien, die die routinemäßige Anwendung bei über 250.000 Frauen im reproduktiven Alter in 12 europäischen Ländern sowie den USA und Kanada widerspiegeln. Die finalen Studienergebnisse wurden am 21. Dezember 2022 eingereicht. Deren Auswertung hat gezeigt, dass das Risiko für eine VTE bei Anwendung eines kombinierten hormonalen Kontrazeptivums mit Chlormadinonacetat und Ethinylestradiol im Vergleich zu Levonorgestrel und Ethinylestradiol (28-Tage-Zyklus) um das bis zu 1,25-Fache erhöht ist und dass das Risiko im ersten Jahr der Anwendung beziehungsweise nach erneutem Beginn der Anwendung (nach einer Anwendungspause von mindestens 4 Wochen) am höchsten ist. Ferner hat die Auswertung gezeigt, dass das Risiko bei Vorliegen intrinsischer Risikofaktoren ebenfalls erhöht ist.

    Basierend auf der Auswertung hat der PRAC im Januar 2024 festgestellt, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis unverändert ist. Gleichzeitig hat er empfohlen, die Produktinformationstexte anzupassen und den RMP zu aktualisieren. Die Entscheidung über eine Risikokommunikation auf nationaler Ebene wurde den Mitgliedsstaaten überlassen. Die CMDh hat diesen Empfehlungen mit ihrem Gutachten vom 25. Januar 2024 zugestimmt. Deutschland hat daraufhin entschieden einen Rote-Hand-Brief zu versenden, um über die Ergebnisse der PASS zu informieren und einen erneuten Hinweis auf das vorhandene Schulungsmaterial zu geben. Dieser Rote-Hand-Brief wurde am 23.02.2024 versendet.

    Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:


    Der versendete Rote-Hand-Brief findet sich hier:




    1 Retrospective Cohort Study on the Risk of Venous Thromboembolism with the Use of Combined Oral Contraceptives Containing Chlormadinone Acetate (CMA)/Ethinylestradiol (EE) and Levonorgestrel (LNG)/Ethinylestradiol

  4. Textimplementierungen infolge von PSUSA- und anderer Pharmakovigilanzverfahren – Erfahrungen und Einschätzung durch das BfArM

    Das BfArM berichtet über Erfahrungen und Einschätzungen des BfArM hinsichtlich Textimplementierungen infolge von PSUSA- und anderer Pharmakovigilanzverfahren. Hier sind insbesondere Risikobewertungsverfahren (Referrals) zu nennen.
    Das BfArM erhält wiederholte Anfragen von Zulassungsinhabern und Landesbehörden wegen verzögerter Textimplementierungen infolge von PSUSA- und anderer Pharmakovigilanzverfahren, weil bei Typ-IAIN-Variations die vorgegebenen Fristen in der Produktion in der Regel nicht eingehalten werden können. Bei solchen Variations müsste die Einreichung der Variation direkt nach der Umstellung auf die neue Gebrauchsinformation in der Produktion erfolgen. Auch die im entsprechenden Hilfestellungsdokument der Bundesoberbehörden „Umsetzung von PSUSA-Verfahren, Empfehlungen der Bundesoberbehörden“ erwähnten 6 Monate werden erfahrungsgemäß oftmals nicht eingehalten. Das BfArM erreichen auch Anfragen, in denen Implementierungszeiträume von bis zu 12 Monaten diskutiert werden. Dieser Zeitraum erscheint sehr lang.

    Zusätzlich zu den Vorgaben zu den Typ-IAIN-Variations gibt es folgende Vorgaben zur Einreichung von Variations zu Textänderungen aufgrund eines PV-Verfahrens (sogenannte Safety Variations):

    • Im Fall einer einstimmigen CMDh-Position (beziehungsweise in der PRAC-Empfehlung) sind diese Fristen in den Zeitplänen (Timetables) festgelegt. Gemäß diesen beträgt die Einreichungsfrist in der Regel 2 Monate.
    • In den Q&A der CMDh ist definiert, dass Variations im Fall von Kommissionsentscheidungen zu PSUSAs 60 Tage nach Veröffentlichung der Kommissionsentscheidung einzureichen sind. Bei Kommissionsentscheidungen zu Risikobewertungsverfahren (Referrals) sind die Variations sogar 10 Tage nach Kommissionsentscheidung einzureichen, da es hier in der Regel um schwerwiegende beziehungsweise anlassbezogen bewertete Risiken geht.
    • Gemäß GVP IX (signal management) sind solche Änderungen schnellstmöglich und nicht später als 3 Monate einzureichen (GVP IX.C.4.1).

    Für die Implementierung der geänderten Texte nach Abschluss einer Variation gelten folgende Vorgaben: Grundsätzlich gilt, dass nach positivem Abschluss der Variation die Zulassung entsprechend geändert ist. Dann darf gemäß GMP nur noch zulassungskonforme Ware, d.h. Ware mit den neuen Produktinformationstexten, freigegeben werden. Im Rahmen der Freigabe hat die Sachkundige Person nach § 15 AMG dieses zu zertifizieren. Ausgenommen davon sind Typ-IAIN-Variations, bei denen vorab umgesetzt wird und direkt im Anschluss die Einreichung der Variation erfolgen muss („Do and Tell“ Prinzip). Ein möglicher Lieferengpass droht, wenn Ware mit alten Texten nicht mehr freigegeben werden darf und aktualisierte Texte wegen der kurzen Frist oft noch nicht zur Verfügung stehen. In solchen Fällen kann die zuständige Landesbehörde die Freigabe von Ware mit alten Texten dulden bis neue Texte in der Verpackung verfügbar sind (siehe hierzu Hilfestellungsdokument der Bundesoberbehörden „Umsetzung von PSUSA-Verfahren, Empfehlungen der Bundesoberbehörden“). Darin sind als Orientierung 6 Monate erwähnt. Diese 6 Monate sind jedoch nicht ungeprüft für sämtliche Fallkonstellationen zu übernehmen, vielmehr erwarten die Behörden bei jeglicher Duldung eine individuelle Risikoanalyse.

    Aus Behördensicht ist diese individuelle, interne Risikoanalyse hinsichtlich der angeordneten Maßnahmen durchzuführen, unabhängig von der Formulierung hinsichtlich des Sofortvollzugs, der in erster Linie eine aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage aufhebt.
    Die interne Risikoanalyse sollte fester Bestandteil des PV-Systems sein, in entsprechenden SOPs beschrieben und für jedes Verfahren gut dokumentiert werden, um den Behörden eine angemessene Bewertung (zum Beispiel bei GMP- und GVP-Inspektionen) nachweisen zu können. Idealerweise sollte hierzu eine formalisierte Prüfung (Risikomatrix) erfolgen. Zu beachten ist, dass das Haftungsrisiko beim Zulassungsinhaber verbleibt.

    Beispielhafte Kriterien für eine Risikoanalyse sind die Art der Änderung, das Risiko durch Bestandsware sowie das Risiko von Lieferengpässen für Patienten. Bei Textänderungen werden mögliche Aspekte in den Vortragsfolien genannt. Seitens der Sitzungsteilnehmer wurde gefragt, ob der erwähnte Text für die Gebrauchsinformation der aktuelle Text ist, der mit dem PEI abgestimmt, anschließend veröffentlicht wurde und nun verwendet werden soll, da er von der Version, die im November 2023 veröffentlicht wurde, abweicht. Der hier erwähnte Text wurde vor kurzem mit dem PEI und dem BMG abgestimmt und soll nun veröffentlicht werden.
    Post-meeting-note: Im Nachgang zur Routinesitzung wurde der Textbaustein veröffentlicht.

    Er findet sich hier:



    Von Verbandsseite wurde auf die Schwierigkeiten, die die Firmen mit diesem Thema haben, hingewiesen. So wird die rechtliche Gleichstellung einer elektronischen Gebrauchsinformation und einer Papierversion als schwierig angesehen. Auch wird hierzu von unterschiedlichen Ansichten der verschiedenen Landesbehörden berichtet. Ferner bereite es auch Schwierigkeiten, dass die sofortige Umsetzung der Typ-IAIN-Variations von einigen Landesbehörden als notwendig und in diesem Zusammenhang die oben zitierte Handreichung als eher kritisch angesehen wird. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass davon ausgegangen wird, dass Typ-IA-Variations in der Regel keinen Einfluss auf die Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel haben, sollten diese schnell umgesetzt werden. Dieses sei nicht in Übereinstimmung mit der Handreichung.

    Das BfArM berichtet, dass die Handreichung auch basierend auf den zahlreichen Anfragen der Länder diesbezüglich bei den Bundesoberbehörden erstellt worden ist. Hinsichtlich der Typ-IA-Variations weist das BfArM daraufhin, dass Typ-IA-Variations in der Regel keinen Einfluss auf die Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel haben. Bei Typ-IAIN-Variations hingegen gibt es schon einen Einfluss auf die Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel (daher auch die „immediate notification“). Folglich haben Variations, die aus einem Risikobewertungsverfahren resultieren, in der Regel Typ-IAIN- Variations, natürlich einen Einfluss auf die Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel.

    Den Bundesoberbehörden ist die zeitliche Problematik der Aktualisierung der Papierversion und deren Implementierung in der Packung bewusst und daher streben sie eine individuelle Übergangzeit basierend auf einer individuellen Betrachtung des Risikos in Form einer Risikoanalyse und somit eine Vermeidung von Lieferengpässen an. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die rechtlich bindende Version einer Gebrauchsinformation die Papierversion ist, die auch der Packung beigefügt ist. Daher muss die Papierversion schnellstmöglich aktualisiert werden. Da dieses jedoch mit einem gewissen Zeitfenster verbunden ist, wird aktuell für die Übergangszeit bis zur Implementierung der neuen Gebrauchsinformation in der Packung der QR-Code als geeignete Lösung angesehen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Übergangszeitraum möglichst kurz gehalten werden sollte und dieser individuell im Rahmen einer Risikoanalyse zu ermitteln ist, wobei der Zeitraum für schwerere Risiken kürzer gehalten werden sollte als für weniger schwere Risiken.

    Von Seiten eines Verbands wird darauf hingewiesen, dass der Zeitraum für den Ausgang der Verfahren und die Art der Änderung/en im Vorfeld nicht immer bekannt sind und die Firmen daher Schwierigkeiten haben, entsprechende Slots für den Druck zu buchen. Das BfArM weist darauf hin, dass gerade die PSUSA-Verfahren einen festen Zeitplan haben und somit schon weit vor dem Ende des Verfahrens der Zeitpunkt für die Umsetzung bekannt ist.



  5. Information zur Überarbeitung der Hilfestellungsdokumente für Schulungsmaterial

    Das BfArM berichtet über die Überarbeitung der Hilfestellungsdokumente von Schulungsmaterial und dessen Bereitstellung für die Anzeige in Praxissoftware.

    Das BfArM hat die Hinweise für pharmazeutische Unternehmen zur Einreichung und Genehmigung von Schulungsmaterial aktualisiert und diese stehen nun zur Verfügung. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass

    • die FAQs aktualisiert wurden,
    • die technischen Einreichungshinweise als gesondertes Dokument aus den FAQ erstellt wurden,
    • die Checkliste zur Einreichung grundsätzlich überarbeitet und das Dokument zum Standardlayout (inklusive standardisierter Bezeichnung von Schulungsmaterialien) in dieses Dokument integriert wurde,
    • die Wordvorlagen für die Leitfäden der Heilberufler/innen und Patient/innen erstellt wurden und
    • der Musterkommunikationsplan aktualisiert wurde.

    Das PEI und die Verbände der pharmazeutischen Industrie wurden vorab darüber informiert.

    Obwohl die Bereitstellung von Schulungsmaterial ab 01.04.2024 über die Praxissoftware garantiert ist, ist der initiale Papierversand weiterhin erforderlich. Dieses gilt insbesondere bei Patientenkarten für die Übergangsphase bis zur Implementierung in der Packung, so dass diese auch ausgehändigt werden können. Zusätzlich zur Neuerstellung können auch signifikante Aktualisierungen einen Postversand erforderlich machen, beispielhaft sei hier Valproat mit der Erweiterung des Schulungsmaterials hinsichtlich paternaler Exposition genannt. Beim Versand zusammen mit einem Rote-Hand-Brief kann es beim Empfängerkreis zur Differenzierung kommen. So kann es sein, dass der Versand an Teile des Empfängerkreises mit Schulungsmaterial als Anlage und an andere Teile ohne erfolgt. Die postalische Zusendung auf Einzelanfrage bleibt weiterhin verpflichtend und es soll auf die Bestellmöglichkeit hingewiesen werden. Es wird explizit dazu aufgefordert, dass in der Fach- und Gebrauchsinformation auf das Schulungsmaterial und dessen Abrufbarkeit mittels QR-Code auf einer Firmenwebseite hingewiesen wird. Der Hinweis auf das BfArM-Register ist nicht ausreichend. Auf den Firmenwebseiten sollten folgende Informationen werbefrei bereitgestellt werden:

    • aktuelle Gebrauchs- und Fachinformation
    • aktuelles Schulungsmaterial, sofern beauflagt
    • Information zur Bestellung von Druckversionen der o.g. Informationen
    • Hinweis auf Meldeweg für UAW-Meldung bei der Firma

    Die Bereitstellung des Schulungsmaterials an die Primärdatenanbieter und damit in die Praxissoftwaresysteme wird durch das BfArM sichergestellt. Allerdings kann derzeit eine unmittelbare Bereitstellung nicht immer gewährleistet werden, insbesondere bei der ersten Genehmigung kann es aktuell noch zu Verzögerungen kommen. Daher wird die eigenverantwortliche Zusendung des genehmigten Materials seitens der Zulassungsinhaber an Primärdatenanbieter direkt im Anschluss an die Genehmigung derzeit noch weiterhin empfohlen. Die Checkliste zur Einreichung wurde vom BfArM um einen entsprechenden Hinweis ergänzt.

    Aus Behördensicht gilt ein automatischer Wegfall des Schulungsmaterials für alle weiteren bezugnehmenden Zulassungen nicht, wenn die Bezugszulassung dieses abmeldet. Die regulatorische Pflicht zur Abmeldung besteht individuell pro Zulassung. Das bedeutet, dass die Abmeldung individuell auch für bezugnehmende Zulassungen erfolgen muss. Diese Abmeldung wird dann für jede betroffene Zulassungsnummer weitergegeben. Somit kann es zu einer Heterogenität in Bezug auf das Schulungsmaterial in dem Praxisverteilungssoftwaresystem bei gleicher Substanz beziehungsweise Kombination kommen.

TOP 5 Fälschungen von Arzneimitteln

  1. Bericht des PEI
    Das PEI stellt die Fälle von Arzneimittelfälschungen und Arzneimitteldiebstählen, die Arzneimittel aus seinem Zuständigkeitsbereich betreffen und die seit der letzten Routinesitzung bekannt geworden sind, vor.
  2. Bericht des BfArM
    Das BfArM berichtet über die aktuellen Fälle von Arzneimittelfälschungen und Diebstählen aus seinem Zuständigkeitsbereich und gibt einen Überblick über die internationale Zusammenarbeit zur Minimierung dieser.

TOP 6 Verschiedenes

  1. Herr Dr. Paeschke wird als Vorsitzender verabschiedet und Herr Dr. Huber als Nachfolger in dieser Funktion vorgestellt.
  2. Als Termin für die nächste Routinesitzung ist der 05.11.2024 vorgesehen, diese wird voraussichtlich als hybride Veranstaltung stattfinden.

Der Vorsitzende