Schriftliche Information zur 95. Routinesitzung nach § 63 AMG
07.11.2024
TOP 1 Schriftliches Verfahren
Im Vorfeld der 95. Routinesitzung wurden die Stufenplanbeteiligten informiert, dass das BfArM für die Novembersitzung in Erwägung zieht, zu diesem Termin ausschließlich in schriftlicher Form zu informieren. Die Stufenplanbeteiligten wurden bis zu einem bestimmten Termin um Zustimmung beziehungsweise um Einreichung von Themenvorschlägen für eine Präsenzsitzung gebeten. Der Vorschlag des BfArM wurde von allen Seiten unterstützt, so dass die Präsenzsitzung im November entfällt und die nächste für den 25. März 2025 geplant ist.
TOP 2 Sachstandsberichte über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern
- Berichte des BfArM zu Nebenwirkungen und zu Medikationsfehlern
Die Sachstandsberichte des BfArM über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen sind für das erste Halbjahr 2024 im Folgenden dargestellt.
Die Sachstandsberichte des BfArM zu Medikationsfehlern sind für das erste Halbjahr 2024 im Folgenden dargestellt.
- Berichte des PEI zu Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln sowie zu immunologischen Tierarzneimitteln
Die Sachstandsberichte des PEI über eingegangene Meldungen zu Nebenwirkungen bei Impfstoffen sind für das erste Halbjahr 2024 im Folgenden dargestellt.
Die Sachstandsberichte des PEI über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Ereignissen bei immunologischen Tierarzneimitteln sind für das erste Halbjahr 2024 im Folgenden dargestellt.
- Bericht des BVL
Die Sachstandsberichte des BVL über eingegangene Meldungen zu unerwünschten Ereignissen bei Tieren sind für das erste Halbjahr 2021 im Folgenden dargestellt.
TOP 3 Informationen zu Risikobewertungen
Europäische Risikobewertungsverfahren
Azithromycin; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG – Start des Verfahrens – Neubewertung des Nutzens und der Risiken
Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Azithromycin. Wie bereits auf der Routinesitzung im November 2023 berichtet, handelt es sich bei Azithromycin um ein Makrolid-Antibiotikum mit zahlreichen Anwendungsgebieten (u.a. obere und untere Atemwegsinfektionen). Von dem Risikobewertungsverfahren zur Neubewertung des Nutzens und der Risiken sind systemische Arzneimittel zur oralen oder intravenösen Anwendung betroffen, ausgenommen sind azithromycinhaltige Arzneimittel zur topischen Anwendung (als Augentropfen). Mit dieser Neubewertung soll die Anwendung im Sinne eines sinnvollen Einsatzes und sparsamen Umgangs optimiert werden und das Risiko für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen minimiert werden.
Seit der Information auf der Routinesitzung im November 2023 sind im Februar 2024 die Antworten der Zulassungsinhaber eingegangen. Diese wurden ausgewertet und im April 2024 hat der CHMP eine weitere Fragenliste zu noch ausstehenden Punkten an die Zulassungsinhaber versendet. Die Antworten dazu sind im August 2024 eingegangen. Parallel dazu hat der CHMP den PRAC um seine Empfehlung ersucht. Das Verfahren wurde im Oktober 2024 im CHMP beraten und es wurden weitere Fragen zu noch ausstehenden Aspekten formuliert. Eine erneute Beratung im CHMP ist für Februar 2025 vorgesehen.
Weitergehende Informationen finden sich im Ergebnisprotokoll vom 21.11.2023:
Ergebnisprotokoll zur 93. Routinesitzung nach § 63 AMG am 21. November 2023 (Online-Veranstaltung)
Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
Metamizol; Verfahren nach Art. 107i der RL 2001/83/EG – Start des Verfahrens – erneute Prüfung des Risikos einer Agranulozytose
Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Artikel 107i der Richtlinie 2001/83/EG zum Schmerzmittel Metamizol, das in Deutschland zur Behandlung akuter und chronischer starker Schmerzen (z.B. Koliken, Tumorschmerzen, Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen) und von hohem Fieber angewendet wird.
Das Verfahren war im Juni 2024 auf Antrag Finnlands eingeleitet worden. In Finnland sind trotz der jüngsten Verschärfung der Risikominimierungsmaßnahmen immer noch Fälle von Agranulozytose unter Metamizol gemeldet worden. Agranulozytose ist für metamizolhaltige Arzneimittel eine bereits bekannte und in den Produktinformationen adressierte mögliche Nebenwirkung.
Nach Überprüfung der Daten zum Risiko einer Agranulozytose unter Metamizol kam der PRAC zu dem Schluss, dass die bestehenden Warnhinweise in den Produktinformationen aktualisiert werden müssen. Die Änderungen sollen das Bewusstsein für diese schwerwiegende Nebenwirkung bei Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe schärfen und ihre frühzeitige Erkennung und Diagnose erleichtern. Wenn Patienten Symptome einer Agranulozytose entwickeln, muss sofort eine Untersuchung der Konzentration der Blutzellen, einschließlich der Konzentration der verschiedenen Arten von weißen Blutkörperchen, durchgeführt werden. Die Behandlung muss unterbrochen werden bis die Ergebnisse vorliegen.
Der PRAC empfiehlt, dass Angehörige der Gesundheitsberufe die Patienten darüber informieren müssen, dass sie die Einnahme dieser Arzneimittel abbrechen und sofort einen Arzt aufsuchen sollen, wenn sie Symptome einer Agranulozytose entwickeln. Dazu gehören Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen und schmerzhafte Wunden an den Schleimhäuten, insbesondere in Mund, Nase und Rachen oder im Genital- oder Analbereich. Die Patienten müssen sowohl während als auch kurz nach Absetzen der Behandlung auf diese Symptome achten.
Am 18. September 2024 befürwortete die CMDh die vom PRAC empfohlenen Maßnahmen zur Minimierung der schwerwiegenden Folgen der Agranulozytose. Da die Position der CMDh mit Stimmenmehrheit angenommen wurde, wurde sie an die Europäische Kommission weitergeleitet, die eine EU-weit rechtsverbindliche Entscheidung treffen wird.
Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
Ocaliva; Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) Nr. 726/2004 – aktueller Stand des Verfahrens – Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses
Das BfArM berichtet über den aktuellen Stand des Verfahrens nach Artikel 20 der Verordnung (EG) 726/2004 zur Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Ocaliva.
Ocaliva wird zur Behandlung von Erwachsenen mit PBC (primär biliärer Cholangitis) eingesetzt, einer Autoimmunerkrankung, die eine allmähliche Zerstörung der Gallengänge in der Leber verursacht, was zu Leberversagen führen und das Risiko von Leberkrebs erhöhen kann.
Zum Zeitpunkt der Novembersitzung 2023, auf der dieses Verfahren erstmalig vorgestellt wurde, war dieses Verfahren gerade neu gestartet worden. Anlass für die Überprüfung waren die Endergebnisse von zwei Studien bei Patienten mit PBC, die 2016 von der EMA als Teil der Auflagen für die ursprüngliche Zulassung von Ocaliva angefordert wurden.
Die Überprüfung erfolgte im CHMP. Dieser hat die Ergebnisse der beiden Studien sowie andere verfügbare Daten geprüft, darunter Daten aus der täglichen klinischen Praxis und aus unterstützenden Studien, die von dem Unternehmen, das Ocaliva vermarktet, vorgelegt wurden, sowie Informationen, die von Fachgesellschaften der Gesundheitsberufe und Patientenverbänden eingereicht wurden. Darüber hinaus berücksichtigte der CHMP die Rückmeldung einer Gruppe von Experten für Lebererkrankungen, die ihre Ansichten zu spezifischen Fragen des CHMP darlegten, sowie die Ansichten von Menschen, die mit PBC leben.
Im Juni 2024 hat der CHMP die Prüfung des Arzneimittels Ocaliva abgeschlossen und seine Stellungnahme abgegeben, gemäß der die Zulassung des Arzneimittels zu widerrufen ist, da der Nutzen des Arzneimittels nicht seine Risiken überwiegt.
Die EU-Kommission hat am 30. August 2024 mit ihrem Durchführungsbeschluss die Zulassung von Ocaliva widerrufen und somit der Empfehlung des CHMP entsprochen. Jedoch hat der Präsident des Gerichts der Europäischen Union mit seinem Beschluss vom 4. September 2024 den Durchführungsbeschluss der Kommission vorübergehend ausgesetzt. Gemäß diesem Beschluss bleibt die Zulassung für Ocaliva vorerst gültig.Weitergehende Informationen finden sich im Ergebnisprotokoll der Sitzung vom 21.11.2023:
Ergebnisprotokoll zur 93. Routinesitzung nach § 63 AMG am 21. November 2023 (Online-Veranstaltung)
Weitere Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
- Oxbryta; Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) Nr. 726/2004 - Start des Verfahrens – Überprüfung nach Berichten von Todesfällen in klinischen Studien mit diesem Arzneimittel zur Behandlung der Sichelzellanämie
Das Risikobewertungsverfahren gemäß Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 wurde im Juli 2024 von der EMA gestartet, nachdem Daten aus einer klinischen Studie gezeigt hatten, dass unter Oxbryta mehr Todesfälle auftraten als unter einem Placebo und eine andere Studie ergab, dass die Gesamtzahl der Todesfälle höher war als erwartet.
Oxbryta enthält den Wirkstoff Voxelotor und ist zugelassen zur Behandlung der hämolytischen Anämie bei Patienten im Alter ab 12 Jahren, die an der Sichelzellkrankheit leiden. Oxbryta kann allein oder zusammen mit einem anderen Arzneimittel, das Hydroxycarbamid enthält, gegen Sichelzellanämie verabreicht werden.
Die Sichelzellanämie ist eine genetisch bedingte Krankheit, bei der die Betroffenen eine abnorme Form von Hämoglobin produzieren, wodurch die roten Blutkörperchen starr und klebrig werden und ihre Scheibenform zu einer Sichelform verändern.
In einer der o. a. klinischen Studien wurden die Auswirkungen von Voxelotor auf die transkraniellen Doppler-Ultraschallmessungen des zerebralen arteriellen Blutflusses bei Kindern im Alter von 2 bis 15 Jahren mit Sichelzellkrankheit und hohem Schlaganfallrisiko untersucht. An der Studie nahmen 236 Patienten aus Ägypten, Ghana, Kenia, Nigeria, Oman, Saudi-Arabien, den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich teil. Unter den Patienten, die Voxelotor einnahmen, gab es acht Todesfälle, unter den Patienten, die Placebo einnahmen, zwei.
In der anderen Studie GBT440-042 wurde die Wirkung von Voxelotor auf Beingeschwüre bei 88 Patienten ab 12 Jahren aus Brasilien, Kenia und Nigeria untersucht. Acht Todesfälle traten im entblindeten Teil der Studie auf.
Derzeit gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass Oxbryta einen der Todesfälle in den Studien verursacht hat, und Informationen über viele der Fälle stehen noch aus, dennoch wurde die Behandlung mit Voxelotor für die Patienten beider Studien sowie für diejenigen, die in eine Folgestudie aufgenommen wurden, pausiert.
Während der Bewertung der Vorteile und Risiken von Oxbryta im CHMP sind neue Sicherheitsdaten bekannt geworden. Diese stammen aus zwei registergestützten Studien, die darauf hindeuten, dass bei den Patienten in den Studien während der Behandlung mit Oxbryta häufiger vasookklusive Krisen (VOC) auftraten als vor Beginn der Behandlung mit dem Arzneimittel. Vasookklusive Krisen gehören zu den häufigsten Komplikationen der Sichelzellkrankheit; sie treten in Form von akuten Schmerzschüben auf und können zu weiteren gesundheitlichen Komplikationen wie Arthritis, Nierenversagen und Schlaganfall führen.
In diesem Zusammenhang vertrat der CHMP im September 2024 die Auffassung, dass diese Daten insgesamt Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Oxbryta geben. Aufgrund der erhöhten Unsicherheiten empfahl er, die Zulassung des Arzneimittels ruhen zu lassen, bis alle verfügbaren Daten im Rahmen der laufenden Überprüfung bewertet worden sind. Dadurch, dass das Arzneimittel ruht, darf dieses nicht mehr in den Verkehr gebracht oder abgegeben werden.
Gleichzeitig hat das Unternehmen, das Oxbryta vertreibt, beschlossen, das Arzneimittel aus allen Ländern, in denen es erhältlich ist, zurückzuziehen und zurückzurufen, sowie die laufenden klinischen Studien, Compassionate-Use- und Early-Access-Programme einzustellen.
Die nächste Beratung im CHMP ist für Dezember 2024 vorgesehen. Dann wird der CHMP entweder eine Stellungnahme abgeben oder es werden weitere noch offene Fragen für die Zulassungsinhaber formuliert werden.
Weitergehende Informationen einschließlich Handlungsempfehlungen für Ärzte und Patienten sowie Informationen zum RHB finden sich hier:
Synapse; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG – Ende des Verfahrens und nationale Umsetzung - Überprüfung von Arzneimitteln, für die klinische Prüfungen von Synapse Labs Pvt. Ltd., einem Auftragsforschungsinstitut (CRO) mit Sitz in Kharadi, Indien, durchgeführt wurden
Das BfArM berichtet über den aktuellen Stand des Verfahrens nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zur Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Arzneimitteln, die auf Grundlage von klinischen Prüfungen zugelassen wurden, die an Standorten der Firma Synapse Labs Pvt. Ltd. durchgeführt wurden.
Wie bereits in der Novembersitzung 2023 berichtet, handelt es sich bei der Firma Synapse Labs Pvt. Ltd. um ein Auftragsforschungsinstitut (CRO) mit Sitz in Kharadi, Indien. Die spanische Arzneimittelzulassungsbehörde (AEMPS) hatte im Rahmen einer Inspektion zur Guten Klinischen Praxis (GCP) bei der Firma Synapse Labs Pvt. Ltd. Mängel festgestellt, die ernsthafte Zweifel an der Validität und Glaubwürdigkeit der bei Synapse Labs Pvt. Ltd. generierten klinischen Prüfungsdaten aufkommen ließen. Im Juli 2023 wurde daraufhin das Risikobewertungsverfahren gestartet. Der CHMP hat alle verfügbaren Daten ausgewertet und im Dezember 2023 sein Gutachten abgegeben und das Ruhen der vom Verfahren betroffenen Arzneimittelzulassungen wegen mangelhafter klinischer Prüfungen empfohlen. Die Antragsteller und Zulassungsinhaber haben daraufhin von der Möglichkeit, eine erneute Prüfung (“re-examination”) zu beantragen, Gebrauch gemacht. Im Rahmen dieser erneuten Prüfung bestätigte der CHMP seine ursprüngliche Empfehlung vom Dezember 2023. Die EU-Kommission hat das Gutachten mit ihrem Durchführungsbeschluss vom 24. Mai 2024, der an die Mitgliedsstaaten gerichtet ist, umgesetzt und das Ruhen der betroffenen Zulassungen angeordnet. Das BfArM hat mit Bescheid vom 17. Juni 2024 den Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Mai 2024 für die deutschen Zulassungen umgesetzt und somit auch das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Arzneimitteln, für die klinische Prüfungen von Synapse Labs Pvt. Ltd., einem Auftragsforschungsinstitut (CRO) mit Sitz in Kharadi, Indien, durchgeführt wurden, abgeschlossen.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kommissionsentscheidung die Möglichkeit eingeräumt hat, dass ein Mitgliedstaat die Aussetzung der Zulassung für die in Anhang IB der Kommissionentscheidung aufgeführten Arzneimittel zurückstellen kann, wenn er der Auffassung ist, dass ein Arzneimittel als Arzneimittel von kritischer Bedeutung einzustufen ist. Deutschland hat von dieser Möglichkeit nach umfassender Prüfung Gebrauch gemacht und hat für Arzneimittel, die als kritisch eingestuft worden sind, die Anordnung des Ruhens für 24 Monate ausgesetzt und die Zulassungsinhaber gleichzeitig aufgefordert, innerhalb von 12 Monaten eine neue Bioäquivalenzstudie vorzulegen. Die betroffenen Zulassungsinhaber wurden hierüber mit einem entsprechenden Bescheid informiert.
Darüber hinaus wurde für diverse Zulassungen, für die bereits in den letzten Monaten neue Bioäquivalenzdaten im Rahmen von Variations eingereicht worden sind und die sich aktuell in der Bearbeitung befinden , zunächst von einer Anordnung des Ruhens abgesehen, sofern auf Basis der aktuellen Datenlage von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgegangen werden konnte.Weitergehende Informationen finden sich im Ergebnisprotokoll der Sitzung vom 21.11.2023:
Ergebnisprotokoll zur 93. Routinesitzung nach § 63 AMG am 21. November 2023 (Online-Veranstaltung)Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
Mysimba (Naltrexone/Bupropion); Verfahren nach Art. 20 der VO (EG) 726/2004 – aktueller Stand des Verfahrens – Überprüfung wegen des potenziellen langfristigen kardiovaskulären Risikos
Das BfArM berichtet über das Risikobewertungsverfahren nach Artikel 20 der Verordnung (EG) 726/2004 zu Mysimba, das der CHMP in seiner Septembersitzung 2023 gestartet hat und das erstmalig auf der 93. Routinesitzung vorgestellt wurde.
Anlass für die Überprüfung von Mysimba waren bestehende Vorbehalte hinsichtlich des potenziellen langfristigen kardiovaskulären Risikos (Auswirkungen auf Herz und Kreislauf) von Mysimba und dessen Auswirkungen auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels in der zugelassenen Indikation.
Mysimba ist ein Arzneimittel, das zusammen mit einer Diät und körperlicher Betätigung zur Gewichtskontrolle bei Erwachsenen eingesetzt wird, die an Adipositas (mit einem Body-Mass-Index - BMI - von 30 oder mehr) oder an Übergewicht (mit einem BMI zwischen 27 und 30) leiden und gewichtsbedingte Komplikationen wie Diabetes, abnorm hohe Blutfettwerte oder Bluthochdruck haben.
Die Arzneimittelzulassung wurde am 26. März 2015 erteilt. Bereits zum Zeitpunkt der Zulassung von Mysimba gab es Bedenken hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen von Mysimba auf das kardiovaskuläre System. Zwei Studien zur Bewertung der kardiovaskulären Risiken dieses Arzneimittels wurden vorzeitig abgebrochen, so dass eine dritte Studie erforderlich war, um die Voraussetzungen für die Zulassung zu erfüllen.
Der CHMP erachtete das vom Zulassungsinhaber vorgeschlagene Studiendesign als unzureichend, um die langfristige kardiovaskuläre Sicherheit zu untersuchen. Darüber hinaus wurden die vom Zulassungsinhaber vorgeschlagenen Maßnahmen zur Minimierung des potenziellen Risikos für Patienten, die eine Langzeitbehandlung mit Mysimba erhalten, als nicht ausreichend erachtet, um die Notwendigkeit zur Durchführung einer Studie zu umgehen.
Die EMA bewertet nun alle verfügbaren Daten über das potenzielle langfristige kardiovaskuläre Sicherheitsrisiko und dessen Auswirkungen auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Mysimba in seiner zugelassenen Indikation und wird empfehlen, ob die Zulassung des Arzneimittels in der EU geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden sollte.
Seit der Information auf der Routinesitzung im November 2023 wurde das Verfahren in der CHMP-Sitzung im Mai 2024 neu gestartet und eine Liste mit weiteren Fragen wurde an den Zulassungsinhaber versendet. Im Oktober 2024 sind die Antworten des Zulassungsinhabers eingegangen. Im November 2024 werden die Bewertungsberichte des Rapporteurs und Co-Rapporteurs beim CHMP eingehen und anschließend durch die Mitgliedstaaten kommentiert werden. Die aktualisierten Bewertungsberichte werden im Dezember 2024 beim CHMP eingehen, so dass der CHMP über das Verfahren in der Dezembersitzung 2024 beraten wird.
Weitergehende Informationen finden sich im Ergebnisprotokoll der Sitzung vom 21.11.2023:
Ergebnisprotokoll zur 93. Routinesitzung nach § 63 AMG am 21. November 2023 (Online-Veranstaltung)
Weitergehende Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
Zusätzliche Information zu Mysimba (Naltrexone/Bupropion); Änderung der Zulassung als Ergebnis einer Bewertung des regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichtes – Risiken von Wechselwirkungen zwischen Mysimba und opioidhaltigen Arzneimitteln
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA bewertete das Risiko einer Wechselwirkung zwischen Mysimba und opioidhaltigen Arzneimitteln im Rahmen einer Bewertung des regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichts (PSUR).
Als Ergebnis dieser Bewertung forderte der PRAC das Unternehmen, das Mysimba vertreibt, Orexigen Therapeutics Ireland Limited, auf, eine Änderung der Zulassung zu beantragen, um das Risiko zu adressieren. Sowohl der PRAC als auch der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) konnten jedoch keine Einigung mit dem Unternehmen über geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung erzielen. Daher gab der CHMP auf seiner Sitzung im Juli 2024 eine Stellungnahme ab, die Änderung abzulehnen.
Das Unternehmen hat nach Erhalt der CHMP-Stellungnahme im August 2024 eine erneute Prüfung beantragt. Der PRAC wird über das Verfahren in seiner Sitzung Ende Oktober 2024 beraten und eine finale Empfehlung abgeben. Gegenstand der Beratung sind unter anderem Änderungen der Produktinformation, die Einführung einer Patientenkarte und die Versendung einer „Direct Healthcare Professional Communication“ (DHPC).
Zwischenzeitlich haben die EMA und – darauf aufsetzend – das BfArM Hinweise an Patienten und Angehörige der Heilberufe vor dem letztendlichen Abschluss des Verfahrens veröffentlicht.
Weitergehende Informationen dazu finden sich hier:
Finasterid und Dutasterid; Verfahren nach Art. 31 der RL 2001/83/EG – Start des Verfahrens - Überprüfung im Hinblick auf suizidale Gedanken und Verhaltensweisen
Das Risikobewertungsverfahren gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu finasterid- und dutasteridhaltigen Arzneimitteln wurde im Oktober 2024 auf Antrag der französischen Arzneimittelbehörde von der EMA gestartet, nachdem Bedenken hinsichtlich suizidaler Gedanken und Verhaltensweisen bekannt geworden sind.
Finasteridhaltige Arzneimittel (1 mg Tabletten oder Spray zur Anwendung auf der Haut) sind in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten zugelassen, um bei Männern im Alter von 18 bis 41 Jahren mit androgenetischer Alopezie (Haarausfall aufgrund männlicher Hormone) im Frühstadium Haarausfall zu verhindern und das Haarwachstum zu stimulieren. Darüber hinaus sind finasteridhaltige (5 mg Tabletten) und dutasteridhaltige (0,5 mg Kapseln) Arzneimittel zur Behandlung der Symptome einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH) zugelassen. Das ist eine Erkrankung, bei der die Prostata vergrößert ist, was zu Problemen beim Urinfluss führen kann.
In Deutschland sind von dem Verfahren etwas mehr als 100 Zulassungen und auch etwas mehr als 50 Zulassungsinhaber betroffen. Die Arzneimittel sind in Deutschland u.a. unter folgenden Handelsnamen zugelassen: Propecia, Proscar, Fynzur, Avodart, Dutascar, Finural, Finaristo, Finapil, Prosmin, Finapuren, Capila, Finahair, Duodart, Dutalosin.
Finasterid- und dutasteridhaltige Arzneimittel zur oralen Anwendung haben bekannte psychiatrische Nebenwirkungen einschließlich Depressionen. Suizidale Gedanken wurden kürzlich auch als mögliche Nebenwirkung mit unbekannter Häufigkeit in die Produktinformationen für die beiden ersten in mehreren Ländern der EU einschließlich Deutschland zugelassenen finasteridhaltigen Arzneimittel, Propecia und Proscar, aufgenommen. Um die Risiken zu minimieren, wurden bereits Maßnahmen für finasteridhaltige Arzneimittel eingeführt, einschließlich Warnhinweisen in den Produktinformationen für Angehörige der Gesundheitsberufe. Diese sollen Patienten auf psychiatrische Symptome überwachen und die Behandlung bei Auftreten von Symptomen absetzen. Zu diesen Maßnahmen gehören auch Empfehlungen für Patienten, bei Auftreten psychiatrischer Symptome ärztlichen Rat einzuholen.
Die Überprüfung wird vom PRAC durchgeführt. Dabei werden nun alle verfügbaren Daten zu suizidalen Gedanken und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit finasterid- und dutasteridhaltigen Arzneimitteln geprüft und bewertet. Auf der PRAC Sitzung im Februar 2025 wird das Verfahren wieder beraten werden.
Weitere Informationen zum Risikobewertungsverfahren finden sich hier:
TOP 4 Fälschungen von Arzneimitteln
Eine Zusammenfassung zu den Fällen von Arzneimittelfälschungen und zu Arzneimitteldiebstählen seit der vergangenen Sitzung ist den Stufenplanbeteiligten gesondert mitgeteilt worden.
TOP 5 Allgemeine Regularien und organisatorische Angelegenheiten
Es wurden keine aktuellen Themen für den allgemeinen Informationsaustausch zwischen den Stufenplanbeteiligten vorgeschlagen.
TOP 6 Verschiedenes
AMK-PHAGRO-Schnellinformationssystem
Die AMK (Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker ) berichtet zum AMK-PHAGRO-Schnellinformationssystem.
Das AMK-PHAGRO-Schnellinformationssystem wurde 1996 gemeinsam von der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V.) mit dem PHAGRO (Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e. V.) etabliert. Ziel dieses nationalen Informationssystems ist es, innerhalb kürzester Zeit (<=24h) dringende Risikomeldungen zu Arzneimitteln bundesweit an alle öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken sowie vollversorgenden pharmazeutischen Großhandlungen zu übermitteln.
Hierzu zählen insbesondere gravierende Qualitätsmängel, schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder erhebliche Indikationseinschränkungen, die ein akutes gesundheitliches Risiko für Patienten darstellen. Über die Erforderlichkeit der Einleitung eines Schnellinformationsverfahrens entscheidet unter medizinisch-pharmazeutischen Aspekten in eigener Verantwortung die AMK.
Die AMK-PHAGRO-Schnellinformation enthält in aller Regel eine konkrete Handlungsaufforderung an die Apotheken und vollversorgenden Großhandlungen und deren Niederlassungen; meist zur unverzüglichen Aussonderung und Nichtabgabe der betroffenen Arzneimittel oder die Ankündigung eines Rückrufs. Dazu wird die Schnellinformation stets mit dem betroffenen pharmazeutischen Unternehmer und der zuständigen Behörde eng abgestimmt. Die verfasste Meldung wird von der AMK über einen zentralen Verteiler des PHAGRO an diejenigen deutschen vollversorgenden pharmazeutischen Großhandlungen und deren Niederlassungen übermittelt, die Mitglied des PHAGRO sind.
In der Praxis erfolgt die Vervielfältigung der AMK-PHAGRO-Schnellinformation durch die Großhandlungen und die Auslieferung als Kopie in der nächsten Arzneimittellieferung an die Apotheke. Zudem informiert die AMK über einen Verteiler u.a. alle Krankenhausapotheken und Landesapothekerkammern, den Sanitätsdienst der Bundeswehr, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und die Bundesoberbehörden. Zeitgleich wird die Schnellinformation auch auf der AMK-Website (www.arzneimittelkommission.de) veröffentlicht.
Das AMK-PHAGRO-Schnellinformationssystem wurde seit seiner Einführung 1996 regelmäßig genutzt, letztmalig aber im Mai 2020 (siehe Anlage). Daher möchten AMK und PHAGRO gern (erneut) alle Beteiligten der Routinesitzung nach § 63 AMG über das System informieren und insbesondere pharmazeutische Unternehmer sowie die zuständigen Behörden zur regelhaften Prüfung einer möglichen und angemessenen Nutzung bei Auftreten wichtiger und dringender Arzneimittelrisiken aufrufen.
Bitte beachten Sie hierzu auch den begleitenden Foliensatz.
Nachfolgend findet sich die letztmalige AMK-PHAGRO-Schnellinformation vom 28. Mai 2020
- Termin nächste Routinesitzung
Die nächste Routinesitzung ist für Dienstag, den 25. März 2025, als hybride Sitzung geplant.
Abteilungsleitung Pharmakovigilanz