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Anlage 4 zum Ergebnisprotokoll der 56. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht vom 17.01.2006

11. Rekombinante Blutgerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren

Empfehlung des Sachverständigenausschusses:

Der Sachverständigenausschuss empfiehlt,

Rekombinante Blutgerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren

der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen.

Begründung:

Rekombinante Gerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren entsprechen in ihrer Zusammensetzung und Wirkweise den aus menschlichem Blutplasma gewonnenen Faktoren- und Inhibitorenkonzentraten, die der Verschreibungspflicht nach § 48 unterstellt sind.

Bei rekombinanten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren handelt es sich um gentechnisch hergestellte Analoga von im menschlichen Blut vorkommenden Gerinnungsproteinen wie z.B. Faktor VIII, Faktor IX, Protein C oder Antithrombin.

Die rekombinant hergestellten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren verhalten sich wie die körpereigenen Bestandteile und werden in verschiedenen hämostaseologischen Mangelsituationen angewendet. Ihre Verabreichung erfolgt immer intravenös. Rekombinanter FVIII und FIX werden zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Hämophilie A und B eingesetzt. Aktiviertes Protein C wird bei Behandlung von schwerer Sepsis mit multiplem Organversagen im intensivmedizinischen Bereich angewendet. Antithrombin wird bei angeborenem Antithrombinmangel zur Vorbeugung von tiefen Venenthrombosen in klinisch risikoreichen Situationen wie Operationen oder in der Geburtsphase eingesetzt. Die Dosierung der rekombinanten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren erfolgt individuell je nach Plasmaspiegel und Substitutionsbedarf des betreffenden Patienten. Bezeichnung und Chargennummer des verabreichten Präparates sind zu dokumentieren.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören hypersensitive und allergische Reaktionen, die eine sorgfältige ärztliche Überwachung der Patienten während und nach der Infusion erforderlich machen. Darüber hinaus sind die Patienten regelmäßig auf die Bildung von Inhibitoren zu überwachen. Falls z.B. die erwarteten Faktor-VIII-Plasmaaktivitäten nicht erreicht werden oder die Blutung mit einer angemessenen Dosis des Präparates nicht beherrscht wird, muss ein Inhibitortest durchgeführt werden. Bei Patienten mit hohen Inhibitorwerten ist es möglich, dass die Faktor-VIII-Therapie nicht effektiv ist, so dass andere therapeutische Maßnahmen erwogen werden müssen.

Die Therapie mit rekombinanten Gerinnungsfaktoren und –inhibitoren sollte nur von Ärzten durchgeführt werden, die über Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit Hämophilie und hämostaseologischen Störungen verfügen.

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