Anlage 4 zum Ergebnisprotokoll der 56. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht vom 17.01.2006
19.04.2006
14. Aconitum
- Arten der Gattung Aconitum, deren Pflanzenteile und Zubereitungen daraus sowie Aconitum-Alkaloide und deren Derivate -
Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses:
Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt,
Aconitum
Arten der Gattung Aconitum, deren Pflanzenteile und Zubereitungen daraus sowie Aconitum-Alkaloide und deren Derivate
- ausgenommen zum äußeren Gebrauch in Salben
- ausgenommen in homöopathischen Zubereitungen zur oralen Anwendung, die nach den Herstellungsvorschriften 25 und 26 des Homöopathischen Arzneibuches hergestellt sind
der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen.
Begründung:
Bisher unterstehen
Aconiti, Tubera und ihre Zubereitungen
-ausgenommen zum äußeren Gebrauch in Salben
-ausgenommen in homöopathischen Zubereitungen zur oralen Anwendung, die nach den Herstellungsvorschriften 25 und 26 des Homöopathischen Arznei-buchs hergestellt sind
sowie „Aconitin“ und seine Derivate der Verschreibungspflicht. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit beantragte eine Überprüfung der Frage, ob aus Gründen der Anwendungsrisiken sämtliche Aconitum-Arten und Pflanzenteile der Verschreibungspflicht unterstellt werden sollten. Anlass sei ihre zunehmende Verwendung nicht nur in homöopathischen Zubereitungen, sondern auch in denen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM).
Aconitum-Arten enthalten toxische Diterpen – Alkaloide. Nachgewiesen wurden diese Alkaloide in allen Pflanzenteilen. Der Gehalt liegt in den unterirdischen Teilen zwischen 0,2 – 3 %, im Kraut zwischen 0,2 und 2 % und in den Samen bei maximal 1,4 %. Der Gehalt schwankt u.a. in Abhängigkeit von Herkunft und Erntezeit.
Wesentliche Alkaloide der in Mitteleuropa heimischen bzw. kultivierten Arten sind
Aconitin
Benzoylnaponin
Hypaconitin
Lycaconitin
Neopellin
und die Aminoalkohole Aconin, Napellin, Neolin und Lycoctonin. In verschiedenen Arten werden zusätzlich Nebenalkaloide (z.B. Isochinolin-Alkaloide) oder Katecholamine gefunden.
Aconitin und verwandte Alkaloide werden sehr schnell intestinal, aber auch über intakte Haut und Schleimhäute resorbiert. Ihre Elimination erfolgt renal und über den Darm. Aconitin erhöht die Membranpermeabilität für Natriumionen, verlängert damit dessen Einstrom und verzögert die Repolarisation. Es wirkt peripher wie zentral auf motorische wie sensible Nerven zunächst erregend, gefolgt von einer Lähmung. Kardiale Auswirkungen sind vor allem Arrhythmien sowie eine Bradykardie, die bei letaler Dosis zum diastolischen Herzstillstand führt. Weitere schnell einsetzende Symptome bei hoher Dosierung oder Intoxikation sind:
- Parästhesien an den Extremitäten, die in eine Anaesthesia dolorosa übergehen, das Gefühl der Taubheit an der gesamten Körperoberfläche
- Hypothermie
- Nausea und schweres Erbrechen
- Diarrhoe
- Sehstörungen (Farbensehen)
- schwerste Schmerzen
- Hypotension
- Atemdepression und zentrale Atemlähmung.
Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen und Anwendungsrisiken wird die Aus-weitung der Verschreibungspflicht auf alle Aconitum-Arten, Pflanzenteile, deren Zu-bereitungen sowie alle Aconitum-Alkaloide empfohlen.