BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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57. Sitzung (19. Juni 2006) – Ergebnisprotokoll

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Tagungszeit:
19. Juni 2006, 10.00 - 13.00 Uhr

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Dr. Hagemann,
Leiter der Abteilung Pharmakovigilanz
im Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM)
im Auftrag des Leiters des BfArM

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht
Herr Dr. Lässig
Herr Liebau
Herr Prof. Dr. Dinnendahl
Herr Dr. Throm
Frau Prof. Dr. Sickmüller
Herr Dr. Eberwein
Herr Dr. Schneidereit
Herr Prof. Dr. Fromm
Frau PD Dr. Balogh
Herr Prof. Dr. Kirschstein
Frau Prof. Dr. Nieber
Herr Prof. Dr. König

Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Herr Sommer

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
Frau Dr. Kluge

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Frau Dr. Preuß

BfArM
Herr Dr. Grüger
Herr Rotthauwe
Herr Dr. Todt
Frau Dr. Brixius
Frau Dr. Fischer-Barth

Tagesordnung:

TOP 1: Eröffnung der Sitzung

Eröffnung der Sitzung und Begrüßung der Anwesenden durch den Vorsitzenden.

Vorstellung der Anwesenden aus BMG, BMELV, BVL und BfArM.

Die Ausschussmitglieder Prof. Dr. Ungemach, Prof. Dr. Hasford und Dr. Geldmacher sowie deren Vertreter können nicht teilnehmen und lassen sich entschuldigen.

TOP 2: Annahme der Tagesordnung

Der Tagesordnungspunkt „Colocynthidis fructus und ihre Zubereitungen“ wird nicht behandelt, da die Firma ihren Antrag am 16.06.06 zurückgezogen hat.

Zu Top 9 – Verschiedenes:

  • Vortrag des BMG zu einer Position der AMVV, die bereits in der Verordnung über die Verschreibungspflicht für Medizinprodukte geregelt ist.
  • Präsentation von Frau Dr. Kluge (BMELV) zur neuen EU-Regelung zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln bei Lebensmittel-liefernden Tieren
  • Sachstand zur Neufassung der Geschäftsordnung

Die Tagesordnung wurde mit den Ergänzungen bzw. Streichungen angenommen.

TOP 3: Annahme der Ergebnisniederschrift der 56. Sitzung

Die Ergebnisniederschrift der 56. Sitzung vom 17.1.2006, der bereits schriftlich zugestimmt wurde, ist auf der Webseite des BfArM veröffentlicht. Anlagen zum Protokoll (z.B. Präsentationen) sollen nicht als PDF-Datei, sondern als barrierefreie Dateien (z.B. Word- oder Powerpoint-Datei) zur Verfügung gestellt werden, da sie ansonsten nicht veröffentlicht werden können. Die Ausschussmitglieder hatten auf Nachfrage keine Verbesserungsvorschläge zum Protokoll.

Verpflichtungen aus dem Protokoll der 56. Sitzung:

Gemäß TOP 17 „Themen für die nächste Sitzung“ wird die Änderung der Position zu Heparin aufgegriffen (siehe TOP 9) und die Position „Opiumalkaloide“ in Zusammenhang mit der Position „Papaverin“ beraten. Die Substanz Papaverin stellt ein Opiumalkaloid dar und ist nicht Gegenstand des Betäubungsmittelgesetzes, wird also von der Position "Opiumalkaloide" erfasst. Daher ist eine zusätzliche Position "Papaverin" in der AMVV nicht angezeigt. Gemäß TOP 17 Punkt 4 haben sich BfArM und BMG mit der Frage beschäftigt, ob Ester, Ether oder Molekülverbindungen ebenfalls mit expliziter Nennung der Verschreibungspflicht unterstellt werden sollen, und sich darauf verständigt, dass dieses sehr umfangreiche Projekt zunächst verschoben wird.

TOP 4: Hydrocortison 0,5 %

- zur topischen Anwendung bei entzündlichen Hauterkrankungen, bei denen die Anwendung von schwach wirksamen topischen Glukokortikoiden angezeigt ist -Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Hydrocortison 0,5 % - zur äußeren Anwendung bei entzündlichen Hauterkrankungen, bei denen die Anwendung von schwach wirksamen topischen Glukokortikoiden angezeigt ist –

Darstellung der Antragsbegründung und fachliche Bewertung des BfArM (nähere Begründung siehe Anlage 1). Seit 1996 sind Hydrocortison und Hydrocortisonacetat in Zubereitungen zum äußeren Gebrauch in einer Konzentration bis zu 0,25%, berechnet als Base, und in Packungsgrößen bis zu 50 g, sofern auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen eine Beschränkung der Anwendung auf Erwachsene und Kinder ab dem vollendeten 6. Lebensjahr angegeben ist, von der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG freigestellt.

Die Anwendungsdauer sollte auf eine kurzzeitige Anwendung (maximal 2 Wochen) beschränkt bleiben.

Diskussionsgegenstand war insbesondere die Packungsgröße von 50 g, die für eine 2 wöchige Behandlungsdauer als zu groß erachtet wurde. 40 g oder gar 25 g wären ebenfalls ausreichend. Eine gängige Packungsgröße in Deutschland und auch in anderen Ländern ist 30 g, teilweise gibt es noch kleinere Packungsgrößen. Auf Nachfrage bzgl. der Altersgrenze von 6 Jahren wurde als Grund die andere Hautbeschaffenheit bei jüngeren Kindern genannt, die mit einer höheren Resorption und mit einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko einhergeht. Nach eingehender Diskussion über die Packungsgröße wird ein dreistufiges Abstimmungsverfahren durchgeführt (ohne Begrenzung der Packungsgröße, Begrenzung auf 50 g, Begrenzung auf 30 g):

1. Antrag des pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung ohne Angabe der Packungsgröße, ohne Beschränkung auf Alter (s.o.).

Abstimmung: Der Antrag auf Freistellung wurde mehrheitlich abgelehnt.

2. Antrag des pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung mit zusätzlicher Beschränkung auf Alter und der Packungsgröße auf 50 g.

Abstimmung: Der Antrag auf Freistellung wurde mehrheitlich abgelehnt.

3. Antrag des pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung mit zusätzlicher Beschränkung auf Alter und der Packungsgröße auf 30 g - exakter Wortlaut des Antrags auf Freistellung:

Abstimmung: Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht wurde einstimmig empfohlen.

TOP 5: Diclofenac

- 25 mg je abgeteilter Form –

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Erweiterung der Ausnahme von der Verschreibungspflicht für oral angewendetes Diclofenac, von bisher 12,5 mg auf 25 mg je abgeteilter Form

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Erweiterung der Ausnahme von der Verschreibungspflicht für oral anzuwendendes Diclofenac von bisher 12,5 mg auf 25 mg je abgeteilter Form bis maximal 75 mg Tagesdosis und einer Anwendungsdauer von 3- 4 Tagen.

Darstellung der Antragsbegründung und fachliche Bewertung des BfArM, das die Erweiterung befürwortet

In der Diskussion wird auf Studien verwiesen, die eine Wirkung von Diclofenac erst bei gleichzeitiger Gabe von 2x 12,5 mg (25 mg) zeigen.

Abstimmung: Die Erweiterung der Ausnahme von der Verschreibungspflicht für Diclofenac wurde einstimmig empfohlen.

TOP 6: Colocynthidis fructus und ihre Zubereitungen

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf teilweise Entlassung aus der Verschreibungspflicht bis zu einer Tagesdosierung von 0,5 g Droge und/oder 18 mg Gesamt-Cucurbitacine bei maximaler kontinuierlicher Anwendungsdauer von 14 Tagen und an höchstens 30 Tagen pro Jahr

Entfällt, da Rücknahme des Antrags (siehe TOP 2)

TOP 7: Mandragora officinarum L und Mandragora autumnalis Bertol, Wurzeln von und ihre Zubereitungen

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für homöopathische Urtinkturen von Mandragora officinarum L und Mandragora autumnalis Bertol – Wurzeln, die nach den Herstellungsvorschriften 25 und 26 des Homöopathischen Arzneibuches hergestellt werden

Darstellung der Antragsbegründung und der fachlichen Bewertung des BfArM, das die Freistellung empfiehlt

siehe Anlage 1

Erläuterung des spagyrischen Herstellungsverfahrens, das unter anderem eine Verarschung beinhaltet.

Das BfArM überlegt, spagyrische Zubereitungen insgesamt von der Verschreibungspflicht auszunehmen. Dieses Thema soll auf der 58. Sitzung behandelt werden.

Keine Diskussion

Abstimmung: Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht wurde mehrheitlich empfohlen.

TOP 8: Änderungsanträge des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

  1. AntibiotikaBei definierten Antibiotika-PositionenZusatz
    – zur Anwendung bei Tieren –
    anstelle der Nennung von Tierarten
  2. AntiparasitikaBei definierten Antiparasitika-PositionenZusatz
    – zur Anwendung bei Tieren –
    anstelle der Nennung von Tierarten
  3. Meloxicam
    Zusammenfassung der bisherigen Angaben
  4. Substanzen vom Xylazin-TypBei definierten PositionenZusatz
    – zur Anwendung bei Tieren –
    anstelle der Nennung von Tierarten

Darstellung des Sachverhalts durch das BVL. Bis 1992 erfolgte die Aufnahme von Stoffen in die Verordnung, die nur bei Tieren zum Einsatz kamen, mit dem Zusatz „zur Anwendung bei Tieren“ ohne Spezifizierung auf einzelne Tierarten. Die Nennung einzelner Tierarten erfolgte jedoch, wenn diese ausgenommen wurden (z.B. Behandlung der Echinokokkose bei Hunden und Katzen). Seit 1992 wurden Stoffe mit expliziter Nennung der Tierarten aufgenommen. Dies entspricht der geänderten Zulassungspraxis, die sich seit 1992 auf bestimmte Tierarten beschränkt.

Zur Beseitigung der hierdurch entstandenen Inkonsistenzen spricht sich das BVL für eine redaktionelle Vereinheitlichung in der Anlage zur Verordnung aus, ohne Nennung einzelner Tierarten. Die Nennung von Zieltierarten soll nur die Ausnahmen betreffen (siehe Behandlung der Echinokokkose). Betroffen sind insbesondere die Gruppe der Antiinfektiva sowie sedativ wirksame Substanzen vom Xylazin-Typ

siehe Anlage 2

Am Verschreibungsstatus einzelner Arzneimittel ändert sich hierdurch nichts.

Ein weiterer Grund für die angestrebte Vereinheitlichung ist die Befürchtung, dass Stoffe, die für alle Tierarten der Verschreibungspflicht unterstellt sind, als gefährlicher eingestuft werden, als solche, die nur für einzelne Tierarten unterstellt sind, auch wenn sie für andere Tierarten keine Zulassung besitzen.

Gegenstand der umfangreichen Diskussion war die mögliche Verwirrung von Tierärzten, die die Nicht-Nennung einzelner Tierarten als Ausweitung der Indikation deuten könnten, was von einzelnen Sachverständigen als Gefahr angesehen wurde. Andererseits würde aber auch die bestehende Fassung der Anlage zur Verordnung dazu führen, dass Tierärzte das zu verschreibende Präparat mit der Verordnung vergleichen müssen oder vermuten könnten, dass die Anwendung bei anderen als den explizit genannten Tieren (off-label Gebrauch) nicht verschreibungspflichtig sei. Diese Argumentation betrifft auch den alleinigen Zusatz „zur Anwendung bei Tieren“ der so interpretiert werden könnte, dass die Anwendung beim Menschen zulässig und nicht verschreibungspflichtig sei. Der Zusatz könne daher auch komplett gestrichen und eine Substanz nur mit den bestehenden Ausnahmen gelistet werden. Als Argument gegen die Streichung des Zusatzes wurde angeführt, dass mit dem Zusatz auf die ausschließliche Zulassung bei Tieren hingewiesen wird und er dadurch eine gewisse Sicherheit vor der Anwendung beim Menschen bietet.

Der Anregung mehrerer Ausschussmitglieder auf Vertagung dieses Themas auf die 58. Sitzung, um sich auch mit weiteren Experten ein umfassenderes Bild über die verschiedenen Argumente machen zu können, wird einstimmig entsprochen.

Bis zu dieser Sitzung sollen auch mögliche juristische Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Änderung geklärt sein.

TOP 9: Verschiedenes

Anfragen aus dem Vorfeld

„Epidermisschicht der Haut vom Schwein zur Anwendung als biologischer Verband“

Herr Sommer (BMG) berichtet, dass diese Produkte Medizinprodukte sind und die Position bereits in der Medizinproduktverschreibungsverordnung enthalten ist. Die Position sollte daher aus der AMVV gestrichen werden. Er empfiehlt hierüber in der 58. Sitzung zu entscheiden, damit vorher noch rechtliche Konsequenzen geprüft werden können.

Verschreibungspflicht von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere

Präsentation von Frau Dr. Kluge (BMELV, siehe

Anlage 3

Eine EU-Richtlinie (2001/82/EG, Artikel 67) sieht die Verschreibungspflicht aller Arzneimittel für Lebensmittel-liefernde Tiere ab 01.01.2007 vor, sofern keine Ausnahmeregelungen getroffen werden. Derzeit sind in Deutschland ca. 450 Präparate betroffen, die ab dem 01.01.2007 unmittelbar verschreibungspflichtig würden – hierunter fallen auch Homöopathika und Salben. Für die Ausnahmeregelungen werden derzeit auf EU-Ebene Kriterien verhandelt. National werden die Ausnahmen durch Verordnung des BMELV im Einvernehmen mit dem BMG und mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Es besteht keine Pflicht zur Anhörung des Sachverständigenausschusses. Die Regelung kann als einständige Verordnung oder als Teil der AMVV erlassen werden.

Gegenstand der umfangreichen Diskussion waren das Arzneimittel-bezogene Konzept der geplanten Verordnung und die sich daraus ergebenden Probleme im Verhältnis mit der bestehenden Wirkstoff-bezogenen AMVV. Da es zu möglichen Überschneidungen der Verordnungen kommen kann, wurde einerseits eine strikte Trennung wie auch zwischen BtmVV und AMVV, andererseits eine mögliche Zusammenfassung der Verordnungen diskutiert (z.B. Teil 1 „Human-Arzneimittel“ und Teil 2 „Tier-Arzneimittel“). Beide Lösungen bedürfen allerdings keiner Zustimmung des Ausschusses.

Das Thema wird auf der nächsten Ausschusssitzung aufgegriffen und der aktuelle Sachstand (z.B. Verordnungsentwurf) berichtet.

Heparine (siehe TOP 3)

Darstellung des Sachverhalts durch das BfArM.

Anlage 4

Diskussion über Sammel- oder Einzelpositionen. Einzelpositionen werden als praktischer für die Handhabung der Verordnung angesehen, insbesondere für Personen ohne spezielles Fachwissen. Bei Sammelpositionen besteht das Problem der Benennung und damit der Auffindung in der alphabetischen Liste. Auf Vorschlag eines Ausschussmitglieds könnte die Position auch „Heparine“ lauten und damit noch weiter vereinfacht werden.

Der TOP wird einvernehmlich auf die nächste Sitzung verschoben und soll dort im Zusammenhang mit der Problematik von Sammelpositionen diskutiert werden.

Sachstand zur Neufassung der Geschäftsordnung

Herr Hagemann berichtet über den Sachstand der Beratungen zur Neufassung der Geschäftsordnung. Zu dem Entwurf gibt es umfangreiche Kommentare des BMG. Geschäftsordnungen von Kommissionen und Ausschüssen sollen weitgehend vereinheitlicht werden. Punkte in der Diskussion sind z.B. der Vorsitz (z.B. aus Reihen des Gremiums) sowie Erklärungen zu Interessenskonflikten von Mitgliedern und Protokollregelungen. Das BfArM erstellt bis Ende Juni einen überarbeiteten Entwurf für das BMG. Für die nächste Sitzung im Januar soll dem Sachverständigenausschuss ein überarbeiteter Entwurf vorgelegt werden.

Der Termin für die nächste Sitzung wurde festgelegt.

Termin der nächsten SitzungTermin der nächsten Sitzung:
Montag, der 16.01.2007
Beginn: 10.00 Uhr
Sitzungsort: Bonn
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die PDF-Version des Protokolls herunterladen:

Anlagen: