BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Tagungszeit:
16. Januar 2007, 10.00 - 14.00 Uhr

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Dr. Hagemann,
Leiter der Abteilung Pharmakovigilanz
im Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM)
im Auftrag des Leiters des BfArM

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht
Herr Dr. Zoller
Herr Prof. Dr. Ungemach
Herr Prof. Dr. Oppermann
Herr Prof. Dr. Dr. Kirch
Herr Liebau
Frau Dr. Zagermann-Muncke
Herr Dr. Throm
Frau Prof. Dr. Sickmüller
Herr Dr. Eberwein
Herr Dr. Schneidereit
Herr Prof. Dr. Dr. Lemmer
Herr Prof. Dr. Otto
Herr Prof. Dr. Hasford
Herr Prof. Dr. Faust
Herr Dr. Geldmacher

Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Herr Dr. Möller
Herr Sommer

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
Frau Dr. Kluge

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Frau Dr. Preuß

BfArM
Frau Dr. Brixius
Herr Dr. Grüger
Frau Dr. Krappweis
Herr Dr. Sachs
Herr Dr. Seebeck
Herr Rotthauwe

Frau Kairies
Herr Todt
Herr Dr. Rütz
Herr Völkel

Tagesordnung

TOP 1: Eröffnung der Sitzung

Eröffnung der Sitzung und Begrüßung der Anwesenden durch den Vorsitzenden.
Vorstellung der Anwesenden aus BMG, BMELV, BVL und BfArM.

Drei Ausschussmitglieder können nicht teilnehmen und lassen sich entschuldigen.

TOP 2: Annahme der Tagesordnung

Der Tagesordnungspunkt „Spagyrische Zubereitungen“ wird auf Antrag auf die nächste Sitzung verschoben.

Zu TOP 14 – Verschiedenes:
Diclofenac (Erhöhung der Menge der einzeln abgeteilten Darreichungsformen) – der bewertende Abschlussbericht des CHMP liegt inzwischen vor. Das Ergebnis erlaubt nun die Umsetzung des Votums des Sachverständigenausschusses aus der 57. Sitzung.

Die Tagesordnung wird mit den Ergänzungen bzw. Streichungen angenommen.

TOP 3: Parenterale Ernährungslösungen

Antrag des BfArM auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht.

Aktuell sind vergleichbare Arzneimittel mit unterschiedlicher Einstufung der Verkaufsabgrenzung (verschreibungs- oder apothekenpflichtig) zugelassen (nähere Antragsbegründung s. Anlage 1). Es werden Belege und der wissenschaftliche Kenntnisstand zu den Anwendungsrisiken von Ernährungslösungen bei Patienten mit unterschiedlichen Vorerkrankungen sowie das Missbrauchspotential (Bodybuilder-Szene) vorgetragen und diskutiert. Außerdem diskutiert wird die Notwendigkeit, dass parenterale Ernährungslösungen auch weiterhin vom Pflegepersonal appliziert werden können. Letzteres ist nicht von der Verkaufsabgrenzung des Arzneimittels, sondern von der Delegation dieser Aufgabe des Arztes durch Anweisung an das Pflegepersonal abhängig. Seitens eines Vertreters der Arzneimittelhersteller wird auf eine Kostensteigerung der Therapie als Folge einer Unterstellung unter die Verschreibungspflicht hingewiesen.

Abstimmung: Der Antrag auf Unterstellung wird abgelehnt.

TOP 4: Spagyrische Zubereitungen

Antrag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. auf Freistellung von der Verschreibungspflicht

Dieser Punkt wird auf die nächste Sitzung vertagt.

TOP 5: Podophyllum-peltatum

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von Podophyllum peltatum in homöopatischen Urtinkturen aus der Verschreibungspflicht.

Das BfArM stellt seine Antragsbegründung und fachliche Bewertung dar (nähere Begründung s. Anlage 1). Es findet keine Diskussion statt.

Abstimmung: Der Antrag auf Freistellung wird mehrheitlich angenommen.

TOP 6: Aprotinin

Antrag des BfArM auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht

Der Sachverhalts wird vom BfArM vorgestellt (nähere Begründung s. Anlage 1). Wegen des Risikos von anaphylaktischen Reaktionen und nephrotoxischer Wirkungen wird die Unterstellung für notwendig gehalten. Es findet keine Diskussion statt.

Abstimmung: Der Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht wird einstimmig angenommen.

TOP 7: Weibliche Geschlechtshormone

Antrag des BfArM auf Aktualisierung der Position

Antragsbegründung und fachliche Bewertung werden vom BfArM vorgetragen (nähere Begründung s. Anlagen 1 und 4).

In der Diskussion wird darauf hingewiesen, dass nur solche Stoffe aufgelistet werden sollten, die in Arzneimitteln enthalten sind oder sein können. Vorhandene Zusätze (zur Anwendung beim Hund bzw. bei Tieren) sollten in Anlehnung an den Beschluss aus TOP 12 gestrichen werden. Dem Hinweis, dass konjugiertes Estrogen und Estron keine Synonyme darstellen, wird nachgegangen.

Abstimmung: Der Antrag auf Auflösung der Sammelposition und entsprechende Listung aller Stoffe aus den Listen 1 und 2 (ggf. Korrekturen zu Position 19, Liste 1; Streichung der Zusätze bzgl. Anwendung bei Tieren) wird einstimmig angenommen.

TOP 8: Gonadotropine

Antrag des BfArM auf Aktualisierung der Position

Darstellung der Antragsbegründung und fachliche Bewertung werden vom BfArM vorgetragen (nähere Begründung siehe Anlage 1 und Anlage 4). Die kurze Diskussion ergibt einen weitgehenden Konsens für eine Auflösung.

Abstimmung: Die Auflösung der bestehenden Sammelposition und die Aufnahme aller Einzelstoffe wird mehrheitlich empfohlen.

TOP 9: Trenbolon

Antrag des Sozialministeriums Mecklenburg-Vorpommern auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht

Antragsbegründung und fachliche Bewertung werden vom BfArM vorgetragen (nähere Begründung s. Anlage 1).
Trenbolon steht auf der Liste der Dopingmittel und ist außerhalb der EU als Masthilfsmittel zugelassen. Innerhalb der EU besteht ein Verbot für die Anwendung von anabol wirksamen Substanzen bei Lebensmittel liefernden Tieren zu Mastzwecken. In der anschließenden Diskussion wird u.a. auf die missbräuchliche Verwendung beim Bodybuilding und auf die Möglichkeit der Unterstellung unter das Betäubungsmittelgesetz hingewiesen. Allerdings wird das Missbrauchspotential aufgrund der wenigen vorliegenden Daten bisher als geringfügig angesehen.
In der weiteren Diskussion werden Bedenken geäußert, dass die Verschreibungspflicht möglicherweise kein gutes Instrument ist, um Missbrauch von Substanzen zu verhindern, für die es kein zugelassenes Arzneimittel gibt. Zudem besteht eine Rezeptpflicht beim Import von Arzneimitteln aus Drittländern (Trenbolon ist im außereuropäischen Ausland als Masthilfsmittel zugelassen) beim Menschen und es gibt Strafvorschriften gemäß §6a des AMG (Verbot von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport mit Bezug auf die internationale Dopingliste). Es ist zudem beabsichtigt, das Strafrecht in diesem Bereich zu verschärfen (Erhöhung der maximal möglichen Freiheitsstrafe von 3 auf 10 Jahre). Ein Hinweis auf die internationale Dopingliste soll auf der Webseite des BfArM unter „Pharmakovigilanz“ veröffentlicht werden.
Es bestand im Ausschuss Einigkeit über die pharmakologischen Wirkungen. Da im Konsens eine weitere inhaltliche Aufarbeitung unter Einbeziehung anderer möglicherweise in der EU zugelassenen anabolen Substanzen für sinnvoll angesehen wird, wird das Thema vertagt.

TOP 10: Epidermis vom Schwein als Hautverband

Antrag des BMG auf Streichung aus der AmVV

Antrag des BMG auf Streichung der Position aus der Arzneimittelverschreibungs-Verordnung, da sie gemäß § 3 Ziffer 1 des Medizinproduktegesetzes als Medizinprodukt eingestuft ist. Es findet keine Diskussion statt.

Abstimmung: Der Antrag auf Streichung der Position aus der Anlage der Arzneimittelverscheibungs-Verordnung wird einstimmig angenommen.

TOP 11: Praziquantel

Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers auf Freistellung von Praziquantel für die Anwendung bei Zierfischen aus der Verschreibungspflicht.

Ein Mitarbeiter des BfArM-Rechtsreferats erläutert hierzu die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Danach untersteht Praziquantel in dieser Indikation bisher der Verschreibungspflicht und kommt § 60 AMG nicht zur Anwendung, weil eine der Bedingungen des § 60 AMG, i.e. die Zulassung für den Verkehr außerhalb von Apotheken, nicht gegeben ist. Der Vertreter der Tierarzneimittelhersteller äußert dazu eine andere Rechtsauffassung, nach der Praziquantel ohne Zulassung außerhalb von Apotheken vertreiben werden könne.
Darstellung und fachliche Bewertung erfolgt durch das BVL, das eine Freistellung nicht befürwortet. Diskutiert werden Bedenken hinsichtlich der korrekten Diagnosestellung durch den Laien, der Wirksamkeit bei unsachgemäßer Dosierung, der Toxizität und Ökotoxizität (Anwendung auch in Teichen) sowie möglicher Resistenzproblematik. Bedenken werden auch hinsichtlich einer möglichen Einstellung der Vermarktung geäußert, falls Praziquantel in der Verschreibungspflicht verbleibt oder zugelassen werden müsste, da das Umsatzvolumen sehr klein ist.

Abstimmung: Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Anwendung bei Zierfischen wird mehrheitlich empfohlen.

TOP 12: Änderungsanträge des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Konsolidierung der Arzneimittelverschreibungs-Verordnung hinsichtlich der Nennung der Tierarten – Rückführung auf einen allgemeinen Begriff bei definierten Stoffen.

Frau Dr. Kluge (BMELV) führt in das Thema ein, das auf der letzten Sitzung bereits behandelt wurde (siehe Protokoll der 57. Sitzung). In der Diskussion wird darauf hingewiesen, dass die Streichung aller Zusätze zu einer wesentlichen Vereinfachung führen würde, da damit sämtliche Tierarten sowie die Anwendung beim Menschen auch bei möglicherweise künftig anstehenden Neuzulassungen erfasst wären. Gegebenenfalls könnten Ausnahmen z.B. für bestimmte Tierarten formuliert werden. Es werden Bedenken geäußert, ob sich durch eine solche Änderung nicht doch de facto Änderungen insbesondere für bereits zugelassene bzw. nicht zulassungspflichtige oder auch künftige Arzneimittel (insbesondere im Heimtierbereich, § 60 AMG) ergeben. BMG macht den Vorschlag, ausreichend lange Übergangsfristen für zur Zeit am Markt befindliche Arzneimittel einzuräumen. Das BVL befürwortet die uneingeschränkte Unterstellung der im Antrag genannten Antibiotika und Antiparasitika, um das Risiko für eine Resistenzentwicklung bei Bakterien und Parasiten zu minimieren. Im Falle einer Streichung jeglicher Zusätze für die im Antrag genannten Stoffe soll eine entsprechende Bereinigung auch für die Stoffe geprüft werden, die derzeit mit einem anderen Zusatz gelistet sind.

Abstimmung: Für die im Antrag genannten Stoffe (siehe Anlage 2) wird eine Streichung jeglicher Zusätze, bei gleichzeitiger Verfügung ausreichender Übergangsfristen (diese werden vom BMG festgelegt), mehrheitlich empfohlen.

TOP 13: Sammelpositionen in der AmVV

Sachstand: BfArM

Das BfArM führt in das Thema ein. Ergebnis der Diskussion ist der Konsens, dass die meisten Sammelpositionen aufgelöst werden sollten, um Eindeutigkeit und Transparenz herzustellen, wodurch insbesondere die Arbeit der Überwachungsbehörden vereinfacht wird. Ebenfalls Konsens besteht über ein differenziertes Vorgehen, nach dem zunächst die unstrittigen Sammelpositionen benannt werden, die erhalten bleiben. Die übrigen Sammelpositionen werden prioritär in künftigen Ausschusssitzungen behandelt.

Unstrittige Sammelpositionen:

  • Betäubungsmittel, soweit sie Zubereitungen nach § 2 Abs 1 Nr. 3 des Betäubungsmittelgesetzes sind
  • Blutgerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren, jeweils rekombinant
  • Blutzubereitungen humanen Ursprungs - zur arzneilichen Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
  • Gentransfer-Arzneimittel
  • Gewebetransplantate, humane allogene und Produkte aus Gewebezüchtungen
  • Impfstoffe - zur Anwendung am oder im menschlichen Körper; die Vorschriften der Tierimpfstoff-Verordnung zur Verschreibungspflicht bleiben unberührt -
  • Radionuklide enthaltende Stoffe und Zubereitungen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken
  • Sera und monoklonale Antikörper - zur Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper -
  • Tuberkuline, flüssige oder trockene, sowie alle sonstigen aus oder unter Verwendung von Tuberkelbazillen hergestellte Zubereitungen

Es wird beschlossen, dass das BfArM Vorschläge für die zu behandelnden Positionen erarbeitet

TOP 14: Verschiedenes

Verschreibungspflicht von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere - Sachstand: BMELV
conflict of interest - Sachstand: BfArM
Diclofenac - Sachstand: BfArM

Verschreibungspflicht von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere
BMELV informiert zum aktuellen Sachstand bzgl. der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere (siehe Anlage 3). Die neue EU-Richtlinie (2006/130/EG) legt insgesamt 8 Ausnahmekriterien fest, nach denen, u.a. für deren Anwendung, keine besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten erforderlich sein dürfen. Zur Zeit wird im BMELV eine Ausnahmeverordnung vorbereitet, die in die AmVV integriert werden soll. Die neue Verordnung soll Ende September 2007 in Kraft treten. Eine erneute Vorstellung des aktuellen Sachstands im Sachverständigenausschuss ist erst nach erfolgter Gesetzesänderung, d.h. in 2008, geplant.

Erklärung zu Interessenkonflikten (Conflict of interest- Statement) von Sachverständigen
Im BfArM ist die Überarbeitung der Geschäftsordnung noch nicht abgeschlossen. Dort wird u.a. geregelt werden, dass die Mitglieder von ständigen Sachverständigengremien künftig vor jeder Sitzung eine Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten abgeben müssen.

Diclofenac / Bewertung neuer Studien zu alten NSAIDs bezüglich kardiovaskulärer Risiken:
Vom CHMP wurden nach Abschluß der Risikobewertung dieser Stoffe erst im November und Dezember 2006 Textänderungen für die Produktinformationen verschiedener NSAIDs verabschiedet. Wegen des damals noch laufenden Verfahrens war zunächst die Umsetzung des letzten Votums zu Diclofenac ausgesetzt worden, jetzt kann die Umsetzung erfolgen. Gleichzeitig werden die entsprechenden Angaben in den Packungsbeilagen auf Wunsch von Patientenorganisationen radikal gekürzt, so dass sie nunmehr keine deutlichen Hinweise auf mögliche kardiovaskuläre Risiken beinhalten. Inhaltlich ergibt sich kein neuer Sachstand, so dass das Votum in die neue Verordnung mit aufgenommen werden kann.

Termin der nächsten Sitzung:
Montag, der 03.07.2007
Beginn: 10.00 Uhr

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die PDF-Version des Protokolls herunterladen:

Anlagen:

(TOP 5,6,7,8,10,11)
Antragsbegründung zu TOP 12 (BVL)
(BMELV)
Präsentationen zu den Positionen und (BfArM)