BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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61. Sitzung (01. Juli 2008) – Ergebnisprotokoll

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Tagungszeit:
01.07.2008, 10.00 - 14.45 Uhr

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Dr. Hagemann,Leiter der Abteilung Pharmakovigilanzim Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM)
im Auftrag des Leiters des BfArM

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht
Herr Prof. Dr. Beck
Herr Prof. Dr. Berner
Frau Prof. Dr. Bode-Böger
Herr Prof. Dr. Dr. Brune
Herr Dr. Eberwein
Herr Dr. Geldmacher
Herr Prof. Dr. Dr. Kirch
Herr Krüger
Herr Dr. Lässig
Herr Prof. Dr. Dr. Lemmer
Herr Liebau
Herr Prof. Dr. Niebling
Herr Prof. Dr. Ruth
Herr Schmidt
Frau Prof. Dr. Sickmüller
Frau Dr. Sigge
Herr Dr. Throm
Herr Prof. Dr. Ungemach

Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Herr Sommer

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
Frau Dr. Kluge

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Frau Preuß

BfArM

Frau Dr. Brixius
Herr Dr. Grüger
Frau Dr. Fischer-BarthHerr RotthauweHerr Todt
Herr Dr. Unkrig

Tagesordnung:

TOP 1: Eröffnung der Sitzung

Eröffnung der Sitzung und Begrüßung der Anwesenden durch den Vorsitzenden. Der Sachverständige, der für den TOP "Calcipotriol" ein Gutachten erstellt hat, wird als Gutachter für Fragen zu Verfügung stehen, nimmt aber an Diskussion und Abstimmung nicht teil.

Zur Diskussion des Themas „Verpflichtung zu Dosierungsangaben auf dem Rezept“ wird der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft an der Sitzung teilnehmen.

Die Sachverständigen hatten vorab zugestimmt, dass zum TOP "Calcipotriol" zwei externe Sachverständige gehört werden.

Der Vorsitzende erneuert seine bereits in früheren Sitzungen geäußerte Bitte, einen Antrag auf Hinzuziehung externer Sachverständiger nicht, wie bisher häufig, erst kurz vor der Sitzung an die Geschäftsstelle zu richten.

TOP 2: Annahme der Tagesordnung

Die Tagesordnung wurde unter TOP 12, Verschiedenes, ergänzt. Die Tagesordnungspunkte 4 und 8 werden auf Antrag vorgezogen.

Die Tagesordnung wird angenommen.

TOP 3: Kalium

zur parenteralen Anwendung -
Antrag des BfArM auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht

Das BfArM führt in das Thema ein

Hintergrund des Antrags war die Anfrage eines pharmazeutischen Unternehmers an das BfArM. Im Rahmen der Nachzulassung wurden für zwei als verschreibungspflichtig deklarierte parenterale Arzneimittel, die Kalium und Magnesium enthalten, die kardiologischen Indikationen versagt. Der Hersteller möchte diese Arzneimittel nun als „apothekenpflichtig“ in den Markt bringen. Die Prüfung seiner Anfrage ergab, dass Kalium-haltige Lösungen bisher nicht in der AMVV geregelt sind. Angesichts der bekannten Kardiotoxizität bei gleichzeitig notwendiger Abgrenzung zu niedrig dosierten Elektrolytlösungen ergab sich die Notwendigkeit, den Sachverständigenausschuss mit diesem Thema zu befassen.

Der Antrag auf Unterstellung von

Kalium
- zur parenteralen Anwendung in Konzentrationen von mehr als 6 mmol/l -

unter die Verschreibungspflicht wird einstimmig angenommen

TOP 4: Calcipotriol

Antrag der Firma Novartis Consumer Health auf Freistellung von der Verschreibungspflicht für Calcipotriol 0,005 % in topischen Zubereitungen

Die externen Sachverständigen werden in den Sitzungsraum gebeten. Das BfArM führt in das Thema ein.

In der Diskussion vertreten Sachverständige die Auffassung, dass Patienten für die Erstdiagnose einer Psoriasis in jedem Fall den Arzt aufsuchen würden, im Verlauf ihrer chronischen Psoriasis aber sehr gut über ihre Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten informiert seien. Zudem erkrankten die meisten Patienten an einer weniger schweren Form mit entsprechend geringem Befall von Hautarealen, der unterhalb der 10%igen Grenze bleibe.

Es folgt eine Präsentation der externen Sachverständigen.

Anschließend haben die Mitglieder des Ausschusses Gelegenheit, Fragen zu stellen.

Der Hersteller führte im Vorfeld Gespräche zur möglichen Entlassung aus der Verschreibungspflicht mit anderen Behörden. Aufgrund der regulatorischen Bedingungen kann eine Anpassung der Gebrauchsinformation, d.h. die Erweiterung von Risikoangaben für den Patienten nicht ohne weiteres mit der Empfehlung für die Unterstellung unter die Apothekenpflicht erfolgen. Das betreffende Arzneimittel des Antragstellers wurde bisher nicht vermarktet. Nach Angaben des externen Sachverständigen ist Calcipotriol zur topischen Anwendung in allen Industrienationen verschreibungspflichtig.

In der anschließenden Diskussion wird mitgeteilt, dass die niederländische Behörde als RMS für das Arzneimittel des Antragstellers eine Änderung der Verkaufsabgrenzung ablehnt. Damit können die vom Antragsteller vorgeschlagenen Änderungen der aktuellen Gebrauchsinformation derzeit nicht umgesetzt werden. Dies wäre wichtig, um die Patienten nach dem Entfallen der ärztlichen Therapiekontrolle angemessen zu informieren. Aufgrund der fehlenden regulatorischen Voraussetzungen erfolgte in einem vergleichbaren Fall keine Freistellung durch BMG.

Ein sachverständiger Vertreter des BAH stellt in Aussicht, dass ein anderer RMS gesucht werden wird, der der beabsichtigten Änderung positiv gegenüber steht. Der Vorsitzende gibt zu bedenken, dass ggf. eine oder mehrere nicht mit der Entscheidung dieses RMS einverstandene Arzneimittelbehörden in der EU dagegen vorgehen können („Referral“), so dass der Ausgang eines solchen Verfahrens als offen anzusehen ist.

Ein Sachverständiger sieht keine pharmakologischen Anwendungsrisiken, da ein Patient mit einer Psoriasis nach vorliegenden Erkenntnissen seine Behandlung selbständig und sachgerecht durchführt.

Der Vertreter des BfArM nimmt Bezug auf die vom Antragsteller im Fall der Freistellung geplanten Ergänzungen in der Gebrauchsinformation. Diese soll um besondere Vorsichtsmaßnahmen bzw. Sicherheitshinweise („5 Punkte-Plan“) sowie einen einführenden Satz ergänzt werden. Nach Erfahrungen aus der dermatologischen Praxis würden Patienten voraussetzen, dass Topika ungefährlich sind, sodass in der Folge die Gebrauchsinformation nicht oder nur punktuell gelesen wird. Wenn auch viele Patienten eine Erkrankung mit stabilem Verlauf kompetent selbst behandeln können, so sind auch sehr variable Verläufe möglich und es kann auch ein Patient mit einer kutan sehr leicht ausgeprägten Psoriasis eine psoriatrische Arthritis entwickeln.

Abstimmungsergebnis: Der Antrag auf Entlassung von

Calcipotriol

– zur äußerlichen Anwendung in Konzentrationen bis 0,005% zur Behandlung von leichter bis mittelschwerer Psoriasis (Psoriasis vulgaris) mit einer Erkrankung von bis zu 10% der Körperoberfläche und in Packungsgrößen bis zu 3 mg Calcipotriol -

aus der Verschreibungspflicht wird mehrheitlich angenommen.

TOP 5: Lokalanästhetika

zur äußeren Anwendung
-Formulierungsvorschlag zur Vereinfachung der Position

Formulierungsvorschlag zur Vereinfachung der Position

Das BfArM führt in das Thema ein.

Das BMG macht den Vorschlag, diese Position aus Gründen der Transparenz aufzulösen und in Einzelpositionen zu überführen. Diese Sicht findet bei einigen Sachverständigen Unterstützung.
Mehrere Sachverständige sind der Ansicht, dass eine Freistellung von Lokalanästhetika zur proktologischen Anwendung das Risiko birgt, dass Erkrankungen verschleppt und erst verspätet diagnostiziert werden.
Der Stellungnahme und dem Formulierungsvorschlag des BfArM wird insofern widersprochen, als zwischen z.B. Tetracain und Procain pharmakologische Unterschiede bestehen, die klinisch relevant sein können.
Der Ausschuss bittet das BfArM, die aktuelle Sammelposition rechtsneutral in Einzelpositionen aufzulösen.

Abstimmungsergebnis: Der Sachverständigenausschuss votiert mehrheitlich für die Auflösung der Sammelposition zu Lokalanästhetika.

TOP 6: Trometamol

zur parenteralen Anwendung -
Antrag des BMG auf Klärung der Positiozur parenteralen Anwendung -

Das BfArM führt in das Thema ein

Auf Rückfrage wird vom BfArM bestätigt, dass durch Einführung einer Verschreibungspflicht ab einem Grenzwert von 1 g Trometamol je abgeteilter Form alle Arzneimittel ausgenommen bleiben, die Trometamol lediglich als Hilfsstoff bzw. Stabilisator enthalten.

Abstimmungsergebnis: Der Antrag auf Unterstellung von

Trometamol

- zur parenteralen Anwendung bei Störungen des Säure-Basen-Haushalts oder zur Harnalkalisierung bei Intoxikationen oder einem Gehalt über 1 g Trometamol je abgeteilter Arzneiform –

unter die Verschreibungspflicht wird mehrheitlich angenommen.

TOP 7: Theodrenalin

zur parenteralen Anwendung -
Antrag des BMG auf Klärung der Position

Das BfArM führt in das Thema ein

Anlage 1

Es gibt zu diesem Punkt keine Wortmeldungen.

Abstimmungsergebnis: Der Antrag auf Unterstellung von

Theodrenalin

-zur parenteralen Anwendung -

unter die Verschreibungspflicht wird einstimmig angenommen

TOP 8: Pentosanpolysulfat

Antrag des BMG auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht

Das BfArM führt in das Thema ein.

Anders als in der zeitlich vor den Stellungnahmen versendeten Tagesordnung angegeben, wird die Unterstellung von Pentosanpolysulfat ohne Einschränkungen beantragt. Im Verlauf der fachlichen Antragsbearbeitung wurde klar, dass die Anwendungsrisiken in gleicher Weise orale und parenterale Darreichungsformen betreffen. Vorab erfolgte die Abstimmung mit BVL hinsichtlich der veterinärmedizinischen Arzneimittel.

Abstimmungsergebnis: Der Antrag auf Unterstellung von

Pentosanpolysulfat

unter die Verschreibungspflicht wird mehrheitlich angenommen.

TOP 9: Enterococcus faecium

zur Anwendung bei Tieren
Antrag des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf komplette Entlassung aus der Verschreibungspflicht

Das BVL führt in das Thema ein.

Es gibt einige zustimmende Kommentare zu diesem Antrag.

Abstimmungsergebnis: Der Antrag auf Freistellung von

Enterococcus faecium

- zur Anwendung bei Tieren -

von der Verschreibungspflicht wird einstimmig angenommen.

TOP 10: Antihistaminika

zur Anwendung bei Erbrechen in der Schwangerschaft -
Antrag des BfArM auf Streichung dieser Sammelposition aus der AMVV

Das BfArM führt in das Thema ein. Ein sachverständiger Vertreter des BAH führt zur Vorgeschichte dieser Position aus, dass 1976 ein Stufenplanverfahren zu Antihistaminika anhängig war. Antihistaminika wurden in der Indikation „Erbrechen“ eingesetzt und sollten nur für die besondere Indikation des Schwangerschaftserbrechens unter Rezeptpflicht gestellt werden. Er stellt die Frage, ob es aktuell Arzneimittel gibt, die in der breiten Indikation „Erbrechen“ zugelassen sind. Sollte dies der Fall sein, würde eine Freistellung auch für deren Anwendung in der Schwangerschaft gelten. Das BfArM wird die Frage klären, ob es zugelassene Arzneimittel (verschreibungspflichtig und nicht verschreibungspflichtig) mit der Indikation "Erbrechen", ohne Einschränkung der Anwendung in der Schwangerschaft gibt, und das Thema in die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufnehmen.

TOP 11: Rauwolfia-Alkaloide

Antrag des BfArM auf Auflösung dieser Sammelposition in Einzelpositionen

Das BfArM führt in das Thema ein.

Da es eine große Anzahl von Rauwolfia-Alkaloiden gibt, deren Zubereitungen im Rahmen der Regelungen des § 38, Abs.1 Satz 3 AMG ("1000er-Regelung") ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden können, plädiert das BfArM dafür, die Positionen Ajmalin und Reserpin aus Gründen der Transparenz und Eindeutigkeit neu aufzunehmen, und die bestehende Sammelposition zu Rauwolfia um die Zusätze, dass sie sich auf Rauwolfia-Arten sowie auf die Alkaloide bezieht, zu ergänzen. Die neue Position lautet:

Rauwolfia-Arten, ihre Zubereitungen und Alkaloide.

Damit kann die bisherige Sammelposition "Rauwolfia-Alkaloide" entfallen.

Abstimmungsergebnis:

Der Antrag auf

  • Auflösung der Sammelposition "Rauwolfia-Alkaloide"

  • Aufnahme der Positionen Ajmalin und Reserpin

wird einstimmig angenommen.

Der Antrag auf Ergänzung der bestehenden Position zu Rauwolfia

  • Rauwolfia-Arten, ihre Zubereitungen und Alkaloide

wird ebenfalls einstimmig angenommen.

TOP 12: Verschiedenes

12.1 Antrag des BMG auf verpflichtende Angaben zur Dosierung auf dem Rezept

Der Vorsitzende begrüßt Herrn Professor Ludwig zu dem Antrag des BMG auf verpflichtende Angaben zur Dosierung auf dem Rezept.Der sachverständige Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker führt in das Thema ein und begründet, warum aus Sicht der Apotheker eine Verpflichtung zu Dosierungsangaben auf dem Rezept nicht sinnvoll ist.
Professor Ludwig hält für unverzichtbar, jedem Patienten eine "Medikationsliste" auszuhändigen, die bei jeder Änderung der Medikation (Arzneimittel an-/abgesetzt, Dosierungsänderung) aktualisiert wird. Bisher stellt die Versorgung eines Patienten mit einer solchen Liste jedoch eher die Ausnahme dar. Alternativ kämen grundsätzlich in der Zukunft verpflichtende Angaben zur Dosierung auf dem Rezept in Betracht. Zu klären seien vorher aber noch einige offene Fragen. Unklar sei u.a., ob es bereits Erfahrungen aus anderen Ländern gibt, wonach durch eine solche Maßnahme die Arzneimittelsicherheit verbessert werden kann. Sinnvoll sei der Weg, über Pilotprojekte Erfahrungen und Argumente zu sammeln.

Auf Nachfrage wird erläutert, dass die Angaben auf dem Rezept vom Apotheker auf die Arzneimittelpackung übertragen werden müssten. In der Onkologie wie auch in anderen Bereichen, in denen die Dosierung immer wieder, am Krankheitsverlauf orientiert angepasst wird, ist ein solches Vorgehen aus Sicht von Professor Ludwig nicht sinnvoll.

Medikationslisten können bereits teilweise durch die Praxis-Software erstellt werden. In der Praxis wird demgegenüber sowohl die zusätzliche Aufnahme von Dosierungsangaben auf das vergleichsweise kleinformatige Rezept als auch die handschriftliche Übertragung auf zum Teil kleine Packungen als schwierig angesehen. Hinzu kommt, dass viele Arzneimittel in einschleichender und/oder während der Behandlung wechselnden Dosierungen eingenommen werden müssen.

BMG führt aus, dass der Verordnungsgeber nach § 48 AMG Form und Inhalt der Verschreibung regelt.
Der Vorsitzende fasst die Diskussionsbeiträge und die Meinungen der Mitglieder zu dem Antrag des BMG zusammen.

Der Sachverständigenausschuss empfiehlt, keine generelle Verpflichtung zu Dosierungsangaben auf dem Rezept einzuführen.

12.2 Einführung von Sonderrezepten für Thalidomid, Lenalidomid und Isotretinoin

Der Vorsitzende informiert darüber, dass das BMG die Einführung von Sonderrezepten für die genannten Stoffe anstrebt. In Anlehnung an die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes ist ein 2teiliges Rezeptformular in der Diskussion. Der verschreibende Arzt soll zusätzlich bestätigen, dass er sich über alle erforderlichen Sicherheitsanforderungen (Schwangerschaftspräventionsprogramm etc.) informiert und diese Informationen an seine Patienten weiter gegeben hat. Außerdem soll angekreuzt werden, ob er das Arzneimittel zulassungskonform oder in einer off-label-Indikation verordnet hat. Das BMG erläutert, dass die EU-Kommission in ihrer Kommissionsentscheidung die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Überwachung des off-label-use verfügt hat.

12.3 Loperamid und Dextromethorphan (DXM), Ergebnisse der Umfragen bei Referenzapotheken

Der sachverständige Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker erläutert die Ergebnisse. Die Rücklaufquote betrug ca. 48 %.DXM
Danach sehen nur ca. 20% der Befragten eine erhöhte Nachfrage, ein Anhalt auf missbräuchliche Anwendung in größerem Umfang ergebe sich daraus aber nicht.

Loperamid
Nach den Ergebnissen ist ein Anhalt für missbräuchliche Anwendung von Loperamid in größerem Umfang nicht gegeben. Auf Nachfrage führt er aus, dass eine erhöhte Nachfrage vermutlich nicht durch missbräuchliche, sondern häufige Anwendung im Indikationsgebiet bedingt ist.
Abschließend besteht im Ausschuss Konsens, dass die Umfragen den Verdacht auf einen häufigen Missbrauch in erheblichem Umfang nicht bestätigen. Daher besteht für beide Stoffe keine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen.

12.4 Veröffentlichungen von Sitzungsinhalten vor Publikation des offiziellen Sitzungsprotokolls

Der sachverständige Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker erläutert, dass unmittelbar nach der letzten Sitzung ein Artikel in der Deutschen Apothekerzeitung erschien, in dem zu dem Votum bezüglich Paracetamol Stellung genommen wurde. Er plädiert dafür, dass Informationen erst nach Publikation des Sitzungsprotokolls an die Presse gegeben werden.
Ein sachverständiger Vertreter des BAH erinnert daran, dass nach bestehender Übereinkunft Informationen nur über die Empfehlungen (keine Abstimmungsergebnisse oder sonstige Interna) publik gemacht werden dürfen. Er bezweifelt außerdem angesichts der größeren Zahl der Teilnehmer nicht nur die Möglichkeit, Ergebnisse über eine längere Zeit vertraulich zu halten, sondern auch den Sinn einer solchen Vorgabe.
Nach den Erfahrungen des BMG führen solche Publikationen regelmäßig zu Missverständnissen und weiteren Anfragen, weil in den Pressemitteilungen nicht über den lediglich empfehlenden Charakter der Voten und die Notwendigkeit informiert wird, das Ende des Verfahrens abzuwarten. Der Vorsitzende ergänzt, dass in diesem Fall durch die Publikation eine Vielzahl weiterer Anfragen, auch seitens anderer Medien, ausgelöst wurde. Auch das BfArM vertritt und praktiziert Transparenz, doch machen Publikationen von Zwischenergebnissen, die als Fakten dargestellt werden, größere Nacharbeiten erforderlich.Ein sachverständiges Mitglied informiert darüber, dass aufgrund eines gleichartigen Vorfalls, der ein Betäubungsmittel betraf, in die Geschäftsordnung des betreffenden Ausschusses ein Passus aufgenommen wurde, nach dem die Sitzungsergebnisse frühzeitig publiziert werden dürfen, dies aber an eine Erklärung zur Vorläufigkeit und Erläuterungen zum Verordnungsgebungsverfahren geknüpft wird.
Abschließend bittet BfArM darum, die Presse künftig darüber zu informieren, dass das Ende des Verfahrens abgewartet werden muss, um sowohl zur Umsetzung von Empfehlungen als auch zu dem Termin des Inkrafttretens verbindliche Aussagen machen zu können.

12.5 Diclofenac und nichtsteroidale Antiphlogistika: Begrenzung der Packungsgrößen?

Der sachverständige Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker plädiert für eine Begrenzung der Wirkstoffmengen pro Packung analog anderer bereits bestehender Positionen, wie z.B. von Famotidin und Loperamid. Aktuell dürften die rezeptfrei erhältlichen Packungen nur maximal 300 mg Diclofenac enthalten, weil dies der Therapiedauer und Dosierung der Freistellung entspräche. Vermutlich sind aber Packungen mit größeren Mengen rezeptfrei in Verkehr.Ein anderes sachverständiges Mitglied schlägt vor, dass sich der Ausschuss zu allen rezeptfrei erhältlichen Analgetika eine Meinung zu der Frage der Einführung einer Mengenbegrenzung bildet. In erster Linie wird ASS genannt. Eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Analgetika führe beim Patienten zu dem Missverständnis, dass rezeptfreie analgetische Wirkstoffe, die in größeren Packungen angeboten werden, im Vergleich zu anderen sicherer seien.

12.6 Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel

Der sachverständige Vertreter der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker informiert, dass nach Mitteilung der Landesapothekerkammer Sachsen in 18 Apotheken des Kammerbereichs im Zeitraum 04. - 06. 2008 sehr häufig von Einzelpersonen Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel (rezeptfreie Erkältungsmittel) in größeren Mengen nachgefragt wurden. So wurde z.B. der Wunsch geäußert, 50 Packungen Rhinopront® oder 30 Packungen Reactine duo® zu kaufen.Der Vorsitzende wertet diese Informationen als Signal für eine missbräuchliche Anwendung und Anlass für eine weitere Abfrage bei den Referenzapotheken.

12.7 Auswahl von Sitzungsunterlagen

Der Vorsitzende schildert die bisherige Praxis, aus den zum Teil sehr umfangreichen Antragsunterlagen die wesentlichen Dokumente für die Information der Sachverständigen auszuwählen. Da einzelne Mitglieder mit der Auswahl nicht zufrieden sind, bittet er um Vorschläge.
Ein sachverständiger Vertreter des BAH hält jede Auswahl für problematisch und u.a. Gutachten und Literatur für wichtig. Andere Stimmen plädieren für die elektronische Versendung der Firmenunterlagen als pdf-Dateien und die schriftliche Versendung nur der BfArM-Stellungnahmen. Auch Literaturlisten könnten elektronisch versendet werden.Der Vorsitzende informiert, dass ab sofort grundsätzlich alle Gutachten, unabhängig von ihrem Umfang, versendet werden. In der Zukunft können möglicherweise alle wichtigen Informationen in einen Passwort-geschützten Raum der BfArM-Homepage eingestellt werden. Eine Selektion der Unterlagen hält er aber weiterhin grundsätzlich für erforderlich. Wann und in welcher Form die Umstellung auf elektronische Versendung erfolgen kann, muss noch offen bleiben. Ein sachverständiges Mitglied schlägt vor, die Firmen zu elektronischer Einreichung zu verpflichten.

Termin der nächsten Sitzung:

Dienstag, der 13.01.2009
Beginn: 10.00 Uhr
Sitzungsort: Bonn
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3

Der Vorsitzende dankt allen Anwesenden und Ausschussmitgliedern und schließt die Sitzung.

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die PDF-Version des Protokolls herunterladen:


Anlagen:

Voten des Sachverständigen-Ausschusses zu Positionen, deren Änderung zugestimmt wird ( TOP 3, 4, 6, 7, 8, 9, 11)
Präsentation der externen Sachverständigen zu TOP 4 Calcipotriol