BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Navigation und Service

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Sachverständige des Ausschusses für Verschreibungspflicht
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
Vertreterinnen/Vertreter des BfArM
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Hinweis:
Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 AMG berät das BMG und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Hinblick auf Fragen zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab. Mit diesen Ausschussempfehlungen wird der – in jedem Einzelfall erforderlichen – Entscheidung des jeweils zuständigen Bundesministeriums nicht vorgegriffen. Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgen durch Rechtsverordnungen des BMG bzw. des BMEL; diese Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tagesordnung:

TOP 1 Eröffnung der Sitzung

Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass bei keinem anwesenden Ausschussmitglied bezüglich eines zur Verhandlung anstehenden Antrages ein Interessenkonflikt besteht. Ferner wird die Beschlussfähigkeit des Gremiums festgestellt.

TOP 2 Annahme der Tagesordnung

Die Tagesordnung wird mit ergänzenden Hinweisen zum Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ angenommen.

TOP 3 Letzte Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)

Das BfArM stellt die letzten Änderungen in der AMVV sowie die derzeit im Entwurf zur 17. AMVV-Änderungsverordnung vorgesehenen Ergänzungen zu den Retinoiden vor.

Hinsichtlich der vorgesehenen Regelung zu den Retinoiden merkt ein Ausschussmitglied an, dass eine sachgerechte Abgabe in der Apotheke ohne Angabe der Dosierung auf dem Rezept problematisch sei, ebenso sei die Ermittlung des „gebärfähigen Alters“ schwierig.

Das BMG führt aus, dass mit der vorgesehenen AMVV-Änderung nur die bisher in den Produktinformationen enthaltenen Regelungen umgesetzt werden sollen, da Letzteres zukünftig basierend auf einer Entscheidung der Europäischen Kommission entfällt. Es werde somit der Status quo beibehalten und die entstandene Regelungslücke geschlossen. Bisher seien die Abgabevorgaben nicht problematisiert worden. Ein Ausschussmitglied unterstützt diese Ausführungen.

Ein Ausschussmitglied erwidert, dass es durch die vorgesehene Änderung der AMVV zukünftig eine Prüfpflicht bei der Abgabe gäbe, die es bisher so nicht gegeben hätte. Diese sei anhand des Rezeptes nicht unmittelbar erkennbar, da es sich um ein normales Rezept handeln würde. In der Praxis könne es zu Retaxierungsproblemen kommen.

Ein weiteres Ausschussmitglied äußert, dass Apotheker nach der Apothekenbetriebsordnung bei Unklarheiten generell beim verordnenden Arzt nachfragen müssten und die neuen gesetzlichen Vorgaben wohl in der Apothekensoftware hinterlegt werden würden, so dass der Apotheker bei der Abgabe informiert sei. Die Ärzte seien durch entsprechendes Schulungsmaterial schon seit Jahren gut informiert.

Das BfArM erläutert, dass es auch Schulungsmaterial für Apotheker gäbe. Das Bewusstsein für die Problematik dürfte vorhanden sein.

Nach Austausch der Positionen leitet der Vorsitzende zum nächsten Tagesordnungspunkt über.

TOP 4 Desfesoterodin

Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht

Das BfArM eröffnet den Tagesordnungspunkt (TOP) mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied fragt, warum der Ausschuss hier eingebunden werde. Es dürfte sich um eine neue Substanz handeln, die normalerweise automatisch verschreibungspflichtig sei. Auch ein anderes Ausschussmitglied fragt hierzu nach.

Das BfArM legt dar, dass im vorliegenden Fall nicht zweifelsfrei entschieden werden konnte, ob es sich um einen neuen Wirkstoff handele, da Desfesoterodin der aktive Metabolit eines bereits in der Anlage 1 der AMVV gelisteten Wirkstoffes sei. Vor diesem Hintergrund sei die Substanz dem Sachverständigen-Ausschuss zur Entscheidung vorgelegt worden.

Da kein weiterer Diskussionsbedarf besteht, wird über den Antrag abgestimmt.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, dem Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht zuzustimmen.

TOP 5 Zubereitung aus Ibuprofen und Phenylephrinhydrochlorid

Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht

Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied fragt, ob es Studien gäbe, die genau diese Kombination untersucht hätten.

Das BfArM erläutert, dass die Zulassung mit Bezug auf ein Referenzprodukt aus Großbritannien erfolgte. Es wurden zwei Bioäquivalenzstudien vorgelegt, die nach den rechtlichen Vorgaben für eine entsprechende Zulassung ausreichend seien. Eigene zusätzliche klinische Studien hätte der Antragsteller nicht vorlegen müssen.

Ein weiteres Ausschussmitglied äußert erhebliche Bedenken bezüglich der systemischen Therapie mit adrenergen Agonisten zur lokalen Schleimhautabschwellung. Diese sei mit einer Lokaltherapie besser zu erreichen. Auch die Nebenwirkungen der systemischen Therapie sprächen gegen eine Freistellung der Kombination von der Verschreibungspflicht.

Ein anderes Ausschussmitglied hinterfragt die Wirksamkeit der Kombination und äußert sich ebenfalls kritisch zu einer Freistellung.

Ein weiteres Ausschussmitglied erwidert, dass die Kombination zugelassen sei und dass mit Ibuprofen/Pseudoephedrin vor nicht allzu langer Zeit eine vergleichbare Kombination vom Ausschuss freigestellt worden wäre.

Das BfArM ergänzt, dass auch die Kombination Paracetamol/Phenylephrin nicht verschreibungspflichtig sei. Insgesamt gäbe es einige Kombinationsarzneimittel mit adrenergen Substanzen zur Abschwellung der Nasenschleimhaut, die nicht verschreibungspflichtig seien. Die Unterstellung von Pseudoephedrin unter die Verschreibungspflicht insbesondere vor dem Hintergrund einer missbräuchlichen Verwendung der entsprechenden Arzneimittel sei vor Jahren vom Ausschuss abgelehnt worden.

Aus Sicht eines Ausschussmitgliedes müssten frühere Entscheidungen ggf. überdacht werden, da sich neue Aspekte ergeben hätten. Einer dieser Aspekte sei die massive Werbung für solche Präparate, die falsche Versprechungen enthielten.

Ein anderes Ausschussmitglied bezweifelt, dass es adäquate Studien für die Kombination gibt. Pseudoephedrin sei im Übrigen eine relativ gut bekannte Substanz, Phenylephrin dagegen nicht. Zu Letzterem würden etliche Daten fehlen. In der Praxis könne es zudem aufgrund der Namensgebung zu Verwechslungen mit OTC-Präparaten ähnlichen Namens aber anderer Wirkstoffzusammensetzung kommen.
Unabhängig von der Kombination sei anzumerken, dass Phenylephrin nicht nur zur Anwendung am Auge, sondern auch zur Injektion verschreibungspflichtig sein sollte. Das BfArM erwidert, dass ein entsprechender Antrag für die nächste Sitzung vorgesehen sei.

Ein Ausschussmitglied hinterfragt die Anwendungsdauer dieses und ähnlicher Kombinationspräparate, die sich unterscheiden würden. Die Evidenz für die verschiedenen Anwendungsdauern sei unklar.

Nach Ansicht eines weiteren Ausschussmitgliedes sollte der Aspekt der Gleichbehandlung beachtet werden. Die Kombination aus Ibuprofen/Phenylephrin sei nicht problematischer als die Kombination Ibuprofen/Pseudoephedrin.

Ein Ausschussmitglied führt aus, dass die Wirksamkeit der Kombination fraglich, das Nebenwirkungsprofil aber eher unproblematisch sei. Allerdings sollte die Anwendungsdauer dieser und ähnlicher Kombinationen vereinheitlicht werden.

Die Sicherheit der Kombination ist nach Meinung eines anderen Ausschussmitglieds nicht ausreichend beurteilbar, da keine entsprechenden Daten vorlägen. Die Sicherheit sei der entscheidende Aspekt für die Entscheidung zur Freistellung von der Verschreibungspflicht.

Auch ein weiteres Ausschussmitglied merkt an, dass die Sicherheit eher kritisch zu bewerten sei. Durch Werbung für die Kombination könne es zu einer steigenden Anwendung von Ibuprofen kommen.

Ein Ausschussmitglied äußert, dass Entscheidungen aus der Vergangenheit nicht aktuelle Entscheidungen des Ausschusses beeinflussen sollten.

Aus Sicht eines Ausschussmitgliedes lässt sich weder aus Spontanmeldedaten noch aus pharmakoepidemiologischen Studien ableiten, dass die Kombination zwingend der Verordnung durch einen Arzt bedarf.

Nach dem Ende der Diskussion bittet der Vorsitzende um Abstimmung.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht abzulehnen.

TOP 6 Permethrin zur Anwendung beim Hund

Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht

Das BVL eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Es besteht kein Diskussionsbedarf, der Vorsitzende bittet daher um Abstimmung.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, dem Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zuzustimmen.

TOP 7 Hydrocortison 1 % zum äußeren Gebrauch

Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht

Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied merkt an, dass die Freistellung der 1%igen Formulierung nicht unterstützt werden würde.

Ein anderes Ausschussmitglied weist darauf hin, dass es auch entsprechende verschreibungspflichtige Tierarzneimittel gäbe. Für den Fall einer Freistellung sollte diese nur für die Anwendung beim Menschen erfolgen.

Ein weiteres Ausschussmitglied äußert, dass das Nebenwirkungsprofil von 0,5%igem und 1%igem Hydrocortison wahrscheinlich vergleichbar sei bei voraussichtlich besserer Wirksamkeit der 1%igen Formulierung.

Nach Ansicht eines Sachverständigen ist die Grenzziehung hinsichtlich einer von der Verschreibungspflicht freigestellten Wirkstoffkonzentration nicht unproblematisch, es sei aber eine Grenze für den OTC-Bereich erforderlich.

Das BfArM führt aus, dass Hydrocortison das Kortikoid mit dem geringsten therapeutischen Index sei, Wirkungen und Nebenwirkungen würden sich die Waage halten. Ausgehend von dieser Aussage äußert sich ein Sachverständiger zu dieser Thematik und macht Ausführungen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von stärker wirksamen Kortikoiden.

Da kein weiterer Diskussionsbedarf besteht, wird über den Antrag abgestimmt.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht abzulehnen.

TOP 8 Verschiedenes

  1. Bereinigung von AMVV-Einträgen zu Tierarzneimitteln

    Das BVL eröffnet den TOP mit einer Präsentation.


    Das BVL legt verschiedene Möglichkeiten dar, wie die Bereinigung der Einträge prozedural ge-handhabt werden könnte. Der Vorsitzende ergänzt, dass auch eine Abstimmung im schriftlichen Verfahren erwogen werden könnte. Diesbezüglich werden keine generellen Einwände seitens der Sachverständigen erhoben.

    Ein Ausschussmitglied äußert, dass die vorgesehene Vereinheitlichung der Einträge positiv zu be-werten sei, allerdings könnte ein Problem bezüglich der kleinen Heimtiere auftreten. Es sollte da-her geprüft werden, ob es für die einzelnen Substanzen auch Präparate für Heimtiere gibt. Es wird darum gebeten, diesbezüglich eine Abstimmung mit den entsprechenden Verbänden vorzunehmen.

    Es gibt keinen weiteren Diskussionsbedarf.


  2. Parenteralia – Überprüfung der Verkaufsabgrenzung


    Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.



    Ein Ausschussmitglied fragt nach, ob es unter den dargestellten Parenteralia Substanzen gibt, die als problematisch einzustufen seien.

    Ein anderes Ausschussmitglied merkt dazu an, dass das Meldesystem zu Sicherheitsproblemen lückenhaft sei und die meisten der Substanzen auf ärztliche Verordnung abgegeben werden sollten.

    Das BfArM erwidert, dass die Indikation der meisten Substanzen eine Verschreibungspflicht rechtfertigen könnte, es in Praxi aber keine Sicherheitsprobleme im Rahmen der Anwendung ohne Verschreibungspflicht gäbe. Die meisten Substanzen seien als Infusionslösungen verfügbar und würden offensichtlich in Kliniken/durch Ärzte angewendet werden. Es gäbe keine Hinweise auf einen Missbrauch durch Laien.

    Ein Ausschussmitglied äußert, dass Parenteralia, die nicht verschreibungspflichtig sind, problematisch erscheinen.

    Ein weiteres Ausschussmitglied führt aus, dass die genannten Substanzen im Krankenhaus und Rettungswagen eingesetzt werden würden und dort auf Anordnung eines Arztes. Ein Einsatz ohne ärztliche Verordnung scheint nicht zu erfolgen. Es wird darum gebeten, die komplette Liste der geprüften Substanzen unter Angabe der Zahl der Zulassungen und Standardzulassungen an die Ausschussmitglieder zu übermitteln.

    Das BfArM betont nochmals, dass im Einzelfall bei Substanzen, bei denen sich Sicherheitsprobleme zeigen, die Verschreibungspflicht erwogen werden könne. Eine generelle Unterstellung der geprüften Substanzen unter die Verschreibungspflicht werde aber nicht erwogen.

    Wie unter TOP 2/Annahme der Tagesordnung angekündigt, werden zwei weitere Themen auf der Sitzung behandelt:



  3. AMVV –Prüfung von Sammelpositionen

    Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation



    Ein Ausschussmitglied äußert, dass unter den AMVV-Eintrag „Convallaria-Glykoside“ offensichtlich keine Zubereitungen aus Pflanzenteilen fallen würden.

    Das BfArM führt aus, dass es keine entsprechenden Zulassungen gäbe, es seien nur Homöopathika verkehrsfähig. Hierauf erwidert das Ausschussmitglied, dass der Sachverhalt aber im Zusammenhang mit Rezepturen problematisch sein könnte und daher Convallaria-enthaltende Drogen der Verschreibungspflicht unterstellt werden sollten.

    Nach Ansicht eines Ausschussmitgliedes seien bezüglich Convallaria dann auch die Kommissionen C und D einzubinden.

    Das BfArM merkt an, dass zu der Thematik auch eine Abstimmung mit den entsprechenden, inhaltlich zuständigen Fachabteilungen im Hause erforderlich sei.

  4. Dosierungsangaben auf Rezepten

    Ein Ausschussmitglied merkt an, dass das Thema bereits in der Vergangenheit im Ausschuss diskutiert worden sei und es auch entsprechende Beschlüsse gäbe. Aktuell sei hierzu nochmal eine Stellungnahme durch den Verordnungsgeber erbeten worden, die allen Ausschussmitgliedern zur Kenntnis übermittelt worden sei.

    Das BMG führt aus, dass die Thematik voraussichtlich im Rahmen der nächsten AMVV-Änderung adressiert werden würde.

    Es besteht kein weiterer Diskussionsbedarf.



Der Vorsitzende stellt fest, dass alle Tagesordnungspunkte abgeschlossen seien und beendet die Sitzung. Er bedankt sich für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der Sitzung sowie die Diskussionsbeiträge und verabschiedet die Anwesenden.

Termin der 81. Sitzung
27. Juni 2019 – 10 Uhr
BfArM, Bonn

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die pdf-Version des Protokolls herunterladen:

Anlagen:

Präsentation zu TOP 3 BfArM
Präsentation zu TOP 4 BfArM
Präsentation zu TOP 5 BfArM
Präsentation zu TOP 6 BVL
Präsentation zu TOP 7 BfArM
Präsentation zu TOP 8 BVL
Präsentation zu TOP 8 BfArM
Präsentation zu TOP 8 BfArM
Empfehlungen zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) (zu TOP 4 und 6)