BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Sachverständige des Ausschusses für Verschreibungspflicht
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
Vertreterinnen/Vertreter des BfArM
Vertreterinnen/Vertreter des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI)
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Hinweis:
Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 AMG berät das BMG und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Hinblick auf Fragen zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab. Mit diesen Ausschussempfehlungen wird der – in jedem Einzelfall erforderlichen – Entscheidung des jeweils zuständigen Bundesministeriums nicht vorgegriffen. Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgen durch Rechtsverordnungen des BMG bzw. des BMEL; diese Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tagesordnung:

TOP 1 Eröffnung der Sitzung

Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass bei keinem Ausschussmitglied ein Interessenkonflikt besteht. Ferner wird die Beschlussfähigkeit des Gremiums festgestellt. Der Vorsitzende hält fest, dass die Ausschussmitglieder einer Einführungspräsentation zum Tagesordnungspunkt (TOP) 6 durch den Antragsteller vorab zugestimmt hatten.

TOP 2 Annahme der Tagesordnung

Der Vorsitzende gibt bekannt, dass vorgesehen ist, unter „Verschiedenes“ geplante Änderungen der Geschäftsordnung des Sachverständigen-Ausschusses kurz vorzustellen (neuer TOP 8.3.). Die Tagesordnung wird mit der genannten Änderung angenommen.

TOP 3 Letzte Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)

Das BfArM stellt die letzten Änderungen in der AMVV vor.

Es gibt keine Fragen oder Anmerkungen zum TOP 3.

TOP 4 Zubereitung aus Flumethrin und Imidacloprid zur Anwendung bei der Katze

Das BVL eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied hat eine Nachfrage zur Indikation, nach der Katzen jünger als 10 Wochen von der Behandlung ausgeschlossen sind. Das BVL erläutert, dass dies aufgrund fehlender Daten erfolgt sei. Es gibt eine Diskussion zur Frage der Sicherheit bei jüngeren Katzen. Aus der vorhandenen Datenlage kann nach Auffassung des BVL und eines Ausschussmitgliedes kein spezifisches Risiko für jüngere Katzen abgeleitet werden.

Zwei Ausschussmitglieder fragen, ob in der Positionsformulierung die spezielle Darreichungsform nicht benannt werden müsste. Hierzu führt das BVL aus, dass derzeit nur ein Arzneimittel in Form eines Halsbandes zugelassen sei. Daher sei die Benennung der Darreichungsform in der AMVV nicht erforderlich. Sofern weitere Arzneimittel zugelassen werden würden, würde sich für diese erneut die Frage der Verkaufsabgrenzung stellen, die AMVV-Position würde dann ggf. angepasst werden müssen. Diese Sichtweise wird auch vom BfArM unterstützt.

Es gibt keinen weiteren Diskussionsbedarf, der Vorsitzende bittet daher um Abstimmung.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, dem Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Zubereitung aus Flumethrin und Imidacloprid zur Anwendung bei der Katze zuzustimmen.

Des Weiteren empfiehlt der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht mehrheitlich, die Einzelposition für Flumethrin entsprechend anzupassen.

TOP 5 Lithium

Antrag auf Änderung der Positionsformulierung

Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied fragt, warum aus der bisherigen Positionsformulierung der Begriff „Psychosen“ nicht übernommen worden sei. Das BfArM führt aus, dass die vorgeschlagene Formulierung auf den Indikationsangaben der aktuellen Produktinformationen beruhen würde, die Psychosen seien dort nicht mehr als Indikation genannt.

Da es keine weiteren Fragen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, dem Antrag auf Änderung der Positionsformulierung mit folgendem Wortlaut zuzustimmen:

Lithium
- zur Prophylaxe und/oder Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen (wie z. B. bipolaren Störungen, Depressionen) und Cluster-Kopfschmerzen -

TOP 6 Blutzubereitungen humanen Ursprungs

Antrag auf Freistellung von der Verschreibungspflicht für Eigenblut und Eigenblutzubereitungen

Zunächst trägt der Antragsteller vor. Anschließend beantwortet er die von den Ausschussmitgliedern an ihn gerichteten Fragen.

Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich der Regelungen im Transfusionsgesetz zu der Thematik nach. Der Antragsteller antwortet, dass die entsprechenden Regelungen im Transfusionsgesetz unterschiedlich ausgelegt würden und sich in der weiteren (juristischen) Klärung befänden. Durch die Änderungen im GSAV1 hätte der Gesetzgeber jetzt aber eine neue Situation geschaffen.

Ein anderes Ausschussmitglied bittet um Erläuterung der erwähnten apparativen Anwendungen bei der Eigenbluttherapie. Der Antragsteller führt aus, dass es apparative Verfahren gäbe, bei denen das Eigenblut im geschlossenen System mit UV-Strahlen bestrahlt werden würde. Hierbei seien die reinfundierten Blutmengen auch etwas größer und könnten maximal 50–70 ml betragen.

Ein Ausschussmitglied fragt, welcher Nutzen bei der Eigenbluttherapie gesehen wird. Der Antragsteller antwortet, dass damit ein Reiz gesetzt werden würde, der eine Stimulation im Körper bewirken würde.

Ein weiteres Ausschussmitglied fragt, wie die Risikosituation sei und wie Nebenwirkungen gemeldet werden würden. Nach Auskunft des Antragstellers würde eine Meldung an das BfArM erfolgen, allerdings sei das Verfahren sehr risikoarm. Die theoretisch möglichen Risiken würden in der Praxis nicht beobachtet werden.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass Nebenwirkungen der Eigenbluttherapie an das PEI zu melden wären.

Ein Ausschussmitglied führt aus, dass nach seinem Verständnis die Anwendungen sowohl intravenös als auch intramuskulär und subkutan erfolgen würden. Dies wird vom Antragsteller bestätigt wobei die intramuskuläre und die subkutane Anwendung am häufigsten seien. Das Ausschussmitglied sieht ein Infektionsrisiko insbesondere bei der intramuskulären Injektion.

Da keine weiteren Fragen bestehen, verlässt der Antragsteller den Raum.

Das PEI eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied führt aus, dass es bei dieser Therapieform Risiken gäbe und unklar sei, was passieren würde, wenn man Blut unkontrolliert in einer Spritze mit Substanzen mischen würde. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei negativ und dem Antrag könne nicht zugestimmt werden.

Ein anderes Ausschussmitglied erwidert darauf, dass die Hauptanwendung die Verabreichung von unbehandeltem Eigenblut sei. Es sei unklar, warum unbehandeltes Eigenblut jetzt rezeptpflichtig sein solle. Heilpraktiker hätten eine Sorgfaltspflicht, die Risiken des Eigenblutes sollten von denen der Technik/Injektion unterschieden werden. Es gäbe die Empfehlung, intramuskuläre Injektionen zu vermeiden, besonders propagiert würde die subkutane Injektion. Die vorgeschlagene AMVV-Position könnte vielleicht auf unbehandeltes Eigenblut in geringen Mengen begrenzt werden. Für die Blutentnahme gäbe es nach dem Transfusionsgesetz (TFG) keinen Arztvorbehalt.

Das PEI erwidert, dass nach PEI-Auffassung im Transfusionsgesetz auch für die Blutentnahme ein Arztvorbehalt besteht.

Ein weiteres Ausschussmitglied unterstützt die Empfehlung des PEI und spricht sich gegen die vorgeschlagene Ausnahmeregelung aus.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Freistellung von der Verschreibungspflicht für Eigenblut und Eigenblutzubereitungen abzulehnen.

1Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

TOP 7 Naratriptan und Almotriptan

Antrag auf Änderung der Positionsformulierungen

Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Da es keine Fragen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt jeweils einstimmig, dem Antrag auf Änderung der Positionsformulierungen mit folgendem Wortlaut zuzustimmen:

Almotriptan
- ausgenommen zur akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach der Erstdiagnose einer Migräne durch einen Arzt, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen von 12,5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von 25 mg je Packung -

Naratriptan
- ausgenommen zur akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach der Erstdiagnose einer Migräne durch einen Arzt, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen bis 2,5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von 5 mg je Packung -

TOP 8 Verschiedenes

8.1. Diphenhydramin – Überprüfung der Verkaufsabgrenzung bei Patienten über 65 Jahren

und

8.2. Doxylamin – Überprüfung der Verkaufsabgrenzung bei Patienten über 65 Jahren

Das BfArM eröffnet die TOP 8.1 und 8.2 mit einer Präsentation.

Aufgrund der großen thematischen Schnittmenge von TOP 8.1. und 8.2. werden die beiden TOP in einem Vortrag dargestellt und anschließend gemeinsam diskutiert.

Ein Ausschussmitglied führt aus, dass es keine entsprechenden Daten aus Studien gäbe, auch die Daten aus der Spontanerfassung seien unzureichend. Es gäbe aber einen Konsens unter Fachleuten, die sich mit der Alterspharmakologie beschäftigten, dass diese Substanzen negativ zu bewerten seien. Da die sedierenden Eigenschaften allen diesen Substanzen eigen seien, sei eine Bewertung der Einzelsubstanzen nicht erforderlich.

Ein anderes Ausschussmitglied merkt an, ob es nicht im Sinne der Patientensicherheit das richtige Vorgehen wäre, die Substanzen der Verschreibungspflicht zu unterstellen, bis entsprechende Studiendaten die Unbedenklichkeit belegen würden. Das pharmakologische Profil ließe ein Risiko wahrscheinlich erscheinen und die entsprechende S3-Leitlinie2 würde von den Substanzen abraten.

Das BfArM führt aus, dass es fragwürdig erscheine, Substanzen, die seit Jahrzehnten apothekenpflichtig verfügbar seien, ohne belastbare neue Daten jetzt der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Auch neuere Studien wie zum Beispiel die von Alvarez et al. hätten keine Aufschlüsselung nach Substanzen vorgenommen. Es würden sich aber zum Beispiel die Halbwertzeiten der verschiedenen Antihistaminika unterscheiden, daher erscheine es fraglich, ob hier Gruppeneigenschaften ohne Differenzierung Grundlage für die Verschreibungspflicht sein könnten.

Ein Ausschussmitglied fragt, ob sich die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit dem Thema Alterspharmakologie beschäftige und ob es seitens des BMG Möglichkeiten zu Förderprojekten in diesem Bereich gäbe.

Das BfArM antwortet, dass es Diskussionen zum Thema Arzneimittel bei Älteren auf europäischer Ebene gäbe. Allerdings sei die Verkaufsabgrenzung dabei kein Aspekt, da diese für national zugelassene Arzneimittel national geregelt werden würde.

Das BMG führt aus, dass es den Aktionsplan Arzneimitteltherapiesicherheit gäbe, der derzeit für die Jahre 2020–2023 neu konzipiert werden würde. Ein Aspekt dort sei auch die Arzneimitteltherapiesicherheit bei älteren Patienten.

Ein Ausschussmitglied merkt an, dass sich bei Altsubstanzen generell die Frage einer aktuellen Bewertung stelle. Zu diesen seien teilweise in der Vergangenheit Entscheidungen gefallen, die heute einer kritischen Überprüfung bedürften. Dies sei hier der Fall.

Das BfArM antwortet, dass das mit der jetzigen Aufarbeitung zu Doxylamin und Diphenhydramin versucht worden sei. Es stelle sich die Frage, ob es eine ausreichende Evidenz dafür gäbe, die Substanzen jetzt der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Diese ließe sich so aus den Daten nicht ableiten.

Ein weiteres Ausschussmitglied äußert, dass die zugelassenen Dosen von Diphenhydramin bereits relativ hoch seien und ein Maximum an anticholinergen Wirkungen hätten. Patienten würden individuell sehr unterschiedlich reagieren, eine graduierte Betrachtung bezüglich der Dosis sei daher fraglich. Es müsse eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden. Die Wirkung von Diphenhydramin als Schlafmittel sei sehr begrenzt. Zudem gäbe es nach kurzer Zeit eine Toleranzentwicklung. Es würden aber massive Nebenwirkungen vor allem im neurokognitiven Bereich bei älteren Patienten auftreten. Hierzu gäbe es aussagekräftige Daten. Diphenhydramin könne bereits nach einer Dosis massive neurokognitive Einschränkungen verursachen. Die neurokognitiven Effekte seien auch Langzeiteffekte.

Das BfArM stimmt zu, dass potentielle Risiken bestehen würden. Allerdings sei die Datenlage für eine Änderung der Verkaufsabgrenzung nicht ausreichend. Wichtig sei das Bewusstsein für die Risiken durch Kommunikation zu schärfen sowie die Einbindung der Apotheker.
Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich der Angaben in der S3-Leitlinie zu Schlafstörungen nach.

Das BfArM führt aus, dass in der Leitlinie die Antihistaminika benannt würden, aufgrund fehlender Evidenz wäre aber keine Aussage zur Anwendung getroffen worden.

Ein anderes Ausschussmitglied merkt an, wenn man die Substanzen der Verschreibungspflicht unterstelle, blieben für die Selbstmedikation bei Schlafstörungen nur Baldrian und ähnliche Präparate, die kaum wirksam seien. Die Patienten würden dann voraussichtlich den Arzt aufsuchen und Benzodiazepine oder Z-Substanzen verschrieben bekommen. Es erscheine fraglich, ob dies die besseren Alternativen seien. Des Weiteren solle man Diphenhydramin gemeinsam mit Dimenhydrinat betrachten.

Ein weiteres Ausschussmitglied antwortet darauf, dass es gewollt sei, dass die Patienten zum Arzt gingen. Der Arzt könnte die Schlafstörung adäquat behandeln. Im Alter seien alle Schlafmittel problematisch, es ginge um die Beeinflussung der Schlafumstände, von Sekundärerkrankungen etc.

Ein Ausschussmitglied stellt eine Frage bezüglich der Standardzulassungen und der Meldung von Nebenwirkungen bei Nutzung dieser Standardzulassungen.
Das BfArM erläutert, dass auch hier Meldeverpflichtungen bestünden. Die Daten würden sich – sofern vorhanden – in EudraVigilance wiederfinden. Die entsprechenden Auswertungen seien auf der letzten Sitzung des Ausschusses vorgestellt worden. Die jetzt vorgestellten Daten basierten auf Auskünften der Zulassungsinhaber, die angefragt wurden, da in EudraVigilance erst Daten ab 1995 erfasst seien. Bei den Standardzulassungen gäbe es keine Zulassungsinhaber, die gefragt werden könnten.

Ein Ausschussmitglied äußert, dass vorrangig die Kommunikation verbessert werden sollte. Bei der Abgabe in der Apotheke sollten dem Patienten Hinweise auf mögliche Risiken gegeben werden. Eine Verschreibungspflicht ab 65 Jahren sei eine Ausnahmeregelung in der AMVV, die Altersgrenze sei zudem nicht belegt.

Ein anderes Ausschussmitglied bekräftig nochmals, dass erhebliche neurokognitive Einschränkungen inklusive Demenz bei Gabe von Diphenhydramin bei Älteren auftreten könnten. Hierzu gäbe es ausreichend Daten, auch aus kontrollierten Studien.

Ein Ausschussmitglied merkt an, dass die Umsetzung einer Verschreibungspflicht nur für die Altersgruppe ab 65 Jahren in der Praxis schwer vorstellbar sei. Ältere Patienten könnten sich zudem bevormundet fühlen. Sofern die Selbstmedikation eingeschränkt werden solle, müsste eine Verschreibungspflicht für alle Altersgruppen erwogen werden.

Auch ein anderes Ausschussmitglied sieht praktische Umsetzungsprobleme bei der vorgeschlagenen Altersbegrenzung unter anderem auch im Zusammenhang mit dem Versandhandel.

Ein Ausschussmitglied führt aus, dass ein wesentlicher Punkt die Polypharmazie bei alten Menschen sei, die Patienten nähmen neben Diphenhydramin ggf. eine Vielzahl weiterer Medikamente. Ein weiteres Problem sei, dass die Exposition bei älteren Patienten nicht bekannt sei. Insgesamt würden aussagefähige Daten und Studien insbesondere zu Wechselwirkungen fehlen.

Das BfArM betont, dass die Risiken der Substanzen durchaus gesehen werden. Um aber die Substanzen, die seit Jahrzehnten apothekenpflichtig verfügbar seien, jetzt der Verschreibungspflicht zu unterstellen, seien neue Daten zum Risiko notwendig. Diese würden aber fehlen, das Nebenwirkungsspektrum sei seit langem bekannt, es gäbe keinen neuen Kenntnisstand. Der Ansatz der verstärkten Kommunikation wird als zielführender angesehen. Zahlen zu den Abgabemengen seien von den Zulassungsinhabern angefordert worden. Allerdings sei hier nur die Gesamtabgabemenge bekannt, belastbare Daten zur Abgabe in den verschiedenen Altersgruppen lägen nicht vor.

Ein Ausschussmitglied merkt an, dass die Spontanmeldungen nur als Aufgreifkriterium geeignet seien. Alle Sachverständige des Ausschusses würden die Substanzen als problematisch bei älteren Menschen ansehen. Diese Expertenmeinungen hätten insbesondere bei fehlenden Studiendaten auch einen Evidenzlevel. Dies sollte nicht außer Acht gelassen werden.

Ein anderes Ausschussmitglied äußert, dass die betreffenden pharmazeutischen Unternehmen überlegten, wie eine Verbesserung der Datenlage möglich sei. Ein Unternehmen hätte einen Studienansatz über eine webbasierte Abfrage bei Ärzten verfolgt. Der Sachverständige stellt einige erste Ergebnisse der Untersuchung vor. Nach Ansicht eines anderen Ausschussmitgliedes seien diese aufgrund der sehr geringen Rücklaufquote und der Qualität der Studie nicht belastbar und sollten nicht weiter diskutiert werden.

Ein Ausschussmitglied führt aus, das unklar sei, wie häufig die Substanzen auf grünen Rezepten verordnet und wie viele ohne solche Verordnung erworben werden würden. Für eine Entscheidung wäre es wichtig, solche Daten zu erheben.

Nach Ansicht eines weiteren Ausschussmitgliedes stellt sich die Frage, ob es genügend Evidenz dafür gibt, um die Substanzen komplett der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Eine Verschreibungspflicht ab 65 Jahren sei nicht praktikabel, eine Umsetzung im Versandhandel erscheine unrealistisch.

Nach einer kurzen Diskussion zur Frage des weiteren Vorgehens bittet der Vorsitzende um Abstimmung.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, Diphenhydramin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen ab dem 65. Lebensjahr der Verschreibungspflicht zu unterstellen.
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen ab dem 65. Lebensjahr der Verschreibungspflicht zu unterstellen.

Es wird festgehalten, dass für die nächste Sitzung der Stoff Dimenhydrinat aufgearbeitet werden sollte.

8.3. Geschäftsordnung

Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied fragt, ob bei der geplanten Änderung die Zahl der externen sachverständigen Personen begrenzt werden würde. Das BfArM antwortet – ohne den Änderungen vorgreifen zu wollen – dass diesbezüglich keine Begrenzung geplant sei. Allerdings sei die Redezeit begrenzt, diese betrage insgesamt 10 Minuten.

2S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Somnologie 2017 21: 2–44

Termin der 83. Sitzung
23. Juni 2020 – 10 Uhr
BfArM, Bonn

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die pdf-Version des Protokolls herunterladen:

Anlagen:

Präsentation zu TOP 3 BfArM
Präsentation zu TOP 4 BVL
Präsentation zu TOP 5 BfArM
Präsentation zu TOP 6 PEI
Präsentation zu TOP 7 BfArM
Präsentation zu TOP 8.1. und TOP 8.2. BfArM
Präsentation zu TOP 8.3. BfArM
Empfehlungen zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) (zu TOP 4, TOP 5, TOP 7, TOP 8.1., TOP 8.2.)