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Dosierungsfehler im Zusammenhang mit der Anwendung methotrexathaltiger Arzneimittel

Dosierungsfehler im Zusammenhang mit der Anwendung methotrexathaltiger Arzneimittel

Bei entzündlichen Autoimmunerkrankungen, wie Arthritis oder Psoriasis, wird Methotrexat einmal pro Woche angewendet, wohingegen die Dosierung bei einigen Krebsarten höher ist und das Arzneimittel häufiger angewendet wird. Fehldosierungen haben dazu geführt, dass einige Patienten fälschlicherweise jeden Tag, statt einmal pro Woche, eine Dosis erhalten haben. Infolgedessen erhielten diese Patienten zu viel des Arzneimittels, in einigen Fällen mit schwerwiegenden Konsequenzen.

Das Risiko von Dosierungsfehlern mit Methotrexat ist seit vielen Jahren bekannt und verschiedene Maßnahmen, um das Risiko zu minimieren, einschließlich der Aufbringung eines visuellen Warnhinweises auf der Umverpackung des Arzneimittels, wurden bereits in vielen EU Ländern eingeführt. Dennoch hat eine kürzlich durchgeführte Bewertung (im Rahmen einer Routine-Nutzen-Risiko-Bewertung, bekannt als periodischer Sicherheitsbericht (PSUR)), gezeigt, dass immer noch schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, einschließlich Todesfällen, bedingt durch Überdosierungen auftreten. Um die Ursachen für das Auftreten von Dosierungsfehlern weiter zu untersuchen und zu ermitteln, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wurde auf Initiative von Spanien ein europäisches Risikobewertungsverfahren zu methotrexathaltigen Arzneimitteln gestartet.

Dieses Risikobewertungsverfahren ist nunmehr abgeschlossen. Mit dem zugehörigen Durchführungsbeschluss sind folgende Risikominimierungsmaßnahmen festgelegt worden:

  • Diese Arzneimittel dürfen nur von im Umgang mit dem Arzneimittel erfahrenen Ärzten verschrieben werden.
  • Es werden prominentere Warnhinweise auf der Verpackung eingeführt und
  • es wird Schulungsmaterial für Patienten und Angehörige der Heilberufe bereitgestellt.
  • Um den Patienten die einmal wöchentliche Dosierung zu erleichtern, werden methotrexathaltige Tabletten zusätzlich in Blisterpackungen und nicht in Flaschen (oder Röhrchen) angeboten.

Zur Umsetzung dieser Risikominimierungsmaßnahmen wurde vom BfArM ein Bescheid an die pharmazeutischen Unternehmer, die in Deutschland Arzneimittelzulassungen mit Methotrexat halten, erlassen.

Die entsprechenden Produktinformationen müssen von den Zulassungsinhabern entsprechend angepasst werden, so dass diese jeweils aktuell Auskunft über die Anwendungsrisiken und entsprechenden Warnhinweise geben.

Die Zulassungsinhaber müssen außerdem Schulungsmaterial für Angehörige der Heilberufe zur Verfügung stellen. Die Kernelemente dieses Schulungsmaterials wurden im Risikobewertungsverfahren festgelegt. Dieses Schulungsmaterial wird nach Fertigstellung auf der Webseite des BfArM veröffentlicht.

Bei methotrexathaltigen Arzneimitteln, die oral eingenommen (das heißt geschluckt) werden und die für mindestens eine Indikation, die eine einmal wöchentliche Behandlung erfordert, zugelassen sind, wird eine Patientenkarte eingeführt. Diese wird dem Patienten mit jeder Arzneimittelpackung zur Verfügung gestellt (in der Verpackung oder außen in fester Verbindung mit der Umverpackung). Nach Finalisierung wird diese auf der Webseite des BfArM veröffentlicht. Für die Übergangszeit, bis diese Patientenkarte zur Abgabe mit der Arzneimittelpackung zur Verfügung steht, werden den Apotheken (zusammen mit einem Rote-Hand-Brief) bereits Exemplare dieser Patientenkarte zur Abgabe an den Patienten zu Verfügung gestellt.

An die Angehörigen der Heilberufe ist mit Datum vom 25. November 2019 ein Rote-Hand-Brief zur Information über die oben genannten Risiken, Einschränkung der Verschreibung, Handlungsempfehlungen und Schulungsmaterialien versandt worden.

Wenn Sie Fragen oder Bedenken bezüglich Ihres Arzneimittels haben, sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin oder Ihren Apotheker an.

Fragen und Antworten zu den neuen Risikominimierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Dosierungsfehlern im Zusammenhang mit der Anwendung methotrexathaltiger Arzneimittel

Die EMA hat neue Maßnahmen zur Vermeidung schwerwiegender und potenziell tödlicher Dosierungsfehler unter Methotrexat zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Psoriasis und Morbus Crohn empfohlen. Die Empfehlungen resultieren aus einer Überprüfung von Berichten, dass Patienten trotz bereits eingeführter Maßnahmen zur Vermeidung von Dosierungsfehlern Methotrexat falsch anwenden.

Bei Autoimmunerkrankungen darf Methotrexat nur einmal pro Woche angewendet werden. Wird Methotrexat häufiger angewendet, kann dieses zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Die Überprüfung ergab, dass der Fehler in der Dosierungsfrequenz bei jedem Schritt, von der Verschreibung des Medikaments bis zur Einnahme durch den Patienten, auftreten kann.

Das BfArM hat nachfolgend Antworten auf entsprechende häufig gestellte Fragen zusammengestellt.

FAQ zu Methotrexat

Was ist Methotrexat (MTX)?

Methotrexat ist in der Europäischen Union seit den 1960er Jahren zugelassen. Methotrexat wurde ursprünglich für die Chemotherapie entwickelt und ist bis heute ein wichtiger Bestandteil von Chemotherapien bei verschiedenen Krebserkrankungen, darunter Leukämien und Brustkrebs.

Daneben ist Methotrexat in niedriger Dosierung bei verschiedenen entzündlichen Autoimmunerkrankungen wirksam. Dazu gehören die rheumatoide Arthritis (Gelenkrheuma), die Psoriasis (Schuppenflechte) und die psoriatische Arthritis sowie der Morbus Crohn (eine entzündliche Darmerkrankung).

Wie wird Methotrexat dosiert?

In Deutschland sind folgende Darreichungsformen und Stärken zugelassen:

Methotrexat zur oralen Anwendung (d.h. zum Einnehmen) ist in Stärken von 2,5 mg bis 15 mg als Tabletten und als 2 mg/ml Lösung zugelassen.

Methotrexat ist auch für den parenteralen Gebrauch (d.h. zur Injektion oder zur Infusion) zugelassen. Die zugelassenen Einzeldosen (z.B. Spritze, Pen) reichen von 2,5 mg bis 30 mg/Spritze bzw. Pen. Zur Infusion sind Durchstechflaschen mit einem Konzentrat zugelassen. Die maximale Konzentration von Methotrexat pro Durchstechflasche ist 5000 mg (1 Durchstechflasche zu 50 ml enthält 5000 mg).

Krebserkrankungen
Bei einer Krebserkrankung verordnet der Arzt Methotrexat entsprechend dem aktuellen Behandlungsschema der jeweiligen Chemotherapie. Dies kann eine tägliche Anwendung und den Einsatz höherer Dosen beinhalten.

Autoimmunerkrankungen
Für die Behandlung von rheumatoider Arthritis, Psoriasis, Morbus Crohn und weiteren Autoimmunerkrankungen wird Methotrexat nur einmal wöchentlich in niedriger Dosierung eingenommen bzw. angewendet (z.B. als Pen).

Zur Behandlung der Schuppenflechte wird im Regelfall eine anfängliche Methotrexat-Dosis von 10 bis 25 mg pro Woche empfohlen; eine Dosierung von 30 mg pro Woche sollte nicht überschritten werden. Der übliche anfängliche Dosisbereich für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis liegt zwischen 7,5 und 25 mg pro Woche, für Morbus Crohn bei 25 mg pro Woche. Je nach Krankheitsaktivität und Erreichen des gewünschten Therapieergebnisses wird die Dosis im weiteren Therapieverlauf weiter angepasst.

Warum wurde das europäische Risikoverfahren durchgeführt?

Bei Patienten, die Methotrexat bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen versehentlich täglich anstatt nur einmal wöchentlich anwendeten, kam es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgrund von Überdosierungen, in einigen Fällen mit tödlichem Ausgang.

Obwohl die Behörden bereits in der Vergangenheit zahlreiche zusätzliche Maßnahmen zur Verminderung dieses Risikos ergriffen hatten, wurden ihnen weiterhin Fälle solcher Medikationsfehler gemeldet.

Welche Nebenwirkungen können bei einer versehentlichen täglichen statt wöchentlichen Gabe bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen auftreten?

Die Symptome, d.h. Anzeichen einer Überdosierung reichen von Hautrötung, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Entzündungen der Schleimhäute, die den Mund und den gesamten Verdauungstrakt betreffen können, Fieber, erhöhten Leberenzymwerten und Blutdruckabfall bis hin zu Nierenversagen, Funktionsstörungen des Knochenmarks (Myelosuppression mit Leukopenie, Thrombozytopenie, Panzytopenie), akuten Lungenerkrankungen und neurologischen Störungen. Über schwerwiegende Nebenwirkungen wurde bereits nach wenigen Tagen mit täglicher Anwendung von niedrig dosiertem Methotrexat berichtet.

Welche Ursachen für den Medikationsfehler (tägliche anstatt wöchentliche Gabe bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen) wurden identifiziert?

Es wurde festgestellt, dass das Risiko für diese Art von Medikationsfehler in allen Phasen des Medikationsprozesses besteht, von der Verschreibung bis zur Anwendung. Unterschiedliche Ursachen für den Medikationsfehler wurden identifiziert. Einige der Ursachen waren:

  • Unzureichende Kenntnisse und Unklarheiten bezüglich des wöchentlichen Dosierungsschemas in der Behandlung betreffender Autoimmunerkrankungen; dies betrifft sowohl Patienten als auch Angehörige der Heilberufe.
  • Fehlende eindeutige Warnhinweise auf der Verpackung
  • Verwendung von nicht abgeteilten größeren Behältnissen
  • Fehler bei der Verschreibung, Arzneimittelabgabe oder Einnahme. Letzteres betrifft auch Dosierungsfehler durch das Pflegepersonal oder Familienmitglieder; Verwechslung mit einem anderen, täglich einzunehmenden Arzneimittel; Selbstmedikation oder eigenmächtige Dosiserhöhung, z.B. Überkompensation einer/mehrerer verpasster Einnahmen, Verwirrung durch Aufteilung der wöchentlichen Dosis auf 3 Gaben im Abstand von je 12 Stunden
  • Verschreibungen mit unklaren oder unvollständigen Anweisungen (z.B. Angabe „einmal wöchentlich“ fehlt) und Gebrauch von Abkürzungen (z.B. Abkürzung MO als „Morgen“ gelesen anstatt „Montag“)
  • Mangelnde oder fehlende Kommunikation zwischen Patient und Arzt, zwischen Arzt und Arzt oder zwischen Arzt und Pflegekraft (z.B. bei Einweisung ins Krankenhaus oder Änderungen bei der Pflege). Schnittstellen mit einem Wechsel zwischen verschiedenen Dokumenten/ Systemen/ oder Pflegebereichen (z.B. Krankenhaus/ Altenheim) sind besonders fehleranfällig

Die Mehrheit der gemeldeten Fälle betraf ältere Patienten ab 65 Jahre. Darüber hinaus gehörten Patienten mit Gedächtnisstörungen und eingeschränkten kognitiven Funktionen, Patienten mit eingeschränktem Sehvermögen, Patienten, die Schwierigkeiten mit der Einhaltung schriftlicher Anweisungen haben und Patienten mit Begleiterkrankungen und Komedikationen zu den gefährdeten Patientengruppen.

Welche Maßnahmen sollen künftig das Risiko für den Medikationsfehler verringern?

Es wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket mit den folgenden EU-weit gültigen risikominimierenden Maßnahmen beschlossen:

  • Warnhinweis auf der äußeren und inneren Verpackung
  • Verpackung der Tabletten in Blistern anstatt in nicht abgeteilten größeren Behältnissen wie z.B. Flaschen
  • Änderungen der Produktinformation:

    • Methotrexat soll nur von Ärzten mit Erfahrung in der Anwendung von Methotrexat und einem vollumfänglichen Verständnis der Risiken einer Methotrexattherapie verschrieben werden.
    • Jeder Hinweis auf eine Aufteilung der Dosis (z.B. drei Gaben im Abstand von je 12 Stunden) soll entfernt werden.
    • Angehörige der Heilberufe werden darauf hingewiesen, die Anwendung von oralen methotrexathaltigen Darreichungsformen auf Patienten zu beschränken, bei denen die Patienten oder deren Pflegekräfte in der Lage sind, das einmal wöchentliche Dosierungsschema zu befolgen.
    • Aufnahme eines eingerahmten Warnhinweises auch in der Produktinformation der parenteralen methotrexathaltigen Darreichungsformen.
  • Einführung von Schulungsmaterialien für orale Darreichungsformen mit mindestens einem Anwendungsgebiet, das eine einmal wöchentliche Behandlung erfordert:

    • Es wurde Schulungsmaterial für Ärzte in Form einer Checkliste entwickelt. Diese ist auf der Homepage des BfArM veröffentlicht (Schulungsmaterial)
    • Für Patienten wurde zudem Schulungsmaterial in Form einer Patientenkarte entwickelt, die dem Patienten mit jeder Arzneimittelpackung zur Verfügung gestellt wird (in der Verpackung oder außen in fester Verbindung mit der Umverpackung). Für die Übergangszeit, bis diese Patientenkarte zur Abgabe mit der Arzneimittelpackung zur Verfügung steht, wurden den Apotheken (zusammen mit einem Rote-Hand-Brief) bereits Exemplare zur Abgabe an den Patienten zu Verfügung gestellt. Ein Muster der Patientenkarte ist auf der Webseite des BfArM im Bereich Schulungsmaterial verfügbar (Schulungsmaterial).

Neben den EU-weiten Maßnahmen wurden zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung dieses Medikationsfehlers identifiziert, deren Umsetzung allerdings nur auf nationaler Ebene (unter Berücksichtigung der nationalen Vorgaben und Besonderheiten des Gesundheitssystems) der einzelnen Mitgliedsstaaten möglich ist.

Dazu gehören:

  • die Empfehlung, den Produktnamen von Arzneimitteln mit Anwendungsgebieten, die eine einmal wöchentliche Behandlung erfordern, mit dem Zusatz „wöchentlich“ zu versehen
  • die Bereitstellung von therapiegerechten Packungsgrößen
  • bessere Unterscheidbarkeit von anderen Tabletten (wie Folsäure)
  • die Erarbeitung effizienter technischer Lösungen im Zusammenhang mit elektronischen Verschreibungs- und Abgabesystemen
  • Empfehlungen für das Management von Methotrexat in Kliniken

Wie kann eine mögliche Nebenwirkung gemeldet werden?

Patienten und ihre Angehörigen sowie Angehörige der Heilberufe können Nebenwirkungen online melden unter dem folgenden Link:

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Einzelheiten zum Ablauf des europäischen Risikobewertungsverfahrens zu Methotrexat

Da trotz der bereits ergriffenen Maßnahmen weiterhin Meldungen zu Medikationsfehlern eingingen, wurde im März 2018 von Spanien ein Risikobewertungsverfahren gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG für orale methotrexathaltige Darreichungsformen initiiert. Das Ziel des Risikobewertungsverfahrens war es, die Ursachen dieser Art von Medikationsfehler (d.h. tägliche anstatt wöchentliche Gabe/Anwendung bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen) genauer zu bestimmen und geeignete Gegenmaßnahmen, die EU-weit Anwendung finden sollten, wissenschaftlich abzuwägen. Der PRAC erweiterte das Verfahren in seiner Sitzung im April 2018 auf parenterale Darreichungsformen, da auch Fälle im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Darreichungsform gemeldet wurden und in vielen Fallmeldungen die Art der Anwendung nicht angegeben war.

Der PRAC verabschiedete am 11. Juli 2019 eine Empfehlung, die in der Folge vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bestätigt wurde. Am 21.10.2019 hat die Europäische Kommission einen Durchführungsbeschluss erlassen zur rechtsverbindlichen Umsetzung. Nähere Informationen finden Sie unter dem folgenden Link: Methotrexate containing medicinal products.

Das BfArM hat mit Bescheid vom 20. November 2019 den entsprechenden Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission umgesetzt. Nähere Informationen finden Sie unter

Information für Patienten