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Ergebnisprotokoll der 32. Sitzung (Telefonkonferenz) der Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (KAKJ) vom 17.06.2015

Tagungszeit: 11:00 – 12:15 Uhr

Tagesordnung

TOP 1 Eröffnung der Sitzung und Annahme der Tagesordnung

Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und begrüßt die Sitzungsteilnehmer. Es sind 6 von 8 Stimmberechtigten telefonisch zugeschaltet sowie ein weiteres Mitglied anwesend.

Tagesordnung
Die Tagesordnung wird unter TOP 3 um ein europäisches Zulassungsverfahren und eine nationale Änderungsanzeige erweitert. TOP 4 wird um ein Resümee zum Kinderarzneimittelsymposium am 08.06.2015 in Bonn ergänzt.

TOP 1.1 Abfrage der Interessenerklärungen

Der Vorsitzende erfragt Änderungen zu den allgemein deklarierten Interessenkonflikten sowie mögliche potenzielle Interessenkonflikte in Bezug auf die zur Beratung anstehenden Tagesordnungspunkte. Es werden keine neuen Interessenkonflikte deklariert.

TOP 2 Annahme des Ergebnisprotokolls der 31. Sitzung vom 18.03.2015

Der Entwurf der Niederschrift wird ohne Änderungen einstimmig angenommen.

TOP 3 Aufgaben der Kommission

Für TOP 3.1 liegen zwei europäische dezentrale Zulassungsverfahren vor.
Unter TOP 3.2 werden außerdem zwei europäische sowie eine nationale Änderungsanzeigen diskutiert.

TOP 3.1 Nationale und europäische Verfahren

TOP 3.1.1 Europäisches dezentrales Zulassungsverfahren
M01AE02 MUSKEL- UND SKELETTSYSTEM - ANTIPHLOGISTIKA UND ANTIRHEUMATIKA - NICHTSTEROIDALE ANTIPHLOGISTIKA UND ANTIRHEUMATIKA

Die KAKJ stimmt einer Zulassung des beantragten Arzneimittels für Kinder ab 5 Jahren zu.

Abstimmungsergebnis: ja:nein:enth. = 7:0:0

TOP 3.1.2 Europäisches dezentrales Zulassungsverfahren
J01CF05 ANTIINFEKTIVA ZUR SYSTEMISCHEN ANWENDUNG - ANTIBIOTIKA ZUR SYSTEMISCHEN ANWENDUNG - BETALACTAM-ANTIBIOTIKA, PENICILLINE

Die KAKJ stimmt einer Zulassung aller für das Arzneimittel beantragten Indikationen zu, sofern die Anwendung aufgrund nachgewiesener Erregersensibilität erfolgt.

Abstimmungsergebnis: ja:nein:enth. = 7:0:0


TOP 3.2 Änderungsanzeigen

TOP 3.2.1 Europäische Änderungsanzeige
B05BA02 BLUT UND BLUTBILDENDE ORGANE – BLUTERSATZ-MITTEL UND PERFUSIONSLÖSUNGEN - I.V.-LÖSUNGEN

Die KAKJ stimmt einer Zulassung der beantragten Indikation zu und empfiehlt außerdem, einen zusätzlichen Hinweis für die Altersgruppe sehr kleiner Frühgeborener aufzunehmen.

Abstimmungsergebnis: ja:nein:enth. = 7:0:0

TOP 3.2.2 Europäische Änderungsanzeige
N03AX09 NERVENSYSTEM - ANTIEPILEPTIKA - ANTIEPILEPTIKA

Die KAKJ lehnt eine Zulassung der beantragten Indikation aufgrund von Mängeln im Studiendesign ab.

Abstimmungsergebnis: ja:nein:enth. = 0:7:0

TOP 3.2.3 Nationale Änderungsanzeige
R05CA13 RESPIRATIONSTRAKT - HUSTEN- UND ERKÄLTUNGS-PRÄPARATE - EXPEKTORANZIEN, EXKL. KOMBINATIONEN MIT ANTITUSSIVA

Die KAKJ lehnt die Erweiterung der Zulassung wegen fehlender Daten bei Kindern und Jugendlichen ab.

Abstimmungsergebnis: ja:nein:enth. = 0:7:0

TOP 4 Verschiedenes


TOP 4.1Antihistaminika der ersten Generation: Dimenhydrinat, Diphenhydramin und Doxylamin bei Kindern unter 2 Jahren

Das Thema Antihistaminika der ersten Generation war in vergangenen KAKJ-Sitzungen bereits mehrfach Gegenstand der Diskussion. Basis der weiteren Diskussion und Entscheidungsfindung der Kommission in der 32. Sitzung war ein Bewertungsbericht des BfArM zu den drei Wirkstoffen.

Die BfArM-Auswertung kommt zu dem Ergebnis, dass

  • insgesamt kaum Studiendaten von Kindern dieser Altersgruppe existieren

  • eine Extrapolation von Erwachsenendaten auf Kinder dieser Altersgruppe aufgrund unterschiedlicher physiologischer Voraussetzungen nicht sinnvoll ist

  • die Indikation für Dimenhydrinat und Diphenhydramin („Übelkeit und Erbrechen“) unspezifisch ist und eine Bewertung der Wirkstoffe nach dem spezifischen Einsatzgebiet (Erkrankung/medizinisches Procedere) notwendig ist.

  • die Wirksamkeit in den spezifischen Einsatzgebieten unterschiedlich gut belegt ist: Studiendaten erbringen beispielsweise bei Gastroenteritis keinen Vorteil gegenüber alleinigen Rehydratationsmaßnahmen; die Wirksamkeit durch Studien belegt ist für die Anwendung bei postoperativem Erbrechen (bei parenteraler Gabe u. Hospitalisierung mit engmaschiger Überwachung des Patienten)

  • bei Kleinkindern zum Teil schwere Nebenwirkungen auftreten aber keine signifikante Korrelation zwischen der verabreichten Dosis und dem Auftreten bzw. der Schwere der Symptome festzustellen ist;

  • Berichte über schwere Nebenwirkungen und Todesfälle ein sehr heterogenes Patientenkollektiv zeigen, so dass ein Risikoprofil für das Auftreten schwerer Nebenwirkung nicht ermittelt werden kann.

Die Kommission und das BfArM kommen überein, dass das Einführen einer Verschreibungspflicht für die betreffenden Arzneimittel keine Reduktion des Intoxikationsrisikos bei Kindern erwarten lässt, da die beschriebenen Todesfälle gerade auch nach ärztlicher Verordnung aufgetreten waren.

Für die orale und rektale Darreichungsform bei ambulanter Anwendung werden in der Kommission derzeit folgende zwei möglichen Maßnahmen der Anwendungseinschränkung zur Risikominimierung der Anwendung bei Kindern diskutiert:

  1. Aufnahme einer relativen Kontraindikation für Kinder < 2 Jahren in die Fachinformation mit dem Zusatz einer Anwendung nur nach strenger ärztlicher Indikationsstellung
  2. Aufnahme einer absoluten Kontraindikation für Kinder < 2 Jahren

Die intravenöse Darreichungsform und Anwendung im stationären Bereich bei post-operativer Übelkeit und Erbrechen unter Monitoring der Patienten bleiben von Änderungen unberührt.

Geplant ist eine Weiterführung der Diskussion in der nächsten 33. Sitzung (Präsenzveranstaltung in Bonn) und Positionierung der KAKJ.


TOP 4.2 Anfrage des BfArM an die KAKJ bezüglich geeigneter Darstellung bzw. Beschreibung von Kinderdosierungen in der Fachinformation

Für das betreffende Arzneimittel, das auch in Notfallsituationen Anwendung bei Kindern und Jugendlichen findet, waren in der Vergangenheit zwei Fälle von Medikationsfehlern aufgetreten.
Die Teilnehmer diskutieren auf Anfrage durch das BfArM eine vereinfachte Beschreibung der Kinderdosierungen in Form einer geeigneten Dosierungstabelle.


TOP 4.3 Problematik kindgerechter Darreichungsformen

Anlässlich eines Arzneimittels, das Dosierungsempfehlungen auch für Kinder unter 6 Jahren enthält, jedoch zur oralen Anwendung nur in Tablettenform vorliegt, diskutieren die Teilnehmer auf Anfrage durch das BfArM die übliche Verabreichungsweise bei Kindern.
Aus Sicht der Kommission ist im vorliegenden Fall keine Konkretisierung der bisherigen Anwendungshinweise für Kinder erforderlich. Gleichwohl sprechen sich die Mitglieder nachdrücklich für die vermehrte Zulassung geeigneter und kindgerechter Darreichungsformen aus.


TOP 4.4Resümee zum Kinderarzneimittel-Symposium am 08.06.2015 in Bonn

Schwerpunkt dieser Veranstaltung war die Diskussion rund um das regulatorische Instrument PUMA (Paediatric Use Marketing Authorisation). Die EU-Kinderarzneimittel-verordnung 1901/2006 sieht zur Verbesserung der Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen für bereits zugelassene und nicht mehr rechtlich geschützte Arzneimittel diese Möglichkeit einer Genehmigung für die pädiatrische Verwendung vor. Obwohl Arzneimittel ein hohes Potenzial aufweisen, hierdurch große arzneiliche Versorgungslücken in der Pädiatrie zu schließen, wird die PUMA-Zulassung bisher kaum genutzt.

Das einberufene wissenschaftliche Symposium sollte den beteiligten Partnern die Gelegenheit geben, den gegenseitigen Dialog zu verbessern und Gründe für die zurückhaltende Nutzung der PUMA-Zulassung diskutieren. Vortragende aus dem Bereich der Kinder- und Jugendmedizin, der Zulassungsbehörden, des Gemeinsamen Bundesausschusses, der pharmazeutischen Industrie und der Bundesministerien präsentierten mögliche Probleme und Lösungsmöglichkeiten aus ihrer Sicht, mit dem Ziel, das Instrument der PUMA-Zulassungen attraktiver nutzbar zu machen.

Der Vorsitzende schließt die Sitzung.


Ergänzung zum Ergebnisprotokoll der 32. Sitzung:

Schriftliche / elektronische Abstimmungsverfahren im Zeitraum 04 - 06/2015
Paediatric Worksharing – Verfahren nach Artikel 45/46 der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006

Im Zeitraum zwischen der 31. und der 32. Sitzung wurden ein europäisches dezentrales Zulassungsverfahren und ein europäisches Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) im schriftlichen Abstimmungsverfahren diskutiert und abgestimmt.
Im zweiten Verfahren lehnt die Kommission eine der beantragten Indikationen aus medizinischen Gründen ab und stimmt einer grundsätzlichen Anwendung des beantragten Arzneimittels für Kinder erst nach Abschluss des ersten Lebensjahres zu.