BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll zur siebten Sitzung der Gemeinsamen Expertenkommission am 3. März 2015

Ort Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Kommission zur Einstufung von Borderline-Stoffen, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in den Verkehr gebracht werden, des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte

Teilnehmer

Geschäftstelle der Gemeinsamen Expertenkommission
Herr Kesseler
Frau Bendadani

Ländervertreter der Arzneimittelüberwachung
Herr Dr. Latté
Herr Dr. Schramek

Ländervertreter der Lebensmittelüberwachung
Frau Dr. Lander

Behördenexterne Mitglieder
Frau Prof. Dr. Alban
Herr Prof. Dr. Keusgen
Frau Prof. Dr. Nieber
Herr Prof. Dr. Voit

Vertreter BfR
Frau Dr. Schumann
Frau PD Dr. Hirsch-Ernst

Teilnehmer BMEL
Frau Dr. Noble

Teilnehmer BMG
Frau Dr. Träbert

Vertreter BfArM
Frau Dr. Stephan

Vertreter BVL
Frau Dr. Breitweg-Lehmann

Tagesordnung

TOP 1 Begrüßung und Eröffnung der Sitzung

Der Vorsitzende, Herr Prof. Dr. Keusgen, begrüßt alle Anwesenden, eröffnet die Sitzung und stellt die zeitliche Planung der einzelnen Tagesordnungspunkte auf der Sitzung vor. Frau Dr. Hirsch-Ernst stellt sich als neue Stellvertreterin von Frau Dr. Schumann vor.

TOP 2 Verabschiedung der Tagesordnung

Die Tagesordnung wird in der vorliegenden Fassung angenommen (Anlage 1).

TOP 3 Verabschiedung des Protokolls der 6. Sitzung vom 06.11.2014

Das Protokoll der 6. Sitzung wird von der Kommission ohne Änderungen angenommen (Anlage 2).

TOP 4 Interessenserklärungen

Keiner der Teilnehmer erkennt für sich einen Interessenskonflikt mit den in der Tagesordnung genannten Punkten. Dies wird per Unterschrift der einzelnen behördenexternen Mitglieder vermerkt.

TOP 5 Weiterführung Thema – pharmakologische Wirkung / ernährungsspezifische
und physiologische Wirkung bei ergänzend bilanzierten Diäten

Der Vorsitzende und die Geschäftsstelle geben zu Beginn einen kurzen Überblick über den bisherigen Diskussionsstand des Themas.
Es werden Ausarbeitungen von zu klärenden Teilfragestellungen zur Diskussion vorgelegt.
Eine Teilfrage lautet, ob aus juristischer Sicht nur bestimmte Kategorien von Krankheiten in den Anwendungsbereich der ergänzend bilanzierten Diäten (ebD) fallen könnten.

Ein Mitglied stellt seine Stellungnahme zu dem Begriff des sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarfs nach § 1 Abs. 4a S. 2 DiätV vor.
In diesem Zusammenhang wird auch der vom Bundesgesundheitsamt (BGA) 1984 veröffentlichten Krankheitskatalog, in welchem Krankheiten aufgeführt sind, die einen besonderen Er nährungsbedarf begründen, diskutiert.
Eine weitere Ausarbeitung zur Übersicht verschiedener Begriffe der DiätV wird nicht vertieft, da das berichterstattende Mitglied nicht anwesend ist.

Im Diskussionsverlauf wird erneut angeführt, dass die bisherige deutsche Übersetzung des englischen Wortlauts „dietary management“ „zur diätetischen Behandlung“ der Richtlinie 1999/21/EG, zukünftig in der dann geltenden Verordnung (EU) Nr. 609/2013 „zum Diätmanagement“ lauten wird.
Das BMEL macht darauf aufmerksam, dass nach der geltenden Definition ebD bilanzierte Diäten mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung sind. Aufgrund der Vielzahl als ebD deklarierter Produkte auf dem europäischen Markt, sei die Europäische Kommission der Ansicht, dass diese Definition der ebD offenbar zu weit ausgelegt werde. Es bestehe Einigkeit zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten, dass für ebD ein konsequenter Vollzug der Rechtsvorschriften notwendig sei.

Des Weiteren informiert das BMEL über die Arbeitsgruppensitzung der Europäischen Kommission zu ebD. Wie das BMEL bereits in der 6. Sitzung in die Diskussion eingebracht hat, hat die Europäische Kommission die Absicht, ein Guidance-Dokument auszuarbeiten, das bei Auslegungsfragen bzgl. der Legaldefinition von infrage stehenden Produkten unterstützen und so Auslegungsunterschiede vermeiden soll.

Es wird vom BMEL weiterhin berichtet, dass die Europäische Kommission angekündigt habe, im Bedarfsfall von der in der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 enthaltenen Ermächtigung für Auslegungsentscheidungen der Europäischen Kommission Gebrauch zu machen und eine einheitliche Durchführung der Verordnung sicherzustellen. Diese Entscheidungen legen rechtsverbindlich fest, ob ein bestimmtes Lebensmittel in den Anwendungsbereich der o.g. Verordnung fällt oder zu welcher spezifischen Lebensmittelkategorie ein bestimmtes Lebensmittel gehört.
Im Diskussionsverlauf wird mehrheitlich bejaht, den Begriff „Diätmanagement“ zu definieren und somit von dem bisher verwendeten Begriff „Behandlung“ abzugrenzen.

Mögliche Aspekte der Definition können nach Ansicht der Expertenkommission sein, dass das Diätmanagement keine kausale Therapie einer vorliegenden Krankheit darstellt. Es soll einen erhöhten oder erniedrigten Nährstoffbedarf bei bestimmten Krankheiten mit ebD decken. Ein typisches Beispiel stellen hier Stoffwechselerkrankungen wie Phenylketonurie dar, bei denen bestimmte Nährstoffe wie z.B. Aminosäuren nur begrenzt zugeführt werden dürfen.

In diesem Zusammenhang wird auf den Erwägungsgrund 25 der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 verwiesen. In diesem heißt es u.a. „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind jedoch zum Diätmanagement von Patienten bestimmt, deren Fähigkeit beispielsweise zur Aufnahme gewöhnlicher Lebensmittel aufgrund einer spezifischen Krankheit oder Störung oder spezifischer Beschwerden eingeschränkt, behindert oder gestört ist. Der Hinweis auf Diätmanagement von Krankheiten, Störungen oder Beschwerden, für die das Lebensmittel bestimmt ist, sollte nicht als Zuschreibung einer Eigenschaft hinsichtlich der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit gelten.“

Die Geschäftsstelle weist im Rahmen der Diskussion darauf hin, dass das ursprüngliche Thema die Abgrenzung der ernährungsspezifischen und physiologischen Wirkung einer ebD zu einer pharmakologischen Wirkung von Arzneimitteln war und vorranging zu behandeln sei.
In diesem Sinne diskutiert die Kommission die Frage, inwieweit typische Arzneistoffe erlaubte Zutaten darstellen können, da für viele Arzneistoffe in niedriger Dosierung keine pharmakologische Wirkung belegt ist.

Hierzu wird angemerkt, dass bereits über die in der Definition der DiätV bzw. der neuen Verordnung (EU) Nr. 609/2013 eine Vielzahl von Produkten als ebD ausgeschlossen werden können. In der Folge stellt sich die Frage, ob ein Arznei- oder Nährstoff vorliegt, oftmals nicht mehr.

Im Zuge des TOPs soll eine Entscheidungshilfe in Form einer Stellungnahme, inklusive eines Entscheidungsbaums, verwendet werden, anhand deren das Vorliegen einer ebD geprüft werden kann. Zentrale Begrifflichkeiten (Management und Behandlung) sollen hierbei geklärt und die einzelnen Merkmale des Entscheidungsbaums mit einzelnen Beispielen hinterlegt werden.

Um der ursprünglichen Fragestellung, die Begriffe „Nährstoff“, „ernährungsspezifische“ und „physiologische“ Wirkung bei ebD zu klären, gerecht zu werden, soll auch diese Thematik Bestandteil der o.g. Entscheidungshilfe sein. Hierzu wird insbesondere die bereits erstellte Ausarbeitung heranzuziehen sein, die noch um den Begriff des Diätmanagements zu erweitern ist.

Im Folgenden wird diskutiert, welches Gewicht bereits bestehende Gerichtsurteile zur Feststellung der Verkehrsfähigkeit von ebD in den beabsichtigten Ausführungen einnehmen müssen. Hierbei wird zu bedenken gegeben, dass bei den Gerichtsurteilen dahingehend differenziert werden muss, inwieweit die Frage der Abgrenzung von ebD zu Arzneimitteln Gegenstand des Klageverfahrens war.

TOP 6 Entwurf der Stellungnahme zu Vitamin D-haltigen Produkten

Nach einer kurzen Einleitung wird thematisiert, dass die bisherige Ausarbeitung der Stellungnahme dahingehend schlüssiger zu formulieren sei, dass Argumentationsteil und Schlussfolgerung besser aufeinander abgestimmt sind. Die Argumentation sei eher bedarfsorientiert geführt.

Es sei nicht überzeugend argumentiert, warum bis zu einer bestimmten Dosierung eine ernährungsspezifische/physiologische Wirkung vorliegen solle, oberhalb dieser jedoch eine pharmakologische Wirkung vorläge. Zwar wäre eine höhere Dosierung in Bezug auf den Bedarf durch die Ernährung möglicherweise nicht mehr sinnvoll, dies sei jedoch kein Kriterium, ein Produkt zwingend als Arzneimittel einzustufen.

Auch Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs wie z.B. Alkohol können überdosiert werden. Eine gesetzliche Reglementierung wird für diese Fälle jedoch nicht vorgenommen.

Über die Verkehrsfähigkeit derlei Produkte als Nahrungsergänzungsmittel oder sonstiges Lebensmittel wurde diskutiert. Es wird eingeworfen, dass allein die Bestimmung, die Nahrung zu ergänzen, nicht ausreichend sei, sondern auch eine tatsächliche Ergänzung durch das Nahrungsergänzungsmittel nach der rechtlichen Definition vorliegen müsse.

In diesem Zusammenhang wurde die Frage gestellt, ob die Definition einer Erheblichkeitsschwelle möglich ist.

Hierzu ist ein Mitglied der Kommission der Ansicht, dass man auch differenzieren sollte, ob es sich um ein „gewöhnliches“ Lebensmittel wie z.B. Schokolade handelt oder um einen ambivalenten Stoff, für den gemäß der Rechtsprechung eine Verwendung als Arzneistoff und als Lebensmittel besteht und somit eine Erheblichkeitsschwelle existiert (Knoblauchurteil).

Aufgrund starker Abweichungen der Vitamin-D Aufnahme in der Bevölkerung besteht hier jedoch die Schwierigkeit, zu bestimmen, welche Aufnahmemenge zur Beurteilung heranzuziehen ist.

Die Kommission ist sich daher einig, dass eine bedarfsorientierte Betrachtung einer aufnahmeorientierten Betrachtung vorzuziehen ist, da sie den o.g. Fallkonstellationen besser gerecht wird. So könne gegebenenfalls eine Aussage getroffen werden, ob die Definition des Nahrungsergänzungsmittels für jede Dosierung erfüllt sei oder nicht.

Daher soll der Entwurf zur Stellungnahme zu Vitamin D-haltigen Produkten dahingehend überarbeitet werden.

TOP 7 Einstufung hochdosierter Produkte mit Vitaminen und Mineralstoffen am Beispiel
von Zink- Bedingungen und Konzentrationen für eine „nennenswerte pharmakologische Wirkung“

Top 7 wurde gemeinsam mit Top 8 abgehandelt. Es ist angedacht zunächst eines der beiden TOPs exemplarisch zu behandeln.

TOP 8 Einstufung hochdosierter Produkte mit Vitaminen und Mineralstoffen am Beispiel
von Selen- Bedingungen und Konzentrationen für eine „nennenswerte pharmakologische Wirkung“

Die Geschäftsstelle stellt die Themen der TOPs 7 und 8 kurz vor. Im Rahmen der Überwachung stellt sich oft die Frage, wie ein hochdosiertes Vitamin- oder Mineralstoffpräparat von einem vergleichbar dosierten Arzneimittel zu unterscheiden ist.

Auf dem Markt befinden sich Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel, die die gleiche Dosierung an Vitaminen und Mineralstoffen aufweisen.

In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob es von Bedeutung ist, dass ein Vitamin oder Mineralstoff ausschließlich zur Prophylaxe oder Beseitigung von Mangelerkrankungen als Arzneimittel zugelassen ist, oder dass weitere Indikationen bestehen.

Die Kommission verständigt sich darauf, vorrangig Selen im Rahmen der Problemstellung „Einstufung hochdosierter Produkte mit Vitaminen und Mineralstoffen“ zu bearbeiten.

Selen ist in einer Vielzahl von Lebensmitteln enthalten. Diese ermöglichen die von der DGE geschätzte notwendige Tagesverzehrmenge zu erreichen. Es gibt jedoch auch Lebensmittel – wie Paranüsse oder Kokosnüsse – die sehr hohe Selengehalte aufweisen und somit bei Verzehr zu hohen Aufnahmemengen führen können, die im Bereich arzneimittelrelevanter Dosierungen liegen. Lebensmittel wie Paranüsse oder Kokosnüsse werden jedoch von weiten Teilen der Bevölkerung nur selten oder nie verzehrt.

Es ist fraglich, wie man mit hohen Konzentrationen eines Stoffes in Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs im Rahmen der Ermittlung der Erheblichkeitsschwelle umgeht.

Da es sich bei dem DGE empfohlenen Verzehrwert nur um einen Schätzwert handelt, sollte zuvor ermittelt werden, welche Höchstmengen durch die Aufnahme von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs erreicht werden können. Als Grundlage hierfür kann die EFSA Stellungnahme dienen.

Ein entsprechender Entwurf eines Übersichtspapiers wird bis zur nächsten Sitzung erstellt werden. Selenhefen sollen hierbei mitberücksichtigt werden.

TOP 9 Organisatorisches

Es wird eine Änderung des Beginns der Sitzung und der Länge der Mittagspause diskutiert.
Die Mehrheit der Kommission spricht sich gegen eine Änderung aus.

Die 8. Sitzung wird am 25.06.2015 von 8:30 bis 16:00 in Bonn stattfinden.

Für weitere Termine wird zum gegebenen Zeitpunkt eine Terminabfrage erfolgen.

TOP 10 Sonstiges

Die Geschäftsstelle kündigt an, dass ein Evaluationsbogen im Nachgang der Sitzung an die Mitglieder versendet wird. Dieser soll anschließend ausgefüllt, anonym an die Geschäftsstelle übermittelt werden. Verbesserungsvorschläge für die neue Periode können hierbei ebenfalls vorgetragen werden.

Ein Mitglied der Kommission regt an, die Präsenz der Expertenkommission in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken.

Des Weiteren wird sich dafür ausgesprochen, bereits diskutierte Fragen in einer Art Glossar festzuhalten, um einen späteren Rückgriff einfacher und schneller zu gestalten.

Der Vorsitzende und ein Mitglied berichten über ihre Forschungsergebnisse bezüglich der Analytik von Monakolin K in Speisepilzen. Diese Ergebnisse sollen publiziert und für den Entwurf der Stellungnahme genutzt werden.

Anlagen

Anlage 1 zu TOP 2 – Tagesordnung 7. Sitzung
Anlage 2 zu TOP 3 – Protokoll der 6. Sitzung vom 06.11.2014
Anlage 3 zu TOP 5 – pharmakologische Wirkung / ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung bei ergänzend bilanzierten Diäten Sitzungsvorlage (intern)
Anlage 4 zu TOP 6 – Stellungnahmen-Entwurf Vitamin D Stand 03.03.2014 Sitzungsvorlage (intern)
Anlage 5 zu TOP 7 – Arbeitsvorlage zu TOP 7/7 Zink Stand 03.03.2015 (intern)
Anlage 6 zu TOP 8 – Arbeitsvorlage zu TOP 8/7 Selen Stand 03.03.2015 (intern)
Anlage 7 – Übersicht der Arbeitsaufträge 7. Sitzung (intern)

Die Sitzung wird um 16:00 Uhr geschlossen.

Alternativ zur Online-Version können Sie hier die pdf-Version des Protokolls hier herunterladen: