BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Erlass über die Einrichtung einer Expertengruppe zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs (Expertengruppe Off-Label) nach § 35c Absatz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)

§ 1 Expertengruppe

(1) Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird eine Expertengruppe zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs (Expertengruppe Off-Label) eingerichtet. Die Fachbereiche, aus denen die Mitglieder in die Expertengruppe berufen werden, werden vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmt.

(2) Die Expertengruppe Off-Label hat die folgenden Aufgaben:

  • Abgabe von Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind. Die Bewertungen sind in geeigneten Zeitabständen zu überprüfen und erforderlichenfalls an die Weiterentwicklung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnis anzupassen.
  • Auskunftserteilung gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 SGB V zu Fragen des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind.

(3) Die Aufträge zur Erstellung der Bewertungen nach Absatz 2 erster Spiegelstrich werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss und vom Bundesministerium für Gesundheit erteilt. Vor der Annahme der Bewertungsaufträge werden diese gemäß dem in der Geschäftsordnung der Expertengruppe Off-Label vorgesehenen Verfahren geprüft.

(4) Die Bewertungen werden dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V zugeleitet.

§ 2 Mitglieder

(1) Der Expertengruppe Off-Label gehören an:

  • mindestens vierzig, jedoch höchstens fünfzig Experten / Expertinnen aus verschiedenen medizinischen Fachbereichen, mindestens jedoch aus den Fachbereichen Innere Medizin, Onkologie und Neurologie / Psychiatrie,
  • mindestens fünf, höchstens sechs Biostatistiker / Biostatistikerinnen oder Biometriker / Biometrikerinnen,
  • mindestens zwei, höchstens drei klinische Pharmakologen / Pharmakologinnen,
  • mindestens acht, höchstens zehn Vertreter oder Vertreterinnen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen.

(2) Mitglieder ohne Stimmrecht sind drei Vertreter oder Vertreterinnen aus verschiedenen Patientenselbsthilfegruppen und ein oder zwei Vertreter oder Vertreterinnen der pharmazeutischen Industrie.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit beruft die Mitglieder vorzugsweise unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Fachgesellschaften und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen, der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene und der für die Wahrnehmung der Interessen der Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter maßgeblichen Organisationen für die Dauer von drei Jahren. Die Berufung gilt bis zur Bildung einer neuen Expertengruppe, gegebenenfalls über den Berufungszeitraum von drei Jahren hinaus fort.

(4) Die Mitglieder können ihr Amt durch Erklärung gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit niederlegen. Mitglieder können vom Bundesministerium für Gesundheit abberufen werden, wenn sie an den Aufgaben der Expertengruppe Off-Label nicht dauerhaft mitwirken oder begründete Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bestehen. Scheidet ein Mitglied während seines Berufungszeitraums aus, entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit, ob für die restliche Berufungsdauer ein neues Mitglied nachzuberufen ist.

(5) Die Mitglieder geben gegenüber der Geschäftsstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor ihrer Berufung eine Erklärung über ihre Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten und der pharmazeutischen Industrie einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen (Interessenerklärung) unter Nutzung eines Formblattes des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ab.

§ 3 Organisation und Arbeitsweise

(1) Für die Expertengruppe Off-Label ist eine Geschäftsstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingerichtet; sie untersteht dessen Dienstaufsicht. Die Geschäftsstelle führt die Geschäfte der Expertengruppe im Rahmen des Errichtungserlasses und der Geschäftsordnung. Sie übersendet die Einladungen und Sitzungsunterlagen sowie die Ergebnisprotokolle an die Mitglieder. Sie unterstützt die Expertengruppe bei ihren Aufgaben.

(2) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt der Expertengruppe eine Geschäftsordnung auf der Grundlage der Mustergeschäftsordnung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Geschäftsordnung oder deren Änderung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit.

(3) Die Expertengruppe Off-Label beschließt die Bewertungen nach § 1 Absatz 2 erster Spiegelstrich auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Aufbereitung zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Die Aufbereitung erfolgt durch externe Sachverständige, die von der Geschäftsstelle nach Ausschreibung unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Expertengruppe bestellt werden; für ihre Bestellung gilt § 2 Absatz 5 entsprechend. Die Bewertung, ob die Anwendung eines Arzneimittels außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entspricht, soll nur mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers erstellt werden. Die Anerkennung dieser Anwendung als bestimmungsgemäßer Gebrauch (§ 84 des Arzneimittelgesetzes) erklärt der pharmazeutische Unternehmer gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

§ 4 Teilnahme von Nichtmitgliedern

An den Sitzungen können ohne Stimmrecht Vertreterinnen und Vertreter der Geschäftsstelle, des Bundesministeriums für Gesundheit sowie der Trägerorganisationen und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses teilnehmen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut können Vertreterinnen und Vertreter in die Sitzungen entsenden, soweit diese für die vorgesehenen Tagesordnungspunkte fachlich zuständig sind. Die Teilnahme weiterer Gäste ist nach Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit möglich. Die Sitzungstermine sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorab mit einer Frist von mindestens 14 Tagen vor der Sitzung mitzuteilen.

Dieser Erlass gilt mit Wirkung vom 26. Mai 2020. Er ersetzt den Erlass über die Einrichtung von Expertengruppen zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs (Expertengruppen Off-Label) nach § 35b Absatz 3 SGB V vom 2.11.2009 (BAnz. vom 18.11.2009, S. 3922) und den Erlass zur Änderung dieses Erlasses nach § 35c Absatz 1 SGB V vom 17.10.2013.


Bonn, den 26. Mai 2020

Bundesministerium für Gesundheit
gez. Thomas Müller
Leiter der Abteilung 1