BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Formales im Bereich Klinik (Besonderheiten)

Hier werden häufig gestellte Fragen zu Formalem im Bereich Klinik beantwortet.

Welche Unterlagen werden von dem Bereich Klinik geprüft?

Von dem Sachgebiet Klinik / Klinische Pharmakologie werden in der formalen Vorprüfung das Antragsformular „Request for Authorisation...“ (Abschnitt E und F) auf Fehler oder Unstimmigkeiten überprüft. Weiterhin erfolgt eine Überprüfung folgender Unterlagen bezüglich der Anforderungen entsprechend § 7 der GCP-Verordnung:

  • Liegt ein Prüfplan vor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (3))

  • Liegt eine Prüferinformation (IB) vor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (7))

  • Liegt ein IMPD für innerhalb der EU nicht zugelassene Prüfpräparate bzw. ein vereinfachtes IMPD, z.B. in Form einer SmPC, für innerhalb der EU zugelassene Prüfpräparate vor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (4))

  • Gehen aus dem Prüfplan der Gegenstand der klinischen Prüfung und ihre Ziele hervor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (5))

  • Gehen aus dem Prüfplan Anzahl, Alter und Geschlecht der betroffenen Personen hervor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (6))

  • Werden im Prüfplan die Kriterien für die Auswahl der betroffenen Personen sowie die hierzu zu Grunde gelegten statistischen Erwägungen beschrieben? (GCP-V § 7 Abs. 2 (11))

  • Liegt eine Begründung dafür vor, dass die gewählte Geschlechterverteilung in der Gruppe der betroffenen Personen zur Feststellung möglicher geschlechtsspezifischer Unterschiede bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit des geprüften Arzneimittels angemessen ist? (GCP-V § 7 Abs. 2 (12))

  • Liegt ein Plan für die Weiterbehandlung und medizinische Betreuung der betroffenen Personen nach dem Ende der klinischen Prüfung, vor? (GCP-V § 7 Abs. 2 (13))

Nach Überprüfung der Vollständigkeit der Unterlagen erfolgt anschließend die inhaltliche Bewertung der Unterlagen.

Wo treten hierbei die häufigsten formalen Mängel auf?

Häufig fehlt eine Begründung nach §7 Abs. 2, Ziffer 12 GCP-V dafür, dass die gewählte Geschlechterverteilung in der Gruppe der betroffenen Personen zur Feststellung möglicher geschlechtsspezifischer Unterschiede bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit des geprüften Arzneimittels angemessen ist. Weiterhin ist zu beachten, dass gemäß §7 Abs. 2 Ziffer 13 GCP-V ist ein Plan für die Weiterbehandlung und medizinische Betreuung der betroffenen Personen nach dem Ende der klinischen Prüfung dem Antrag beizufügen.

Was ist unter der Begründung für die Geschlechterverteilung zu verstehen?

Hierbei kann aufgeführt werden, dass innerhalb der Auswertung eine Stratifizierung nach Geschlecht vorgenommen wird. Falls innerhalb der klinischen Prüfung keine geschlechtsspezifischen Unterschiede untersucht werden sollen, so wäre hierfür eine Begründung vorzulegen. Sollten Arzneimittel untersucht werden, bei denen bereits geschlechtsspezifische Unterschiede bzgl. Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit untersucht wurden, kann hierauf hingewiesen werden. Für klinische Prüfungen, bei denen nur Frauen oder nur Männer eingeschlossen werden, ist keine Begründung notwendig.

Was ist als Plan für die Weiterbehandlung vorzulegen?

Hierbei sollte beschrieben werden, wie die betroffenen Personen nach Ende der klinischen Prüfung weiterbehandelt werden. Überlicherweise erhalten die Patienten ihre Standardtherapie weiter oder werden vom Hausarzt weiterversorgt. Bei Gesunden ist i.d.R. keine Weiterbehandlung notwendig. Hier bitten wir jedoch trotzdem um eine kurze Stellungnahme. Alternativ können die Angaben auch im Antragsformular unter Punkt F.5. „Plans for treatment or care after the subjects has ended....” eingetragen werden.

Was ist bei klinischen Prüfungen mit Kindern zu beachten?

Im Anschreiben ist darauf hinzuweisen, dass in die klinische Prüfung Minderjährige eingeschlossen werden sollen. Wir empfehlen, bereits im Anschreiben darzulegen, wie folgende Vorschriften beachtet werden:

Nach §40 Abs. 4 Ziffer 2 darf eine klinische Prüfung an Minderjährigen nur durchgeführt werden, wenn die klinische Prüfung an Erwachsenen oder andere Forschungsmethoden nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine ausreichenden Prüfergebnisse erwarten lassen.

Nach §40 Abs. 4 Ziffer 4 AMG darf eine klinische Prüfung an Minderjährigen nur durchgeführt werden, wenn sie für die betroffene Person mit möglichst wenig Belastungen und anderen vorhersehbaren Risiken verbunden ist. Sowohl der Belastungsgrad als auch die Risikoschwelle muss im Prüfplan eigens definiert und vom Prüfer ständig überprüft werden. Zusätzlich muss im Prüfplan beschrieben sein, wie der Belastungsgrad und die Risikoschwelle ständig vom Prüfer kontrolliert werden.

Was ist bei „First-in-Man“-Studien zu beachten.

Im Anschreiben sollte daraufhin gewiesen werden, dass innerhalb der klinischen Prüfung ein Arzneimittel erstmalig am Menschen angewendet werden soll. Hierbei sollte bereits diskutiert werden, ob es sich um eine Hoch-Risiko-Substanz (z.B. erstmalige Anwendung einer Substanzklasse, neuer Wirkmechanismus, Eingriff in das Immunsystem) handelt. Hiervon zu unterscheiden sind klinische Prüfungen mit neuen Formulierungen, bei denen für die Wirksubstanz bereits Erfahrungen am Menschen vorliegen.

Bei erstmaliger Anwendung einer neuen Substanz am Menschen wird im Prüfplan eine kritische Auseinandersetzung dazu erwartet, ob diese neue Substanz potentiell schwerwiegende Nebenwirkungen bei der Erstanwendung am Menschen auslösen kann. Die Guideline on strategies to identify and mitigate risks for first-in-human and early clinical trials with investigational medicinal products“ (EMEA/CHMP/SWP/28367/07 Rev. 1 10. November 2016) beschreibt drei Kriterien, die einen Wirkstoff als eine solche Substanz einstufen:

  • Neuer bzw. nicht genau bekannter Wirkmechanismus; als besonders riskant gilt dabei ein pleiotropher Wirkmechanismus, wenn z.B. eine Substanz auf einen Rezeptor wirkt, der von vielen Zellen exprimiert wird, wie dies im Immunsystem i.d.R. der Fall ist.
  • Neue oder nicht genaue Struktur und biologische Funktion des Zielmoleküls; die meisten neu entwickelten Wirkstoffe wirken auf ein einzelnes Zielmolekül, z.B: ein Rezeptor oder eine Stoffwechselreaktion. Vorsicht ist dann geboten, wenn die genaue Struktur und biologische Funktion nicht genau bekannt ist.
  • Relevanz der Tierversuche, die der ersten Anwendung am Menschen vorausgehen; hierbei sollte sichergestellt werden, dass ein Tiermodell gewählt wurde, welches pharmakologisch und toxikologisch mit dem Menschen weitgehend übereinstimmt.

Für Wirkstoffe, die potentiell schwerwiegende Nebenwirkungen bei der Erstanwendung am Menschen auslösen können, sollte die Dosis sich nicht mehr wie bisher ausschließlich an dem „No Observed Adverse Effect Level“ (NOAEL), sondern an dem „Minimal Anticipated Biological Effect Level“ (MABEL) orientieren. Die Startdosis, die Dosisstufen und die maximale Dosis müssen detailliert begründet werden. Beim ersten Einsatz am Menschen sollte geprüft werden, ob eine intravenöse Gabe notwendig ist – wenn ja, dann sollte der Wirkstoff möglichst langsam appliziert werden, um die Infusion möglichst sofort unterbrechen zu können, falls Nebenwirkungen auftreten. Zusätzlich sollten nicht mehrere Probanden gleichzeitig exponiert werden (sequentielles Design). Weiterhin sollte innerhalb des Prüfplans detailliert beschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen eine Dosissteigerung erfolgt und welche Maßnahmen im Falle eines Notfalls durchgeführt werden.

Wie häufig ist die Prüferinformation zu aktualisieren?

Entsprechend der Richtlinie 2005/28/EG der Kommisison vom 8. April 2005 Artikel 8 (1) vom Sponsor mindestens einmal jährlich die Prüferinformation dahingehend bewertet werden, ob sie noch valide sind und erforderlicherweise aktualisiert werden. Sofern keine Aktualisierung der Prüferinformation als notwendig erachtet wird, wird empfohlen, dies der Bundesoberbehörde mitzuteilen. Sofern die geänderten Inhalte der Prüferinformation geeignet sind,

  1. sich auf die Sicherheit der betroffenen Personen auszuwirken (positiv wie negativ) oder
  2. die Auslegung der wissenschaftlichen Dokumente, auf die die Prüfung gestützt wird, oder die wissenschaftliche Aussagekraft der Studienergebnisse zu beeinflussen, so ist die geänderte Prüferinformation der Bundesoberbehörde als genehmigungspflichtige nachträgliche Änderung vorzulegen (vgl. dazu auch § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 + 2 GCP-Verordnung).

Sofern es sich bei den vorgenommenen Änderungen nicht um eine genehmigungspflichtige Änderung entsprechend § 10 (1) GCP-V handelt, wird trotzdem empfohlen, die neue Prüferinformation der Bundesoberbehörde zeitnah zur Information vorzulegen.

Ist ein Antrag auf Genehmigung eines „integrierten“ Protokolls, welches mehrere Teile enthält, beim BfArM möglich?

Gemäß der EG-Richtlinie 2001/20 ist für eine klinische Prüfung der Grundsatz zu beachten: „Each clinical trial must have a primary question.“ Dabei kann eine klinische Prüfung mehrere Teile enthalten, sofern der Grundsatz einer einzigen konfirmatorischen Fragestellung im Wesentlichen eingehalten wird. So können in der frühen Entwicklungsphase mehrere Abschnitte innerhalb einer klinischen Prüfung (z.B. Einmalgabe, Mehrfachgabe und Nahrungsinteraktion) zusammengefasst werden.

In diesen Fällen sollte im Prüfplan eine maximale Dosis bzw. eine maximale Exposition festgelegt werden. Die Sicherheitsabstände zu den relevanten Tierspezies sollten in der Nutzen-Risiko-Bewertung diskutiert werden. Zusätzlich sollten Kriterien für die Entscheidung über die nächsthöhere Dosisgruppe im Prüfplan festgelegt werden. Hier kann z.B. beschrieben werden, dass die Dosiseskalation spätestens dann gestoppt wird, wenn die minimal intolerierbare Dosis (MID) bzw. die maximal tolerable Dosis (MTD) erreicht wird. In Einzelfällen wird die Bundesoberbehörde das Vorlegen von Sicherheitsberichten entsprechend § 13 (6) GCP-V (z.B. vor Beginn der Mehrfachgabe) anordnen.

Für Prüfpräparate, welche entsprechend der GUIDELINE ON STRATEGIES TO IDENTIFY AND MITIGATE RISKS FOR FIRST-INHUMAN CLINICAL TRIALS WITH INVESTIGATIONAL MEDICINAL PRODUCTS potentiell schwerwiegende Nebenwirkungen bei der Erstanwendung am Menschen auslösen können, sind „integrierte“ Protokolle nicht geeignet. Wir weisen daraufhin, dass bei „integrierten“ Protokollen der Bearbeitungsaufwand entsprechend höher ist und daher eine Gebührenerhöhung in Abhängigkeit des Bearbeitungsaufwandes festgelegt wird.

Gibt es eine harmonisierte europäische Interpretation zur Referenzinformation zur Sicherheit (RSI) in Klinischen Prüfungen?

Ja, die Europäische CTFG (Clinical Trial Facilitation Group) der HMA (Heads of Medicines Agencies) hat eine Information zur Refenrenzinformation zur Sicherheit (RSI) herausgegeben. Das Dokument ist einsehbar auf den Internetseiten der HMA:

http://www.hma.eu/fileadmin/dateien/Human_Medicines/01-About_HMA/Working_Groups/CTFG/2013_CTFG_Ref_Safety_Info.pdf