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Nitrosamine in Kondomen

Einstelldatum: 28.07.2004

Referenz-Nr.: 9233/0704

Es ist seit langem bekannt, dass in Gummiartikeln (z. B. in Handschuhen, Babysaugern, Luftballons) N-Nitrosamine vorkommen können. N-Nitrosamine sind als hochpotente karzinogene Substanzen bekannt, da sie in fast allen untersuchten Tierspezies wirksam sind. Man muss folglich davon ausgehen, dass sie auch beim Menschen krebserzeugend wirken. Daher ist es auch seit langem das Bestreben der Behörden sowie vieler Hersteller, den Nitrosamingehalt in diesen Produkten auf ein Minimum zu senken.

N-Nitrosamine werden im sogenannten Vulkanisierungsprozess gebildet. Den Naturlatexmischungen werden häufig chemische Hilfsstoffe wie Vulkanisierungsbeschleuniger oder auch Vulkanisierungsverzögerer zugegeben. Die Bildung der N-Nitrosamine ist kein bewusst gewollter Vorgang, sondern ein unerwünschter Nebeneffekt bei der Herstellung.

Einige Hersteller waschen deshalb ihre Produkte, um neben der Reduktion des Allergengehaltes auch die N-Nitrosamine zu reduzieren. Es ist ferner möglich, Vulkanisierungsbeschleuniger zu verwenden, bei denen die Bildung der N-Nitrosamine im Vulkanisierungsprozess reduziert wird.

Kondomhersteller müssen jedoch ihre Latexmischung so wählen, dass die Kondome den von der Norm DIN EN ISO 4047 geforderten Prüfungen (Berstdruck und -volumen sowie Dichtigkeit) entsprechen, um die Zweckbestimmung der Verhütung und des Infektionsschutzes zu erfüllen. Ferner sind die physikalischen Eigenschaften (Dicke, Elastizität), auch so zu wählen, dass sie auf eine hohe Anwenderakzeptanz hinsichtlich der Anwendungseigenschaften stoßen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung schätzt die tägliche nahrungsbedingte Aufnahmedosis zwischen 0,2 und 0,3 Mikrogramm (µg) an N-Nitrosaminen. Durch bestimmte Konsumverhalten wie z.B. Rauchen kann diese Menge noch um ein Vielfaches steigen. Wie hoch die mögliche Aufnahme an N-Nitrosaminen aufgrund der einmaligen Verwendung eines Kondoms ist, kann derzeit noch nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung schätzt die Aufnahme jedoch auf etwa ein bis drei Tausendstel der nahrungsbedingten täglichen Aufnahmedosis an Nitrosaminen.

Da derzeit noch kein standardisiertes Analyseverfahren zur Ermittlung des Nitrosamingehaltes von Kondomen existiert, sind die bisher veröffentlichten Werte zum Nitrosamingehalt nur bedingt vergleichbar.

Der vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart ermittelte maximale Nitrosaminwert eines Kondoms liegt um ein Vielfaches über den Werten, die bislang dazu dem BfArM bekannt waren. Diese niedrigen Werte, die durch die Untersuchung der Stiftung Warentest in etwa bestätigt wurden, wurden vom BfArM bislang als unbedenklich eingestuft.

Eine grundsätzlich unschädliche Konzentration kann für N-Nitrosamine ebenso wenig wie für andere krebserzeugende Stoffe ermittelt werden. Jedoch besteht für die kanzerogene Wirkung der N-Nitrosamine ein linearer Zusammenhang zur kumulativ aufgenommenen Menge.

Daher lautet das Prinzip in solchen Fällen, den unerwünschten Bestandteil nach dem Stand der Technik auf ein Minimum zu reduzieren. Im Rahmen der Aktualisierung der Risikobewertung wird die Festlegung eines geeigneten Grenzwertes für N-Nitrosamine in Kondomen zu prüfen sein.

Kondome sind ein effektives Mittel zur Empfängnisverhütung und zur Vermeidung von Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Es gibt Hinweise, dass durch den Gebrauch von Kondomen die Übertragung von beispielsweise humanen Papillomaviren (HPV) verhindert werden kann. HPV sind mit der Entstehung von Zervixkarzinomen assoziiert.

Derzeit kann nicht behauptet werden, dass die Verwendung von Kondomen für den Anwender zu einem erhöhten Risiko hinsichtlich der Nitrosaminbelastung führt. Es gibt auch keine epidemiologischen Hinweise, dass die Verwendung von Kondomen zu einer erhöhten Inzidenz von Zervix- oder Peniskarzinomen führt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass durch die Verwendung von Kondomen neben der Vermeidung von Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten das Risiko, an einem bakteriell oder viral verursachten Zervixkarzinom zu erkranken, gesenkt wird.

Nach dem derzeitigen Wissensstand überwiegen die Vorteile der Verwendung von Kondomen die vermeintlichen Risiken bei weitem.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat diesbezüglich eine Stellungnahme veröffentlicht, der wir uns inhaltlich anschließen:

"Der gesundheitliche Schaden durch den Verzicht auf Kondome im Falle einer sexuellen Infektionsgefahr ist seit langem wissenschaftlich eindeutig belegt. Dies gilt insbesondere angesichts der aktuellen Datenlage: weltweit und auch in Deutschland steigen sexuell übertragbare Infektionen einschließlich HIV deutlich an! Kondome sind - neben völligem Verzicht auf sexuelle Kontakte - der einzige realistische und effektive Schutz vor HIV und den meisten anderen sexuell übertragbaren Infektionen, die zum Teil lebensbedrohliche Folgen haben können."

Vor diesem Hintergrund ist es dringend geboten, weiterhin Kondome zum Schutz vor sexuellen Infektionen zu benutzen.