BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Reisezeit: Bundesopiumstelle informiert über Mitnahme von Betäubungsmitteln auf Auslandsreisen

Pressemitteilung 9/10

Nummer 9/10 vom 31.05.2010

Viele Patienten sind im Rahmen ihrer Behandlung auf Medikamente angewiesen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Die meisten Patienten werden ambulant behandelt und sind ohne weiteres fähig, Reisen im In- und Ausland zu unternehmen. Manche Patienten scheuen sich allerdings davor, ins Ausland zu reisen, weil sie sich um die Qualität der medizinischen Versorgung am Ferienort sorgen und fürchten, Probleme mit dem Zoll oder der Polizei zu bekommen, wenn sie Betäubungsmittel mit sich führen.

Grundsätzlich können Patienten Betäubungsmittel, die nach den Bestimmungen der geltenden Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von einem Arzt verschrieben wurden, in einer der Dauer der Reise angemessenen Menge als persönlichen Reisebedarf im grenzüberschreitenden Verkehr mitführen. Darauf weist die Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn vor Beginn der Urlaubszeit erneut hin.

Bei Reisen bis zu 30 Tagen in Mitgliedstaaten des Schengener Abkommens (zur Zeit Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn; Stand Mai 2010) sollte die Mitnahme von ärztlich verschriebenen Betäubungsmitteln mit einer vom Arzt ausgefüllten und durch die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle beglaubigten Bescheinigung erfolgen (Bescheinigung gem. Artikel 75 des Schengener Durchführungsabkommens). Weiterführende Informationen zum Reisen mit Betäubungsmitteln einschließlich des Formulars sowie die Liste der für die Beglaubigung zuständigen Stellen können unter dem folgenden Link herunter geladen werden:
www.bfarm.de/reisen

Um betäubungsmittelhaltige Medikamente auch bei Reisen in andere als die oben genannten Länder mitnehmen zu können, rät die Bundesopiumstelle den Patienten, sich eine mehrsprachige ärztliche Bescheinigung gemäß den Richtlinien für Reisende des INCB (International Narcotics Control Board, www.incb.org, Guidelines for Travellers) ausstellen zu lassen, welche Angaben zu Einzel- und Tagesdosierungen, Wirkstoffbezeichnung und Dauer der Reise enthält. Diese Bescheinigung ist ebenfalls durch die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle beglaubigen zu lassen und bei der Reise mitzuführen. Es bestehen jedoch keine international harmonisierten Bestimmungen für die Mitnahme von Betäubungsmitteln als medizinischer Bedarf der Reisenden. Einige Länder verlangen zusätzlich Importgenehmigungen, schränken die Menge ein oder verbieten die Mitnahme von Betäubungsmitteln sogar generell. Um auf Auslandsreisen Probleme zu vermeiden, empfiehlt die Bundesopiumstelle, sich bereits während der Reisevorbereitung bei der jeweils zuständigen diplomatischen Vertretung des Reiselandes in Deutschland nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen zu erkundigen.

Sofern eine Mitnahme von Betäubungsmitteln in das Reiseland nicht möglich ist, sollte zunächst geklärt werden, ob die benötigten Betäubungsmittel (oder ein äquivalentes Produkt) am Urlaubsziel verfügbar sind und durch einen dort ansässigen Arzt verschrieben werden können.

Für Substitutionsbehandlungen von opiatabhängigen Patienten werden ebenfalls dem Betäubungsmittelrecht unterstehende Wirkstoffe eingesetzt (insbesondere Methadon, Levomethadon und Buprenorphin). Sofern dies aus ärztlicher Sicht vertretbar und in Übereinstimmung mit den Vorschriften des bereisten Landes ist, kann der Arzt dem Patienten Verschreibungen des Substitutionsmittels über eine für die Dauer der Reise erforderlichen Menge - maximal allerdings für 30 Tage pro Jahr - aushändigen. Derartige Verschreibungen hat der Arzt der zuständigen Landesgesundheitsbehörde unverzüglich anzuzeigen.

Da jedoch das Mitführen von (bestimmten) Substitutionsmitteln bei der Einreise in einige Länder verboten oder mit besonderen Auflagen versehen ist, sollte sich vor Reiseantritt bei der jeweils zuständigen diplomatischen Vertretung des Reiselandes in Deutschland nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen erkundigt werden. Beispielsweise gelten für die Einreise in die Türkei mit Methadon als Substitutionsmittel die Regelungen des INCB (International Narcotics Control Board, www.incb.org, Guidelines for Travellers). Ferner ist hierbei darauf zu achten, dass vor Antritt der Reise die Ein- und Ausreisedaten inkl. einer Reisepasskopie an die zuständigen türkischen Behörden übermittelt werden und die Reisedauer in der Regel auf 15 Tage begrenzt ist. Weitere Hinweise hierzu kann das Türkische Generalkonsulat München erteilen (Menzinger Straße 3, 80638 München, Telefon: 089 – 1780310).

Die Fortführung einer Substitutionsbehandlung durch einen Arzt im Ausland ist ebenfalls nicht in allen Ländern der Welt erlaubt bzw. aufgrund hoher bürokratischer Hürden kaum realisierbar.

INDRO e.V. (Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik) bietet Informationen zu weltweiten Reisebestimmungen für Substitutionspatienten an
(www.indro-online.de).

Auch Ärzte dürfen Betäubungsmittel im Rahmen karitativer Auslandseinsätze (z.B. Ärzte ohne Grenzen) oder im „kleinen Grenzverkehr“ als ärztlichen Praxisbedarf mitführen, wenn sie in angemessenen Mengen und zum Zwecke der ärztlichen Berufsausübung oder ersten Hilfeleistung verwendet werden. Die Rechtsgrundlagen sind aber auch hierfür international nicht oder nur teilweise harmonisiert. Ärzte sollten sich deshalb vor Reiseantritt ebenfalls bei der diplomatischen Vertretung des Bestimmungslandes vergewissern, ob die Betäubungsmittel mitgenommen werden können, oder sich ggf. erforderliche Genehmigungen von der entsprechenden Überwachungsbehörde beschaffen.