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ACE-Hemmer: Fehlbildungen bei Neugeborenen nach Anwendung im ersten Trimenon einer Schwangerschaft

Kürzlich wurde eine epidemiologische Studie veröffentlicht, in der das Risiko für das Auftreten von größeren Fehlbildungen (major congenital malformation) untersucht wurde, wenn die Mütter im ersten Trimenon der Schwangerschaft einen ACE-Hemmer eingenommen hatten1. Das relative Risiko (RR) dieser Kinder, mit einer solchen Fehlbildung geboren zu werden, war insgesamt 2.71 (KI 1.72-4.27), verglichen mit Kindern ohne eine Exposition während der frühen Schwangerschaft. Die Risikoerhöhung wurde vor allem den kardialen (RR 3.72) und ZNS-Fehlbildungen (RR 4.39) zugerechnet.

Aus einer Datenbank für Gesundheitsleistungen (Tennessee Medicaid, USA) wurden die zwischen 1985 und 2000 geborenen Kinder identifiziert. Von der Auswertung wurden Mütter mit bekanntem Diabetes, festgemacht an einer Verordnung für ein Antidiabetikum in einem definierten Zeitraum, Frauen mit einer ACE-Hemmer-Verordnung nach dem ersten Trimenon sowie Mütter mit Verordnungen anderer möglicherweise teratogener Wirkstoffe ausgeschlossen (insgesamt 4300 Kinder). Unter den etwa 29.500 Geburten waren 209, deren Mütter im ersten Trimenon einen ACE-Hemmer in Monotherapie verordnet bekommen und erhalten hatten, 202 Geburten, deren Mütter eine andere antihypertensive Pharmakotherapie verordnet bekommen hatten sowie 29.096 Geburten ohne irgendeine verordnete antihypertensive Therapie. In der ACE-Hemmer-Gruppe wurden insgesamt 18 größere Fehlbildungen registriert, in der Kontrollgruppe (29.096 Geburten) ohne antihypertensive Medikation 834 solche Fehlbildungen, nach einer anderen antihypertensiven Therapie 4 Fehlbildungen bei 202 Geburten. Ob es Unterschiede zwischen einzelnen ACE-Hemmern gibt, wurde nicht untersucht, die Fallzahlen sind dafür auch zu klein. Die Autoren meinen, dass die Fragestellung in weiteren Untersuchungen überprüft werden sollte.

Die Ergebnisse dieser Studie sind überraschend, weil die Anwendung eines ACE-Hemmers im ersten Trimenon einer Schwangerschaft bisher als nicht mit einem teratogenen Risiko verbunden angesehen wurde. Als Indiz für eine Einnahme wurde in dieser neuen Studie eine Verordnung und Abgabe der untersuchten Arzneimittel durch eine Apotheke gewertet, weswegen die Einnahme der ACE-Hemmer nicht gesichert ist. Weil für eine Bewertung wichtige Informationen wie z.B. genaue Expositionszeitpunkte, Dosierung und Dauer der Einnahme fehlen, ist eine eingehende Bewertung dieser Ergebnisse und die früherer Untersuchungen und anderweitig erhobener Daten (z.B. Register) nötig. Das BfArM nimmt diese zur Zeit mit den anderen Arzneimittelbehörden in der EU vor.

Insgesamt ist die Anwendungshäufigkeit von ACE-Hemmern in der Schwangerschaft gering. In Deutschland sind mehrere ACE-Hemmer, aber nicht alle, in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert oder ihre Anwendung wird nicht empfohlen. Die Ergebnisse können für Frauen von Bedeutung sein, die während einer ACE-Hemmer-Anwendung schwanger werden und dies erst in oder nach der vulnerablen Phase bestätigt wird. Nach Auffassung des BfArM ergeben sich in Deutschland in dieser Situation zunächst keine neuen Empfehlungen für die Verordnung und Anwendung von ACE-Hemmern in der Schwangerschaft als diejenigen, die zur Zeit in den Produktinformationen gegeben werden.

1. Cooper WO et al., N Engl J Med 2006;354:2443-51