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Antidepressiva: Erhöhtes Risiko zu suizidalem Verhalten bei Erwachsenen unter 25 Jahren

Wirkstoff: Antidepressiva

Antidepressiva sind hinsichtlich des Risikos für das Auftreten von suizidalem Verhalten bei jungen Erwachsenen im Alter von unter 25 Jahren neu bewertet worden. Die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe (PhVWP) des wissenschaftliche Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) kam im Juni 2007 zu dem Ergebnis, dass für alle Wirkstoffe aus den unterschiedlichen Gruppen von Antidepressiva1 neue Warnhinweise zum Risiko für das Auftreten von suizidalem Verhalten oder Suizidgedanken, insbesondere in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen, in die Produktinformationen aufgenommen werden müssen.Eine Meta-Analyse von Placebo-kontrollierten klinischen Studien zur Anwendung von Antidepressiva bei Erwachsenen mit psychischen Störungen zeigte bei Patienten unter 25 Jahren, die Antidepressiva einnahmen, ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten im Vergleich zu Placebo. Dabei wurden zwischen den unterschiedlichen Antidepressiva keine substantiellen Unterschiede hinsichtlich dieses Risikos gefunden. Bei älteren Patienten überwog der Effekt zur Verminderung von Suizidalität bzw. Vermeidung von Suiziden.

Die neuen Produktinformationen enthalten für Ärzte und Betreuer von Patienten Hinweise auf die Notwendigkeit einer Überwachung hinsichtlich jeder klinischen Verschlechterung der Symptome, von suizidalem Verhalten oder Auftreten von Suizidgedanken sowie ungewöhnlichen Verhaltensänderungen. Die Patienten werden aufgefordert, ihren Arzt zu kontaktieren oder unverzüglich ein Krankenhaus aufzusuchen, wenn sie im Verlauf der Behandlung Gedanken entwickeln, sich selbst zu verletzen oder sich das Leben zu nehmen.

Das BfArM hat zur Umsetzung der Änderungen in den Produktinformationen ein Stufenplanverfahren eingeleitet. Betroffene pharmazeutische Unternehmer erhalten hier weitere Informationen zum Verfahrensablauf. Zur wissenschaftlichen Begründung wird auf den öffentlichen Bewertungsbericht der PhVWP vom Januar 2008 verwiesen.

Von der US-amerikanischen FDA wurden ähnliche Warnhinweise hinsichtlich eines erhöhten Risikos für suizidales Verhalten bei unter 25-jährigen Erwachsenen für notwendig erachtet und im Jahr 2007 in ihrer aktuellen Fassung veröffentlicht. In zwei früheren EU-Risikobewertungsverfahren im Jahr 2005 waren Paroxetin und die Stoffgruppe der Selektiven Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmeinhibitoren (SSRI/SNRI) hinsichtlich eines erhöhten Risikos für Suizidversuch, suizidale Gedanken und Feindseligkeit bei Kindern und Jugendlichen sowie Absetzerscheinungen nach Beendigung der Therapie bewertet worden. Für verschiedene Arzneimittel aus der Gruppe der SSRI sowie Venlafaxin sind kürzlich die Warnhinweise hinsichtlich Suizidalität und Absetzerscheinungen bei Erwachsenen nach einer wissenschaftlichen Neubewertung durch die PhVWP aktualisiert worden.

Das BfArM fordert die behandelnden Ärzte, Therapeuten sowie betroffene Patienten und deren Angehörige auf, die neuen Informationen und Warnhinweise bei der Anwendung aller genannten Antidepressiva zu beachten.

1 Betroffen sind die Wirkstoffe Amitriptylin, Clomipramin, Dosulepin, Doxepin, Imipramin, Lofepramin, Nortriptylin, Trimipramin, Mianserin, Trazodon, Phenelzin, Isocarboxazid, Tranylcypromin, Moclobemid, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Duloxetin, Flupentixol, Mirtazapin, Reboxetin, Maprotilin, Venlafaxin sowie Tryptophan und Bupropion (zur Behandlung von Depressionen).