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Diphenhydramin, Doxylamin und Dimenhydrinat: Rezeptfreie H1-Antihistaminika der ersten Generation bei Säuglingen und Kleinkindern

Wirkstoff: Diphenhydramin, Doxylamin, Dimenhydrinat

Was sind Antihistaminika der ersten Generation und wofür werden sie eingesetzt?

H1-Antihistaminika sind Arzneistoffe, die durch eine Blockade von H1-Rezeptoren die Wirkung von Histamin hemmen und somit antiallergisch wirken. Im Gegensatz zu H1-Antihistaminika der zweiten oder dritten Generation werden H1-Antihistaminika der ersten Generation gut in das zentrale Nervensystem aufgenommen. Aufgrund der Blockade zentraler H1-Rezeptoren haben diese Antihistaminika zusätzlich einen sedierenden und antiemetischen Effekt und werden daher hauptsächlich in diesen Indikationsgebieten, nämlich als Sedativum (Schlaf- und Beruhigungsmittel) oder Antiemetikum (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) eingesetzt.
H1-Antihistaminika der ersten Generation werden dagegen bei der Behandlung von allergischen Erkrankungen zunehmend durch nicht-sedierende Antihistaminika der zweiten oder dritten Generation ersetzt.
H1-Antihistaminika der ersten Generation sind zur Behandlung von Erkältungskrankheiten für Kinder bis 3 Jahren derzeit in Deutschland nicht zugelassen.

Für Kleinkinder (bis 3 Jahre) sind aber folgende rezeptfreien H1-Antihistaminika der ersten Generation als Antiemetikum bzw. Sedativum zugelassen:

  • Doxylamin: zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen bei Kindern ab dem 6. Monat
  • Diphenhydramin: zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Kindern ab einem Körpergewicht von 8 kg
  • Dimenhydrinat: zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Kindern ab einem Körpergewicht von 6 kg

Welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) wurden berichtet?

H1-Antihistaminika der ersten Generation können unerwünschte zentralnervöse Wirkungen wie Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen, Halluzinationen und Krämpfe auslösen. Des Weiteren können sie sogenannte anticholinerge Effekte wie z.B. Mundtrockenheit, Blasenentleerungsstörungen und Verstopfung verursachen. H1-Antihistaminika können eine Wirkung auf das Herz haben (QT-Intervall-Verlängerung im EKG), was zur Beschleunigung des Pulses oder zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Die folgenden Berichte zu unerwünschten Arzneimittelreaktionen (UAW) bei Kleinkindern bis einschließlich 3 Jahren1 liegen in der UAW-Datenbank des BfArM vor:

DoxylaminDiphenhydraminDimenhydrinat
Berichte zu UAW bei Kindern 3 Jahren6440
die am häufigsten berichteten UAW bei Kinder 3 Jahren Konvulsionen (Krämpfe) (9)
Somnolenz (Benommenheit) (8)
Tachykardie (Beschleunigung des Pulses) (4)


Was ist bei der Anwendung bei Kindern zu berücksichtigen?

Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern besteht die Möglichkeit des Auftretens paradoxer Reaktionen wie Unruhe, Erregung, Schlaflosigkeit, Angstzustände oder Zittern. Des Weiteren ist bei Säuglingen besondere Vorsicht geboten, da diese besonders empfindlich auf die anticholinergen Effekte dieser Antihistaminika reagieren können und somit das Risiko für unregelmäßigen Atem und Atemstillstand besteht.

Überdosierungen können vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auftreten und diesen gefährlich werden. Aus diesem Grund ist bei Verdacht auf Überdosierung oder Vergiftung sofort ein Arzt zu informieren. Zu den Symptomen einer Überdosierung gehören Verwirrung, Erregungszustände bis hin zu Krampfanfällen, Bewusstseinstrübungen, die von starker Schläfrigkeit bis zu Bewusstlosigkeit reichen, sowie Atemstörungen bis zum Atemstillstand.

Die empfohlene Dosierung sollte, vor allem bei Kindern, auf keinen Fall eigenmächtig erhöht werden.

Die Informationen der Packungsbeilage sollten insbesondere bei der Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern beachtet und die Anweisungen strikt befolgt werden.

Was macht das BfArM?

Die Sicherheit der H1-Antihistaminika der ersten Generation wird wie die aller zugelassenen Arzneimittel kontinuierlich überwacht. Zusätzlich werden alle verfügbaren Daten in nationalen und internationalen Gremien bewertet und mögliche Maßnahmen evaluiert.

Was können Sie tun?

Wir bitten Sie, Nebenwirkungen, die bei Ihrem Kind auftreten, bevorzugt über Ihren Kinderarzt oder auch selbst an das BfArM zu melden (siehe unten). Sie helfen uns damit, ein besseres Bild vom Sicherheitsprofil dieser Arzneimittel in der Praxis zu bekommen.

Fazit

Die Anwendung von H1-Antihistaminika der ersten Generation bei Säuglingen und Kleinkindern muss unter strenger Beachtung der Produktinformationen und mit besonderer Vorsicht erfolgen. Kinder unter drei Jahren sind besonders gefährdet für Nebenwirkungen. Überdosierungen müssen deshalb in dieser Altersgruppe unter allen Umständen vermieden werden. Sollten Sie Nebenwirkungen bei der Anwendung von Antihistaminika der ersten Generation beobachten, bitten wir Sie oder besser Ihren Kinderarzt, diese an das BfArM zu melden.

1geändert am 24.01.2013