BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Carboplatin: Bildung von unlöslichen Partikeln bei carboplatinhaltigen Arzneimitteln

Wirkstoff: Carboplatin

Bei Konzentraten zur Herstellung von Infusionslösungen mit dem Inhaltsstoff Carboplatin kann es innerhalb der Laufzeit zur Bildung von unlöslichen, kristallinen Partikeln kommen. Betroffen sind Konzentrate zahlreicher pharmazeutischer Unternehmer. Die durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass es sich bei den Partikeln um substanzspezifische Auskristallisationen des Wirkstoffs handelt. Trotz dieser Ausfällungen liegt der Wirkstoffgehalt weiterhin innerhalb der Produktspezifikationen. Bisher sind dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) keine Nebenwirkungen im Zusammenhang mit den Carboplatinpräzipitaten gemeldet worden, zumindest mittel- und langfristige Risiken können jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Carboplatin ist ein Zytostatikum, welches als Teil der Standardtherapie bei epithelialen Ovarialkarzinomen, kleinzelligen Bronchialkarzinomen, Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs, Zervixkarzinomen, bei Lokalrezidiven oder Fernmetastasierung zugelassen ist. Darüber hinaus wird es auf Grundlage der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) häufig bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen und bei Hodenkarzinomen eingesetzt.
Das BfArM hat alle pharmazeutischen Unternehmer, die Carboplatin enthaltende Arzneimittel in den Verkehr bringen, zu einer umfassenden Prüfung (nach Arzneibuch- und darüber hinausgehenden Methoden) dieser Arzneimittel auf sichtbare Partikel- bzw. Kristallbildung anhand von Rückstellmustern und zur Mitteilung der erzielten Ergebnisse aufgefordert.
Die hierzu von pharmazeutischen Unternehmen durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass nach derzeitiger Erkenntnislage Carboplatin-Präparate folgender pharmazeutischer Unternehmen frei von sichtbarer Partikel- oder Kristallbildung sind: Cancernova GmbH, Cellpharm GmbH und Teva GmbH, Ratiopharm GmbH und Sun Pharmaceuticals Germany GmbH.

Präparate der folgenden pharmazeutischen Unternehmen waren von Ausfällungen betroffen, so dass die belasteten Chargen vom Markt zurückgerufen wurden: Actavis Group PTC ehf, Axios Pharma GmbH, EBEWE Pharma GmbH Nfg. KG, Haemato Pharm AG, Hexal AG, Hikma Farmaceutica S.A., Lapharm GmbH, Medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, Medicopharm AG, NeoCorp GmbH, Onkovis GmbH und Sandoz Pharmaceuticals GmbH.

Zwei pharmazeutische Unternehmen - Accord Healthcare Ltd. und Hospira Deutschland GmbH - haben dem BfArM bisher nicht alle geforderten Untersuchungsergebnisse vorgelegt.

Das BfArM hat folgende Maßnahmen veranlasst und die zuständigen Landesbehörden entsprechend informiert:

  • Verpflichtung der pharmazeutischen Unternehmer, die Rückstellmuster aller im Verkehr befindlichen Fertigarzneimittel gemäß den Empfehlungen des BfArM zu untersuchen.
  • Sofortiger Rückruf sämtlicher Chargen, bei denen sichtbare Partikel oder reflektierende Kristalle festgestellt wurden.
  • Überprüfung aller Rückstellmuster vor der Auslieferung von Chargen sowie in der Folgezeit mindestens alle 4 Wochen.
  • Bei Auftreten von sichtbaren Partikeln oder reflektierenden Kristallen sofortiger Rückruf der betroffenen Chargen.
  • Den Anwendern wird empfohlen, die bisher schon überwiegend eingesetzten Filterungen sowohl bei der Herstellung der anwendungsfertigen Infusionslösung als auch bei der Verabreichung flächendeckend durchzuführen.

Im Hinblick auf möglicherweise auftretende Versorgungsengpässe weist das BfArM darauf hin, dass

  • Cisplatin hinsichtlich der Wirksamkeit in vielen Fällen eine geeignete Alternative ist,
  • aufgrund von Begleiterkrankungen, Komedikation und des Nebenwirkungsprofils Carboplatin für einen Teil der Patienten vorteilhaft bzw. unverzichtbar ist,
  • eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung insbesondere bei Patienten, die in kurativer Absicht eine Chemotherapie erhalten, erforderlich ist.

Bei der Überlegung zu Therapie-Alternativen empfehlen wir darüber hinaus, die entsprechenden Leitlinien onkologischer Therapien zu beachten und den kollegialen Austausch zu suchen.