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Tolperison: Einschränkung der Indikation

Wirkstoff: Tolperison

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) hat nach Abschluss des sogenannten Reexamination-Verfahrens seine bereits am 21. Juni 2012 abgegebenen Empfehlungen bestätigt. Bei dem Reexamination-Verfahren handelt es sich um ein europäisches Widerspruchsverfahren gegen Gutachten bzw. Empfehlungen der EMA, das von betroffenen pharmazeutischen Unternehmern auf der Grundlage von Artikel 32 der Richtlinie 2001/83/EG beantragt werden kann.

Aufgrund der mangelnden Wirksamkeitsbelege in verschiedenen in der EU beanspruchten Indikationen (Anwendungsgebieten) und vor dem Hintergrund des Risikos von allergischen Reaktionen hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel eine Beschränkung der Indikationen auf Spastizität (Muskelverkrampfung) nach Schlaganfällen bei erwachsenen Patienten empfohlen und diese Sichtweise jetzt nach Abschluss des Reexamination-Verfahrens bestätigt. Während des Reexamination-Verfahrens wurden keine wesentlichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgebracht, die eine Änderung der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses in der zuletzt beanspruchten weiteren Indikation Kurzzeitbehandlung von schmerzhaften Muskelverspannungen und -spastizität bei akuten unspezifischen Rückenschmerzen erwachsener Patienten im Lendenbereich gerechtfertigt hätte. Das Questions and Answers Dokument der EMA wurde entsprechend aktualisiert.

In einigen anderen EU-Ländern ist zusätzlich auch eine parenterale Darreichungsform zur intramuskulären oder intravenösen Injektion (zum Spritzen in einen Muskel oder eine Vene) von Tolperison zugelassen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel empfiehlt, die Zulassungen für parenterale tolperisonhaltige Arzneimittel zu widerrufen, da hier noch weniger Wirksamkeitsbelege vorliegen als für die orale Darreichungsform (Tabletten). In Deutschland waren solche parenteral zu verabreichenden tolperisonhaltigen Arzneimittel zu keiner Zeit zugelassen.

Das dem jetzigen Reexamination-Verfahren vorausgegangene europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG war vom BfArM beantragt worden, da das BfArM bereits im Verfahren der Nachzulassung (Verlängerung der Zulassung nach § 105 Arzneimittelgesetz) im Jahr 2005 eine Indikationsbeschränkung auf „Spastizität bei neurologischen Erkrankungen“ für geboten hielt, aber aufgrund des EU-Rechts (Artikel 10 der Richtlinie 2001/83/EG) jederzeit eine Zulassung von generischen tolperisonhaltigen Arzneimitteln unter „Mitnahme“ von in anderen EU-Ländern zugelassenen Indikationen in Deutschland möglich gewesen wäre.

Die Empfehlungen des CHMP werden mit einem noch zu erlassenden Durchführungsbeschluss der Kommission in eine rechtsverbindliche Form gebracht. Bis zur Umsetzung der Maßnahmen empfiehlt das BfArM Tolperison nur noch in der Indikation „Spastizität nach Schlaganfällen bei erwachsenen Patienten“ anzuwenden.

Stufenplanverfahren zu Tolperison