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Azithromycin: Neubewertung des Nutzens und der Risiken

Wirkstoff: Azithromycin

10.11.2023 - Start des Verfahrens

EMA beginnt mit einer Überprüfung azithromycinhaltiger Arzneimittel

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat eine Überprüfung von systemischen Arzneimitteln (zur oralen oder intravenösen Anwendung) eingeleitet, die das Antibiotikum Azithromycin enthalten. Die antimikrobielle Resistenz (AMR) gegen Azithromycin nimmt in der Europäischen Union (EU) zu. Aus diesem Grund und angesichts der breiten Anwendung dieser Arzneimittel wird eine Neubewertung des Nutzens und der Risiken von azithromycinhaltigen Arzneimitteln in seinen zahlreichen zugelassenen Anwendungsgebieten als notwendig angesehen, um die Anwendung zu optimieren und das Risiko der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu minimieren.

Viele azithromycinhaltige Arzneimittel werden seit Jahrzehnten angewendet und wurden im Rahmen nationaler Verfahren in der EU zugelassen. Dies hat zu großen Unterschieden in den Produktinformationen hinsichtlich der Indikationen, der Dosierung und Anwendungsdauer sowie der sicherheitsrelevanten Informationen geführt. Diese Unterschiede können einem sinnvollen Einsatz von und dem sparsamen Umgang mit Antibiotika entgegenstehen und zu einer weiteren Zunahme der antimikrobiellen Resistenz gegenüber Azithromycin führen.

Die EMA wird nun alle verfügbaren Informationen über den Nutzen und die Risiken von Azithromycin überprüfen und erwägen, ob Änderungen an den in den EU-Mitgliedstaaten erteilten Zulassungen erforderlich sind.

Anwendung von Azithromycin
Azithromycin wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Antibiotikum mit erhöhtem Risiko für eine Antibiotikaresistenz eingestuft und in die Beobachtungsliste der WHO (AWaRe-Klassifizierung)1 aufgenommen. Außerdem ist es in der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgeführt2,3.

Im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenzen gab die EMA im Jahr 2022 eine Studie in Auftrag, um die Verschreibung von Antibiotika zu untersuchen, welche auf der Beobachtungsliste der WHO stehen. Diese von DARWIN EU4 durchgeführte Studie ergab, dass Azithromycin in der EU bei Erwachsenen und Kindern häufig verschrieben wird. Des Weiteren zeigten Daten aus der Antibiotikaverbrauchs-Surveillance von Deutschland5, dass Azithromycin während der COVID-19-Pandemie in Krankenhäusern verstärkt eingesetzt wurde. 

Mehr über die Arzneimittel

Azithromycin gehört zu einer Gruppe von Antibiotika, die Makrolide genannt werden. Es kann oral oder per Injektion zur Behandlung von Infektionen angewendet werden, die durch grampositive und gramnegative Bakterien verursacht werden. Hierzu gehören u.a., aber nicht ausschließlich, Infektionen der oberen und unteren Atemwege wie die ambulant erworbene Pneumonie.

Azithromycinhaltige systemische Arzneimittel sind in der EU seit vielen Jahren national zugelassen und unter verschiedenen Markenbezeichnungen im Handel.

Einige azithromycinhaltige Arzneimittel sind in der EU für die topische Anwendung (als Augentropfen) zugelassen. Diese Arzneimittel sind nicht Gegenstand dieses Risikobewertungsverfahrens.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung wurde auf Antrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.

Die Überprüfung wird vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) durchgeführt, der für Fragen im Zusammenhang mit Humanarzneimitteln zuständig ist und der eine Stellungnahme abgeben wird. Die Stellungnahme des CHMP wird dann an die Europäische Kommission weitergeleitet, die eine endgültige, rechtsverbindliche Entscheidung erlassen wird, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.

[1] 2021 AWaRe classification. WHO access, watch, reserve, classification of antibiotics for evaluation and monitoring of use: https://www.who.int/publications/i/item/2021-aware-classification
[2] WHO Model List of Essential Medicines - 23rd list, 2023: https://www.who.int/publications/i/item/WHO-MHP-HPS-EML-2023.02
[3] WHO Model List of Essential Medicines for Children - 9th list, 2023: https://www.who.int/publications/i/item/WHO-MHP-HPS-EML-2023.03
[4] https://www.encepp.eu/encepp/viewResource.htm?id=104143
[5] https://avs.rki.de/Content/ReferenceData/HospitalComparisonTime.aspx

Weitere Informationen

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden: