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Metamizolhaltige Arzneimittel: Risiko von Agranulozytose – erneute Überprüfung

Wirkstoff: Metamizol

14.06.2024 – Start des Verfahrens

Beginn der Überprüfung von Metamizol

Das Risiko einer Agranulozytose – eines plötzlichen Rückgangs der weißen Blutkörperchen, der zu schweren Infektionen führen kann – und Maßnahmen zur Minimierung dieses Risikos werden Gegenstand der Überprüfung sein.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat am 13.06.2024 eine Überprüfung metamizolhaltiger Arzneimittel eingeleitet, nachdem Bedenken aufgekommen sind, dass die bestehenden Maßnahmen zur Minimierung des bekannten Risikos einer Agranulozytose möglicherweise nicht wirksam genug sind.

Metamizolhaltige Arzneimittel sind in einer Reihe von EU-Ländern mit unterschiedlichen Anwendungsgebieten zugelassen. In Deutschland sind dies akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen, sonstige akute oder chronische starke Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht indiziert sind und hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht.

Agranulozytose ist eine bekannte Nebenwirkung von metamizolhaltigen Arzneimitteln. Dabei kommt es zu einer plötzlichen und starken Abnahme der Granulozyten, einer Sorte weißer Blutkörperchen. Dies kann zu schweren Infektionen führen, die tödlich sein können. In den Produktinformationen der verschiedenen metamizolhaltigen Arzneimittel wird Agranulozytose derzeit als sehr seltene Nebenwirkung (die bei bis zu 1 von 10.000 Personen auftritt) aufgeführt. Die Maßnahmen zur Minimierung dieses Risikos sind von Land zu Land unterschiedlich.

Die Überprüfung wurde auf Ersuchen der finnischen Arzneimittelbehörde eingeleitet, da immer noch Fälle von Agranulozytose im Zusammenhang mit Metamizol gemeldet werden, obwohl die Maßnahmen zur Risikominimierung in Finnland vor kurzem verschärft wurden, u. a. durch Hinzufügung eines Warnhinweises auf der Außenverpackung und von Informationen in den Patientenkarten. Nach den jüngsten Fallberichten beantragte der pharmazeutische Unternehmer, der das einzige in Finnland zugelassene metamizolhaltige Arzneimittel vertreibt, die Rücknahme seiner Zulassung aus Sicherheitsgründen.

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA wird nun das Agranulozytoserisiko für alle metamizolhaltigen Arzneimittel und die bestehenden Maßnahmen zur Risikominimierung überprüfen. Der Ausschuss wird die Auswirkungen der Agranulozytose auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Arzneimittel bewerten und eine Empfehlung abgeben, ob ihre Zulassungen in der EU beibehalten, geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden sollten.

Wie bei dieser Art von Verfahren vorgeschrieben (siehe weitere Informationen unten), lädt die EMA alle Interessierten (z. B. Angehörige der Gesundheitsberufe, Patientenorganisationen, Fachgesellschaften und die Öffentlichkeit) ein, Daten einzureichen, die für diese Überprüfung relevant sind. Spezifische Fragen und ein Formular sind auf der Internetseite der EMA verfügbar.

Mehr über die Arzneimittel

Metamizol (auch Novaminsulfon(säure), beziehungsweise im englischen Sprachgebrauch Dipyron genannt) ist ein Schmerzmittel. Es wird in der EU seit den 1920er Jahren verwendet und ist zur Behandlung von mäßigen bis starken Schmerzen und Fieber als orale Darreichungsform, Zäpfchen oder als Injektion erhältlich. Die Überprüfung umfasst sowohl Arzneimittel, die nur Metamizol enthalten, als auch solche, die Metamizol in Kombination mit anderen Wirkstoffen enthalten.

Metamizolhaltige Arzneimittel sind in einer Reihe von EU-Ländern zugelassen: Neben Deutschland sind dies Österreich, Belgien, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Spanien.
In Finnland wird das einzige zugelassene metamizolhaltige Arzneimittel vom Markt genommen.

Die Arzneimittel sind unter einer Reihe von Handelsnamen erhältlich, darunter: Analgin, Berlosin, Metamizol, Novalgin und Novaminsulfon.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung von metamizolhaltigen Arzneimitteln wurde auf Antrag der finnischen Arzneimittelagentur gemäß Artikel 107i der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.

Die Überprüfung wird vom PRAC durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist und eine Reihe von Empfehlungen aussprechen wird. Da alle metamizolhaltigen Arzneimittel national zugelassen sind, werden die Empfehlungen des PRAC an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weitergeleitet, die dann eine Position abgeben wird. Die CMDh ist ein Gremium, in dem die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen vertreten sind. Sie ist dafür verantwortlich, harmonisierte Sicherheitsstandards für alle Arzneimittel zu gewährleisten, die im Rahmen nationaler Verfahren in Europa zugelassen sind.

Weitere Informationen

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden: